Titel: | Mittheilungen aus meinem Leben und Wirken als Maschinenbauer; von Dr. Ernst Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin). |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 118, Jahrgang 1850, Nr. LIII., S. 241 |
Download: | XML |
LIII.
Mittheilungen aus meinem Leben und Wirken als
Maschinenbauer; von Dr. Ernst
Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin).
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
(Beschluß von S.
178 des vorhergehenden Heftes.)
Alban's Mittheilungen aus seinem Leben und Wirken als
Maschinenbauer.
Ich gehe jetzt zum Skirner über.
An diesem Schiffe sah ich zwei Maschinen von Maudslay Sohn
und Fields in London, nach ihrem ersten in England
genommenen Patente erbaut; Maschinen, die, wie oben schon bemerkt wurde,
hinsichtlich ihrer Construction nicht die Mängel der auf dem Lübeck enthaltenen
involvirten, aber dafür wieder andere große Schwierigkeiten zeigten, die nur in so
vollkommen eingerichteten Werkstätten, wie die von mir selbst früher besuchte Maudslay'sche, besiegt werden dürften. Dieß dürfte aber
gerade einen großen Schatten auf diese Maschinen werfen, insofern als eine sich
vernothwendigende sehr kunstvolle, und nur mit ungewöhnlichen Mitteln auszuführende
Construction einer Dampfmaschine, da, wo sie füglich vermieden werden kann, nie zum
Lobe derselben, vorzüglich dann nicht gereichen kann, wenn diese kunstvollere
Ausführung zugleich eine außerordentlich zarte Behandlung derselben erheischt, und
Nachhülfe und Reparaturen sehr schwierig, ja oft fast unmöglich macht. Wenn ich mir
viele der neuern Arbeiten der erleuchteten Britten im Maschinenbau, die aus der
letzten Zeit hervorgingen, so ganz ruhig ansehe, so drängt sich mir immer mehr die
Richtigkeit jenes von mir in meinem Hauptwerke über Hochdruckmaschinen S. 517 schon
gegebenen Urtheils auf, wonach ich behaupte, daß die Engländer, namentlich die
größern Maschinenbauer, sich mehr durch ungewöhnlich künstliche und schwierig
auszuführende Constructionen ihrer Maschinen aus dem Grunde wohl jetzt auszuzeichnen streben, weil sie
durch wirkliche Einfachheit und innere Gediegenheit ihrer Maschinen, sowie durch ein
tiefes gründliches Eingehen in den Gegenstand und in die an ihn zu machenden
Forderungen es nicht vermögen. Denn wenn man die Maschinen des Skirner, die in
diesem Journale Bd. LXXXIII S. 249
beschrieben und abgebildet sind, und ihr neues Princip ganz unparteiisch prüft, so
muß sich doch jedem nach Einfachheit und Kunstlosigkeit strebenden Maschinenbauer
die Frage aufdringen: War hier eine so schwierig auszuführende und später sehr
delicat zu behandelnde Künstelei wirklich nothwendig, unabweislich, war derselbe
Zweck nicht durch einfachere, leichter auszuführende Mittel zu erreichen?
Einfachheit ohne möglichste Kunstlosigkeit ist aber keine Tugend, wenigstens keine
hervorragende, unbedingte. Was wahrhaft einfach genannt zu werden verdienen soll,
muß auch in der Ausführung und in der nachherigen Behandlung einfach seyn, und ist
es das nicht, so ist es immer mehr oder weniger complicirt zu nennen.
Die Originalbeschreibung dieser Maschine findet man im Civil
Engineer and Architect's Journal November 1841, S. 369. Joseph Maudslay nahm im J. 1841, und zwar am 16. März, ein
Patent darauf.
Was ich hauptsächlich gegen diese Maschine und ihre Construction einzuwenden habe,
ist folgendes:
Zwar hat ihre Bläuelstange eine viel zweckmäßigere Länge, als in den Maschinen des
Lübeck, wenigstens ist sie schon über noch einmal so lang als der Kolbenhub im
Dampfcylinder, aber die Führung des untern Endes derselben in dem in dem
Dampfcylinder stehenden engern Cylinder dürfte in derjenigen Hitze, die dieser
Cylinder nothwendig annehmen muß, eine große Reibung und Abnutzung der reibenden
Flächen verursachen, zumal der Druck der Führer gegen den Cylinder sehr stark
ist.Der Dampfcylinder der neuen großen Wasserhebungsmaschine des Haarlemer Meeres
enthält auch einen innern kleinern Cylinder und der Kolben hat gleiche
Construction. Bei dieser Maschine geht aber im innern Cylinder auch noch ein
Kolben, und ist dieser Cylinder größer im Verhältniß zum äußern, als bei der
Maschine des Skirner. Um den Kolben des Raumes zwischen dem äußern und
innern Cylinder, gehen vier Kolbenstangen durch den obern Deckel nach außen.
