Titel: | Ueber die Photographie auf Papier; von C. Laborde, Professor der Physik zu Piguelin bei Nevers. |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXIX., S. 360 |
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LXIX.
Ueber die Photographie auf Papier; von C. Laborde, Professor der
Physik zu Piguelin bei Nevers.
Aus dem Bulletin de la société d'Encouragement, Decbr.
1850, S. 605.
Laborde, über die Photographie auf Papier.
Mehrere Photographen umgehen das erste Bad von salpetersaurem Silber, und passiren
das Papierblatt bloß durch Iodkalium vor der Anwendung des
essig-salpetersauren Silbers; dieses einfachere Verfahren gibt leicht gute
Resultate; aber die Schatten des negativen Bildes schienen mir immer weniger kräftig
zu seyn, als wenn man die doppelte von Talbot angegebene
Operation vornimmt. Die Gegenwart eines Silbersalzes in der ersten Schicht bestimmt
ohne Zweifel das Licht tiefer einzuwirken. Um die Vortheile beider Verfahrungsarten
zu vereinigen, suchte ich das Silbersalz in das Iodkalium-Bad selbst zu
bringen, und es gelang mir durch bloß einmaliges Eintauchen eine Schicht
hervorzubringen, welche unter dem essig-salpetersauren Silber sehr
empfindlich wird und dem negativen Bild reinere Lichter und kräftigere Schatten
verleiht.
Dieses Präparat erhält man mit: weißem Cyankalium 1 Gramm, destillirtem Wasser 30
Grammen. Man gibt in diese Auflösung nach und nach frisch gefälltes Jodsilber,
soviel sie davon auflösen kann; dann filtrirt man sie, und versetzt sie hierauf mit
einer Lösung von 4 Gram. Iodkalium in 60 Grammen Wasser. Das Papier wird auf der
Oberfläche des Bades gut ausgebreitet, worauf man es abhebt, abtropfen läßt und dann
auf Fließpapier legt; man kann sich desselben nun unmittelbar bedienen. Um das
Jodsilber zu bereiten, gießt man nach und nach eine Auflösung von salpetersaurem
Silber in eine Auflösung von Iodkalium; der anfangs weißliche Niederschlag bleibt so
lange suspendirt, als ein Ueberschuß von Iodkalium vorhanden ist; wenn er gelb wird und anfangt sich
zusammenzuballen, wascht man ihn sorgfältig, und löst ihn sogleich in dem weißen
Cyankalium auf.
Es ist gewiß, daß das Bild auf der empfindlichen Schicht schon in den ersten
Augenblicken ihrer Exposition in der camera obscura
gebildet wird, weil man es mit einem fortsetzenden Glase vollenden kann. Der
wichtige Punkt ist, eine Substanz zu finden, welche es hervortreten macht, oder
welche die Wirkung der Gallussäure begünstigen kann; in dieser Hinsicht besitzen
sowohl der essigsaure Kalk, als das salpetersaure Blei, der Gallussäure zugesetzt, merkwürdige Eigenschaften.
2 Gram. essigsaurer Kalk, 100 Gram. der gewöhnlichen Gallussäure-Auflösung
zugesetzt, bewirken, daß das Bild schnell zum Vorschein kommt und die Schatten sehr
intensiv werden. Ein zu starkes Verhältniß von essigsaurem Kalk schwärzt die Lichter
des Bildes; dieser Wirkung kann man aber begegnen, indem man der Auflösung
Essigsäure zusetzt. Der essigsaure Kalk besitzt noch eine Eigenschaft, welche die
Chemiker interessiren dürfte; er erhöht beträchtlich das Auflösungsvermögen des
Wassers für die Gallussäure. Gewisse Zubereitungen des Papiers erfordern, damit es
das Bild zeigt welches auf ihm entstand, eine starke Auflösung von Gallussäure;
durch einen verhältnißmäßigen Zusatz von essigsaurem Kalk kann man bewirken, daß das
Wasser von derselben zehn-bis zwanzigmal mehr auflöst.
