Titel: | Ueber die am 23. December 1850 auf dem Frankfurter Bahnhof der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn erfolgte Explosion eines Locomotivdampfkessels und ihre Ursache, nebst Beschreibung eines von Hrn. Ingenieur Meggenhofen vorgeschlagenen verbesserten Sicherheitsventils; von Dr. Adolph Poppe. |
Autor: | Dr. Adolph Poppe [GND] |
Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XIX., S. 81 |
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XIX.
Ueber die am 23. December 1850 auf dem
Frankfurter Bahnhof der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn erfolgte Explosion eines
Locomotivdampfkessels und ihre Ursache, nebst Beschreibung eines von Hrn. Ingenieur
Meggenhofen
vorgeschlagenen verbesserten Sicherheitsventils; von Dr. Adolph Poppe.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Poppe, über die Explosion eines Locomotivdampfkessels und
Meggenhofen's Sicherheitsventil.
Dampfkessel-Explosionen gehören in Deutschland, Dank der Vorsicht und Sorgfalt
womit die Kessel behandelt werden, zu den seltenen Unglücksfällen. Kommt aber eine
solche vor, so ist es Pflicht der Behörde, den Sachverhalt von Sachverständigen in
allen Einzelheiten auf das genaueste untersuchen und die Umstände, welche die
Herbeiführung der Katastrophe veranlaßten, mit der größten Sorgfalt erforschen zu
lassen.
Die Thätigkeit sollte jedoch in einem solchen Falle nicht eine rein polizeiliche
seyn, um bei etwa stattgefundener Fahrlässigkeit die Schuldigen zur gebührenden
Rechenschaft ziehen zu können; sondern die Behörde sollte dabei auch den Grundsatz
im Auge haben, die bei solchen Gelegenheiten gemachten Erfahrungen, insofern sie zur
Vervollkommnung der Sicherheitsmaaßregeln führen können, nicht für sich zu behalten,
sondern zum Gemeingut zu machen.
Von diesem Gesichtspunkte geleitet, glaube ich einen Fall veröffentlichen zu sollen,
aus welchem vielleicht eine wichtige Lehre für die Construction der
Sicherheitsvorkehrungen an Dampfkesseln geschöpft werden kann.
Am 23 December des verflossenen Jahres 12½ Uhr Mittags war der Frankfurter
Bahnhof der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn der Schauplatz einer Explosion,
welche von den traurigsten Folgen hätte begleitet seyn können, wenn nicht durch eine
besonders glückliche Fügung größeres Unheil abgewendet worden wäre. Der Zug war im
Begriff nach Hanau abzufahren, die Passagiere hatten ihre Plätze eingenommen und die
Locomotive, aus der Keßler'schen Maschinenfabrik in
Karlsruhe, stand vom Zuge getrennt noch neben der Locomotivremise. Beide Ventile sah
man stark Dampf ausblasen; da barst in dem Augenblicke, wo der Führer und Heizer auf
die Maschine steigen wollten, der Kessel mit einem Knall, ähnlich dem einer
abgefeuerten Kanone. Zum großen Glück erfolgte die Explosion und die sie begleitende
Dampf- und Wasserausströmung nach der beiden Männern entgegengesetzten Seite,
so daß diese unbeschädigt davonkamen.
Nachdem der die ganze Scene verhüllende Dampf sich verzogen hatte, fand man die
Locomotive umgestürzt, die Räder nach oben gekehrt, auf den Schienen liegend, in der
Lage wie sie die Skizze Fig. 1 darstellt. Der
durch die Explosion zerrissene Dom wurde in dem Zustande gefunden, wie ihn die von
Hrn. Ingenieur Meggenhofen an Ort und Stelle aufgenommene
Skizze Fig. 2
zeigt. Die zu seiner Verstärkung dienlichen Ankerstangen waren zum Theil zerrissen,
zum Theil verbogen und verkrümmt. Die ganze rechte Seitenwand des Doms, ein Stück
von ungefähr fünf Centnern, Fig. 3, wurde durch die
Gewalt der Explosion in einem flachen Bogen durch den Bahnhof, über die Hanauer
Chaussee hinweg, mehrere Hundert Fuß weit in einen benachbarten Garten geschleudert.