Diese Maschine enthält manches Sinnreiche, aber auch wieder manche unnöthige
englische Schnurrpfeifereien, von denen der Zweck entweder so tief liegt,
daß man ihn gar nicht finden kann, oder die auch gar keinen Zweck haben. Man
sehe diese Maschine beschrieben und abgebildet im polytechn. Centralblatt,
März 1847, S. 328. Und welche schwierige Aufgabe liegt darin, beide Cylinder, äußern und innern, so genau
concentrisch aufzustellen, daß der Kolben an beiden einen ganz vollkommen dichten
Gang mit seiner Metallliederung behalte, und beide Kolbenstangen zugleich so
vollkommen parallel unter einander und mit der Achse des äußern und innern Cylinders
am Kolben zu befestigen, daß weder der Kolben, noch die Stopfbüchsen irgend ein
schädliches Drängen gegen die eine oder die andere Wand der Cylinder und der
Stopfbüchse erfahren? Wird doch solche genaue Befestigung der Kolbenstangen am
Kolbenkörper ohne besonders dazu construirte Apparate schwerlich auszuführen seyn.
Und kommt am Ende auch nicht die Reibung der doppelten Liederung am Kolben in
Betracht?
Auffallend war es mir, sowohl an diesen Maschinen, als an denen des Lübeck, daß
diejenigen starken Zapfen, welche die beiden Theile des Querhauptes als Riegel mit
einander verbinden und zugleich die Befestigungspunkte für die beiden Kolbenstangen
und die Zugstangen für Luft und Speisepumpen sowie für den Umdrehungspunkt des
untern Endes der Bläuelstange bilden, nur mit einfachen wenig schwächern Ansätzen
durch die beiden Theile des 3/4 Zoll starken geschmiedet eisernen Querhauptes
treten, und auf der äußern Seite bloß vernietet sind, ohne daß an diesen Stellen die
beiden Theile des Querhauptes auf irgend eine Weise verstärkt erscheinen. Sollte
eine solche Befestigung bei so großer Kraftanwendung auf diese Punkte wohl auf lange
Zeit sicher und dauerhaft bleiben? – Es liegen mir über diesen Gegenstand
keine Erfahrungen vor, daher bescheide ich mich gerne, daß in diesem Falle meine
Aengstlichkeit unbegründet sey, jedoch stehe ich demnach nicht an, zu erklären, daß
diese Aengstlichkeit, ob mit oder ohne Grund, beim Bau solcher Maschinen mich doch
verhindern würde das hier angewandte Verfahren buchstäblich nachzuahmen. Bei
reciproken so heftigen Bewegungen wie an den Marinemaschinen stattfinden, wobei oft
die fürchterlichsten Stöße und Erschütterungen, durch die Wirkung ungestümer Wellen
gegen die Radschaufeln hervorgerufen, vorkommen, kann man nach meiner Meinung in
keinem Stücke zu vorsichtig seyn; denn wie wollte man bei eintretenden
Unglücksfällen hier schnell helfen? – Und sollte es so schwierig seyn, an den
angeregten Punkten die Theile des Querhauptes durch angeschweißte Verstärkungen mehr
zu sichern? Sollte die dadurch verursachte Mühe und die größern Kosten nicht durch
gesteigerte Sicherheit aufgewogen werden? – Ein Mechaniker von ächtem
Ehrgefühl und größerer Gewissenhaftigkeit wird hier gewiß keinen Augenblick in
Zweifel bleiben, welchen Weg er zu wählen habe.
Wahrhaft erfreulich ist für mich die Bemerkung gewesen, daß an diesen beiden bis
jetzt erwähnten Maschinen, denen nämlich des Lübeck und des Skirner, diejenigen
alten gewöhnlichen Vorrichtungen an Bläuel- und ähnlichen Stangen, deren
Enden mit Zapfen in bewegliche Verbindung treten, ich meine die der Bügel und Keile
zum Nachstellen der Büchsen, hier total verbannt erschienen. Schon als ich in London
bei Maudslay war (es war im Jahre 1825 und Maudslay der Vater lebte noch), fand ich die alten
Vorrichtungen dieser Art an seinen Maschinen fast gar nicht mehr, und dieß von
meiner Seite mit einer wahrhaften Befriedigung. Welche Arbeit verursachen solche
Bügel und Keile bei der Anfertigung, und wie ist man bei ihnen dennoch immer in
Gefahr die Keile sich lösen und herausfallen zu sehen, selbst wenn sie mit
Stellschrauben festgestellt werden. Wie praktisch sind dagegen die statt derselben
von mir nach dem Muster von Maudslay angewandten Theile.
