Titel: | Mittheilungen aus meinem Leben und Wirken als Maschinenbauer; von Dr. Ernst Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin). |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. I., S. 2 |
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I.
Mittheilungen aus meinem Leben und Wirken als
Maschinenbauer; von Dr. Ernst
Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin).
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
(Fortsetzung von Bd. CXVI S. 86.)
Alban's Mittheilungen aus seinem Leben und Wirken als
Maschinenbauer.
D. Ueber meine neuesten Kolben mit
Metallliederung.
Da ich jetzt die Kolben mit Metallliederung bei meinen Dampfmaschinen mit höherm
Drucke, und zwar, wie es bis jetzt den Anschein hat, mit Glück eingeführt habe, so
bin ich seit längerer Zeit bemüht gewesen solche Kolben zu erfinden, die nicht
allein möglichst einfach und mit weniger Mühe und weniger Kosten herzustellen seyen
als die bisherigen Kolben dieser Art, sondern auch alle Eigenschaften eines guten
und möglichst zweckmäßigen Kolbens in sich vereinigen.
Man weiß aus meinen letzten in diesem Journale enthaltenen Abhandlungen über meine
neuesten Dampfmaschinen, daß ich bereits einen Vorschlag zu einem Kolben dieser Art
gemacht habe. Je mehr Nachdenken ich diesem Kolben widme, in ein desto besseres
Licht tritt derselbe bei mir, und das ist mir ein gutes Zeichen. In der dort
gegebenen Beschreibung und Abbildung desselben (Bd. CXIII S. 404) ist jedoch manches
enthalten, was ich jetzt auf eine zweckmäßigere und bequemere Weise construiren
würde, und selbst hinsichtlich seiner Anfertigung bin ich auf Mittel verfallen, die
diese sehr vereinfachen, und so auf eine kürzere Zeit beschränken dürften. Wenn ich
bis jetzt diesen Kolben auch noch nicht versucht habe, so dürfte der Zeitpunkt doch
vielleicht sehr nahe seyn, wo es geschieht; seine Construction ist aber auch von der
Art und basirt auf so einfachen, durch die Erfahrung bereits erprobten Grundsätzen,
daß an dessen Gelingen
von keinem praktischen Maschinenbauer irgendwie gezweifelt werden kann.
Da sich mancher Maschinenbauer für diesen Kolben interessiren möchte, so halte ich es
doch der Mühe werth, alles darüber mitzutheilen, was ich in neuester Zeit in seiner
Angelegenheit gewirkt habe. Der Meier'sche Kolben, dem
ich früher ein so großes Lob beigelegt habe, ist zwar auch nicht complicirt, und
hält sich in der Dampfmaschine meines Etablissements ganz vortrefflich, arbeitet
auch stets mit geringer Reibung und sehr dampfdicht, aber gegen meinen Kolben
gehalten, macht er beinahe noch einmal so viel Arbeit bei der Anfertigung, und beim
Abschleifen der Ringe treten ihre Keile immer bald so weit hervor, daß sie die
Cylinderwände berühren, und dann etwas kürzer gefeilt, oder durch neue ersetzt
werden müssen, deren Dichtung an die Ringe dann wieder manche Umstände macht. Der
Ring meines Kolbens kann sich schon sehr weit ausdehnen und sein Durchschnitt oder
seine Fuge sehr weit auseinander treten, bevor sie die Deckung der halbmondförmigen
Schieber in den Deckeln des Kolbens verliert. Ist die Fuge endlich so weit
auseinander getreten, daß dieser Fall eintritt, so ist ein Ring seiner Art sehr
leicht ersetzt, ja man kann solcher Ringe sogar einige vorräthig halten, zumal die
alten verbrauchten Ringe wenig Werth haben und umgeschmolzen werden können.
