Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 117, Jahrgang 1850, Nr. , S. 387
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Miscellen. Miscellen. Instruction über die Behandlung des elektro-magnetischen Telegraphen nach dem System von Morse. Die königl. hannover'sche Eisenbahn-Direction hat unlängst über die Behandlung der auf den dortigen Bahnen ausschließlich in Anwendung befindlichen Morse'schen elektro-magnetischen Schreibtelegraphen die nachstehende Instruction erlassen. I. Behandlung der galvanischen Batterie. §. 1. Der Morse'sche elektromagnetische Telegraph besteht aus zwei getrennten Apparaten und jeder derselben erfordert eine besondere Batterie. Beide Batterien sind Daniell'sche und bestehen aus Zink-Kupfer-Elementen. Jedes Element wird gebildet aus: 1) einem Glase welches mit einer concentrirten Auflösung von Kupfervitriol in Wasser gefüllt ist; 2) aus einem Cylinder aus Kupferblech, welcher in die Vitriolauflösung gesetzt wird; 3) aus einem in diesem Cylinder stehenden Töpfchen von gebranntem Thon, welcher so beschaffen seyn muß, daß er das Durchsickern einer Flüssigkeit gestattet. Dieses Töpfchen ist mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt; 4) aus einem Zinkcylinder, welcher in dem mit Schwefelsäure gefüllten Thontöpfchen steht. Um den galvanischen Strom durch den Apparat zu leiten, wird der an den Kupfercylinder festgelöthete Kupferdraht an der betreffenden Stelle mit dem Apparate in Verbindung gebracht, und ebenso wird der an den Zinkcylinder gelöthete Kupferdraht mit einer andern Stelle des Apparates verbunden. Gewöhnlich werden indeß mehrere Elemente dadurch zu einer Batterie vereinigt, daß die Gläser neben einander gestellt werden und der Kupfercylinder des ersten Elements mit dem Zinkcylinder des zweiten Elements, ebenso der Kupfercylinder des zweiten Elements mit dem Zinkcylinder des dritten Elements und sofort durch Kupferdrähte oder Kupferbleche verbunden werden. Dadurch bleibt am ersten Elemente der Zink- und am letzten der Kupfercylinder frei und diese, den Zink- und Kupfer-Pol bildend, werden dann durch angelöthete Kupferdrähte mit dem Apparate in metallische Verbindung gesetzt. Die Batterien für die beiden Theile des Apparates sind von verschiedener Zusammenstellung. Für die Hauptapparate, welche den Strom und die Unterbrechung desselben auf der ganzen Linie zu vermitteln haben, wird eine Batterie von mehreren kleinen Elementen gewählt, für den Schreibapparat dagegen, welcher eine große Kraft erfordert, eine solche von nur zwei oder drei großen Elementen. §. 2. In Rücksicht auf die Behandlung stehen beide Batterien, die große wie die kleine, einander gleich, und gelten hiefür folgende Vorschriften: 1) Kupfervitriol-Auflösung. — In einem großen gläsernen Gefäße oder Kruge von Steingut wird eine nicht zu geringe Quantität Kupfervitriol mit heißem Wasser angesetzt und während zwei bis drei Tagen umgerührt, wodurch sich das Wasser mit gerade soviel Vitriol sättigt, als nothwendig ist; der überflüssige Theil bleibt am Boden liegen. Diese Auflösung muß immer vorräthig seyn. Von dieser blaugrün gefärbten Flüssigkeit wird soviel in die Gläser gegossen, daß ein hineingesetztes Thontöpfchen bis ein Zoll unter dem Rande bedeckt ist. Jeden Abend wird der Inhalt der benützten Gläser, mit Ausnahme des etwa angesammelten Bodensatzes, welcher wegzugießen ist, in einen zweiten Krug gegeben, um sich hier wieder durch Auflösung des in demselben befindlichen festen Vitriols zu sättigen und am dritten Tage benützt zu werden. 2) Die Mischung von Schwefelsäure mit Wasser wird dadurch erreicht, daß man in eine Flasche mit Wasser vorsichtig und tropfenweise nach und nach drei bis vier Procent englische Schwefelsäure von gewöhnlicher Stärke gießt. Die Mischung muß einen säuerlichen Geschmack, etwa wie ganz schwacher Essig haben. Von dieser sauren Flüssigkeit ist in jedes Thontöpfchen so viel zu gießen, daß wenn der Zinkcylinder in dasselbe eingetaucht ist, der Stand der Flüssigkeit innerhalb ½ Zoll höher ist, als die blaugrüne Flüssigkeit außerhalb desselben im Glase. 3) Sobald am Abend der Telegraphendienst geschlossen ist, wird die Batterie vollständig auseinander genommen, das saure Wasser aus den Thontöpfchen weggegossen und die Thontöpfchen in eine Schale mit reinem Wasser gelegt. Was die Kupfervitriolauflösung betrifft, so wird dieselbe, wie schon sub. 1 erwähnt, in den Krug gegeben, welcher den festen Kupfervitriol enthält, Die Zink- und Kupfercylinder werden gehörig gereinigt und in reines Wasser gelegt. §. 3. Damit durch das Reinigen und Ansetzen der Batterie die Möglichkeit des Telegraphirens thunlichst wenig unterbrochen werde, muß die Arbeit auf einer und derselben Telegraphenstrecke zu gleicher Zeit vorgenommen werden, und sollen über die Zeit des Ansetzens und Abhängens, welche übrigens von dem Fahrplane abhängig ist, specielle Vorschriften von Seiten der Betriebs-Inspection erfolgen. II. Beschreibung des Apparates. §. 4. Der Morse'sche Apparat besteht, wie schon oben erwähnt, aus zwei verschiedenen Apparaten, dem Haupt-Apparate (Relais) und dem Schreib-Apparate. §. 