Titel: Ueber die Anwendung des Mergels als Streu für Rind- und Schafvieh; von Edm. Millet, zu Pont (Indre-Loire).
Fundstelle: Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XLV., S. 234
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XLV. Ueber die Anwendung des Mergels als Streu für Rind- und Schafvieh; von Edm. Millet, zu Pont (Indre-Loire). Aus dem Moniteur industriel, 1850, Nr. 1421. Millet, über die Anwendung des Mergels als Streu für Rind- und Schafvieh. Schon von mehreren Seiten wurde die Anwendung des Mergels als Streu für das Vieh angeregt und empfohlen.Man vergl. polytechn. Journal Bd. CXIV S. 436. In einer Sitzung der Société nationale et centrale d'agriculture wurde sie von einigen Mitgliedern gutgeheißen, von andern verworfen. Dieß veranlaßte mich, da ich auf dem Gute, dessen Bewirthschaftung mir übertragen ist, sehr wenig Stroh vorfand, Versuche hierüber anzustellen, und zwar vorerst mit dem Rindvieh; vom Schafvieh war mir ohnedieß schon versichert worden, daß dasselbe die Mergelstreu der Strohstreu vorziehe. Es kam mir bei diesem Versuche eine in der Nähe meines Gutes aufgefundene reiche Mergelgrube, wo er 7–12 Zoll unter der Oberfläche liegt, sehr gut zu statten. Beschaffenheit des Mergels. Der Mergel, welchen ich anwandte, ist sandig und enthält ungefähr 72 bis 75 Procent kohlensauren Kalk. Nicht jeder Mergel dürfte sich gleich gut zu diesem Zwecke eignen. Thonmergel würde, mit dem Harn vermengt, einen viel klebendern und dickern Brei geben, welcher sich den Thieren anhängen und ihrer Gesundheit vielleicht schädlich werden könnte. Ich habe darüber keine Erfahrung; doch glaube ich, daß auch der Thonmergel, wenn er einmal recht ausgetrocknet ist, ohne Nachtheil als Streu gebraucht werden könnte. Art seiner Anwendung als Streu. Der Mergel wird aus der Grube unter einen Schoppen in der Nähe der Ställe gebracht wo er vor Regen geschützt ist. Nachdem das Vieh die Vormittagsstunden gearbeitet hat und abgefüttert ist, wird ihm Streu gegeben. Mittelst Schaufeln und Schubkarren wird der Mergel vom vorhergehenden Tage weg- und auf den Düngerhaufen geschafft; dann wird frischer Mergel hergeführt, mit welchem man am andern Tag ebenso verfährt.Die zweierlei Dünger, welche die Ställe liefern, werden nicht vermengt; derjenige vom Mergel bildet einen eigenen Haufen und wird ganz für solchen Boden verwendet, welchem es an Kalk mangelt. Die jedem Thier zu gebende Menge Mergels ist nach dessen Gewicht verschieden; doch sind drei Schubkarrenvoll Mergel, jeder mit etwa 95 Kubikdecimeter, für vier Zugochsen von mittlerer Stärke hinreichend. Der in den Stall gebrachte Mergel wird unter den Thieren von der Hälfte ihres Körpers an bis 1 1/2 Fuß hinter ihnen ausgebreitet; bei den Kühen muß er vielmehr hinter als unter das Thier gelegt werden. Vortheile des Mergels als Streu. 1) Das sonst zur Streu verwendete Stroh kann nun als Futter verwendet und das übrige verkauft werden; 2) die Kosten des Mergeldüngers belaufen sich nicht so hoch als diejenigen des Strohdüngers; 3) es verbreiten sich in den Ställen keine ammoniakalischen Dünste; 4) der Harn wird vollkommen eingesogen und erhalten; da das Regenwasser in die Mergeldüngerhaufen im Hofe gar nicht oder nur sehr wenig eindringt, so werden die fruchtbarmachenden Bestandtheile des Düngers nicht ausgelaugt, wie dieß beim Strohdünger nur gar zu sehr der Fall ist; 5) die Thiere erhalten sich reiner und haben ein gesundes Lager; 6) das Volum des Düngers vermindert sich nicht, oder doch nur sehr wenig; 7) indem man die Erde düngt, wird sie zugleich gemergelt. Nachtheile. 1) Etwas schwerere Arbeit beim Ausräumen des Düngers aus dem Stall; 2) der Dünger welcher auf die Felder geführt wird, ist bei gleichem Volum schwerer; diese kleinen Uebelstände werden aber durch obige Vortheile reichlich aufgewogen. Kosten. Mit drei Arbeitern, zwei Pferden und zwei Karren wird bei mir der Mergel unter den Schoppen geschafft; zwei Arbeiter laden den einen Karren voll, während der andere von dem dritten heimgefahren wird u.s.f. 11–12 Kubikmeter werden im Tage von 10 Stunden heimgeschafft. Der Kubikmeter berechnet sich nach den Kosten dieser Arbeitskräfte auf 1 Frank. Menge des Mergeldüngers auf die Hektare. – Ich nehme davon ebensoviel wie vom Strohdünger, nämlich 35–40 Kubikmeter per Hektare.1400–1600 bayer. Kubikfuß auf 3 bayer. Tagwerke. Mein Nachbar nimmt noch einmal soviel, und ich werde ihm darin später nachahmen, weil ich mit dem bisherigen Erfolg auf meinen künstlichen Wiesen sehr zufrieden bin. Schluß. Es geht aus Obigem hervor, daß der Landwirth, welcher seine Felder zu mergeln beabsichtigt, sehr gut thun wird, seinem Vieh möglichst viel Mergel unterzulegen. Bei Schafen habe ich noch keine Versuche mit der Mergelstreu gemacht; ich habe mich aber überzeugt, daß meine Nachbarn sie anwenden und damit sehr zufrieden sind. Man gibt alle Morgen frischen Mergel und breitet ihn im Schafstall aus im Verhältniß von einem Schubkarrenvoll auf 10 Schafe; den Dünger entfernt man 6–7mal im Jahr, besser alle Monate.