Man nehme nun Tab. I zur Hand, wo man diesen Kolben für einen größern und einen
kleinern Durchmesser abgebildet sieht. In Fig. 1 ist ein Kolben von
28 Zoll Durchmesser in der äußern Ansicht, in Fig. 2 derselbe im
senkrechten Durchschnitte, in Fig. 3 im horizontalen
Querdurchschnitte, durch die Mitte des Kolbens genommen; in Fig. 4, 5, 6 und 7 ist ein Kolben von 10''
Durchmesser in der ganz gleichen Ansicht dargestellt.
In Fig. 1 sind
a und b die beiden
Deckplatten oder Scheiben des Kolbenkörpers; c ist der
elastische Ring; erstere sind 1 1/2 bis 2 Zoll hoch, letzterer ist 2 Zoll hoch. Bei
d ist der Durchschnitt oder die Fuge des elastischen
Ringes bemerkbar; e und f
sind die beiden halbmondförmigen Schieber zur Deckung der Fuge. In Fig. 2 sieht man in a die obere Platte oder Scheibe des Kolbenkörpers, in
b die untere. Letztere ist mit dem Kolbenkörper g in einem Stücke gegossen. Im Kolbenkörper ist die
Kolbenstange h durch einen Keil oder eine Mutter
befestigt. Die obere Platte a greift über einen obern
dünnern Ansatz i des Körpers und ist bei k dampfdicht aufgeschliffen. Sechs Schrauben Fig. 3, l, l, l etc., von denen in Fig. 2 nur zwei l, l gezeichnet sind, ziehen die obere Platte a
an den Kolbenkörper, so
daß sie gleichsam zusammen ein Stück ausmachen. Bei m
sieht man den Durchschnitt des elastischen Ringes, bei n
einen der Vorsprünge desselben, der die eine Seite des keilförmigen Ausschnittes
bildet. Man sieht diese Einrichtung vorzüglich deutlich in Fig. 3, n, n, g ist hier auch der Kolbenkörper mit der darin
befestigten Kolbenstange o: l, l, l, l sind die sechs
Schrauben, welche die obere Platte an den Kolbenkörper anziehen; i ist der schwächere Ansatz des Kolbenkörpers, über den
die obere Platte mit ihrem Mittelloche paßt. Der elastische Ring (m) ist bei p stärker als bei
q. Hier sind aber ein Paar Lappen n, n an ihn angegossen, zwischen welchen der Ausschnitt
r keilförmig gearbeitet ist. In diesen Ausschnitt
drückt der knopfartige Theil s hinein und sucht den Ring
auseinander und an die Cylinderwände heranzudrängen. Der Knopf befindet sich auf
einer Schraube t, die durch die ringförmige Feder w dringt. Auf der Schraube befinden sich die beiden
Muttern u und v, welche die
Feder zwischen sich nehmen und sie mit derselben und dem Knopf in feste Verbindung
bringen. Die Feder w ist ringförmig und stützt sich bei
x an den stärkern Theil des elastischen Ringes. Sie
ist bestimmt, den Knopf s in den keilförmigen Ausschnitt
r der Fuge d des
elastischen Ringes zu drücken. Sie muß stark seyn, vorzüglich derjenige Theil
derselben, der sich an den elastischen Ring anlegt und hier durch einen in dem Ringe
befestigten Stift in seiner Lage erhalten wird. Der Knopf s braucht durchaus nicht dicht in den keilförmigen Ausschnitt des
elastischen Ringes eingeschliffen zu werden; denn da die halbmondförmigen Schieber
die Fuge des Ringes vor jeglichem Eindringen von Dampf bewahren, so hat er hier
allein den Zweck, den Ring auseinander und an die Cylinderwände heranzudrängen, wozu
sein dampfdichter Anschluß an den keilförmigen Ausschnitt durchaus nicht
erforderlich ist.