5. A. Die wesentlichen Bestandtheile des Hauptapparates sind: 1) Der Elektromagnet. Derselbe besteht aus zwei nebeneinanderstehenden Stäbchen von weichem Eisen. Jedes derselben ist mit feinem Kupferdraht in mehreren Lagen umwickelt, welcher mit Seide so umsponnen ist, daß eine metallische Berührung der einzelnen Windungen unmöglich ist Die beiden unteren Enden dieser Drahtrollen sind verbunden, dagegen geht das obere Ende der einen Rolle nach der Hauptbatterie, das der andern nach der nächsten Station. Wenn nun ein galvanischer Strom den vielfachen Windungen der Umwickelung folgend, die Eisenstäbchen umkreiset, so werden in demselben Augenblicke beide Stäbchen magnetisch, und bleiben es so lange, als der galvanische Strom dauert. 2) Der Anker. In einer Entfernung von etwa 1/32 Zoll über den beiden Eisenstäbchen, den Magneten, schwebt horizontal der Anker, an dem einen Ende eines doppelarmigen Hebels (balancier) befestigt; er besteht aus weichem Eisen, welches halbrund geformt etwa 2 Zoll lang ist. Sobald der galvanische Strom durch die Umwickelung der Eisenstäbe läuft und diese magnetisch macht, wird der Anker angezogen und hiedurch das eine Ende des Hebels gegen eine Schraube gedrückt, wodurch, wie später erläutert wird, der Schreibapparat mit dem Hauptapparat in Verbindung tritt. Sobald der Strom aber unterbrochen und dadurch die Ursache des Magnetismus in den Eisenstäben aufgehoben wird, wird der Anker durch eine Spiralfeder von denselben zurückgeschnellt, wobei zugleich die metallische Berührung jenes Hebels (balancier) mit der Schraube aufgehoben wird. 3) Der Schlüssel. Die zur Erzeugung von Zeichen erforderliche Unterbrechung und Wiederherstellung des galvanischen Stromes geschieht dadurch, daß derselbe an einer Stelle des Apparates durch die metallische Berührung des Amboßes mit dem Schlüssel geführt wird. Der Amboß ist ein kleiner messingener abgestumpfter Kegel (dessen obere Fläche am besten mit Platin belegt ist) und in welchen der den galvanischen Strom leitende Draht führt. Der Schlüssel ist ein einarmiger Hebel, welcher zwischen dem Drehungspunkte und dem zum Auf- und Niederbewegen mit der Hand eingerichteten Ende einen auf den Amboß passenden und ebenfalls mit Platin belegten Ansatz hat. Sobald dieser Ansatz des Schlüssels auf den Amboß gedrückt wird, ist die galvanische Kette geschlossen, der Strom umspielt die Magnete, der Anker wird angezogen und der Balancier gegen die Schraube gedrückt. Sobald aber der Schlüssel nicht mehr aufruht, so kommt der Strom nicht in die Umwickelung der Magnete, diese werden unmagnetisch, der Anker wird in die Höhe geschnellt und dadurch der Balancier von der Schraube zurückgezogen. 4) Die Entfernung des Ankers von den Magneten, die Stellung des Schlüssels, der Feder zum Zurückschnellen des Ankers, sind durch Stellschrauben zu reguliren. §. 6. Der Schreibapparat besteht: 1) aus zwei Elektromagneten, welche mit der großen Batterie und der isolirten Schraube des Hauptapparates durch Drähte verbunden sind; 2) aus dem Anker, welcher an dem einen Ende eines zweiarmigen Hebels über den Elektromagneten schwebt, an dessen anderem Ende 3) der Schreibstift befestigt ist, welcher, wenn der Anker angezogen wird, gegen 4) den Papierstreifen drückt, und dort die Zeichen zurückläßt. Der Streifen geht durch zwei Walzen, welche durch Räder getrieben werden, und deren obere einen Einschnitt hat, um das Eindrücken des Stiftes zu erleichtern. Der Stift läßt auf dem Papierstreifen natürlich einen um so längeren Eindruck zurück, je länger der Anker angezogen wird; er macht nur einen Punkt, wenn der Anker angezogen und sofort der elektrische Strom wieder unterbrochen wird. III. Lauf und Wirkung des galvanischen Stromes. §. 7. A. Beim Telegraphiren zwischen zwei End stationen. Auf jeder der beiden Endstationen ist ein Hauptapparat und ein Schreibapparat aufgestellt, und jeder Apparat hat seine besondere Batterie. Als Beispiel diene Hannover und Minden. Der Leitungsdraht ist in Hannover an einer Kupferplatte befestigt, welche in der feuchten Erde liegt, tritt dann an den Schlüssel, von dort an den Zinkpol der Hauptbatterie, geht dann vom Kupferpol derselben um die Elektromagnete des Hauptapparats, tritt hier hinaus in die Drahtleitung auf die Bahn und in Minden an den Elektromagnet des Hauptapparats, dann an den Zinkpol der Hauptbatterie und durch diese vom Kupferpol derselben durch den Schlüssel an die in der Erde liegende Kupferplatte, so daß also ein Zirkel gebildet wird, welcher zwischen den beiden Erdplatten durch die Feuchtigkeit der Erde geschlossen wird. In diesem Kreislaufe strömt nun fortwährend das galvanische Fluidum und erzeugt den Magnetismus der Elektromagnete beider Hauptapparate und ein fortwährendes Angezogenseyn der Anker. Sobald aber an einer Stelle, z. B. in Hannover, der Zirkel durch Loslassen des Schlüssels geöffnet wird, wodurch, wie man sagt, die Kette nicht mehr geschlossen ist, so hört der galvanische Strom und dessen Wirkung auf die Elektromagnete auf, die Elektromagnete sowohl in Hannover wie in Minden, werden wieder unmagnetisch und die beiden Anker werden durch die Spiralfedern in demselben Augenblicke in Hannover und Minden in die Höhe geschnellt. In demselben Momente, da der Schlüssel in Hannover wieder auf den Amboß gedrückt wird, ist die Kette geschlossen, der galvanische Strom durchdringt die ganze Leitung, stellt den Magnetismus in den Eisenstäbchen des Hauptapparats her und beide Anker werden wieder angezogen. Das in Minden geschehende Oeffnen und Schließen der Kette mittelst des Schlüssels bringt dieselbe eben beschriebene Wirkung hervor. Dieses abwechselnde Anziehen und Zurückschnellen der Anker der Hauptapparate wird nun benutzt, um eine ganz gleiche Wirkung bei den