Titel: Cotterill's Verbesserung an Schlössern.
Fundstelle: Band 116, Jahrgang 1850, Nr. V., S. 16
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V. Cotterill's Verbesserung an Schlössern. Aus dem Practical Mechanic's Journal, Novbr. 1849, S. 183. Mit Abbildungen auf Tab. I. Cotterill's Verbesserung an Schlössern. Zu den auf der letzten Industrieausstellung in Birmingham vorgelegten werthvollen neuen Erfindungen gehört auch ein eigenthümliches, sinnreich ausgedachtes Sicherheitsschloß von Edwin Cotterill in Birmingham, welches unmöglich durch irgend etwas anderes als durch den Originalschlüssel geöffnet werden kann. Bei der Construction aller uns bekannten Schlösser scheint man von dem Grundsatz ausgegangen zu seyn, soviel Schwierigkeiten als möglich der Einführung irgend eines Körpers, durch welchen man das Schloß unrechtmäßig öffnen wollte, in den Weg zu legen. Es gelang einigen ausgezeichneten Schloßfabrikanten, durch eine Verbindung von fast unzähligen Bewegungen ihre Schlösser beinahe unöffenbar zu machen, bei keinem derselben ist aber absolute Sicherheit vorhanden; wenn folglich die Schwierigkeiten, welche die Diebe zu überwinden haben, durch diese Schlösser ungemein groß geworden sind, so ist es doch keine Unmöglichkeit, daß ein solches Schloß geöffnet wird. So wurde z.B. ein Schloß, an welchem eine Anzahl von Bewegungen verschwendet war, um es recht complicirt zu machen, wirklich durch eine Federspule geöffnet. Bei anderen Schlössern reicht es hin, den wahren Schlüssel nur einige Secunden zu besitzen, um sich die Möglichkeit, das Schloß zu öffnen, dadurch zu verschaffen, daß man den Schlüssel in Wachs abdrückt, nach welchem Abdruck man dann leicht einen hinlänglich genauen Nachschlüssel machen kann. Bei dem Schloß des Hrn. Cotterill fallen diese Nachtheile weg, und wenn man sogar die innere Einrichtung desselben gesehen hätte, so kann dasselbe doch durch keinen Dietrich (Sperrhaken) geöffnet werden, während die eigenthümliche Form des Schlüssels das genaue Abdrücken desselben ganz unmöglich macht, und eine fast mathematische Genauigkeit dazu gehört das Schloß zu sperren. Fig. 31 ist eine Ansicht des Cotterill'schen Vorlegschlosses von der Rückseite, wobei die hintere Deckplatte weggenommen und das Schloß als offen gezeichnet ist. Fig. 32 ist eine entsprechende Vorderansicht des zugemachten Schlosses mit Weglassung des vordern Deckels und des mit Nuth versehenen Schlüsselrohres. Fig. 33 ist ein zu Fig. 31 und 32 rechtwinkeliger Querschnitt des Schlosses mit eingestecktem Schüssel. A ist das Gehäuse des Schlosses, welches eine cylindrische Trommel B enthält, die mit einer Anzahl von radialen Schlitzen versehen ist, worin stählerne Schieber oder Riegel C, C liegen. Auf jeden dieser Riegel wirkt eine kleine Spiralfeder D, D, welche sie gegen die Mitte des Schlosses hin drückt. Eine kreisförmige Nuth E, E ist aus der ebenen Fläche der Trommel ausgedreht, und auch in den Riegeln befindet sich bei F, F ein Theil dieser Nuth, so daß wenn die Riegel durch den Schlüssel nach außen geschoben werden, ein ununterbrochener kreisförmiger Canal entsteht. Zieht man den Schlüssel heraus, so bewegt sich jeder der Riegel verschieden weit gegen die Mitte des Schlosses, und ihr massiver Theil unterbricht so die Nuth in der Trommel. In dieser Lage ist die Trommel durch einen feststehenden Ring G gehalten, welcher in die Nuth E, E paßt, und mit Einschnitten versehen ist, durch welche die Riegel gehen. Die Trommel, in deren Mitte der Schlüssel eingesteckt wird, kann sich also auf diese Weise nicht drehen. Der Schlüssel H, Fig. 34, besteht aus einem cylindrischen Stiel, welcher mit einer Anzahl schiefer Nuthen versehen ist, die aus seinem Umfange ausgeschnitten sind. Die Zahl dieser Nuthen ist so groß als die Zahl der im Schlosse angebrachten Riegel. Diese Nuthen sind der Länge nach in den Schlüsselschaft eingeschnitten, und jede derselben hat eine andere Tiefe, eine andere Neigung, und der Grund einer jeden schließt einen andern Winkel mit der Schlüsselachse ein. Wird der Schlüssel zum Zwecke des Oeffnens in das Schloß gesteckt, so schiebt jeder schiefe Grund einer Nuth einen Riegel auswärts, bis die Einschnitte in den letzteren mit den Einschnitten in dem festen Ringe G zusammentreffen, und die Trommel kann dann mit dem Schlüssel rechts oder links gedreht werden. Auf