Die halbmondförmigen Schieber werden durch zwei Federn herausgedrückt, von denen die
untere durch z bezeichnet ist, und welche an die hintere
Fläche derselben angeschroben sind und sich in einen länglich prismatischen
Ausschnitt 1 der untern und obern Kolbenplatte legen und hiergegen die Fläche 2
stützen. Ein Ausweichen der Schieber aus ihrer Lage, bei der obern nach unten, und
bei der untern nach oben, wird dadurch verhindert, daß sie durch die Vorsprünge oder
Lappen n, n des elastischen Ringes in der
halbmondförmigen Vertiefung der Kolbenplatten, worin sie gleiten, eingedrückt
erhalten werden. Bei 3 sieht man einen Theil des halbmondförmigen Schiebers mit
seiner Feder z, die in der Vertiefung 4 liegt und sich
gegen die Wand 5 derselben stemmt.
Der kleinere Kolben ist ganz in derselben Weise gebaut. Man sieht alle eben
beschriebenen Theile daran mit geringen Veränderungen in ihren Verhältnissen zu
einander. In Fig.
6 sieht man einen der halbmondförmigen Schieber mit seiner Feder nach
Wegnahme des elastischen Ringes recht genau und deutlich.
Die Anfertigung des Kolbens wird nach meiner Meinung auf folgende Weise am
leichtesten, bequemsten und schnellsten bewerkstelligt:
Der Kolbenkörper wird zuerst auf der Drehbank gehörig zugerichtet und die obere
Platte a so aufgepaßt, daß der große elastische Ring auf
beide innere Plattenflächen dichtgeschliffen, genau dazwischenpaßt, während er doch
die nöthige Beweglichkeit behält, wenn die Platte durch die Schrauben l an den Kolbenkörper fest angezogen wird. Dann wird die
obere Platte nach Herausnahme des großen elastischen Ringes fest auf den
Kolbenkörper niedergeschroben und so an die Planscheibe einer Drehbank befestigt,
daß die beiden Ausschnitte für die halbmondförmigen Schieber ausgedreht werden
können. Man muß hiebei sehr behutsam verfahren, daß die Ränder der Ausschnitte nicht
wegbröckeln, und es wird zu diesem Zweck sehr anzurathen seyn, zwischen beide
Platten ein genau gehobeltes und dazwischen gepreßtes Stück Messing oder Gußeisen zu
legen und mit den Schrauben zugleich fest anzuziehen. Dieses wird dann mit den
Ausschnitten ausgedreht, und die Ränder derselben gewinnen daran eine sichere und
feste Stütze. Da beide Ausschnitte Theile eines Kreisbogens sind, so geschieht
natürlich das Ausdrehen beider auf einmal. Der Mittelpunkt dieses Kreises oder
vielmehr die Achse des so ausgedrehten hohlen Cylinders muß genau parallel mit der
innern Fläche der Platten des Kolbenkörpers laufen, damit die nachherige Bewegung
der halbmondförmigen Schieber eben so genau parallel mit der des elastischen Ringes
stattfinde.
Ist alles so weit vorgerichtet, so schmirgelt man die halbmondförmigen Schieber genau
in ihre Ausschnitte, nachdem man sie zuvor durch Zwischenlegung eines so starken
Metallstückes, als der Zwischenraum zwischen beiden Kolbenkörperplatten beträgt, in
der Drehbank abgedreht hat, oder auch beide von einem cylindrischen Stücke Metall
(Messing) abgeschnitten hat, welches genau in denjenigen hohlen Cylinder eingepaßt
wurde, den man, wie vorher angegeben wurde, in die beiden Kolbenkörperplatten in
Verbindung mit dem dazwischen gelegten Stücke eingedreht hatte.