mit jenen in Verbindung stehenden Schreibapparaten zu erzielen. Zu diesem Zweck ist der eine Pol der Schreibbatterie mit dem metallischen Gestelle des Hauptapparates, der andere mit dem durch Elfenbein isolirten Theile des Hauptapparates verbunden, welche beiden Punkte mit einander in metallische Berührung kommen, sobald der Anker des Haupptapparates von den Elektromagneten angezogen wird und dadurch der Hebel an die dazu bestimmte Schraube schlägt. Sobald dieß der Fall, ist die Kette, welche den Schreibapparat mit dem Hauptapparate in Verbindung setzt, geschlossen, das galvanische Fluidum durchströmt die Umwickelung der Elektromagnete des Schreibapparats, diese werden dadurch magnetisch und ziehen den Anker an, wodurch der Schreibstift gegen die Papierstreifen gedrückt wird. Dagegen hört der Magnetismus auch der Schreibapparate in Minden und Hannover sofort wieder auf, wenn der Schlüssel in einem der beiden Orte geöffnet ist, indem dann die Balanciers der Hauptapparate die erwähnten Schrauben nicht mehr berühren. Die (aus den größeren Elementen bestehende) Batterie des Schreibapparates hat eine nur locale Wirkung auf diesen, geht in die Hauptleitung längs der Bahn nicht über, und wird nur dadurch in Thätigkeit gesetzt, daß der Balancier des Hauptapparates die Schließung und Oeffnung ihrer Kette vermittelt. §. 8. B. Zwischenstationen. Ganz ebenso ist der Lauf des Stromes, wenn Apparate auf Stationen zwischen den beiden Endstationen aufgestellt werden, nur geht dann nicht der Erddraht, sondern der Leitungsdraht von einer der beiden Seiten in den Apparat. Hieraus geht hervor, daß wenn auf irgend einer End- oder Zwischenstation einer elektromagnetischen Telegraphenlinie (d. h. der zwischen zwei Erdplatten liegenden Linie) der Schlüssel vom Amboß getrennt oder die Drahtleitung irgendwie zerstört oder unterbrochen wird, aus sämmtlichen Apparaten aller dieser Stationen der Magnetismus entweicht, und beim Schließen des Schlüssels sich wieder einstellt. Die Erddrähte auf den Zwischenstationen sind in der Regel nicht im Gebrauch und nur in speciellen weiter unten angegebenen Fällen zu benützen. §. 9. Wenn auf Zwischenstationen Hauptbatterien angesetzt werden sollen, so müssen die Pole in derselben Reihenfolge stehen, wie auf den Endstationen, so daß, da auf der Strecke von Minden nach Hannover in Minden der Erddraht am Kupferpole der Batterie sitzt, der Leitungsdraht aber am Zinkpol, auf allen Stationen zwischen Minden und Hannover stets der Leitungsdraht in der Richtung nach Hannover am Zinkpole der Hauptbatterie angebracht werden muß. Um nun die Möglichkeit zu haben von Minden oder Bremen ohne Unterbrechung nach Harburg telegraphiren zu können, wird als bestimmte Regel festgesetzt, daß auf allen Stationen der Bremen-Wunstorfer und Minden-Harburger Linie der Leitungsdraht nach Harburg zu, am Zinkpol der Hauptbatterie befestigt werden soll. IV. Behandlung der Apparate. §. 10. A. Zeichen. Es ist im Vorstehenden auseinander gesetzt, wie durch Oeffnen und Schließen des Schlüssels auf dem Papierstreifen kurze oder längere Eindrücke hervorgebracht werden. Hierauf sind nun die nachstehenden Zeichen für die Buchstaben und die Ziffern etc. gegründet, indem bestimmte Zusammenstellungen von Punkten und Strichen bestimmte Buchstaben etc. bedeuten. Textabbildung Bd. 117, S. 391 Bruchstrich Beim Telegraphiren einer Depesche müssen die Zeichen, welche einen Buchstaben bilden, möglichst zusammengedrängt werden, jedoch stets deutlich seyn, daß die Striche mit Sicherheit von den Punkten unterschieden werden können. Zwischen zwei Buchstaben ist ein merklicher Zwischenraum zu lassen, wischen zwei Wörtern aber ein etwas größerer. §. 11. B. Stellung der Schrauben und Federn. a) Es ist bisher gesagt, der Anker ruhe bei geschlossener Kette auf den Elektromagneten. Dem ist indeß nicht ganz so; vielmehr vermeidet man absichtlich ein wirkliches Berühren der beiden Theile, und zwar deßhalb, weil bei metallischer Berührung der Magnet den Anker festsaugt, und ein Zurückschnellen des letztern bei Aufhören des Magnetismus nicht so leicht geschieht, als wenn ein kleiner Zwischenraum zwischen Anker und Magnet bleibt. Je größer dieser Zwischenraum ist, desto kräftiger muß der Magnetismus seyn. Es gilt daher die Regel, sowohl bei dem Schreibapparate, als namentlich bei dem Hauptapparate: mittelst der Stellschrauben den Zwischenraum zwischen Anker und Magnet so klein wie möglich zu machen, eine wirkliche Berührung aber stets zu vermeiden. b) Der Schreibstift ist so zu stellen, daß er deutliche Eindrücke in dem Papierstreifen zurückläßt, ohne einzureißen. c) Wie hoch der Aufschlag des Schlüssels ist, hat keinen wesentlichen Einfluß, und stellt sich daher jeder Telegraphist die diesen regelnde Schraube nach eigenem Ermessen. d) Wenn der Papierstreifen schief und unregelmäßig durchläuft, so ist daraus zu schließen, daß die beiden Walzen nicht parallel neben einander rund laufen und ist dann durch Drehen des einen oder andern Excentricums die eine oder andere der Federn, welche die Lage der Achsen der Walzen reguliren, nachzulassen oder anzuziehen, bis der Uebelstand gehoben ist. V. Vorschriften für das Telegraphiren. §. 