Titel: | Ueber die Anwendung von Zinkoxyd anstatt Bleiweiß. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LVI., S. 290 |
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LVI.
Ueber die Anwendung von Zinkoxyd anstatt
Bleiweiß.
Aus dem London Journal of arts, Februar 1850, S.
42.
Ueber die Anwendung von Zinkoxyd anstatt Bleiweiß.
Das Bleiweiß (kohlensaure Bleioxyd) wird allgemein nicht nur als weißes Pigment,
sondern auch als Basis heller Farben, welche Deckkraft und Körper besitzen müssen,
angewandt. In mancher Hinsicht besitzt das Bleiweiß auch Eigenschaften, welche es
den Malern unentbehrlich machen. Mit Oel oder Wasser abgerieben, bildet es eine
Mischung von außerordentlicher Dichtigkeit und Undurchsichtigkeit, welche auf einer
Fläche von Metall oder Holz einen Ueberzug bildet, den das Licht gar nicht
durchdringt (indem die auf eine solche Fläche fallenden Lichtstrahlen fast sämmtlich
zum Auge zurückgeworfen werden); die mit Bleiweiß bemalte Fläche erscheint daher in
hohem Grade undurchsichtig weiß, und die Farbe, welche der Gegenstand entweder
ursprünglich besaß oder womit er vorher angestrichen wurde, ist vollkommen gedeckt
und verborgen. Die große Undurchsichtigkeit des Bleiweißes ertheilt ihm als Pigment,
was man in der Technik „Deckkraft“ nennt, eine Eigenschaft,
welche kein bisher vorgeschlagenes Surrogat desselben in gleichem Grade besitzt. Das
Bleiweiß ist auch vollkommen neutral und verändert daher andere Pigmente nicht;
wegen seiner physischen Textur läßt es sich leicht mit Oel oder Wasser zu einer
geschmeidigen gleichartigen Mischung abreiben, welche sich sehr leicht mit einem
Pinsel auftragen läßt. Aus diesen Gründen ist das Bleiweiß allen Substanzen
vorzuziehen, durch welche man es bisher ersetzte; es besitzt aber einen Fehler
(seine Schwärzung durch Schwefelwasserstoff), welcher es höchst wünschenswerth macht
ein genügendes Surrogat desselben zu besitzen. Unter den Metalloxyden, welche hiezu
in Vorschlag kamen, verdient bloß das Zinkoxyd Beachtung.
In einer reinen Atmosphäre verändert sich das Bleiweiß allerdings nicht; die Luft
ist jedoch in der Nähe der Wohnungen, wenigstens in bevölkerten Städten, selten
rein; die Excremente der Menschen und Thiere und die Ausdünstungen thierischer und
vegetabilischer Substanzen welche in Fäulniß übergingen, schwängern die Luft außer
andern Gasarten mit Schwefelwasserstoff. Nun können aber Blei und Schwefel nicht mit
einander in Berührung kommen, ohne sich zu verbinden; man braucht nur ein mit
Bleizuckerlösung benetztes Papierstück zwischen die Blätter eines dicken Buches zu legen, damit der
Schwefelwasserstoff, wenn solcher in der Luft vorhanden ist, seinen Weg zum Blei auf
der Oberfläche des Papiers findet und sich mit demselben zu schwarzem Schwefelblei
vereinigt; dieß geschieht mit jeder Bleiverbindung, sie mag in Wasser auflöslich
seyn oder nicht. Aus diesem Grunde schwärzt sich die weiße Anstreichfarbe an
gewissen Orten, wo sich reichlich Schwefelwasserstoff entwickelt; diese Veränderung
derselben erfolgt aber mehr oder weniger schnell unter allen Umständen, weil in der
Luft immer so viel Schwefelwasserstoff enthalten ist, daß sich das kohlensaure Blei
nach und nach in Schwefelblei verwandeln kann. Man sollte glauben, daß das Bleiweiß
in Form von Anstreichfarbe gegen den Einfluß des Schwefelwasserstoffs geschützt ist,
weil es von dem Oel und Firniß ganz eingehüllt wird; dieß ist jedoch nicht der Fall,
wovon man sich leicht überzeugen kann, wenn man eine Thür mit Bleiweißanstrich in
der Nähe einer Gosse untersucht; man wird sie mit einer schwärzlichgrauen
halbmetallisch aussehenden Haut von Schwefelblei überzogen finden. Das Bleiweiß kann
folglich aus einem chemischen Grunde keineswegs als eine haltbare Farbe betrachtet
werden und diese Bemerkung gilt für alle gefärbten Bleiverbindungen; man muß daher
zu allen Zwecken, wo Haltbarkeit der Farbe Bedingung ist, eine Metallverbindung
anwenden, welche durch Schwefelwasserstoff nicht verändert oder wenigstens nicht
geschwärzt werden kann. Unter die Substanzen, welche anstatt des Bleiweißes als
weißes Pigment in Vorschlag kamen, gehören Antimonoxyd und schwefelsaurer Baryt;
diesen fehlt aber die eigenthümliche Undurchsichtigkeit des Bleiweißes, weßwegen sie
von geringem Werth sind. Nur das Zinkoxyd behauptet das
Feld; es besitzt zwar nicht die Deckkraft des Bleiweißes, aber doch eine
hinreichende Undurchsichtigkeit, um anstatt desselben mit großem Vortheil angewandt
werden zu können; es läßt sich gut mit dem Pinsel verarbeiten, bildet mit Oel wie
das Bleiweiß eine vollkommen geschmeidige Mischung und verhält sich gegen andere
Pigmente neutral oder unwirksam. Hinsichtlich seines chemischen Verhaltens ist aber
das Zinkoxyd dem Bleiweiß bei weitem vorzuziehen, weil erstens die Verwandtschaft
des Zinks zum Schwefel viel schwächer ist als diejenige des Bleies; und zweitens
weil das Schwefelzink so weiß wie das Oxyd ist, daher ein Anstrich mit Zinkoxyd,
wenn letzteres auch ganz in Schwefelzink verwandelt werden sollte, dann noch so weiß
bleibt als er zuvor war. Das Zinkoxyd ist folglich als ein wahrhaft haltbares weißes
Pigment zu betrachten und liefert für alle Fälle, wo ein Schwarzwerden der
Bleiverbindungen nachtheilig wäre, ein höchst schätzbares Surrogat des Bleiweißes.Der Werth des Zinkoxyds als weißes Pigment ist schon längst bekannt, man war
aber früher nicht im Stande es für praktische Zwecke in hinreichender Menge
darzustellen. Diese Schwierigkeit ist jetzt beseitigt: man vergleiche die
Bereitungsarten des Zinkoxyds von Rochaz in
diesem Bande des polytechn. Journals S. 54 und das Verfahren von Leclaire Bd. CXII S. 266.
W. K.