Titel: Ueber die Anwendbarkeit der Torfkohle zum Entfärben von Zuckersyrupen etc.
Fundstelle: Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXXXIV., S. 417
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LXXXIV. Ueber die Anwendbarkeit der Torfkohle zum Entfärben von Zuckersyrupen etc. Aus dem London Journal of arts, Decbr. 1850, S. 343. Ueber das Entfärbungsvermögen der Torfkohle. Die Kohle, welche der Torf in einer Retorte hinterläßt, nachdem alle flüchtigen Bestandtheile desselben überdestillirt sind, ist ein schätzbares BrennmaterialBei solchen technischen Operationen, welche eine andauernde mäßige Hitze erfordern, ist die Torfkohle sowohl den Kohks (aus Steinkohlen) als der Holzkohle vorzuziehen. Da die Torfkohle etwas zerreiblich und voller Höhlen ist, so entzündet sie sich leicht und brennt dann gänzlich weg, selbst in kleinen Stücken. Sie liefert beim Verbrennen etwas weniger Hitze als ihr gleiches Gewicht Holzkohle; die Torfkohle ist aber andauernder als die theurere Holzkohle, und wegen ihrer chemischen Constitution zu metallurgischen Operationen geeigneter als Kohks, welche meistens Schwefel enthalten.Trockener Torf liefert beiläufig zwei Drittel seines Gewichts Kohle. Beim Verkohlen in Retorten gibt der Torf Essigsäure, Ammoniak und flüchtige Oele ab; diese haben aber keinen so großen Werth, daß sie die Verkohlung des Torfs in Retorten (von Gußeisen oder Backsteinen) lohnend machen könnten; denn die Retorten welche dem Luftzutritt verschlossen sind, müssen gänzlich von außen erhitzt werden, wozu wenigstens eben soviel Torf erforderlich ist als im Innern derselben verkohlt wird; man verliert also bei diesem Verfahren die Hälfte der Torfkohle, für welche die gesammelten Destillationsproducte kein genügender Ersatz sind, daher die Verkohlung des Torss nur in Meilern oder Oefen mit Luftzutritt (nach Art des Holzes) mit Vortheil ausführbar ist.Berthier empfahl schon längst die Torfkohle zum Schmelzen der Eisenerze im Hohofen; er schlug vor, das gemahlene Erz mit der Torfkohle zu vermengen, das Ganze in Ziegelform zusammenzupressen und diese in den Ofen zu bringen; die Reduction und das Schmelzen des Metalls müßte hierbei sehr erleichtert werden, weil das Erz mit der kohlenstoffhaltigen Substanz allenthalben in Berührung ist; das angewandte Brennmaterial könnte überdieß auf das Eisen keine nachtheilige Wirkung ausüben. und wurde bisher auch als desinficirendes oder fäulnißverhinderndes Mittel, sowie als kohlenstoffhaltiger Dünger verwendet. Als ich vor einiger Zeit mit Untersuchungen über die Destillationsproducte des Torfs beschäftigt war, fiel mir der eigenthümliche physische Charakter der Torfkohle und ihre Aehnlichkeit mit der Kohle von Knochen, Blut oder sonstigen thierischen Stoffen auf, was mich veranlaßte ihr Entfärbungsvermögen zu prüfen. Daraus, daß die Torfkohle bekanntlich in hohem Grade desinficirend wirkt, folgte nämlich keineswegs, daß sie auch die Eigenschaft besitzen muß, die vegetabilischen und thierischen Farbstoffe aus deren Auflösungen anzuziehen; so wirkt z. B. die Holzkohle nicht viel weniger desinficirend als die Thierkohle, während ihr Entfärbungsvermögen außerordentlich schwach ist. Ich verwandelte daher Torfkohle in Pulver, wusch dieses bloß mit Wasser, und versetzte Portwein mit solcher gewaschener Kohle; die Mischung wurde etwa eine Minute lang gut umgerührt und dann auf ein Filter gebracht, von welchem die Flüssigkeit fast ganz farblos ablief. Dieser Versuch wurde mit Infusionen von Cochenille und Blauholz, und mit einer Auflösung von schwefelsaurem Indigo wiederholt, welche sich sogleich entfärbten, ein Beweis, daß der Torfkohle das Entfärbungsvermögen gerade so wie der Thierkohle eigenthümlich ist, was meines Wissens bisher nicht bekannt war. Es fragte sich nun, ob die Torfkohle zum Entfärben der Zuckersyrupe anwendbar ist, wozu man bisher Knochenkohle, Blutkohle oder überhaupt Thierkohle benutzte. Ich behandelte daher Auflösungen von braunen Pudern von verschiedener Stärke, mit Torfkohle, und die Resultate bewiesen, daß diese Kohle in einem merkwürdigen Grade die schätzbare Eigenschaft besitzt, farbige thierische oder vegetabilische Infusionen und Auflösungen zu entfärben. Die gefärbten Zuckerlösungen wurden durch die Torfkohle vollkommen entfärbt und lieferten beim Abdampfen Krystalle von einem weißen Zucker. Bei einigen Versuchen filtrirte ich die Flüssigkeit lediglich durch die Torfkohle; bei anderen Versuchen wurde die Kohle mit der erhitzten Auflösung vermischt und das Ganze auf ein Filter gebracht — aber immer mit gleichem Erfolg. Durch weitere Versuche ermittelte ich, daß fünf Theile Torfkohle eben so stark entfärben, wie vier Theile Beinschwarz. Dieß ist in technischer Hinsicht ein wichtiger Punkt; denn wenn es sich herausgestellt hätte, daß für denselben Erfolg zwei- oder dreimal so viel Torfkohle als Thierkohle erforderlich ist, so könnte man das Entfärbungsvermögen der Torfkohle nicht benutzen, obgleich ihr Preis kaum ein Viertel von dem der Knochenkohle ist, nämlich wegen des größeren Volums der zu behandelnden Masse und wegen des Verlusts an Material, welches von der filtrirenden Substanz verschluckt und in derselben zurückgehalten wird. Es ist gewiß nöthig, mindestens 25 Proc. mehr Torfkohle anzuwenden; da ihr Preis aber nicht über ein Sechstel von demjenigen des Beinschwarz beträgt, so gleicht derselbe den Mehraufwand von Kohle und den entstehenden Verlust an der zu filtrirenden Substanz mehr als aus. Das Entfärbungsvermögen der Torfkohle beruht höchst wahrscheinlich auf ihrer großen Porosität, eine Folge ihres bedeutenden Gehalts an erdiger Substanz, welche gewöhnlich 8 bis 12 Proc. und bisweilen noch mehr beträgt. Durch diese erdige Substanz werden die Kohlentheilchen von einander getrennt und isolirt, so daß ihre ganze Oberfläche diejenige Art von Attraction ausüben kann, auf welcher das Entfärbungsvermögen beruht. Bei Versuchen über das Entfärbungsvermögen der Torfkohle darf man nicht vergessen, daß der Torf unter seinen unorganischen Bestandtheilen Eisen und schwefelsauren Kalk (welcher sich beim Verkohlen in Schwefelcalcium verwandelt) enthält. Man muß daher die Torfkohle vor ihrer Anwendung in den Zuckerraffinerien gut mit Salzsäure waschen, um sowohl das Eisenoxydul als die alkalischen Basen auszuziehen; die alkalischen Basen ertheilen nämlich dem Syrup eine gelbe Farbe, und das in den Syrup kommende Eisenoxydul verwandelt sich beim Abdampfen desselben in Oxyd, welches sowohl dem Syrup als den Zuckerkrystallen eine röthliche Farbe ertheilt. T. W. K.