12. Jede Depesche, welche auf den Eisenbahndienst Bezug hat, muß vor dem Telegraphiren mit Angabe des Datums und der Zeit nach Stunden und Minuten in das Depeschenbuch getragen werden. Jede ankommende Depesche, welche auf den Eisenbahndienst Bezug hat, muß sofort nach der Ankunft mit Angabe des Datums und der Zeit nach Stunden und Minuten in das Depeschenbuch getragen, und wenn dieselbe von Wichtigkeit ist (z. B. das Abgehen von Extrazügen, veränderte Kreuzung der Züge u. s. w. betrifft), von den Bahnhofsvorständen selbst im Originale von dem Papierstreifen abgelesen werden. Am Schlusse jeder Depesche hat der Depeschengeber seinen Namen zu telegraphiren. Die Depeschenbücher werden periodisch an die Eisenbahndirection eingesandt, worüber weitere Verfügung erfolgen wird. §. 13. Beim Beginn des Telegraphirens ruft der Telegraphirende zuerst die Bestimmungsstation durch dreimaliges Telegraphiren des für dieselbe eingeführten Zeichens. Diese Zeichen sind die nachstehenden. 1) Von Hannover aus in östlicher Richtung: Hannover H Burgdorf D Uelzen Ue— — Lehrte L Celle C — —. Bevensen BE Peine P Eschede E Bienenbüttel BN — —. Vechelde V Unterlüß A Lüneburg K — — Braunschweig B Suderburg S Winsen W — — Harburg R 2) Von Hannover aus in westlicher Richtung: Hannover H Bückeburg R Eistrup E Wunstorf W— — Minden M — — Verden V Haste HT Neustadt NS Achim A Stadthagen S Nienburg N Bremen B Die gerufene Station antwortet alsdann durch JJ.... und ein einmaliges Geben ihres eigenen Zeichens. Sobald diese Antwort als Zeichen der Anwesenheit des Telegraphisten erfolgt ist, macht der Depeschengeber mehrere Punkte, damit der Empfangende seinen Papierstreifen in Bewegung setzen und in Ordnung halten kann. Dann beginnt die Depesche, und zwar jedesmal mit dem vollständig ausgeschriebenen Namen der Bestimmungsstation, dann dem Worte von und mit dem vollständig ausgeschriebenen Namen der Abgangsstation. Hierauf wird ein Zwischenraum gelassen und die Depesche gegeben. Will z. B. Hannover nach Minden sagen: der Zug geht ab, so geschieht das so: Hannover: Textabbildung Bd. 117, S. 393 Minden: Textabbildung Bd. 117, S. 393 Hannover: Textabbildung Bd. 117, S. 393 §. 14. Ist auf der Empfangsstation der Apparat nicht in gehöriger Ordnung, läuft das Papier während der Depesche schief u. dergl., so daß die Depesche nicht zu lesen ist, so unterbricht der Empfänger, indem er den Schlüssel öffnet. Alsobald arbeitet auf der Abgangsstation der Haupt- und Schreibapparat nicht mehr mit, und muß der Absender der Depesche dann sofort aufhören und seinen Schlüssel schließen, um das Begehren des Empfängers zu vernehmen. Dieser sagt dann: gib vom Anfang, wenn er die ganze Depesche nicht erhalten hat; wenn er das Wort N. N. noch verstanden, das Weitere aber nicht verstanden hat, gib von N. N.. Ein ähnliches Verfahren tritt ein, wenn der Empfänger etwas Wichtigeres nach irgend einer Station zu sagen hat. Er unterbricht dann und sagt das Wort Wichtiger. §. 15. Nur der Vollständigkeit wegen wird noch einmal darauf aufmerksam gemacht, daß der Schlüssel jedes Apparates stets geschlossen gehalten werden muß, und nur geöffnet werden darf, um eine Depesche zu geben. Versäumt ein mit dem Telegraphiren beauftragter Beamter das Schließen des Schlüssels, wodurch natürlich das Telegraphiren auf der ganzen Linie unterbrochen ist, so wird er in das Verzeichniß der Disciplinarvergehen aufgenommen und bestraft. §. 16. Diejenigen Stationen, auf denen zwei Telegraphen strecken zusammentreffen, erhalten zwei vollständige Apparate, und muß auf diesen Stationen, wenn eine Depesche anlangt, welche auf die zweite Strecke übertragen werden muß, die vollständige Depesche, nachdem sie in das Depeschenbuch eingetragen, weiter gegeben werden. §. 17. Wenn auf einer Zwischenstation eine Unterbrechung der Hauptleitung bemerkt wird, ohne dieselbe wieder herstellen zu können, was z. B. auch durch das Offenbleiben des Schlüssels irgendwo veranlaßt seyn kann, so nimmt man den auf jeder Station zur Hand habenden Brunnendraht und hängt denselben lose entweder an den Leitungsdraht nach der rechten Seite, oder wenn dadurch eine Schließung der Kette nicht erfolgt, nach der linken Seite hinunter. Erfolgt links die Schließung, so kann mit der rechts liegenden Station correspondirt werden, oder umgekehrt. Es versteht sich von selbst, daß öfter der Brunnendraht ganz beseitigt werden muß, um zu sehen, ob die Verbindung der ganzen Linie wieder hergestellt sey. VI. Allgemeine Bestimmungen. §. 18. Tritt eine Unterbrechung des Stromes ein, welche trotz der vorzunehmenden Untersuchung nicht zu ermitteln und nicht zu beseitigen ist, so muß davon sofort der Betriebs-Inspection oder dem etwa in der Nähe sich befindenden Ingenieur, welcher als technischer Gehülfe der Inspection angeordnet ist, Nachricht gegeben werden. §. 19. Wenn der Leitungsdraht auf der Bahn abgerissen oder zerschnitten ist, so hat der betreffende Bahnwärter die Verbindung durch Anknüpfen eines Drahtendes wo möglich vorläufig wieder herzustellen. Zu diesem Zweck hat er die beiden Enden des abgerissenen Drahtes etwas blank zu schaben und von dem ihm für solche Fälle in Verwahrung gegebenen Kupferdraht ein kurzes Stück, dessen Enden ebenfalls blank zu schaben sind, dazwischen zu bringen. Hat das Zerreißen dicht an einer Stange stattgefunden, so ist solche aus der Erde zu nehmen, und nachdem der Draht an deren Kopf von Neuem geknüpft ist, wieder einzusetzen und zu befestigen. Eine solche Beschädigung und deren Abhülfe ist dem Bahnmeister bei dessen nächster Anwesenheit zu melden, damit dieser davon weitere Anzeige macht und das gehörige Zusammenlöthen der Stelle veranlaßt. Sind Stangen durch Windsturm oder auf andere Weise zur Seite gebogen oder umgeworfen, so sind solche sofort wieder gerade zu richten und gehörig zu befestigen. Sollte ein längeres Stück des Drahtes oder gar auch einzelne Stangen ganz fehlen, so ist dieses von Bahnwärter zu Bahnwärter nach der nächsten Station sofort zu melden und von hier aus der Betriebs-Inspection schriftlich anzuzeigen, um dem Mangel sobald als möglich abzuhelfen. Muß der wieder anzubringende Draht, bis die Stangen wieder herbeigeschafft sind, auf längeren Strecken frei tragen, so ist jedenfalls dafür zu sorgen, daß derselbe nirgends den Erdboden, Baumzweige oder andere Gegenstände berührt, damit die Elektricität an einer solchen Berührungsstelle nicht abgeleitet werde. (§. 