Titel: | Neues Verfahren das Steinkohlengas zu reinigen; von Hrn. Laming. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LVIII., S. 295 |
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LVIII.
Neues Verfahren das Steinkohlengas zu reinigen;
von Hrn. Laming.
Aus dem London Journal of arts, Mai 1850, S.
279.
Laming's Verfahren das Steinkohlengas zu reinigen.
Am 17. April d. J. wurde in der Society of arts eine
Abhandlung über ein dem Hrn. Laming patentirtes Verfahren vorgelesen, wodurch es demselben gelang
das Steinkohlengas vollkommen von seinen Unreinigkeiten zu befreien, und zwar
mittelst Materialien, welche nicht zeitweise erneuert zu werden brauchen. Das
Eigenthümliche des Verfahrens besteht darin, daß man den im Gase enthaltenen
Schwefel sich von selbst in Schwefelsäure verwandeln läßt, in welcher Form er sich
mit dem anderen Hauptbestandtheil der Unreinigkeiten, nämlich dem Ammoniak, zu
schwefelsaurem Ammoniak verbindet, einem festen und geruchlosen Salz, welches gut
verwerthet werden kann. Die Kohlensäure des Gases, welche hauptsächlich zur
Einleitung dieser chemischen Veränderungen benutzt wird, entweicht, nachdem sie
ihren Dienst geleistet hat, und so entledigt man sich derselben ohne Kosten.
Der Verfasser der Abhandlung bemerkt in der Einleitung, daß die unvollkommene
Reinigung des Gases mittelst Kalk wohl nur deßhalb so lange in Gebrauch bleiben
konnte, weil die Ingenieure oder Techniker der Gascompagnien in der Regel keine
Chemiker sind; die Erfindungen, wodurch man die reinigende Kraft des Kalks zu
unterstützen beabsichtigte, waren ohnedieß nicht darauf berechnet, die Anwendung des
Kalks entbehrlich zu
machen. Beim Reinigen des Gases mit Kalk sind höchstens 33 Proc. des angewandten
Kalks wirklich wirksam; er entzieht dem Gase nur sehr wenig Ammoniak; wie er aus den
Reinigungsapparaten genommen wird, verbreitet er bekanntlich einen sehr üblen
Geruch.
Das Verfahren Laming's wurde in
Paris versucht und in der Anstalt der Chartered Company
zu Westminster mit bestem Erfolg angewandt, zuerst bei einer Erzeugung von etwa 7000
Kubikfuß Gas in der Stunde, und hernach in Reinigern von zehn Fuß im Quadrat. Das
Reinigungsmaterial besteht hauptsächlich in einem Gemenge von Eisenoxyd und Kalk,
welches der Erfinder bisweilen auf die Art bereitet, daß er eine gesättigte
Auflösung von salzsaurem Eisenoxydul durch Kalk oder Kreide zersetzt und dann
Sägespäne einmengt, um der Masse die erforderliche Durchdringlichkeit zu verleihen.
Dieses Material entzieht dem Gase 22 Theile Kohlensäure auf je 17 Theile Ammoniak,
welche es beseitigt, überdieß den Schwefelwasserstoff; seine Wirkung ist eine so
vollständige, daß das Gas, welches durch das Gemenge zog, mit den empfindlichsten
Reagentien nicht die geringste Spur von Ammoniak oder Schwefelwasserstoff
anzeigt.
Während man die Mischung bereitet, wird das Eisen durch die Atmosphäre auf das
Maximum der Oxydation übergeführt – was wegen der sich von selbst erhöhenden
Temperatur und der Porosität der Masse um so leichter stattfinden kann. Die
Verwandtschaften welche ins Spiel kommen, wenn man dieses sehr poröse Material
anstatt Kalk in die gewöhnlichen Kalkreiniger bringt, sind folgende: die
Unreinigkeiten des Steinkohlengases werden in der Feuchtigkeit des absorbirenden
Materials aufgelöst (diese Feuchtigkeit wird durch die hygrometrische Natur des auch
in demselben aufgelösten salzsauren Kalks stark zurückgehalten). Der
Schwefelwasserstoff verbindet sich dann mit dem Eisenoxyd, um Wasser und
Anderthalb-Schwefeleisen zu bilden. Das Ammoniak wird zu gleicher Zeit von
der Kohlensäure angezogen, und gibt dagegen den Schwefelwasserstoff ab, mit welchem
es zum Theil verbunden ist; in dem Maaße als sich das Ammoniak und die Kohlensäure
zu kohlensaurem Ammoniak verbinden, wirkt letzteres Salz auf den salzsauren Kalk,
wodurch salzsaures Ammoniak und kohlensaurer Kalk entstehen. Wenn von dem Eisenoxyd
und salzsauren Kalk nichts mehr (unverändert) vorhanden ist, entfernt man den
Behälter des Materials einige Zeit von dem Apparat und setzt das Material der
atmosphärischen Luft aus – durch welche seine
reinigende Kraft wieder hergestellt wird.
Die Verwandtschaften, welche bei diesem Regeneriren der Masse ins Spiel kommen, sind
eben so interessant, wie diejenigen, welche bei der Gasreinigung wirksam sind. Der
Sauerstoff der Luft verwandelt das Anderthalb-Schwefeleisen in schwefelsaures
Eisenoxydul; dieses Salz und der kohlensaure Kalk zersetzen einander gegenseitig
– wobei schwefelsaurer Kalk und kohlensaures Eisenoxydul gebildet werden; da
aber künstliches kohlensaures Eisen bei Gegenwart von atmosphärischem Sauerstoff
nicht bestehen kann, so wird es schnell in Eisenoxydhydrat verwandelt, wobei die
Kohlensäure in die Luft entweicht.
Diese Veränderungen, welche durch die Wirkung der Atmosphäre bewerkstelligt werden,
erstatten dem Reinigungsmaterial seine ursprüngliche Kraft wieder, mit dem
Unterschied, daß, sowie der Proceß mit salzsaurem Kalk in Verbindung mit dem
Eisenoxyd begann, er durch dasselbe Oxyd in Verbindung mit niedergeschlagenem
schwefelsauren Kalk fortgesetzt wird, wobei letzteres Salz gerade so wie der
salzsaure Kalk auf das kohlensaure Ammoniak wirkt.
Die Regenerirung der angewandten Materialien durch die Luft ist in einer bis zwei
Stunden beendigt, und der Verfasser hat sie bei demselben Material schon fünfzehnmal
nach einander bewerkstelligt: sie scheint in der That keine Gränze zu haben; es muß
jedoch ein Zeitpunkt eintreten, wo es nöthig ist das angehäufte Ammoniaksalz
auszuwaschen; nachdem dieß geschehen ist, hat das Material wieder seine
ursprüngliche Kraft.
Die Vortheile dieses neuen Verfahrens sind, daß das Gas vollständig gereinigt wird,
sogar von dem darin enthaltenen Schwefelkohlenstoff (man hat die Zunahme seiner
Leuchtkraft im Vergleich mit der bisherigen Reinigungsmethode auf wenigstens 8 Proc.
geschätzt); die Materialien sind wohlfeil und können beliebig oft wieder angewandt
werden, ohne daß ihre Vorbereitung hiezu viele Arbeit erheischt; sie verbreiten beim
Ausleeren keinen üblen Geruch und verwandeln die Unreinigkeiten des Gases in
Handelsproducte von Werth; endlich sind die Abnutzung und die Kosten des
Reinigungsapparats höchst unbedeutend.