Titel: Shaw's Windbüchse mit Kautschukfeder.
Fundstelle: Band 117, Jahrgang 1850, Nr. LXX., S. 349
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LXX. Shaw's Windbüchse mit Kautschukfeder. Aus dem Practical Mechanic's Journal, Mai 1850, S. 30. Mit Abbildungen auf Tab. V. Shaw's Windbüchse mit Kautschukfeder. Bei der von John Shaw in Golssop bei Manchester erfundenen Windbüchse ist die Spannkraft des geschwefelten Kautschuks und der Luft sinnreich verbunden. Fig. 42 stellt eine vollständige Ansicht des vom Schafte abgenommenen Laufes in kleinem Maaßstabe dar; Fig. 43 einen Längendurchschnitt desjenigen Theiles des Laufes, in welchem sich der Luftcylinder und Kolben befindet, und Fig. 44 ist eine Skizze des Hakens, mittelst dessen die Kautschukfeder gespannt wird, was dem gewöhnlichen Laden des Gewehres entspricht. Der Schaft hat die gewöhnliche Form, so daß das neue Gewehr äußerlich wie eine Percussionsflinte aussieht. Bei A ist in dem Laufe ein der Länge nach gehender Schlitz angebracht, hinter welchem sich bei B der Luftcylinder oder die Luftpumpe befindet, deren eines Ende die Schwanzschraube bildet, während das andere durch die Scheibe C geschlossen ist. In der Mitte ist diese Scheibe für den Durchmesser der Kolbenstange durchbohrt, und oben befindet sich eine Oeffnung zur Aufnahme der Kugel D. Der Kolben E paßt genau luftdicht in den Luftcylinder, und ist an die Kolbenstange F angeschraubt, deren anderes Ende zu einem Haken G umgebogen ist, an welchen 16 oder 18 Bänder von geschwefeltem Kautschuk H angehängt sind, die einen Querschnitt von ungefähr ⅛ Quadratzoll haben. Das andere Ende dieser Bänder ist ähnlich an einen Aufhälter angehängt, welcher an dem Mündungsende des Laufes befestigt ist. Der Drucker I ist am Schwanzschraubenende des Laufes angebracht. Er dreht sich um eine Achse J, und hat einen kurzen Haken K, welcher in eine unten im Kolben angebrachte Vertiefung einspringt, wenn letzterer beim Laden hinabgezogen wird. Die zum Hinaustreiben der Kugel nöthige Kraft wird dadurch erhalten, daß man den Kolben im Cylinder bis zum Drücker hinabzieht und zwar mittelst des Hakens Fig. 44. Ist der Lauf L gezogen, so muß man vorher die Kugel in denselben eintreiben, bis sie in dem unteren conischen Theile desselben aufsitzt, wie dieß aus dem Durchschnitt Fig. 43 zu ersehen ist. Der rechtwinkelige Theil des Hakens wird hierauf in den Schlitz A am äußeren Laufe gesteckt, und zwar so, daß er zwischen den Ansatz M und den Haken der Kolbenstange zu liegen kommt. Der Schaft des Gewehres wird dann auf den Oberschenkel aufgesetzt, und die Kautschukfedern spannen sich nun, während man den Haken Fig. 44 gegen sich zieht, bis der Haken R unten in den Kolben einspringt und ihn bis zum Losschießen am Grunde des Luftcylinders hält. Der über das Ende C des Luftcylinders vorstehende Theil des Gewehrlaufes ist nicht der eigentliche Lauf für die Kugel, sondern nur die Fortsetzung des Luftcylinders, in welcher die Feder und der Kugellauf L untergebracht ist. Mit einem nicht gezogenen Laufe können 400 SchüsseWäre der Lauf des Gewehres nur zwei Fuß lang, so würde die Kugel ungefähr 0,35 Secunden Zeit brauchen, um frei ohne alle Reibung in den Lauf hinabfallen zu können. Hundert Kugeln könnten also in 35 Secunden das Ende des Laufes erreichen, und in einer Minute würden folglich kaum 200 Kugeln in den Lauf geworfen, geschweige denn, daß in einer Minute die Federn 400 Mal sollten gespannt werden können, wozu jedesmal das Einlegen des Hakens etc. gehört. Statt 400 Schüsse in der Minute, wird es also wohl in der Stunde heißen müssen, was immerhin noch sehr viel wäre, da ein Schuß in nur neun Secunden Zeit gemacht werden müßte, folglich fast sieben Schüsse auf die Minute kämen.Shaw's Schießgewehr ist übrigens nur eine Abänderung der in Bayern so sehr beliebten Cylinder-Bolzbüchsen, welche statt der Kautschukfedern Stahlfedern haben, und an vielen Orten in großer Vollkommenheit zu treffen sind. in der Minute gemacht werden, da in diesem Falle die Kugel nicht eingetrieben werden muß, sondern durch das beim Aufziehen des Kolbens sich bildende theilweise Vacuum in den Lauf hinabgezogen wird. Der Durchschnitt Fig. 43 zeigt das Gewehr im Augenblicke des Losgehens, wobei der Kolben eben den Drückerhaken K verlassen hat. Die sich wieder zusammenziehende Feder H veranlaßt den Kolben bis zum Ende C des Luftcylinders vorzuspringen und die auf diese Weise hervorgebrachte rasche und kräftige Verdichtung der Luft wirft die Kugel mit großer Gewalt aus. Es könnte beim ersten Anblick scheinen, daß die erhaltene Kraft verhältnißmäßig gering ist, weil die Luft von ihrem gewöhnlichen Zustande aus bis zum höchsten Grade comprimirt werden muß, um die zum kräftigen Auswerfen der Kugel nöthige Spannung zu erhalten; die von Shaw angestellten Proben zeigen aber, daß die hervorgebrachte Kraft eben so groß ist als die Triebkraft einer gewöhnlichen Windbüchse; schießt man aus einer Entfernung von 20 Yards auf eine eiserne Scheibe, so werden die Kugeln ganz flach. Bei dem neuen Gewehre ist kein Luftreservoir, keine Pumpe oder ein leicht zu beschädigendes Luftventil nothwendig, und während dasselbe von der einfachsten Construction und Wirkung ist, ist alle Gefahr, welche bei der gewöhnlichen Windbüchse wegen des Zerspringens des Reservoirs vorhanden ist, vermieden, und jeder Schuß treibt gleich weit.

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Tafel Tab.
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