20 bis 25 enthalten rein administrative Bestimmungen.) Hannover, den 20. Mai 1850. Königl. Hannover'sche Eisenbahn-Direction. Neue Versuche mit Flüssigkeiten im sphäroidischen Zustand; von Boutigny. Die verschiedenen Ansichten über die Ursache der Suspension in sphäroidischen Zustand befindlicher Körper veranlaßten mich folgende Versuche anzustellen. Ich rollte einen Platindraht von 1 Millimeter Durchmesser spiralförmig, so daß daraus eine Art Sieb mit kreisförmigen und continuirlichen Maschen entstand. Ich goß nun nach einander Wasser, Alkohol und Aether in diese durchbrochene Schale; die drei Flüssigkeiten liefen natürlich wie durch ein Sieb hindurch. Hierauf machte ich die Schale glühend und begann den Versuch mit jenen drei Flüssigkeiten wieder, wobei ich vor meinen Augen das Wunder der Vestalin Tuccia erneuert sah, indem diese drei Flüssigkeiten nicht mehr durch die Maschen des Siebs gingen und auf eine gewisse Entfernung weggetragen werden konnten. Hinsichtlich des Alkohols und Aethers bemerkt man folgendes: da der Dampf, welchen sie erzeugen, eine viel größere Dichtigkeit als die Luft hat, so hält er bis auf einen gewissen Punkt dem aufsteigenden heißen Luftstrom, welcher durch die hohe Temperatur der Schale hervorgebracht wird, das Gleichgewicht; dieser durch die leeren Räume der Schale dringende Dampf entzündet sich sowohl über als unter derselben, und das Sphäroid befindet sich alsdann zwischen zwei entgegengesetzten Flammenkegeln. Wenn man diesen Versuch mit Jod wiederholt, wird der untere Flammenkegel durch eine schöne Säule von violetten Dämpfen ersetzt, welche in die dem Jodsphäroid entspechenden leeren Räume der Schale drangen. Durch diese Versuche kann man augenscheinlich die Existenz jener geheimnißvollen Kraft, der Repulsivkraft nachweisen, welche die Wirkung der Schwere neutralisirt.(Comptes rendus, August 1850, Nr. 9.) Analyse eines warm- und kaltbrüchigen Stabeisens; von Dr. Rubach. Ein Stück Stabeisen, das sich in dem Cabinet des Gießener Laboratoriums mit der Etiquette: „warmbrüchiges Stabeisen von Königsbrunn“ vorfand, zeigte sich vollkommen frei von allen bekannteren metallischen und metalloidischen Beimischungen, die dem hüttenmännisch gewonnenen Eisen Brüchigkeit zu ertheilen pflegen. Es war namentlich keine Spur von Kupfer, Arsenik, Phosphor, Schwefel oder Silicium darin zu erkennen. Das Eisen war sowohl kalt-als warmbrüchig. Eine genauere Untersuchung ergab, daß es außer geringen Mengen von Kohlenstoff nicht unbedeutende Mengen von Nickel und Kobalt enthielt, welchem Gehalt allein die außerordentliche Brüchigkeit zugeschrieben werden muß. Die Analyse gab folgende Zusammensetzung: 96,89 Procent Eisen, 1,53 Proc. Nickel, 0,63 Kobalt und 0,19 Kohlenstoff. (Annalen der Chemie und Pharmacie Bd. LXXIV S. 360.) Schnelle Vertilgung von Silberflecken auf der Haut; von A. Brieger. Die Silberflecken, respective die durch weiland unauslöschliche Tinte hervorgebrachten Flecken, haben zwar längst ihren Nimbus der Unauslöschlichkeit verloren, seitdem man sie mit Chlor und Ammoniak, analogen Verbindungen anderer Haloide: Iodkalium, Cyankalium, Jodtinktur und unterschwefligsaurem Natron zu vertilgen auf die Idee kam, doch halte ich eine kleine aus der Praxis gegriffene Modification dieser Verfahrungsmethoden der Mittheilung werth. Ein junger Officier, der sich in der Absicht den Bart zu schwärzen, das Gesicht mit einer salpetersaures Silberoxyd enthaltenden Pomade eingerieben, hatte sich dasselbe dadurch abscheulich zugerichtet, und schon 14 Tage erfolglos an der Normalisirung laborirt. Indem ich mittelst eines kleinen Pinsels immer nur auf eine kleine Fläche zur Zeit, zuerst (weingeistige) Jodauflösung, gleich darauf mäßig verdünnte Kalilösung applicirte und zuletzt natürlich mit Wasser nachwusch, war sofort jede Spur von Silberflecken aus dem Gesichte verschwunden, und so wenig als Geruchs- oder Gesichtsorgane während der Operation belästigt worden waren, trugen Hals und Backen Nachwehen davon. Versuche mit schon gebildetem Jodkalium in concentrirter Lösung, wie auch mit Cyankalium, befriedigten nicht, ihre Einwirkung geht nicht schnell genug von statten. Auch aus Geweben lassen sich die Schriftzüge der Höllensteintinte unter der nöthigen Vorsicht am schnellsten durch Jodtinctur und Kalilauge vertilgen. (Jahrb. für prakt. Pharmacie. B. XX S. 90.) Stelling's Verfahren den Bernsteinfirniß zu bereiten. Man bringt den Bernstein, welcher erst bei hoher Temperatur schmilzt, in einen starken kupfernen Behälter, der an seinem oberen Theil verschlossen und mit Thon lutirt ist. An seinem unteren Theil ist er mit einem kegelförmigen Rohr versehen, auf welchem ein durchlöchertes Blechstück befestigt wird, das