Titel: | Ueber die Destillation des Quecksilbers (und des Silberamalgams) mittelst überhitzten Wasserdampfs; von Hrn. Violette. |
Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. XLIV., S. 198 |
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XLIV.
Ueber die Destillation des Quecksilbers (und des
Silberamalgams) mittelst überhitzten Wasserdampfs; von Hrn. Violette.
Aus den Comptes rendus, Octbr. 1850, Nr.
16.
Violette, über die Destillation des Quecksilbers mittelst
überhitzten Wasserdampfs.
Mein Verfahren das Quecksilber zu destilliren besteht darin, die zu destillirende
Masse einem Strom Wasserdampf auszusetzen, welcher auf 350 bis 400° C. (280
bis 320° R.) erhitzt worden istViolette's Apparat zum Ueberhitzen des
Wasserdampfs ist im polytechn. Journal Bd.
CX S. 193 beschrieben.; der Wasserdampf wirkt gleichzeitig als wärmemittheilendes und als
mechanisches Agens; er erhitzt zuerst das Metall bis dessen Destillation beginnt,
hierauf treibt er die Quecksilberdämpfe vor sich her und reißt sie mit sich, wodurch
er deren Erneuerung erleichtert; er beschleunigt die Destillation, wie ein heißer
Luftstrom die Verdampfung des Wassers erleichtert; die mit Quecksilberdämpfen
beladenen Wasserdämpfe werden zusammen in einem gewöhnlichen Kühlapparat verdichtet;
das Metall trennt sich dann und sammelt sich auf dem Boden der Vorlage, während das
condensirte Wasser am oberen Theil derselben auslauft. Interessant ist es den
flüssigen Strahl zu beobachten, welcher aus dem Kühlapparat ablauft; man
unterscheidet daran zwei Ströme oder zwei Fäden, einen oberen welcher das Wasser ist
und darunter den Quecksilberfaden; es ist ein stetiger Strom von der einen und von
der anderen Substanz. In der Retorte entsteht gar kein Stoßen, und die Operation
geht so ruhig und so leicht von statten, wie die Destillation von gewöhnlichem
Wasser.
Der Apparat welchen ich bei allen meinen Versuchen anwandte, besteht: 1) aus einer
cylindrischen Retorte von Gußeisen, in welche der Behälter des Quecksilbers gesteckt
wird; 2) aus einem eisernen Schlangenrohr, welches sich über einem Feuerraum
befindet der es erhitzt. Der Wasserdampf circulirt im Schlangenrohr, erhitzt sich
darin auf den geeigneten Grad, tritt in die Retorte, durchzieht sie von einem Ende
zum andern, das Quecksilber einhüllend, und entweicht mit den Quecksilberdämpfen,
worauf sich beide in einem Kühlapparat verdichten.
Ich stelle nun die ökonomischen Vortheile des neuen Verfahrens zusammen:
1. Leichtigkeit der Operation. – Man ersetzt das
schwierige und gefährliche Sieden und Destilliren des Quecksilbers lediglich durch
das Sieden und Destilliren des Wassers; die Leitung des Feuers erfordert daher keine
besondere Vorsicht mehr, man hat kein Zerbrechen des Apparats mehr zu befürchten,
die schwierige Beseitigung des Metalls hört auf und es findet keine bedeutende
Abnutzung der Retorte mehr statt; die Temperatur, eine constante und bestimmte, ist
weit niedriger als die gewöhnlich angewandte Rothglühhitze.
2. Ersparung an Handarbeit. – Ein Arbeiter kann für
sich allein einen mit 100 Kilogr. Amalgam beschickten Destillirapparat leiten; das
neue Verfahren ist übrigens im größten Maaßstab ausführbar.
3. Ersparung an Brennmaterial. – Diese ist gewiß;
ihren Betrag kann aber nur die Praxis ergeben; man verwendet nicht mehr einen
unnützen Ueberschuß von Brennmaterial, weil man nicht über die nöthige und zur
Destillation des Metalls hinreichende Temperatur erhitzt.
4. Ersparung an Quecksilber. – Die Destillation von
100 Kilogr. Silberamalgam veranlaßt den Verlust von 2 Kil. Quecksilber. Man
producirt und destillirt jährlich 6 Millionen Kilogramme Silberamalgam; der Verlust
beträgt daher 120,000 Kilogramme Quecksilber, welche einen Werth von wenigstens 1
Million Franken haben; dieser Verlust läßt sich mittelst des neuen Verfahrens
vermeiden.
5. Die Gesundheit der Arbeiter bleibt gesichert. –
Bei dem neuen Verfahren geht kein Quecksilber verloren, sondern die
Quecksilberdämpfe verdichten sich vollständig mit dem Wasserdampf; überdieß ist bei
dem gewöhnlichen Verfahren der ganze Apparat noch mit Quecksilberdampf erfüllt, wenn
man ihn gegen das Ende der Operation öffnet, und dieser Quecksilberdampf verbreitet
sich dann in der Luft,
während bei dem neuen Verfahren der Wasserdampf gegen das Ende der Operation allen
Metalldampf aus dem Apparat vertrieben hat, so daß derselbe ohne Gefahr geöffnet
werden kann. Die Sicherheit ist daher eine vollständige und die Anwendung des
überhitzten Wasserdampfs scheint endlich das Problem gelöst zu haben, die Arbeiter
in den zahlreichen und wichtigen Industriezweigen, welche das Quecksilber zu
destilliren haben, völlig gegen die tödtlichen Wirkungen dieses Metalls zu
schützen.