Ist das geschehen, so befestigt man sie mit einem Paar kleinen versenkten Schrauben
in ihrer Lage und richtet sie nun genau ab, so daß sie mit den inneren
Plattenflächen eine Fläche zu bilden scheinen, und der elastische Ring sich völlig
dampfdicht an dieselben anlegt. Zugleich dreht man den vor der Peripherie der
Kolbenplatten vorstehenden Theil genau ab, so daß er dicht an der Cylinderwand
reibt, wenn er durch seine Federn gegen diese geschoben wird. Wie man hier, sowie
bei allen an solchen elastischen Metallkolben auf einander zu dichtenden Flächen
durch Schaben nachhelfe, ist jedem meiner Collegen genugsam bekannt.
Ist diese Arbeit zur Zufriedenheit vollendet, so nimmt man die die halbmondförmigen
Schieber in ihrem Ausschnitte befestigenden Schrauben heraus, und legt alle Theile,
elastischen Ring mit seiner Feder etc. und die halbmondförmigen Schieber mit ihren
Federn an ihren Ort, und schraubt dann zuletzt die obere Kolbenplatte auf den
Kolbenkörper fest, und der Kolben ist vollendet.
Dieser Kolben kann, wie leicht einzusehen ist, keinen Dampf in seinen inneren Raum
eindringen lassen. Der elastische Ring schließt nämlich allenthalben dampfdicht an
die obere und untere Kolbenplatte an, und seine Fuge wird oben und unten durch die
halbmondförmigen Schieber gedeckt, die an ihn sowohl als an diese Platte und an den
Cylinderwänden dampfdicht reiben.
Der Kolben wird weniger Reparaturen unterliegen. Die halbmondförmigen Schieber können
eine Reihe von Jahren arbeiten, bevor sie sich so weit am Cylinder abreiben, daß sie
nicht genug mehr vorrücken können. Ist ihre an der Cylinderwand reibende Fläche so
weit abgenutzt, daß ihre Feder sie nicht mehr wirksam genug gegen diese drücken
kann, so legt man eine runde Scheibe zwischen Feder und Schieber, damit diese wieder
mehr gespannt wird, indem sie nun wieder stärker zusammengedrückt erscheint. Der
elastische Ring wird sich wegen seiner Breite aber nicht sehr bedeutend abnutzen;
und tritt seine Fuge in Folge seiner größern peripherischen Abnutzung mehr
auseinander, so bleibt sie wegen der größern Breite der halbmondförmigen Schieber
doch auf lange Zeit von diesen noch genugsam gedeckt. Der Knopf 5 aber, welcher die
Fuge auseinander drängt, hat Ausdehnung genug, um die Fuge noch immer zu füllen,
wenn sie sich mehr auseinander gibt; auch ist er leicht durch einen dazu bereit
gehaltenen breiteren zu ersetzen, wenn er für diesen Zweck nicht mehr genügen
sollte. Daß derselbe nie so weit in die Fuge eintreten dürfe, daß er die
Cylinderwand berührt, halte ich für überflüssig zu bemerken. Da er gegen die
schiefen Flächen des Ringes, gegen welche er auseinandertreibend wirkt, nicht dicht
eingeschmirgelt zu werden braucht, wie die Keile der jetzt sehr üblichen elastischen
Ringe, indem die Fuge
durch die halbmondförmigen Schieber gedeckt wird, so ist seine Application bei neuen
elastischen Ringen oder sein Ersatz durch ein breiteres Exemplar sehr leicht und
ohne alle lästige Vorbereitung bewirkt. Es ist auf diese Weise sogar möglich,
elastische Ringe vorräthig zu haben, indem immer eines dieser Stücke oder einer
dieser Knöpfe dazu passen und allen möglichen Forderungen genügen wird. Ich darf
wohl nicht besonders aufmerksam darauf machen, wie mein Kolben in dieser Beziehung
die jetzt, vorzüglich in den Locomotiven gebräuchlichen, an Bequemlichkeit in der
Anwendung weit übertreffe. Statt daß hier bei Abnutzung der beiden üblichen Ringe
zwei neue einzusetzen sind, ist es bei meinem Kolben nur nöthig, einen einzigen
auszutauschen, der nicht einmal einer Andichtung seines Keils an seine Fuge bedarf,
während bei jenen Ringen eine solche, und zwar eine sehr genaue unerläßliche,
Bedingung ist.Schließen die Keile der gewöhnlichen Kolben nämlich nicht vollkommen
dampfdicht ihren Ausschnitt im Ringe ab, so dringt Dampf zwischen die Wände
des letztern und die Keile, und drückt diese mit einer Kraft zurück, die
seiner Wirkung auf den Quadratzoll und der Größe der freigewordenen Fläche
der Keile entspricht. Daß hiebei ein solcher Druck gegen die Keile eintreten
könne, der den Druck ihrer Feder völlig überwältigt, den Kolben also ganz
wirkungslos macht, wird mir jeder einräumen.