als Sieb dient, um den geschmolzenen Bernstein von den in ihm enthaltenen Unreinigkeiten zu trennen. Das kupferne Gefäß steht auf einem Ofen, in welchen sein kegelförmiger Boden einige Zolle hineinreicht; nachdem die Erwärmung hinreichend gesteigert worden ist, schmilzt der Bernstein und läuft, von seinen Unreinigkeiten befreit, in einen unten angebrachten großen Behälter von Kupfer, welcher zu zwei Drittel mit dem Oel gefüllt ist, womit man den Firniß bereitet; die Wärme begünstigt die Vereinigung des geschmolzenen Bernsteins mit dem Oel; nach erfolgter Vereinigung setzt man die anderen Ingredienzien zu. Diese einfache und durch lange Erfahrung bewährte Methode gewährt folgende Vortheile: 1) der Bernstein schmilzt vollständig, ohne Rückstand, und da er in einem vollkommen geschlossenen Gefäß enthalten ist, so geht wenig oder nichts von ihm durch Verdunstung verloren; 2) man ist dabei gegen jede Feuersgefahr gesichert; 3) da die Gefäße aus dickem Kupfer bestehen, so können sie nicht bersten wie die in den Firnißfabriken meistens gebräuchlichen thönernen Gefäße. (Revue scientifique, 1850 Nr. 125.) Ueber die fabrikmäßige Darstellung der Essigsäure; von A. Beringer. Prof. Schnedermann hat in dem „Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie von Liebig, Poggendorff und Wöhler Bd. III. S. 902 des Verlustes gedacht, der bei der Zerlegung des holzsauren Kalkes durch Glaubersalz entsteht. (Man pflegt in den Fabriken zur Gewinnung reiner Essigsäure aus Holzessig, letzteren in der Wärme und unter Umrühren mit kohlensaurem Kalk und zuletzt mit Kalkhydrat zu sättigen, wobei ein Theil der brenzlichen Stoffe in Verbindung mit Kalk als braune Masse ausgeschieden wird, die sich zum Theil auf die Oberfläche begibt und abgeschöpft wird. Die neutralisirte Flüssigkeit läßt man ruhig stehen, bis sich der überschüssige Kalk abgesetzt hat, zieht sie dann klar ab, und verdampft sie in einem Kessel bis zu 15° Baumé. Sie wird hierauf mit einer concentrirten Lösung von Glaubersalz in Wasser vermischt und damit tüchtig umgerührt, wobei schwefelsaurer Kalk als dicker Niederschlag sich ausscheidet und essigsaures Natron gelöst bleibt. Versuche haben jedoch gezeigt, daß der essigsaure Kalk durch Glaubersalz nicht vollständig zersetzt wird, sondern daß ein Theil desselben, selbst wenn überschüssiges Glaubersalz in der Flüssigkeit vorhanden ist, unzersetzt bleibt, eine Erscheinung, die vielleicht in der Bildung eines Doppelsalzes ihren Grund hat. Außerdem soll ein Theil des schwefelsauren Natrons sich in Verbindung mit schwefelsaurem Kalk als schwerlösliches oder unlösliches Doppelsalz niederschlagen. Man muß daher die zur Zersetzung des holzsauren Kalkes erforderliche Menge Glaubersalz durch einen im Kleinen angestellten Versuch bestimmen; der durch Glaubersalz nicht zersetzbare Antheil des essigsauren Kalks kann zuletzt durch Soda zersetzt und dadurch die ganze Essigsäure in Natronsalz übergeführt werden.) Es wäre interessant zu wissen, wie weit diese unvollständige Zerlegung des essigsauren Salzes einerseits und andererseits die Ausscheidung von schwefelsaurem Natron in Verbindung mit schwefelsaurem Kalk geht, um so mehr, da der Fall auch bei Zerlegung des Kupfervitriols mit essigsaurem Kalk eintritt. In der Praxis kann diesem doppelten Verluste leicht durch directe Sättigung des Holzessigs mit Schwefelnatrium vorgebeugt werden, und in der That haben die HHrn. Heyl und Wöllner in Berlin seit geraumer Zeit eine Holzessigfabrik im Gange, in der die Essigsäure mit Hülfe von Schwefelnatrium zu der vollendetsten Reinheit gebracht wird. Es liegt in den klimatischen Verhältnissen des Nordens, daß die Entbindung so großer Quantitäten von Schwefelwasserstoffgas durchaus nichts Lästiges für die Fabrik selbst hat. Die aus dem gereinigten essigsauren Natron abgeschiedene Säure ist sogar reiner als die Essigsäure des Handels, die jetzt meist durch Sättigung von sogenanntem Essigsprit (9 procentigem Schnellessig) mit Kalk und Zerlegen des Kalksalzes durch Schwefelsäure gewonnen wird. Eine solche Säure kann deßhalb nicht frei von schwefliger Säure seyn, weil die Fabrikanten den essigsauren Kalk bloß zur Trockne abdampfen und somit die in den Essigbildern aus den Spänen aufgenommene organische Materie bei der Destillation zersetzend auf die Schwefelsäure wirkt. Merkwürdig ist noch, daß die verschiedenen Hölzer nicht allein, wie Stoltze gezeigt, ungleiche Mengen von Säure geben sondern auch, daß die Natur der Brandöle so sehr wechselt, je nachdem z. B. Buchen- oder Erlenholz genommen wird, was vermuthlich von den im Holz enthaltenen Harzen und dergleichen herrührt. (Annalen der Chemie und Pharmacie, Juni 1850, S. 345.) Ueber die Mittel die Anhäufung der Kohlensäure in den Gährungslocalen unschädlich zu machen; von Aubergier. Um die Räume wo der gährende Most aufgestellt ist, von der in ihnen angehäuften Kohlensäure größtentheils zu befreien und dadurch das Eintreten in dieselben möglich zu machen, empfiehlt man gewöhnlich die Hervorbringung eines Luftstroms, welcher die Kohlensäure aus dem Local verdrängt, oder das Aussprengen von Kalkmilch, wodurch die Kohlensäure absorbirt wird. Beide Mittel sind ausreichend, wenn es nicht auf eine sehr rasche Entfernung der Kohlensäure ankommt; in gewissen Fällen wirken sie aber nicht schnell genug, z. B wenn schon Jemand in einem solchen Local von einer Ohnmacht und der Gefahr der Erstickung befallen ist und ein anderer