Ist an denselben doch alles durch Dreh- und Hebelarbeit vollendet –
ein Umstand, der vom Maschinenbauer besonders berücksichtigt werden muß, wenn er mit
Gewinn an Kosten und Zeit arbeiten will. Hr. Penn in
Greenwich, jetzt einer der renommirtesten Marinemaschinenbaumeister, ist auch schon
längst von dem alten Schlendrian in diesem Punkte abgewichen, und wahrlich Freude
erregend ist der Anblick seiner Maschinen von der obern Fensterluke aus. Mit welcher
Eleganz sind diese Vorrichtungen, sowie seine großen Lager für die Kurbelwelle von
Rothguß ausgeführt. Schon hoffte ich in Travemünde gar die alten Apparate dieser Art
nicht mehr anzutreffen, aber wie bald wurde ich in dieser Hinsicht enttäuscht. Die
andern dort gesehenen Marinemaschinen waren von andern Maschinenbauern als die
vorhin genannten errichtet, und spielten daher auch ganz die alte Leier.
Was den Gauthiod betrifft, der zwischen Travemünde und
Stockholm fährt, und dießmal seine letzte Reise dahin machte, so kann ich von
demselben nur sehr wenig sagen. Seine Maschinen waren die alten mit Balanciers
versehenen Marinemaschinen, und hatten durchaus nichts Bemerkenswerthes. Das Schiff
war ungefähr von der Größe des Lübeck und des Skirner, und die Maschine hatte auch
dieselbe Stärke. Ich fand sie sehr sauber gehalten, was ich auch von denen des
Lübeck, Skirner und Naslednik sagen kann. Fast bei allen fand ich auch eine bisher
noch nicht bemerkte Eigenthümlichkeit. Die Lagerböcke für die Kurbelwelle hatten
nämlich größtentheils zum Anziehen der Deckel zwei Bolzen neben einander und zwar
auf jeder Seite; und über den Muttern derselben fand ich allenthalben Gegenmuttern
zum gehörigen Festhalten der andern angebracht – eine gewiß sehr lobenswerthe
und sehr zu empfehlende Einrichtung. An diesen Lagern konnte man recht die neuern großen
Fortschritte im Maschinenbau erkennen. Welche Lager und Kurbelwellen sah ich früher
auf englischen Schiffen! Waren doch oft die darin umlaufenden Zapfen der Kurbelwelle
so unrund, daß sich beim Umlaufen derselben die Lagerdeckel stets in einer ringenden
und wühlenden Bewegung befanden, so daß ein festes und sicheres Anschrauben
derselben auf keine Weise erreicht werden konnte.
Der Schleswig war das größte Dampfschiff, welches ich in
Travemünde sah. Auch war es ganz von Eisen construirt, und zwar von sehr starken,
wenigstens 3/16 Zoll dicken Platten. Sein Bau übertraf an Schärfe und Schlankheit
den aller übrigen Schiffe, wenn gleich auch diese Schiffe die der frühern Zeit in
diesem Punkte weit übertrafen. Die Länge des Schleswig war so groß, daß der zweite
Lieutenant des Skirner gegen mich sich darüber so äußerte, als wenn sie die der
dänischen größten Linienschiffe um 6 Fuß übertreffe. Da ich solche Dimensionen nur
ungefähr durch Abschreiten schätzen konnte, so wage ich darüber nicht zu
entscheiden, auch hatte ich mehr die verschiedenen Constructionen der Maschinen im
Auge als die Schiffe selbst, über welche zu urtheilen ich auch zu wenig befähigt
seyn dürfte, ich auch durch falsche Urtheile weder ihren Baumeister beleidigen, noch
mich lächerlich machen möchte.
Die Maschinen des Schleswig wurden zu 250 Pferdekräften angegeben. Es waren ungeheure
Maschinen nach dem Balancierprincip, fast nach gewöhnlichem Schnitte, nur fehlten
hier die großen und colossalen gußeisernen Gestelle der ältern Maschinen. Statt
derselben sah man die Kurbelwellenlager mit ihren großen Gestellrahmen auf ganz
gleiche Weise wie an den vorherbeschriebenen Maschinen des Lübeck und Skirner oben
an starken Deckbalken befestigt, und nach unten, wie bei diesen, von schmiedeisernen
nur 4 Zoll im Durchmesser haltenden Säulen unterstützt, die mit ihrem untern Ende
auf der Grundplatte ruhten und tüchtig daran festgeschroben waren. Von diesen Säulen
führten verschiedene andere geschmiedet eiserne fast eben so starke
Verbindungsstangen zum Cylinder und zu den übrigen Theilen der Maschine, so daß die
Form und der Zweck dieser Gestellverbindungen ganz denen ähnlich erschienen, die man
an den gewöhnlichen Maschinen dieser Art an ihren gußeisernen Gestellen wahrnimmt.
