Titel: Verfahren den Zinngehalt der Metalllegirungen quantitativ mittelst einer Probeflüssigkeit zu bestimmen; von Ch. Mène.
Fundstelle: Band 117, Jahrgang 1850, Nr. XLVI., S. 231
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XLVI. Verfahren den Zinngehalt der Metalllegirungen quantitativ mittelst einer Probeflüssigkeit zu bestimmen; von Ch. Mène. Aus dem Comptes rendus, Juli 1850, Nr. 4. Mène's Verfahren den Zinngehalt der Metalllegirungen mittelst einer Probeflüssigkeit zu bestimmen. Bisher hat man bei chemischen Analysen das Zinn immer als Zinnoxyd (Zinnsäure) bestimmt; das Abfiltriren, Auswaschen und Austrocknen desselben machen aber das Verfahren umständlich, welches überdieß nicht ganz genau ist. Ich habe mit Erfolg zur quantitativen Bestimmung des Zinns eine neue Methode angewandt, welche in der Anwendung einer Probeflüssigkeit besteht, und nicht nur sehr einfach und schnell ausführbar, sondern auch genauer als das bisherige Verfahren ist. Das Princip, auf welches sich mein Verfahren gründet, ist die Eigenschaft des Zinnchlorürs (salzsauren Zinnoxyduls), das Chlor jedem Körper zu entziehen welcher solches abzugeben vermag. Gießt man daher eine Auflösung von Eisenchlorid (welche röthlichgelb gefärbt ist) in Zinnchlorür, ein ganz farbloses Salz, so wird das Eisensalz letzterem 1 Aequivalent Chlor abtreten, um es in Zinnchlorid (salzsaures Zinnoxyd), ebenfalls ein farbloses Salz, überzuführen, und das Eisensalz bleibt nunmehr als farbloses Chlorür in der Flüssigkeit zurück. Fe Cl3 + Sn Cl = 2(Fe Cl) + Sn Cl?. Die Entfärbung des Eisensalzes muß also so lange stattfinden, als das Zinnsalz noch Chlor aufnehmen kann; sobald aber das Zinnchlorür vollständig in Zinnchlorid verwandelt ist, wird der kleinste Tropfen der Auflösung des Eisensalzes die probirte Flüssigkeit stark färben und dadurch das Ende der Operation anzeigen. Mittelst einer Eisenchlorid-Auflösung von bestimmtem Gehalt kann man also schnell die fragliche Menge des Zinns ermitteln. Wer mit Gay-Lussac's alkalimetrischer Probe vertraut ist, wird meine Zinnprobe ohne alle Schwierigkeit ausführen, daher ich mich hinsichtlich derselben auf die Mittheilung folgender Details beschränken kann. Man bringt in einen Kolben von etwa ½ Liter Inhalt 1 bis 2 Gramme der zu analysirenden Legirung mit einem Gemisch von 1 Theil Salpetersäure und 6 Salzsäure; man erhitzt die Flüssigkeit nach der ersten Einwirkung kurze Zeit zum Sieden, oder vielmehr so lange bis sie sich gelb färbt und stark nach Chlor riecht. Das Zinn ist dann als Chlorid aufgelöst. Nun gibt man Zinkstückchen in den Kolben, bis die Flüssigkeit klar, farblos und durchsichtig wird. Das Zink, indem es sich auflöst, reducirt alles Zinn, welches also im metallischen Zustande niedergeschlagen, aber durch die überschüssige Salzsäure sogleich wieder aufgelöst wird und in der zu prüfenden Flüssigkeit als Zinnchlorür verbleibt. In diesem Augenblick gießt man aus einem graduirten Maaßgläschen (der sogenannten burette) Eisenchlorid-Lösung von bestimmtem Gehalt hinein, bis dieselbe nicht mehr entfärbt wird und berechnet dann nach diesem Zusatz den Zinngehalt der Flüssigkeit. Es ist zweckmäßig, die zu prüfende Flüssigkeit mit einer gewissen Menge Wasser zu verdünnen, besonders wenn man kupferhaltige Legirungen probirt. Wenn man eine Legirung von Zinn mit solchen Metallen zu analysiren hat, welche, wie z. B. Kupfer und Blei, wenig oder gar nicht von Salzsäure angegriffen werden, so entfärbt das Zink ebenfalls die Flüssigkeit und schlägt alle diese Metalle in metallischem Zustande nieder, wobei sich ihre Theilchen auf dem Boden des Gefäßes vereinigen, daher man durch sie gar nicht verhindert ist den Zeitpunkt der endlichen Färbung gewahr zu werden. Wenn hingegen die Metalle, womit das Zinn legirt ist, von Salzsäure angreifbar sind, wie z. B. das Eisen etc., so verbleiben sie in der Flüssigkeit als Chlorüre und benachtheiligen die Probe gar nicht, weil ihre Verwandtschaften zum Chlor schwächer sind als diejenigen des Zinns und des Eisenchlorürs. Nur der Arsenik macht eine Ausnahme von der Regel; man muß daher die zu analysirende Legirung vorher auf einen Arsenikgehalt untersuchen. Wenn das Zinn mit Arsenik legirt ist, so genügt es dasselbe einige Zeit in einem gefütterten Tiegel sehr stark zu erhizen; der Arsenik verflüchtigt sich dann und das Zinn bleibt mit den anderen feuerbeständigen Metallen zurück. Die erdigen Basen, wie Kalk, Baryt, Thonerde, beeinträchtigen meine Probirmethode gar nicht. Schließlich will ich noch ein bequemes und sicheres Verfahren angeben um sich das Eisenchlorid zu verschaffen; das anzuwendende Eisenoxydsalz darf nicht die geringste Spur freier Salpetersäure enthalten, weil diese bei der Analyse der Zinnlegirungen auf die anderen Metalle wirken, dieselben oxydiren und dadurch unvermeidlich Fehler veranlassen würde. Um das Eisenchlorid darzustellen, benutze ich Eisenoxyd, am liebsten Colcothar, welches ich etwa 10 Minuten lang mit reiner Salzsäure kochen lasse und dann sogleich filtrire. Diese Flüssigkeit verändert sich nicht und kann beliebig lange aufbewahrt werden. Um eine Auflösung von Eisenchlorid zu titriren, muß man genau 1 Gramm Zinn abwiegen und ermitteln wie viele Kubikcentimeter Probeflüssigkeit erforderlich sind um das gebildete Zinnchlorür in Chlorid überzuführen.