Das salpetersaure Blei kann man der Gallussäure erst beigeben, nachdem dieselbe im
destillirten Wasser aufgelöst ist; auch muß man von dem Bleisalz viel weniger
anwenden als vom essigsauren Kalk. Das Bild kommt sehr schnell und in allen
Einzelnheiten zum Vorschein; die Schatten sind besser verschmolzen, aber weniger kräftig, was dem positiven Bild eine gewisse
Weichheit verleiht, die bisweilen gewünscht wird; man kann daher nach Belieben
kräftige Bilder mittelst essigsauren Kalks, oder zarte mittelst salpetersauren
Bleies erhalten. Ich habe vergeblich gesucht diese zwei Vortheile in derselben
Auflösung zu vereinigen; man kann das salpetersaure Blei dem essigsauren Kalk ohne
scheinbare Veränderung beimischen, und jedes dieser Salze kann für sich allein der
Gallussäure zugesetzt werden, wenn sie aber vereinigt sind, bringt die Gallussäure
darin sogleich einen Niederschlag hervor; denn da die Gallussäure mit dem
essigsauren Blei einen unauflöslichen Körper gibt, so muß sie die Bildung dieses
letzteren Salzes durch Austausch von Säure und Basis veranlassen.
Enthält das essig-salpetersaure Silber einen zu geringen Antheil Essigsäure,
so schwärzen sich die Lichter des Bildes leicht unter der Wirkung der Gallussäure; da aber der
Gehalt des Silbersalzes an Essigsäure in Folge der Flüchtigkeit dieser Säure
beständig wechselt, so kommt zu den vielen anderen oft unmerklichen Fehlerquellen
stets eine neue. Das salpetersaure Zink, ein fixes Salz,
kann die Essigsäure großentheils ersetzen; es erhöht die Empfindlichkeit der
empfänglichen Schicht, und die Lichter des Bildes conserviren sich sehr lange unter
der Wirkung der Gallussäure; es gestattet sogar, dem ersten Iodkalium-Bad
eine alkalische Reaction durch Kali oder Ammoniak zu ertheilen, was man mit dem
gewöhnlichen essig-salpetersauren Silber nicht thun kann, ohne daß sich die
Lichter sogleich schwärzen wenn man das Bild zum Vorschein bringt. Ich gebe folgende
Verhältnisse an, ohne zu behaupten, daß sie die besten sind: salpetersaures Zink, 2
Gramme; salpetersaures Silber, 4 Gramme; krystallisirbare Essigsäure, höchstens 2
Gramme; Wasser, 60 Gramme. Man könnte das Verhältniß des salpetersauren Zinks
verdoppeln, dann müßte man aber die Menge der Essigsäure um die Hälfte
vermindern.
Ich will hier einen kleinen Apparat beschreiben, welcher den Photographen gute
Dienste leisten kann, indem er ihnen gestattet, bei allen vorkommenden
Manipulationen deutlich zu sehen. Er besteht aus einem hölzernen Kasten von 55
Centimeter Länge, 30 Cent. Breite und 30 Cent. Höhe. In dem mit Scharnier versehenen
Deckel befindet sich eine Oeffnung, auf welcher man ein gelbes
Glas anbringt, groß genug um alles sehen zu können, was im Innern vorgeht.
An den Seiten des Kastens sind zwei so weite Löcher angebracht, daß sich der
Vorderarm darin mit Leichtigkeit bewegen kann; zwei Aermel aus Zeug sind mit ihren
Rändern am Eintritt dieser Löcher befestigt und endigen an ihrem entgegengesetzten
Ende mit einem elastischen Armband, welches sich genau an das Handgelenk anschließt,
wenn man die Arme hineinsteckt. Da der Kasten das Material für die Operationen
enthält, welche in der Dunkelheit ausgeführt werden müssen, so kann man durch das
gelbe Glas alle Bewegungen der Hände verfolgen, mit etwas Geschicklichkeit das
Papierblatt auf dem essig-salpetersauren Silber ausbreiten, und es unschwer
in seinen Rahmen bringen; man zieht dann die Arme aus dem Innern des Kastens heraus,
schlägt den Deckel um, und hebt den geschlossenen Rahmen heraus, um ihn sogleich in
der camera obscura anzubringen; wenn das Bild empfangen
ist, bringt man den Rahmen neuerdings in den Kasten, um die Gallussäure aufzugießen
etc.
Die innere Einrichtung des Kastens kann jeder Photograph seinem Verfahren anpassen;
in ihm lassen sich alle für die Operationen erforderlichen Gegenstände leicht
unterbringen; er wird mit einem Xförmigen Träger
versehen, welcher auf der Reise geschlossen ist, und dient auf freiem Felde selbst
als Stütze der camera obscura.