Aus allen diesen Umständen geht unläugbar hervor, daß mein Kolben weit einfacher,
dauerhafter, viel leichter anzufertigen und in Reparatur zu erhalten sey, als jene
eben bezeichneten und an den Locomotiven gebräuchlichen Kolben, ja daß er einer der
bessern und am meisten zu empfehlenden Kolben für Hochdruckmaschinen genannt zu
werden verdiene. Mochte er bald Nachahmung finden. Um seinen Nachbau zu erleichtern,
habe ich kein Patent darauf genommen.
Der einzige Fehler den dieser Kolben haben dürfte, ist der, daß sich sein elastischer
Ring nicht drehen darf, und deßhalb auch an seinem stärkern Theile durch einen in
eine der Kolbenkörperplatten eingreifenden Stift davor bewahrt werden muß, damit
seine Fuge nicht außerhalb des deckenden Schutzes der halbmondförmigen Schieber
treten könne. Das Drehen des Ringes würde aber den großen Gewinn haben, daß zwischen
Ring und Cylinder nicht immer dieselben Flächen in Berührung kämen, durch welchen
Umstand sich leicht Furchen in den Cylinder und Ring arbeiten. Bei einem steten
Wechsel der beiden Flächen, wozu der elastische Ring nach bestimmt vorliegenden
Erfahrungen immer geneigt ist, wird eine gleichmäßigere Abnutzung derselben bewirkt,
und die reibenden Flächen
erscheinen sauberer und ohne Furchen, werden spiegelblank.
––––––––––
Hr. Bialon in Berlin theilte mir kürzlich wieder einige
Bemerkungen über seine neue in der Walkmühle des Hrn. Malcke (neue Jakobsstraße Nr. 14) arbeitende und ganz nach meinem Principe
erbaute Dampfmaschine mit, worin er unter andern anführt, daß ein Metallkolben von
Gußeisen nach seiner Erfindung in dem Cylinder dieser Dampfmaschine mit großem
Erfolge beinahe schon ein halbes Jahr bei einem Drucke von 8 Atmosphären im Kessel
gearbeitet, sich immer vollkommen dicht gehalten, und nach seiner Herausnahme aus
dem Cylinder wenig oder gar nicht abgenutzt erwiesen habe, daß vielmehr Cylinder und
reibende Fläche des Kolbens sich gleichmäßig angegriffen und sehr schön polirt
gezeigt hätten.