Verschiedene unterwegs angerichtete Verheerungen bezeichneten die Bahn dieses
Eisenstücks; zuerst zerknickte es ein Tannenbäumchen, schlug dann von der
Einfassungsmauer des Bahnhofs eine schwere Steinplatte herab, durchschlug jenseits
der Chaussee eine Bretterwand, und riß einige steinerne Säulen, welche diese Wand
halten, um.
Die mit dem Dom zunächst verbundenen Maschinentheile wurden zum Theil in große
Entfernungen hin zerstreut; so wurde die mindestens 25 Pfund wiegende Umhüllung der
Ventile (valve-cover) bei der englischen
Gasfabrik, beinahe ¼ Stunde von dem Orte der Explosion entfernt, gefunden.
Die rechte Kupferwand des Feuerkastens zeigte sich nach innen gewölbt, und aus den
Kupferbolzen, welche sie mit der Kesselwand verbinden, gleichsam
herausgestreift.
Die Lage Fig.
1, in welcher die Locomotive gefunden wurde, konnte allem Anscheine nach nicht
die Folge des einfachen Umstürzens durch den Rückstoß seyn; es ist vielmehr, um
diese Lage erklären zu können, anzunehmen, daß die Maschine durch die Rückwirkung
der schräg nach unten gerichteten explosiven Wasser- und Dampfabströmung
vollständig in die Höhe gehoben wurde, indem sie zugleich eine Drehung um ihre
Längenachse erhielt, so daß bei ihrem Fall der bereits zerrissene Dom bei O, Fig. 2, eingedrückt wurde.
Diese Erklärung findet sich auch durch einen starken und unverkennbaren Eindruck des
einen Schienenstranges am obersten Theil der Rauchkammer bestätigt.
Ueber die Ursache dieser Explosion gab der zur Untersuchung herbeigezogene
Maschinen- und Bahningenieur der Main-Weser Eisenbahn Hr. Meggenhofen sein Gutachten ab, in welchem er nachweist,
daß ein sich steigernder Dampfdruck in Folge der Anhäufung der Dämpfe, bei zwar
richtigem Wasserstande, aber ungenügender Ventilöffnung, die Katastrophe
herbeigeführt hat. Durch die gefälligen Mittheilungen des Hrn. Meggenhofen bin ich in Stand gesetzt, die nähere Begründung seiner
Ansicht, der ich vollkommen beistimme, in Folgendem beinahe dem Wortlaute nach
wiederzugeben.
Das Material, woraus die geborstenen Theile bestehen, insbesondere die abgerundeten
Winkeleisen a, Fig. 2 und 3, welche die Seitenwände
des Doms verbinden und vorzugsweise gerissen sind, ist ein vorzügliches, und wurde
von mehreren anwesenden Sachverständigen auch dafür erkannt. Nur der Anker b, Fig. 3, zeigte eine
schlechte Schweiße. Daß aber dieser Umstand die Veranlassung der Explosion nicht
gewesen seyn konnte, wird bald erhellen. Da sämmtliche Seitenwände an den Stellen
ihrer Verstrebungen c, Fig. 2 und 3, woran die Anker
befestigt sind, in keiner Weise Durchbiegungen oder Risse bekommen haben, so ist mit
Sicherheit anzunehmen, daß die Widerstandsfähigkeit dieser Seitenwände gegen
Durchbiegung größer gewesen war, als die absolute Festigkeit der gerissenen
Winkeleisen. Es wäre daher zunächst zu untersuchen, ob es möglich ist, daß ein
Dampfdruck im Kessel, welcher angeblich nicht mehr als 75 Pfund per Quadratzoll
betrug, die Winkeleisen zu zersprengen vermochte, wobei wir voraussetzen wollen, daß
gar kein Queranker vorhanden, oder dieselben vor der Explosion herausgenommen worden
waren.
Der diagonale Durchmesser des Doms ist
60
Zoll
Die Dicke des Winkeleisens
0,5
—
Angebliche Dampfspannung im Kessel 75 Pfund per Quadratzoll.