Daß ein geschmiedet eisernes Gestell wie dieses sich weit eleganter ausnehme (zumal
alle Theile desselben polirt erscheinen) als jene alten gußeisernen Gestelle, kann
man sich denken. Auch ist leicht zu ermessen, daß es bei gleicher Stärke weit
weniger Gewicht haben müsse als diese.
Die Maschinen waren so colossal, daß der Raum worin sie standen, in zwei Stockwerke
getheilt war, wobei es einen sehr hübschen Eindruck machte und eine sehr schnelle
und vollkommene Uebersicht über die Maschine gestatte, daß fast rund herum, ungefähr
in der Höhe des obern Cylinderdeckels, eine mit einem hübschen Geländer versehene
Gallerie lief, von wo aus die Cylinder mit ihren Kolben, die Schieberstiele und
andere Theile der Maschine bequem bedient werden konnten. Die Maschine war sehr gut
erhalten und eben war man, als ich das Schiff besuchte, damit beschäftigt sie in
allen Theilen zu putzen. Es that mir leid, daß der Maschinenmeister nur einen
Augenblick zugegen war, ich konnte daher über einige Dinge, die mich interessirten,
wenig Auskunft finden, und mußte mich mit meinem Urtheile darüber begnügen. Zu
diesen gehörte auch eine Vorrichtung, die an jeder der beiden Maschinen, und zwar an
ihrer Kurbelwelle angebracht war, und die ich auch am Nicolaus vorfand. Sie bestand
aus einem doppelarmigen Hebel, dessen einer nach der Kurbelwelle hinsehender Arm
eine Rolle trug, welche beim Umgange dieser Welle durch zwei Nasen an derselben in
gewissen Zeitmomenten gehoben wurde. Da der entgegengesetzte Arm des Hebels an
seinem Ende durch eine Stange, die in denselben eingelenkt war, mit dem
Schieberkasten, vorzugsweise aber mit dem in denselben führenden Dampfrohre in
Verbindung stand, so vermuthe ich, daß diese Vorrichtung auf ein Expansionsventil
einwirkte, und den Dampf nur in denjenigen Momenten zur Steuerung gelangen ließ,
wenn der Hebel mit seiner Rolle durch die Nasen der Kurbelwelle gehoben wurde.
Eine solche Vorrichtung wäre doch einmal ein Fortschritt zu nennen. Ich sah sie
indessen nur an zwei der in Lübeck und Travemünde besichtigten Marinemaschinen, also
auch eigentlich nur als Ausnahme von der Regel, den Dampf wenig oder gar nicht
expansionsweise wirken zu lassen.
Die Räder des Schleswig waren von größerem, vielleicht von 24 Fuß Durchmesser, und
den Hub schätzte ich auf 6 Fuß Höhe, so daß auch hier das gewöhnliche Verhältniß des
Halbmessers der Kurbel zu dem des Rades als solches von 1 zu 4 bewahrt erschien, ein
Verhältniß, welches sich bei meinen Maschinen viel günstiger stellt, indem es wie 1
zu 3 erscheint, und so eine viel kräftigere Einwirkung meiner Maschine auf die Räder
verbürgt.
Der Schleswig hatte gar kein erhöhtes Hinterdeck. Er trug drei Masten, während die
bisher genannten Schiffe alle nur mit zwei Masten ausgerüstet waren. Sämmtliche
Masten waren aber nicht hoch und stark, und man sah es ihnen gleich an, daß sie auch
hier, wie an allen Dampfschiffen, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Von dem
Salon des Schleswig habe ich schon gesprochen. Er bestand aus zwei Theilen, einem
hintern und einem vordern. Letzterer war enger zusammengezogen als der hintere
Theil, weil er auf den Seiten Betträume enthielt. Der hintere Raum war hinter dem
Spiegel des Schiffes zu abgerundet. Beide Räume konnten durch einen sehr eleganten
Vorhang geschieden werden. Die Fenster im hintern Raum waren sehr elegant decorirt.
Sie enthielten sehr geschmackvolle Glasmalereien und Bildhauerarbeiten. Auf den rund
um die Wände herum angebrachten Pilastern befanden sich an den Capitälern hübsche
Malereien, die vorzugsweise Ansichten von Kopenhagen vorstellten. Die Grundfarbe des
Salous war dunkel carmoisinroth.