Hiedurch wäre also theils von neuem bestätigt, daß Metallkolben bei so hohem Drucke
Anwendung finden können, theils, erwiesen, daß sie auch gehörig dicht arbeiten und
sich nicht mehr abnutzen dürften, als bei weniger hohem Drucke, Cylinder und
Reibungsfläche des Kolbens vielmehr alle Erscheinungen zeigen dürften wie bei
letzterm Drucke. Denn wenn ein Kolben beinahe ein ganzes halbes JahrIn der ersten Zeit leiden solche Metallkolben und die Cylinder, in denen sie
arbeiten, gewöhnlich am meisten und nutzen sich am stärksten ab, da beider
reibende Flächen sich noch nicht gleich glatt geschliffen und einander
accommodirt haben. dampfdicht und überhaupt ohne allen Tadel geht, und dann noch wenig oder gar
keine Abnutzung zeigt, so ist wohl anzunehmen, daß er auch in einem längern Zeitraum
seine Schuldigkeit thun werde, denn im Falle des Gegentheils würde er gleich in
wenigen Tagen Symptome zeigen, die seine Anwendung widerriethen, wenigstens
bedenklich machten, und zu denen ich rechne: häufiges Knurren, mehr oder weniger
stark angegriffene gefurchte Cylinder und Kolbenreibungsfläche, und daraus
hervorgehende schwere Beweglichkeit des Kolbens im Cylinder.
So wäre denn also wieder ein großer und wichtiger Schritt vorwärts zur weitern
Verbesserung meiner Hochdruckmaschinen gemacht, und wie sehr bin ich einem Freunde
verpflichtet, der im Interesse der Kunst und Wissenschaft mich so freundlich
unterstützte, und die Sache meiner Hochdruckmaschinen so ausgezeichnet förderte.
Hr. Bialon theilte mir zugleich freundlich die
Construction seines Kolbens mit, die wahrlich höchst einfach ist, und den großen
Vortheil gewährt, daß sie keine zu starke Reibung gegen die Cylinderwände
hervorbringt, auch den Ringen während des Ganges des Kolbens sich zu drehen
gestattet, wodurch ein gleichmäßiges Einschleifen dieser in den Cylinder um so
vollkommener und mit so viel weniger Zeitaufwand erfolgt. Eine Beschreibung des
Kolbens hier zu geben, würde sehr indiscret seyn, da Hr. Bialon mir keine Erlaubniß dazu ertheilt hat.
Schon häufig ist in mir die Vermuthung aufgestiegen, daß bei höherem Druck und der
ihm entsprechenden höhern Spannung der Dämpfe eine geringere Reibung der Kolben
gegen die Cylinderwände vielleicht unerläßliche Bedingung seyn dürfte. Hrn. Bialon's Kolben scheint dieß einigermaßen zu bestätigen.
Die sich federnden starken Ringe der in den Locomotiven jetzt gebräuchlichen Kolben
erzeugen eine sehr starke Reibung in Folge der nöthigen ungewöhnlichen Kraft ihrer
Federn, durch welche die Keile in die Fugen der Ringe gedrängt werden, um diese bei
ihrer großen Stärke gehörig auseinander zu halten und zum dichten Anschlusse an die
Cylinderwände zu nöthigen.
Ueber diesen Gegenstand und über die Schattenseiten dieser sich federnden Ringe der
Kolben längere und nähere Betrachtungen anstellend, fiel mir wieder ein ganz
einfacher und sehr leicht ausführbarer Kolben, der in dem GrundprincipDieses hat außerordentliche Aehnlichkeit mit dem von mir in London erfundenen
und dort versuchten Metallkolben, in welchem jeder der zwei vorhandenen
unelastischen Ringe in zwei Hälften getheilt, und jede dieser Hälften gegen
die Cylinderwände angedrückt wird, die Fugen beider Ringe aber über Kreuz
liegen. dem Bialon'schen Kolben ähnelt, hinsichtlich der
Mittel worin dieß Princip ausgeführt erscheint, aber von demselben abweicht, indem
ich mich bei demselben alter bekannter Organe bediene, und insofern meinen Kolben in
die Kategorie des alten Brown'schen Kolbens stelle. Die
Beschreibung dieses Kolbens wird dieserhalb auch sehr kurz seyn können.