Nimmt man nun die absolute Festigkeit einer Eisensorte mittlerer Qualität per
Quadratzoll Querschnitt = 64000 Pfund an, so hat man 75 × 60 = 4500 Pfund auf
den Quadratzoll Winkeleisen, folglich 64000/4500 = 14,22fache Sicherheit bis zum
Bruche desselben; oder die Dampfspannung im Kessel müßte, um diese Winkeleisen
zerreißen zu können, 14,22 × 75 = 1066,5 Pfund per Quadratzoll gewesen seyn,
was unter den vorliegenden Umständen nicht wohl möglich ist. Hieraus folgt, daß der
oben erwähnte fehlerhafte Ankerstab nicht die Ursache der Explosion gewesen seyn
kann.
Robert Stephenson nimmt zu seinen Locomotiven bei der
nämlichen Größe wie die in Rede stehende
die Röhrenwand des kupfernen Feuerkastens
¾
Zoll
dik
die drei andern Wände
⅜
—
—
die eisernen Seitenwände des Doms
5/16
—
—
Die kupfernen ¾ Zoll starken Verbindungsbolzen, welche er 4⅝ bis 5 Zoll
weit auseinander setzt, vermögen einem Dampfdruck im Kessel von 200 Pfund per
Quadratzoll einen vollkommenen Widerstand entgegenzusetzen. Da aber der
Maschinenfabrikant Hr. Keßler alle diese
Stärkenverhältnisse bei gutem Material noch größer gehalten hat, so muß jedenfalls
eine zu hohe Dampfspannung im Kessel die Ursache der Explosion gewesen seyn. Es soll
nun nach dem Zustande, in welchem sich die Locomotive vor ihrer Explosion befand,
untersucht werden, ob es in der That wahrscheinlich ist, daß eine zu hohe
Dampfspannung im Kessel stattgefunden hat, welche die Explosion zur Folge haben
konnte.
Nach Aussage wurde mit dieser Locomotive, da sie eben aus der Reparatur gekommen war,
eine Probefahrt nach dem nächst gelegenen Wäldchen hin und zurück gemacht, bevor sie
den Personenzug fortbringen sollte. Sie war demnach vollständig geheizt.
Nachdem frische Kohts aufgeschüttet worden waren, kam die Maschine neben die
Locomotivremise zu stehen, wo zur Mäßigung der fortwährenden Dampfentwickelung auf
die obere Mündung des Schornsteins ein eiserner Deckel gelegt wurde. Weil aber
dennoch beide Ventile stark Dampf ausbliesen, so wurde auch noch ein Wärmehahn
geöffnet um Dampf aus dem Kessel in das in dem Tender befindliche Wasser strömen zu
lassen. Und so soll die Locomotive bei fortwährend ausblasenden Ventilen ungefähr 10
Minuten gestanden haben, als plötzlich die Explosion erfolgte.
Da selbst bei geöffnetem Wärmehahn beide Ventile stark Dampf ausgeblasen haben, so
ist nicht zu bezweifeln, daß fortwährend eine bedeutende Dampfentwickelung
stattgefunden hat, was auch leicht der Fall seyn konnte, weil der auf den
Schornstein gelegte Deckel nicht vollkommen schließbar ist und deßhalb dem Feuer
Luftzug gestattet. Es soll nun untersucht werden, wie hoch die Dampfspannung im
Kessel gestiegen seyn konnte und zwar bei geöffnetem Wärmehahn, größtmöglicher
Oeffnung beider Ventile und fortgesetzter Feuerung.
Die Ausströmungsöffnung des Wärmehahns ist höchstens 1 Quadratzoll englisch, die
größtmögliche Oeffnung beider Ventile — unter dieser den ringförmigen
Querschnitt verstanden, durch welchen der Dampf nach Hebung des Ventils seitwärts
entströmt — beträgt nur 2 Quadratzoll englisch, mithin die Summe der
Oeffnungen, durch welche der Dampf aus dem Kessel entweichen konnte, 3 Quadratzoll
engl. oder 2, 8 Wiener Quadratzoll. Da nun, sobald beide Ventile diese Oeffnung
erreicht haben, die Widerstandsfläche eines jeden Ventils von 8,29 bis zu 10,31
Quadratzoll sich vergrößert haben muß, so kann auch keine geringere Dampfspannung
als von 80,4 Pf. per Quadratzoll in dem Kessel gewesen seyn, indem gerade 100 Pf.
per Quadratzoll auf der Scale der Federwaage mit dem Ende des Schlitzes coincidiren,
wo dann der Zeiger anstößt und die Ventile sich nicht höher heben können.