Ich muß mir hier noch die Bemerkung erlauben, daß der Luxus in den besten Cajüten der
Dampfschiffe jetzt eben so sehr wirklich alles Maaß überschreitet, als in den
Bahnhofsgebäuden der Eisenbahnen. Wozu diese ungewöhnliche Pracht? Wie wenig
Menschen fahren in so eleganten Cajüten und kehren in den Räumen jener Gebäude ein,
auf eine Pracht der Art Anspruch machend, weil sie es zu Hause so gewohnt sind. Mich
hat ein solcher Luxus immer fast erdrückt, und selten habe ich mich in dergleichen
Salons gemüthlich gefühlt, zumal man diesen übertriebenen Luxus theuer bezahlen muß,
und jeder ungern Geld für offenbaren, und nicht in allen Fällen angenehmen Ueberfluß
ausgibt.
Dasselbe was ich hier von den Räumen in Schiffen und Bahnhofsgebäuden sagte, gilt
auch von der Küche und dem Keller, die man in denselben vorfindet. Wir schelten auf
die Genußsucht der Welt, und vorzüglich der untern Classen, und schreiben nicht mit
Unrecht die Roth dieser Zeit und ihre Prätension da her, aber haben wir ein Recht
dazu, wenn wir diesen Classen so viel Gelegenheit bieten, in jeder Hinsicht in ihrer
Genußsucht auszuschweifen? Man vermindere die Wirthshäuser, die
Vergnügungsanstalten, die vielen Tanzsalons, und man wird bald mehr Wohlstand bei
den untern Classen finden. Aber die politische Tendenz unserer Zeit kann ohne diese
Sachen nun vollends gar nicht bestehen. Wo sollte man sonst kannegießern, wühlen und
sich als politisches Kraftgenie zeigen, aufrührerische Reden halten und die
Demokratie mit Branntwein und bayer'schem Bier begießen! Ich bin fest überzeugt, daß
das Uebel unserer Zeit ganz wo anders liegt, als in den Dingen, worin es die Demokraten suchen. Das
Ueberstürzen aller Verhältnisse, diese Ueberschätzung seiner selbst, dieß übermäßige
gefährliche Aufstreben aller Classen der Gesellschaft über ihre Kraft, der durch
Constitutionalismus aufgestachelte Ehrgeiz und der dadurch hervorgerufene Eigennutz
und Egoismus, nie bereit dem Gemeinwohl Opfer zu bringen, sondern nur immer an sich
Habe und Gut, Vergnügen und Luft, selbst die Ehre anderer zu reißen, das ist das crux unserer Zeit, darin suchen wir unsere Freiheit und
darüber werden wir endlich auch diejenigen verlieren, die wir gehabt haben.
Die Länge beider Räume des Schleswig schätzte ich auf 40 Fuß, eine Ausdehnung, die
für ein Schiff wie der Schleswig unbedeutend genannt werden konnte. Die Betträume
lagen auf der andern Seite des Treppengehäuses, mehr nach der Mitte des Schiffes zu,
und waren sehr elegant und bequem, auch schienen sie mir besser beleuchtet als in
den andern Schiffen. Waschtische und Waschgeschirr darin waren größtentheils von
Marmor und in allen Räumen lagen Fußteppiche.
Der Schleswig gehörte früher einem Altonaer Hause, Donner
mit Namen, und fuhr zwischen Kiel und Kopenhagen; jetzt gehört er der dänischen
Regierung, und fährt, seit der Friedrich Franz von Lübeck in den Grund gesegelt
wurde, zwischen Wismar und Kopenhagen. Er legte dießmal nur aus dem Grunde in
Travemünde an, weil er die Wismarsche Rhede schon mit Eis bedeckt gefunden
hatte.
Die Alexandra sah ich nur von außen. Sie lag abgetakelt,
und wie ich oben schon erwähnt habe, wird sie wegen ihrer mittelmäßigen
Geschwindigkeit seltener zu Fahrten nach Petersburg gebraucht als der Nicolaus. Sie
war gewöhnlich wie ausgestorben, woher es denn auch unterblieb ihre Maschine zu
sehen, die nach dem Wenigen was ich durch die Luken davon sehen konnte,
Balanciermaschinen zu seyn schienen. Die Räder waren, wie ich oben schon bemerkt
habe, von nur geringem Durchmesser, wenigstens von weit geringerem als die des
Nicolaus. Ich schätzte sie nicht über 14 Fuß im Durchmesser, eine Größe, die bei
einem so großen Schiffe wie die Alexandra ist, wahrhaft befremden muß, und die wie
ich schon oben aussprach, auch gewiß viel zu ihrer mäßigen Geschwindigkeit beiträgt.
Alexandra und Nicolaus haben so ziemlich eine Größe und nicht so sehr die scharfe
und schlanke Form der übrigen schon beschriebenen Schiffe. Sie gleichen in dieser
Hinsicht mehr den gewöhnlichen Segelschiffen. Die Kraft der Maschine der Alexandra
konnte ich nicht erfahren.