Man denke sich zwei Lager etwas breiterer und elastischer Ringe, von denen jeder
durch radiale Einschnitte genau in zwei Hälften getheilt ist, und in diesen
Einschnitten dicht eingeschliffene Keile enthält, gegen welche eine ringförmige
Feder drückt und die Einschnitte in beiden Ringen zu einander über Kreuz, also in
einem Winkel von 90 Graden gestellt, so ist der Kolben da. Man vergleiche, um ein
recht deutliches Bild von ihm zu erhalten, Fig. 8, 9 und 10, von welchen Fig. 8 den Kolben in der äußern
Ansicht, Fig.
9 eine Ansicht desselben nach Hinwegnahme des obern Deckels und Fig. 10 einen
perpendiculären Durchschnitt, durch die Mitte des Kolbens genommen, darstellt. In
Fig. 10
sieht man die beiden Ringe über einander liegen; a und
b sind die Einschnitte, die den obern Ring in zwei
Hälften theilen, c und d die
selbige schließenden dampfdicht eingeschliffenen Keile, von denen jeder ein
rechtwinklichtes Dreieck bildet, dessen rechter Winkel in den Einschnitt fällt. Die
ringförmige Feder e drückt beide Keile in ihren
Einschnitt hinein. Um sie zu spannen, dient die Schraube f, die dieselbe durchdringt und mit ihrer körnerartigen Spitze gegen die
Keile drückt. Die Gegenmutter g befestigt die Schraube
in der gegebenen Stellung. Der untere Ring ist in dieser Abbildung nicht zu sehen,
weil er in keiner Weise vor dem obern vorsteht. Bei i
und k sieht man nur seine beiden Keile, die an beiden
Ringen etwas vor dem Körper derselben vortreten, um den Federn eine ungehinderte
Wirkung darauf zu verstatten. h ist die die Keile des
untern Ringes in seine Einschnitte drückende Feder, m
der Kolbenkörper. Damit beide Ringe sich nicht gegen einander verschieben können,
greifen Stifte des einen und Löcher des andern ein, wie man dieß gewöhnlich
bewerkstelligt.
Das Princip dieses Kolbens ist leicht aufgefaßt. Die Keile c und d schließen durch ihren dampfdichten
Anschluß nicht allein die Einschnitte a und b, so daß durch dieselben kein Dampf zwischen
Kolbenkörper und Ringe dringen kann, sondern sie drücken auch die beiden Hälften des
Ringes in der durch die Pfeile bezeichneten Richtung auseinander und gegen die
Cylinderwände an. Da die beiden Hälften des untern zweiten Ringes wegen Versetzung
seiner Einschnitte um 90 Grade auch in zwei Richtungen gegen die Cylinderwände
drücken, die dieser Versetzung entsprechen, so ist ein Schluß der Ringe gegen die
Cylinderwände in allen Richtungen hergestellt, den man vermittelst stärkerer oder
schwächerer Federn in jeder beliebigen Stärke hervorbringen kann.
Man sieht, daß hier der Druck der Ringe gegen die Cylinderwände auf eine viel mildere
Weise auftritt, als bei den elastischen Ringen und ihren Keilen, und daß eine
Abnutzung der Ringe bei diesem Kolben in einer viel größern Ausdehnung stattfinden
könne, ohne den regelrechten dampfdichten Schluß desselben zu stören, als bei denen
mit elastischen Ringen, daß folglich die mögliche Dauer meines Kolbens auch viel
länger angenommen werden darf, als bei jenen.
Eine sehr nothwendige Rücksicht dürften bei diesem Kolben die Stärke der Federn und
derjenige Winkel verdienen, den die Keile an der Stelle bilden, wo sie in die sie aufnehmenden
Einschnitte der Ringe eintreten; denn durch beide wird die Kraft bedingt, womit
diese Ringe in der Richtung der Pfeile an die Cylinderwände herangedrückt werden.
