Titel: | Ueber den Damascener Stahl und dessen Anfertigung; von K. Karmarsch. |
Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XIII., S. 47 |
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XIII.
Ueber den Damascener Stahl und dessen
Anfertigung; von K.
Karmarsch.
Aus dessen Handbuch der mechanischen Technologie, 2te
Auflage, Bd. I. S. 31.
Karmarsch, über den Damascener-Stahl und dessen
Anfertigung.
Der sogenannte Damascener Stahl, dessen Name von der Stadt Damast in Syrien herrührt,
ist keine besondere Art von Stahl, sondern ein auf bestimmte Weise bereitetes
Gemenge von innig mit einander verschweißten Stahl- und Eisentheilen. Er
erhält durch das Beizen seiner blank gefeilten, geschliffenen, und sorgfältig von
Fett gereinigten Oberfläche, mit einer schwach sauren Flüssigkeit (z. B. einer
Mischung aus 1 Maaßtheile Salpetersäure und 30 Maaßtheilen Essig) eigenthümliche,
aus helleren und dunklen Linien zusammengesetzte Zeichnungen (Damast, Damascirung),
welche eine gewisse Regelmäßigkeit zeigen, wenn die Anordnung der neben einander
liegenden Stahl- und Eisentheilchen auf eine regelmäßige Art bewirkt worden
ist. Der Stahl erscheint nämlich (da er — besonders im gehärteten Zustande
— von Säuren weit langsamer aufgelöst wird, als Schmiedeisen) in höher
liegenden hellen, das Eisen dagegen in vertieften mattgrauen Linien. Bei starker
Aetzung sind die dunklen Linien hinlänglich vertieft, um sich mit Farbe, in der
Kupferdruckerpresse, wie ein Kupferstich auf Papier abdrucken zu lassen.
Nicht allein Stahl und Schmiedeisen sind tauglich, ein zur Damascirung geeignetes
Gemenge zu geben, sondern auch zwei verschiedene Sorten von Schmiedeisen, von
welchen in diesem Falle die härtere (kohlenstoffreichere) die Stelle des Stahls
einnimmt. In jedem Falle besitzt ein solches feines und inniges Gemenge bedeutend
mehr Zähigkeit, als Stahl oder eine einzelne Eisensorte für sich allein, wovon der
Grund sowohl in der Verwebung der Fasern, als in der Verbesserung des Materials
durch das bei der Bereitung erforderliche fleißige Ausschmieden und Schweißen liegt.
Dieser innere Vorzug fehlt natürlich denjenigen nachgeahmten damascirten Arbeiten,
deren Zeichnung bloß auf gewöhnlichem Stahle oberflächlich eingeätzt ist. Wird
nämlich eine polirte Stahlfläche mit Wachs oder einer harzigen Mischung dünn
überzogen, in diesen Ueberzug eine beliebige Zeichnung eingeritzt, und endlich mit
Säure geätzt, so läßt sich zwar einigermaßen das Ansehen des wahren Damastes hervorbringen,
allein diese nicht aus der Masse selbst entsprungene Zeichnung kommt nicht wieder,
wenn man sie abschleift und die ganze Fläche beizt, was dagegen mit dem wirklichen
Damaste allerdings der Fall ist.
Das den Damast erzeugende innige Gemenge kann auf verschiedene Weise hervorgebracht
werden. Das Verfahren, welches im Orient bei der Verfertigung der ächten türkischen
damascirten Säbelklingen und Gewehrläufe befolgt wird, ist nicht sicher bekannt. In
Europa befolgt man gewöhnlich im wesentlichen nachstehende Methode: Dünne Stäbchen
von Schmiedeisen und Stahl (oder von hartem und weichem Schmiedeisen) werden in
gehöriger Anzahl zu einem Bündel parallel neben einander gelegt und
zusammengeschweißt. Die Stange, welche dadurch entsteht, wird in die Länge
geschmiedet, und in zwei oder drei Theile zerhauen, die man wieder auf einander legt
und zusammenschweißt. Dieses Verfahren kann noch öfter wiederholt werden, und
liefert endlich einen letzten Stab, der aus vielen parallel liegenden Fäden,
abwechselnd von Eisen und Stahl, zusammengesetzt ist. Man windet diesen Stab im
glühenden Zustande schraubenartig zusammen, indem man ein Ende im Schraubstock
befestigt, das andere mit einer Zange faßt, und so gleichmäßig als möglich umdreht.