Der Nicolaus war mit Maschinen von einem ganz andern
Princip ausgerüstet als die bisher aufgeführten Schiffe. Ich kannte ihr Princip schon aus einer
Beschreibung, die von ihr im Mechanics' Magazine 1841
Nr. 911 enthalten, und in diesem Journale Bd. LXXX
S. 241 aufgenommen und durch eine Abbildung erläutert ist. Die ersten
Maschinen dieser Art erbaute John und Samuel Seaward und
Capel, und man nannte sie Gorgon-Maschine,
weil eine Dampffregatte dieses Namens zuerst damit ausgestattet wurde. Später
erhielten auch noch der Cyklops und mehrere andere Regierungsdampfschiffe
dergleichen Maschinen. Das Princip derselben bezeichnet sie als Maschine von
directer Wirkung. Die große Tiefe des Schiffskörpers des Nicolaus, sowie die Höhe
seiner Räder, gestatteten auf ihm die Anlage solcher Maschinen einigermaßen, wenn
auch nicht ganz, da, wie ich leider bemerken mußte, die Bläuelstangen derselben doch
noch viel zu kurz ausgefallen waren.
Die Construction dieser Maschinen wird aus der in diesem Journale l. c. enthaltenen Beschreibung und Abbildungen
vollkommen deutlich, weßhalb ich nicht genauer darauf eingehen will. Sie waren
colossale Maschinen und gewiß über 200 Pferdekräfte stark, jedoch erschien ihr Bau
nicht so compact, wie der der Maschinen des Skirner und Lübeck. Der englische
Baumeister hatte sich wieder nicht von Balanciers und Gegenhebeln trennen können,
und statt simpler geradliniger Führer erschienen hier wieder Elemente des alten noch
immer nicht vergessenen und den Engländern wie eine angetraute Frau anhängenden
Watt'schen Parallelograms. Durch diese Anordnung ist nun aber die Luftpumpe viel
weiter von dem Dampfcylinder entfernt gekommen, als nöthig gewesen wäre. Welche
Umstände die Rücksicht auf diese Luftpumpen bei Marinemaschinen überhaupt macht, ist
hier recht in die Augen springend. Gewiß ist nicht zu verkennen, daß Hr. Penn bei seiner Marinemaschine mit schwingenden Cylindern
einen sehr lobenswerthen Ausweg gefunden hat, indem er sie zwischen beide
Dampfcylinder legt und für diese nur einfach einrichtet. So gestellt, konnte ihre
Bewegung leicht von der großen Zwischenwelle zwischen beiden Radwellen vermittelt
werden, was er denn auch durch eine eigene an derselben angebrachte Kurbel sehr
compendiös ausgeführt hat. Bei gewöhnlichen Marinemaschinen mit niederm Drucke nimmt
die Bewegung der Luftpumpe immer ungewöhnliche Bewegungsapparate und einen ziemlich
großen Raum in Anspruch. Wie sehr viel in dieser Hinsicht bei Anwendung von
Hochdruckmaschinen gewonnen werde, muß jeder fühlen, der nur der Sache einen
flüchtigen Blick schenkt, und wird später erst recht in die Augen springen, wenn ich
meine Marinemaschine beschreiben werde. Und dennoch findet man bis jetzt das
Hochdruckmaschinenprincip nur immer noch sehr wenig bei Marinemaschinen angewendet. Will
man es hier ausgeführt sehen, so muß man seine Augen nach Nordamerika wenden. Die
Dampfschiffe auf dem Missisippi und Ohio sind meistens mit Hochdruckmaschinen von
sehr hohem Drucke ausgerüstet. Vielleicht aber, daß die öfteren an diesen Schiffen
stattfindenden Explosionen, die einzig in einer durchaus schlechten und gefährlichen
Construction der nordamericanischen Hochdruckkessel ihren Grund haben, bisher noch
immer einer größern Ausbreitung derselben im Wege gestanden haben. Könnte mein
Marinekessel hier endlich eine andere Bahn brechen, wie sehr würde ich mich freuen,
und wieviel gegründete Hoffnung würden wir dann für die größere Ausbreitung der
Dampfschiffe schöpfen können?! – Nur dann erst, so bin ich überzeugt, würde
sich eine gegründete Aussicht eröffnen, daß endlich die unzuverlässigen, so viel
Menschenleben und so viel werthvollen Gütern Untergang bringenden Segelschiffe, wie
sie es verdienen, gewürdigt, und mit Dampfschiffen vertauscht werden. Bei der Größe,
dem ungeheuren Gewicht und dem großen Brennmaterialverbrauche der bisherigen
Marinemaschinen von niederm Drucke, wird diese Aussicht noch immer sehr getrübt
bleiben.