ihm zu Hülfe kommen will. Dieser ist dann der Gefahr ausgesetzt, beim Betreten des Locals dasselbe Loos zu theilen, und doch ist beim Verzug die höchste Gefahr vorhanden. Aubergier empfiehlt in solchen Fällen in dem Gährungslocal Aetzammoniak (Salmiakgeist) auszusprengen. Dieses verbreitet sich in dem ganzen Raum und die Kohlensäure wird dadurch an allen Stellen absorbirt, während die Kalkmilch zunächst nur da wirkt, wo sie unmittelbar hinkommt. Durch die Absorption der Kohlensäure und die Bildung von kohlensaurem Ammoniak entsteht ein leerer Raum, in welchen sogleich frische Luft eindringt, und in wenigen Augenblicken ist die Luft so weit gereinigt, daß man das Local ohne Gefahr betreten kann. Aubergier empfiehlt den Weinproducenten immer einige Maaß Aetzammoniak für solche Fälle vorräthig zu halten. Denn wenn auch beim Eintritt in das Local die Luft genügend von Kohlensäure befreit war, so kann sich doch bei gewissen Operationen die Kohlensäure plötzlich in großer Menge entwickeln, z. B. beim Treten und Niederdrücken der Hülsen und Kämme in dem Gährungsbehälter (bei der Bereitung des Rothweins), welches während der Gährung von Zeit zu Zeit vorgenommen wird. Uebrigens sollte man ein Gährungslocal nicht eher betreten, als bis man ein brennendes Licht hineingehalten und sich davon überzeugt hat, daß dasselbe weder verlöscht noch merklich schlechter brennt als außerhalb. (Moniteur industriel, 1850 Nr. 1391.) Ueber Vertilgung der Kornmotte. Versuche, welche Bouchardat hinsichtlich der Vertilgung der Kornmotte anstellte, führten ihn zu folgenden Resultaten. Terpenthinöl tödtet die Schmetterlinge leicht, wirkt aber weder auf die Larven noch auf die Eier. Salzsäure in 1000facher Verdünnung tödtet die Larven, ist aber auf Eier und Schmetterlinge ohne Wirkung. Das beste Mittel ist nach ihm, das Korn, worin sich dieses Insect befindet, einer Temperatur von 80° Reaumur auszusetzen, welche Würmer und Eier tödtet, ohne der Güte des Getreides zu schaden; oder es in Silos aufzubewahren, deren Temperatur immer unter 12 2/5° R. bleibt, bei welcher die Eier nicht auskriechen können. (Journal de Pharmacie, Juli 1850.) Untersuchungen über die Aufbewahrung der Getreidearten; von Bobierre und Cartier. Die Genannten haben der französischen Akademie der Wissenschaften die Resultate ihrer gemeinschaftlichen Versuche über das Conserviren der Getreidearten zur Prüfung übergeben. Sie erörtern in ihrer Abhandlung die Ursachen der Zerstörung, welche man zu bekämpfen hat, sowie die verschiedenen Mittel, welche man bisher zu diesem Zweck benutzte, und suchen dann zu beweisen, daß keines derselben genügend ist, ja daß sogar solche, welche in anderen Klimaten dem Zweck mehr oder weniger vollständig entsprechen, in unserem Klima keinen Erfolg haben können. Um das Korn in Frankreich und in Ländern von ähnlichen klimatischen Verhältnissen unbegränzte Zeit lang mit Sicherheit aufbewahren zu können, muß man es vor allem in den geeigneten trockenen Zustand versetzen, und verhindern daß es nachher Feuchtigkeit aufnimmt; man muß es in Behälter bringen, welche so dicht verschlossen sind, daß die es angreisenden Insecten nicht eindringen können; man muß endlich bis auf die Keime solche Insecten zerstören, welche in das Getreide kamen, bevor dasselbe in die Behälter gebracht wird, worin es zu verbleiben hat Die Anwendung des Kohlenoxydgases, welche einige Chemiker hiezu vorschlugen, würde bis auf einen gewissen Punkt den Zweck gut erfüllen; aber abgesehen davon, daß diese Operation ziemlich kostspielig wäre, hätte sie nur eine vorübergehende Wirkung, falls das Korn nicht in luftdicht schließenden Behältern enthalten wäre. Silos von Blei, welche man vorgeschlagen hat, auf die man aber als zu kostspielig verzichten mußte, hätten den Erfolg dieser Operation gesichert. Man kann aber den Zweck auf eine wohlfeilere Weise erreichen; denn mit gewalztem Zink, welches man mit einem zweckmäßigen hölzernen Rahmenwerk versieht, construirt man Silos welche alle erforderlichen Bedingungen erfüllen. Diejenigen, welche die Verfasser bei ihren Versuchen angewandt haben, sind dreiseitige Prismen; durch eine Tubulatur welche am unteren Theil jedes solchen Kastens angebracht ist, leitet man das zerstörende Gas hinein (Kohlensäure welche man durch Zersetzen von Kreide mit Schwefelsäure bereitet, oder durch Verbrennen von Kohle in Rousseau's Apparat, welcher im polytechn. Journal Bd. CXVI S. 297 beschrieben ist); eine obere Tubulatur, aus welcher man von Zeit zu Zeit den Gasstrom auf Kalkwasser leitet, gestattet den Zeitpunkt zu erfahren wo die Kohlensäure den ganzen Raum erfüllt hat. Ehe man das Getreide in diese Silos bringt, muß es zuvor behufs des Austrocknens längere Zeit einer Temperatur von 40 bis 48° Reaumur ausgesetzt worden seyn; die Verfasser haben sich überzeugt, daß diese Operation dem aus solchem Getreide fabricirten Mehl durchaus keinen schlechten Geschmack ertheilt. Sie haben sich ferner überzeugt, daß die Anwendung der Kohlensäure mit gar keinen nachtheiligen Folgen verbunden ist. Hinsichtlich der Kosten bemerken sie, daß dieselben zwar zur Herstellung der Silos nicht unbeträchtlich sind, daß man aber dann jedes Jahr, so lange die Silos dauern, beträchtlich an dem Aufwand für Handarbeit erspart, weil das Umschaufeln des Getreides ganz wegfällt. (Comptes rendus, August 1850, Nr. 7.) Ueber Rohzucker-Consumtion in Frankreich seit dem Jahr 1815, ferner über Cacao- und