Wenn man bedenkt, daß die in diese Einschnitte eindringenden Dämpfe schon in dieser
Richtung einen Druck gegen die Wände dieser Einschnitte ausüben, so möchte es
vielleicht sich vernothwendigen den genannten Winkel an den Keilen noch größer als
einen rechten herzustellen, zumal die Federn nicht zu schwach eingerichtet werden
dürfen, um bei größerer Abnutzung der Ringe und daraus hervorgehender größerer
Oeffnung der Einschnitte die in den Einschnitt dringenden Dämpfe auf eine
ausgedehntere Fläche der Keile selbst wirken, und sie mit größerer Kraft
zurückzudrücken streben werden, welcher Umstand natürlich durchaus vermieden werden
muß. Auch ist wohl zu berücksichtigen, daß der größere Winkel der Keile viel
leichter ein Eindrücken der Ringe nach dem Centrum des Kolbens hin zulasse, wenn man
den Kolben in den Cylinder bringt, oder wenn der Cylinder einmal stellenweise
ungleich im Durchmesser würde oder durch den längern Gebrauch in der Mitte etwas
weiter würde als nach beiden Enden hin. Daß in letzterm Falle die sich federnden
Ringe einen Vorzug haben, ist wohl nicht zu läugnen, aber auch eben so gewiß, daß
sie diesen Zustand der Cylinder wegen der größeren Reibung, die sie an seinen Wänden
verursachen, um so eher herbeiführen. Daß aber ein starker Druck der Ringe gegen die
Cylinderwände durchaus nicht nöthig sey, um einen dichten Anschluß der Kolben an
solche zu bewirken, habe ich früher in England an meinem dort erfundenen (in diesem
Journale Bd. XXXII S. 153 beschriebenen und
auf Tab. V abgebildeten) Kolben erfahren, der nur mit schwachen Federn versehen war,
und dennoch bei einem Drucke der Dämpfe von 200 Pfd. auf den Quadratzoll völlig
dicht schloß. Wieviel durch einen leichtern Anschluß der Metallkolben an die
Cylinderwände in Beziehung auf deren frühere Abnutzung gewonnen werden müsse,
vorzüglich bei einem Dampfdrucke wie ich ihn anwende, und der diesem Dampfdrucke
entsprechenden Temperatur, leuchtet in die Augen, weßhalb ich nicht anstehe, den
oben beschriebenen Kolben für einen solchen Druck viel passender zu halten als den
vorher beschriebenen, zumal er viel längere Zeit sich brauchbar erweisen dürfte als
die Kolben mit elastischen Ringen, wo die Abnutzung der Ringe ihrem ferneren
Gebrauche sehr bald eine Gränze vorschreibt, über welche hinaus kein dichter
Anschluß an die Cylinderwände mehr zu erwarten ist. Bei diesem meinem Kolben
hingegen können die Ringe füglich über 1/4 Zoll und bei größern Kolben noch mehr
abgenutzt werden, und er bleibt immer noch ein brauchbarer Kolben, wenn die Federn nur etwas nachgespannt
und die Spitzen der Keile abgefeilt werden.
Sehr wichtig scheint es mir bei Anwendung von Metallkolben, auch die Cylinder
besonders einzurichten, wenn ihre Wirkung möglichst vollkommen statthaben, und das
Anschleifen eines Satzes an die Cylinderwände an denjenigen Stellen, wo der Kolben
bei seiner Bewegung umkehrt, vermieden werden soll. Man befolge hier nämlich die
Regel, die ich bei derjenigen Grundfläche, worauf der Wechselschieber in der
Steuerungsbüchse meiner Maschinen gleitet, in Anwendung bringe, d.h. man gebe an der
bezeichneten Stelle der innern Cylinderwand einen kleinen Absatz in der Weise, daß
der Kolben mit seinen Körperplatten noch etwas über diesen weggeht, daß jedoch die
Ringe denselben nicht überschreiten. Durch solche Absätze gewinnen die in den
Cylinder eintretenden Vorsprünge der Deckel zugleich einen größern Durchmesser, was
beim Nachbohren oder Nachschleifen der Cylinder von sehr wesentlichem Nutzen
ist.