Der Hauptfehler der Gorgon-Maschinen am Nicolaus war, wie ich schon oben
bemerkte, der, daß, wie bei allen direct wirkenden senkrechtstehenden Maschinen, die
Bläuelstange wieder viel unter der gesetzlichen Länge blieb. Sie erschien hier fast
noch kürzer wie an den Maschinen des Lübeck, war kaum halbmall so lang als der Hub
des Kolbens, ein Umstand der eine große Zersplitterung ihrer Kraft voraussehen läßt,
und durch nichts gerechtfertigt werden kann. Mir wurde bei dieser Bemerkung so wehe
ums Herz, daß ich bald wieder Maschinen verließ, die, obgleich von großen englischen
Baumeistern errichtet, und so zu Wundern erhoben, dennoch so gegen alle Gesetze der
Mechanik anstießen.
Zu bewundern an diesen Maschinen war die Ausführung ihrer einzelnen, zum Theil
ungeheuer großen geschmiedet eisernen Theile und die Vortrefflichkeit, Dichtheit und
Reinheit des dazu verwandten Eisens; zu bedauern im Gegentheil, daß die in den
Maschinen vorhandenen, mit ihrem Umdrehungspunkte sich in einer Schwinge bewegenden
Balanciers für die Luftpumpen, nicht auch von geschmiedeten Eisen construirt waren.
Es würde dieß den Maschinen ein viel eleganteres, gelenkigeres und leichteres
Ansehen gegeben haben. In der in diesem Journale gelieferten Zeichnung sind zwar
geschmiedet eiserne Balanciers angegeben, hier an den Maschinen des Nicolaus waren
sie aber von Gußeisen, und in einer ungewöhnlich klotzigen, schwerfälligen und
unangenehmen Form ausgeführt. Die Maschinen waren theilweise auseinander genommen, als ich sie sah,
und schienen nicht besonders gut und sauber gehalten zu seyn. Der Raum, worin sie im
Schiffe standen, kam mir noch höher als der im Schleswig vor. Später sah ich, daß
man die Zwischenwelle zwischen beiden Maschinen herausgenommen hatte, weil eine der
Kurbeln darauf losgegangen war.
Die Räder des Nicolaus erschienen, wie ich schon oben erwähnt habe, in einem
bedeutend großen Durchmesser. Ich schätzte denselben auf 24 bis 25 Fuß. Aus diesem
Grunde ragten sie sehr weit über dem Deck des Schiffs hervor, und die Räderkasten
hatten eine ungewöhnliche Höhe, was dem Schiffe ein unangenehmes Ansehen gab. Jede
Schaufel war dreimal versetzt und die Tauchung der Räder erschien geringer als an
irgend einem der andern Schiffe, ja sie war so unbedeutend, daß die innern Schaufeln
bei unbelastetem Zustande des Schiffes noch über Wasser lagen. Daß dieser Umstand in
Verbindung mit dem größern Durchmesser der Räder gewiß günstig auf die
Geschwindigkeit des Schiffes einwirke, ist wohl sicher anzunehmen. Die
Nordamerikaner geben ihren Schiffen ungeheure Räder, und gewiß aus sehr klugen
Rücksichten, und zwar erstlich, um bei vorhandener jedesmaliger Tauchung den Winkel,
womit die Schaufeln ins Wasser und aus demselben treten, dadurch günstiger zu
stellen, und zweitens, um bei hohem Wellengange die großen Differenzen in der
Tauchung besser auszugleichen. Bei hohen Rädern war es nun aber auch, wie ich oben
schon bemerkte, unerläßliche Bedingung, die Hube der Dampfmaschine sehr groß zu
nehmen, um den Halbmesser der Kurbel zu dem der Räder in ein möglichst günstiges
Verhältniß zu stellen, wobei aber zugleich noch der große Vortheil obwaltet, daß man
den │Kolben der Niederdruckmaschinen eine größere Geschwindigkeit geben kann,
und zwar aus dem einfachen Grunde, weil der Verdichtungsproceß bei langsamen
Wechseln der Maschine vollkommener ausfällt, als bei schnellen. Ich besitze eine
hübsche Abbildung eines der größten americanischen Flußschiffe, des Isaak Newton, der zwischen New-York und Albany fährt,
360 Fuß lang, 90 Fuß über den Räderkasten breit ist, aber nur sehr flach zu tauchen
scheint, und dessen Räder nahe an 40 Fuß Durchmesser und dessen Dampfmaschine (es
hat nur eine einfache, wie die meisten der dort fahrenden Schiffe mit hoch über dem
Deck liegenden Balanciers) 12 Fuß Hub hatDieses Schiff hat 750 Betten, und bequemen Gelaß für 2000 Passagiere. Im
Ganzen sind in demselben 200 Räume und Gemächer vorhanden., wo also das
Verhältniß des Halbmessers der Kurbel zu dem der Räder sich beinahe wie 1 und 3
verhält.