der Rückseite der Trommel ist ein Theil eines kreisförmigen Ringes I, der so weit offen ist, als der Schloßhaken K breit ist. In letzterem befindet sich eine Nuth, in welche der Ring paßt. Um das Schloß zu schließen, wird der Haken mit der Hand einwärts gedrückt, und zu gleicher Zeit die Trommel durch den Schlüssel gedreht, so daß die Oeffnung in dem Ringe abwärts steht, und der massive Theil desselben die Nuth in dem Schloßhaken ausfüllt, der dann nicht mehr herausgezogen werden kann. Ein Rückwärtsdrehen der Trommel durch den Schlüssel stellt die Oeffnung aufwärts, und macht so den Schloßhaken von dem Ringe unabhängig, und er kann nun herausgezogen und durch seine Seitenöffnung von dem Körper abgenommen werden, an welchem er hing, wie dieß aus Fig. 31 deutlich ist, wo das Schloß abgenommen dargestellt ist. Damit man den Bügel oder Schloßhaken nicht ganz herausziehen kann, ist in denselben innerhalb des Schloßgehäuses ein vorstehender Stift befestigt. Bei Cassen oder Thürschlössern ist die Art wie die Trommel auf die Riegel wirkt verschieden. In diesem Falle ist an dem Umfange der Trommel ein Bart befestigt, welcher bei der Umdrehung derselben die Riegel in gewöhnlicher Weise bewegt. Bei Thüren mit Klinke ist letztere in eine Nuth des Schloßriegels eingelassen. Auf diese Weise nehmen beide sehr wenig Raum ein, und verstärken einander selbst. Fig. 35 ist eine perspectivische Ansicht eines Sicherheitsschlosses mit abgenommener Deckelplatte. Es ist dazu bestimmt, in die Mitte der Thüre eingelassen zu werden, und hat acht Riegel, zwei auf jeder der vier Seiten, die in den Thürrahmen eingreifen. Diese Skizze soll dazu dienen, zu zeigen, wie gut diese neue Schloßart für Banken etc. wo große Stärke und Sicherheit gefordert wird, anzuwenden ist. Sollte ein Versuch gemacht werden das Schloß mit einem falschen Schlüssel zu öffnen, so werden die Schieberchen zu weit bewegt, und in dieser Lage durch Springfedern oder Entdecker gehalten, welche in die Einschnitte einfallen, so daß der rechte Schlüssel das Schloß nicht öffnen kann, bis durch eine besondere Bewegung die Entdecker ausgelöst werden. Eine Beschädigung des Schlosses durch eine kräftige Anwendung von Oeffnungsmitteln oder einem falschen Schlüssel wird kaum vorkommen können, da die Schieberchen in tiefen Nuthen der Trommel liegen, und durch einen Stahlring niedergehalten werden, welcher jede Annäherung an die beweglichen Theile durch irgend ein anderes Instrument als den rechten Schlüssel verhütet. Dieß ist wesentlich, wenn man bedenkt, wie häufig Beschädigungen und Verstellungen von Schlössern in Folge der Anwendung eines falschen Schlüssels vorkommen. Die kleinen Schieber verschieben sich unter einem Deckel nur in ihren Nuthen, und gehen durch den Druck der Spiralfedern wieder zurück, die ringsum gleichmäßig vertheilt sind. Diese Federn haben sehr wenig zu thun, und werden nicht viel zusammengedrückt; sollte dieß jedoch auch einmal der Fall seyn, so werden sie immer noch Kraft genug haben, da ja die Sicherheit des Schlosses von dem richtigen Entfernen der Schieber von der Mitte abhängt, und nicht von dem Grade der Zurückbewegung derselben. Die Schlüssel werden mit einer neuen Maschine von Cotterill's Erfindung eingeschnitten, welche so viele Variationen zuläßt, daß auch in der größten Menge von Schlüsseln sich nicht zwei einander ganz gleiche finden lassen werden. Die Haupteigenthümlichkeit in der Construction dieser Schlösser ist, daß die Form des Schlüssels selbst von keinem Belange ist, da die schließenden Theile des Schlosses nach dem Schlüssel gemacht werden. Geht ein solcher verloren, so sind die Schwierigkeiten, welche man sonst durch Abnahme der Schlösser und Zerlegen derselben zu bestehen hat, sehr leicht überwunden, da nichts weiter nöthig ist, als die Trommel mit ihren Schiebern aus dem Schlosse zu nehmen, und zu dem Schlosser zu schicken, der einen neuen von dem rechten Schlüssel verschiedenen macht, mit demselben die Schieber auswärts drückt, und in dieser Lage mittelst einer Maschine die Einschnitte ausdreht, so daß sie für die schrägen Flächen des neuen Schlüssels passen. Der neue Schlüssel schließt dann so gut als der alte ursprünglich für das Schloß gemachte, und wird letzterer später wieder gefunden, so sperrt er das Schloß nicht mehr auf.

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