Kaffee-Consumtion; von Guien. Da man mit Grund annehmen kann, daß die Consumtion jedes Individuums welches Zucker genießt, im Jahr 10 Kilogr,In England betraͤgt die Consumtion per Individuum der Gesammtbevölkerung 11 Kilogr. ungefähr 1 Unze per Tag beträgt, so ist aus nachfolgender Tabelle zu entnehmen, in welchem Verhältniß die Anzahl der Consumenten mit den sinkenden Preisen zugenommen hat. Es folgt daraus, daß nur 13 Millionen Individuen, oder beinahe ein Drittheil der französischen Bevölkerung Zucker zu genießen gewohnt ist. Offenbar würde sonach eine Verminderung der Besteuerung des Zuckers, durch welche der Preis desselben bedeutend niederer würde, die Consumtion beträchtlich steigern, indem gegenwärtig noch zwei Drittheile der Bevölkerung dieses Nahrungsmittel entbehren müssen. Und wie sehr müßte dazu eine Herabsetzung der Steuern auf Kaffee und Cacao noch beitragen! Jahre. Mittlerer Preis des raffinirten Zuckers per Kilogramm. In einem Jahr in Consumtion gebrachter Rohzucker. Berechnete Anzahl der Consumenten zu 10 Kilogramm. per Individuum. Frcs. Cent. Kilogr. 1815 3 85 17,000,000 1,700,000 1816 bis 1819 3 20 33,500,000 3,350,000 1820 1823 2 50 48,300,000 4,830,000 1824 1828 2 40 65,000,000 6,500,000 1829 1833 2 83,500,000 8,350,000 1834 1838 1 80 107,000,000 10,700,000 1839 1843 1 65 115,000,000 11,500,000 1844 1849 1 60 131,000,000 13,100,000 Man wird zwar einwenden, daß die Zuckerconsumtion in Frankreich nie den Aufschwung nehmen kann wie in England, wo der Genuß warmer Getränke so allgemein ist. Dieß zugegeben, ist aber doch nicht zu läugnen, daß die Consumtion von Zucker in dem Grade noch weiter zunehmen wird, als er wohlfeiler wird; es ist ferner zu bedenken, daß in Frankreich ein großer Theil des Obsts dem Vieh überlassen werden muß oder verloren geht, weil es seiner Zeit nicht consumirt werden kann. Wenn das Pfund Zucker zu 50–60 Cent. gekauft werden könnte, so würden die mittlern und armen Classen und das Landvolk aus dem Obst vortreffliche Conserven machen, welche nicht über 15 Cent. per Pfund zu stehen kämen.Ein Viertelpfund genügt für 1 Pfd. Obst, und nur für säuerliches Obst ist mehr Zucker erforderlich. Ebenso verhält es sich mit vielen andern Nahrungsmitteln. Nach den statistischen Nachweisen wurden im J. 1827 in Frankreich 700,000 Kil. Cacao consumirt, im J. 1847 aber 2,200,000 Kil. verzollt. Dieß kömmt daher, daß der verzollte Maragnan-Cacao im J. 1827 auf 2 Fr. 50 Cent., und im J. 1847 nur auf 1 Franc 75 Cent. zu stehen kam. Durch Herabsetzung der Steuern auf Zucker und Cacao könnte recht gute Chocolade zu 60 Cent. per Pfund oder die Tasse zu 5 Cent. geliefert werden. Auch die Zunahme der Kaffee-Consumtion spricht zu Gunsten niederer Preise. Im J. 1827 wurden 10,000,000 Kil. Kaffee consumirt; von Hayti-Kaffee kostete damals das verzollte Pfund 2 Fr. 40 Cent., während im J. 1847, wo der Preis auf 1 Fr. 90 Cent. herabgegangen war, 16,800,000 Kil. consumirt wurden. In den Vereinigten Staaten, wo, wie in England, beinahe allgemein Thee getrunken wird, stieg im vorigen Jahr die Kaffee-Consumtion, bei einer um ⅓ kleinern Bevölkerung als in Frankreich, auf mehr als 75 Millionen Pfund. Es ist aus allem dem zu ersehen, wie nothwendig von Zeit zu Zeit Zollrevisionen sind. Wir verkennen übrigens nicht, wie schwierig diese Aufgabe hinsichtlich des Zuckers ist. England hat in Zeit von vier Jahren seinen Tarif fünfmal abgeändert. Auch in Frankreich geschah dieß zu wiederholtenmalen und ist nun wieder nöthig. (Moniteur industriel, 1850 Nr. 1444.) Firniß um die Hüte wasserdicht zu machen. Folgende Vorschrift ist von den HHrn. Richard und Francs in London. Die Hüte werden nach der gewöhnlichen Methode zubereitet, geformt und gefärbt; wenn sie ganz trocken sind, behandelt man sie innerhalb mit folgendem Firniß: Kino-Gummi 500 Gramme Elemi 250 Gramme Weihrauch 1500 Gramme Kopal 1500 Gramme Wachholderharz 1000 Gramme Ladanum 31 Gramme Mastix 31 Gramme Gummilack 310 Gramme weißes Fichtenharz 250 Gramme Man reibt das Ganze zusammen und rührt es in einem Steingutgefäß mit 5 bis 6 Litern Alkohol von 33 Volumsprocenten an, womit man es stark und häufig schüttelt. Wenn die Auflösung eine vollständige ist, setzt man ihr 1 Liter flüssiges Ammoniak, dann 31 Gramme Lavendelöl, ferner eine Auflösung von 500 Gram. Panaxgummi und Myrrhen in 3 Litern Alkohol zu. Man wendet diesen Firniß auf folgende Weise an: man trägt eine Schichte davon auf die innere Oberfläche des Hutkopfs und auf die innere Seite seines Randes mittelst einer Bürste auf; man läßt trocknen und wiederholt diese Operation mehrmals, aber so daß der Firniß den Stoff nicht durchdringt, also nicht auf der äußeren Seite desselben zum Vorschein kommt. (Revue scientifique, 1850 Nr. 125.) Glaskraut-Conserve. Das Glaskraut, Glasschmalz (salicornia herbacea) wächst in ungeheurer Menge an den Meeresküsten. Es fand bisher (außer früher als Arzneimittel, sowie zur Sodabereitung) keine Anwendung, als daß seine Samen den Hänflingen im Winter zur Nahrung dienen; nur die mit Essig angemachten fleischigen Stengel wurden manchmal als Magenstärkung genossen. Hr. Viau hat sich nun überzeugt, daß man diesem Kraute jede Zubereitung anderer Gemüser geben kann, namentlich die der grünen Bohnen, mit deren Geschmack es auch viele Aehnlichkeit hat. Er bereitete davon nach der Appert'schen Methode eine Conserve, die sich vorzüglich für die Marine eignet. (Moniteur industriel, 1850 Nr. 1404.)