Auf allen Schiffen die ich in Lübeck und Travemünde sah, waren doppelte Maschinen
angewendet, deren Kurbeln in einem rechten Winkel zu einander standen. In England
glaubt man daß es ohne eine solche Einrichtung nicht abgehen könne, selbst bei
Flußschiffen die in ruhigerm Wasser gehen. In Amerika scheint man hingegen ganz
anderer Meinung zu seyn. Die meisten Schiffe auf dem Hudson haben einfache
Maschinen, und gehen mit größerer Geschwindigkeit als unsere europäischen
Dampfschiffe; wo aber zwei Maschinen in Anwendung gebracht sind, stehen sie
größtentheils gar nicht mit einander in Verbindung, sondern jede Maschine treibt ihr
Rad für sich. Daß eine solche Einrichtung sehr vortheilhaft auf die Wendung des
Schiffes einwirken könne, ist unverkennbar, obgleich auch von der andern Seite nicht
zu läugnen ist, daß, um sie hier vortheilhaft zu benutzen, von Seiten des
Maschinenmeisters viel Gewandtheit im Reguliren der Kraft und Geschwindigkeit der
Maschine erforderlich sey. Wer je Beobachtungen auf Dampfschiffen angestellt hat,
wird immer gefunden haben, daß beim Durchlaufen starker Curven und Wendungen die
Maschinen gleich viel langsamer arbeiten. Dieß hat darin seinen Grund, daß das Rad
auf der innern Seite der Curve in einem Wasser geht, welches in Beziehung auf die
Geschwindigkeit des Schiffes viel langsamer sich bewegt, als auf der äußern
Curvenseite. Sind nun die Maschinen gekuppelt, so entsteht ein schädlicher Zwiespalt
in der Wirkung der Räder, gerade wie an einem Wagen dessen Räder wie an den
Locomotiven, beide fest an ihren Achsen befestigt sind. Beide Räder können dann die
gehörige Geschwindigkeit in Bezug auf dieses verschiedene Verhalten des Wassers
nicht annehmen (diese wird vielmehr eine mittlere werden) und widerstreben ebenso
der Wendung des Schiffes, wie jene Räder mit steifer Befestigung an ihren Achsen den
Wendungen eines Wagens. Da, wo beide Räder selbstständig und unabhängig von einander
wirken, muß natürlich dieser Uebelstand wegfallen, und daher werden solche Schiffe
auch besser dem Steuer gehorchen.
Ich muß mich hier noch am Schlusse dieses Berichtes über die Schaufeldimensionen und
Schaufelzahl der Räder aussprechen. Daß die Maschinenbauer hier noch nicht nach
bestimmten Regeln verfahren, muß demjenigen sogleich klar werden, der eine Reihe
Dampfschiffe von ziemlich gleicher Größe und Kraft mit einander vergleicht. Welche
verschiedene Dimensionen in Länge und Breite der Schaufeln, eine wie verschiedene
Anzahl derselben in
Beziehung auf den Durchmesser der Räder! Es war mir unmöglich irgend eine Regel
aufzufinden, wornach dabei verfahren seyn könnte. Mir scheint hier eben so viel
Schlendrian thätig zu seyn, als Bewußtlosigkeit in Beziehung auf irgend eine
bestimmte Norm, und zwar scheint jeder Maschinenbauer seinen eigenen Schlendrian zu
haben, ohne sich klar der Gründe seines Verfahrens bewußt zu seyn.
Der Brennmaterialverbrauch auf allen diesen Dampfschiffen ging, so viel ich erfahren
konnte, bei den meisten Maschinen über 10 Pfund guter und großer englischer
Steinkohlen pro Pferdekraft die Stunde; bei so großen
und kraftvollen Maschinen gewiß eine schmähliche Verschwendung. Ich bin fest
überzeugt, daß man diesen ungeheuren Verbrauch bei Anwendung meiner
Hochdruckmaschine und Räder bis unter die Hälfte vermindern könnte.
Die Beschreibung meiner Marinemaschine mit Kesseln und ihren Wasserrädern bei einem
größern Schiffe soll so bald als möglich folgen.Sie erscheint im ersten Januarheft des folgenden
Jahrgangs dieses Journals. A. d. Red. Auch soll noch eine besondere Abhandlung von mir über meine Marinekessel für
sehr hohen Druck und über Condensatoren für so große Marinemaschinen als die zu
beschreibenden und für noch größere in diesem Journale von mir abgedruckt werden.
Ueberhaupt werde ich mich bemühen, hier alles so ausführlich zu geben, daß andere
Baumeister in Stand gesetzt werden, nach den gegebenen Beschreibungen und
Zeichnungen zu bauen.