Die verschiedenen mit einander verbundenen Fäden nehmen hierdurch die Lage von
Schraubenlinien an, aber die der Oberfläche näher liegenden sind in weiteren Kreisen
gewunden, als die im Innern befindlichen, und ein genau in der Achse des Stäbchens
liegender Faden würde gar keine Krümmung angenommen haben. Schlägt man das gedrehte
Stäbchen platt, so kommen die Theile der Schraubenwindungen mehr oder weniger in
eine gemeinschaftliche Ebene zu liegen, und bilden eine aus vielen symmetrisch
gestellten kleinen Figuren zusammengesetzte Zeichnung, deren Linien, da sie nach dem
Beizen durch die Stahl- und Eisenfäden gebildet werden, desto zarter sind, je
mehr beim Schmieden jene Fäden verfeinert wurden.
Crivelli hat folgende, sehr sinnreich erdachte Methode
angegeben, um verschiedene Arten von Damascirung durch einerlei Grundverfahren
darzustellen. Man umwickelt geschmiedete stählerne Streifen von beliebiger Länge, 1
bis 1½ Zoll Breite und ¾ Linien Dicke, in weitläufigen Windungen
schraubenartig mit Eisendraht von ebenfalls ¾ Linien Dicke. Dann drückt man
durch Hämmern in der Rothglühhitze den Draht zum Theil in den Stahl hinein, legt
eine Anzahl so vorbereiteter Streifen oder Blätter auf einander, und schweißt sie
zusammen. Der
geschweißte und noch ferner ausgestreckte Stab wird in zwei oder drei Theile
zerhauen; diese legt man auf einander und vereinigt sie wieder durch Schweißen. Auf
gleiche Weise wird noch ein paarmal verfahren, wodurch man endlich erreicht, daß der
Stab aus einer großen Menge sehr dünner, abwechselnd liegender, paralleler Schichten
von Stahl (aus den ursprünglich angewendeten Streifen) und Eisen (durch die
Ausbreitung des Drahtes gebildet) besteht. Feilt und schleift man die Oberflächen
ab, welche mit der Richtung der Schichten parallel sind, so entsteht eine
unregelmäßige, aus zufälligen Linien und Flecken zusammengesetzte Zeichnung, weil
mehrere von den Schichten (deren vollkommener Parallelismus durch das Schmieden
zerstört ist) durchschnitten werden. Feilt man quer über die Flächen des Stabs
halbrunde Rinnen ein (welche so stehen müssen, daß jede Rinne der obern Fläche einem
Zwischenraume der untern Fläche entgegengesetzt ist), und hämmert den nun
schlangenartig gekrümmten Stab wieder flach, so nehmen alle von der Feile nicht
durchschnittenen Schichten eine wellenförmige Krümmung an, und auf den Flächen
entstehen durch das Beizen lauter ungefähr elliptische, den gemachten Rinnen
entsprechende Figuren, welche aus vielen gleichlaufenden, meist in sich selbst
zurückkehrenden und in einander eingeschlossenen Linien gebildet erscheinen. Wird
das Einfeilen der Rinnen unterlassen, und statt dessen der Stab mit einem
Schmiedegesenke bearbeitet, welches auf der Oberfläche irgend eine erhabene
Zeichnung hervorbringt (z. B. kleine halbkugelige Warzen, eine Verzierung à la grecque, Buchstaben und dergl.), so hat man nur
diese Erhöhungen wegzufeilen, um nach dem Beizen dieselbe Zeichnung mit feinen
Linien ausgeführt zu erhalten.