Um nun zu untersuchen, ob die Summe dieser Oeffnungen = 2,8 Wiener Quadratzoll, groß
genug ist, um so viel Dampf entweichen zu lassen, als der Kessel bei fortgesetzter
Feuerung nur immer zu erzeugen im Stande ist, so soll mit Rücksicht auf obige
Dampfspannung von 80, 4 Pfund per Quadratzoll und die gegebene Größe der Heizfläche,
die kleinste Oeffnung gesucht werden, durch welche der erzeugte Dampf, ohne eine
höhere Spannung annehmen zu können, entweichen kann. Man findet dafür den
Durchmesser d in Wiener Zollen aus der Formel
Textabbildung Bd. 120, S. 85
(siehe Burg's Compendium der
Mechanik §. 501), wobei F die totale Heizfläche
in Quadratfuß, und m die absolute Dampfspannung im
Kessel, in Atmosphären ausgedrückt, bezeichnet; da nun F
= 800 und m nahezu = 6,5 ist, so ergibt sich, wenn man
diese Werthe in die Formel substituirt, für den gesuchten Durchmesser der Werth
d = 3,6 Wiener Zoll.
Dieses entspricht einer Oeffnung von 10,17 Wiener Quadratzoll oder 10,93 engl.
Quadratzoll. Demnach war die Summe der Oeffnungen der beiden
Ventile und des Wärmehahns, welche wie oben gezeigt wurde, nur drei Quadratzoll
engl. betrug, über das Dreifache zu klein.
Obiger Summe (2,8 Wiener Quadratzoll) der Dampfausströmungsöffnungen entspricht, wenn
sie als Kreisfläche betrachtet wird, ein Durchmesser von 1,88 Zoll. Substituirt man
diesen Werth d, sowie den Werth für F in die Formel (I) und löst
sie nach m auf, so folgt
II.) m =
800 (0,312/1,88)2 + 0,412 = 22,4 Atmosphären.
Es kann daher bei vollständig abblasenden Ventilen und einem
geöffneten Wärmehahn die Dampfspannung im Kessel bis zu 22 Atmosphären zugenommen haben, was einem absoluten Drucke
von 330 Pfund auf den Quadratzoll gleichkommt.
Ein solcher Druck ist jedenfalls höchst gefährlich, da derartige Kessel an der Scale
der Federwaage im äußersten Falle eine Dampfspannung von 90 Pfund per Quadratzoll
zeigen dürfen und selten, selbst bei der hydraulischen Probe in der Fabrik, mit
einem höheren Druck als zwölf Atmosphären oder 176 Pfund per Quadratzoll engl.
probirt werden.
Da an dem explodirten Kessel weder eine Spur von zu niedrig gewesenem Wasserstande,
noch von Kesselstein zu finden war, und wohl zu bedenken ist, daß die größte
Leistung solcher Kessel in 10 Minuten 5300 Kubikfuß Dampf zu 6,5 Atmosphären
Spannung zu erzeugen vermag, da ferner der vorhandene Dampfraum höchstens circa 56
Kubikfuß beträgt, so ist anzunehmen, daß die Dampfspannung im Kessel, wenn auch
nicht ganz auf jenen Druck von 330 Pfund per Quadratzoll, doch auf einen diesem nahe
kommenden Druck sich steigerte. In Folge dieser enormen Dampfspannung wurde zuerst
die Kupferwand E, Fig. 2, 5 und 6, in der Regel der am
schwächsten gehaltene Theil des Kessels, zwischen den Kupferbolzen d an den Stellen e etwas
eingebogen. Durch diese Einbiegungen wurde den Bolzen d,
welche ohnedieß schwache Köpfe haben und durch das Feuer bald abgebrannt werden, in
Folge der nun gebildeten conischen Erweiterungen f der
Löcher, der Halt in den Gewinden genommen, so daß sie nun leicht herausgestreift
werden konnten. Die Kupferwand selbst aber wurde sofort durch ihre Dehnbarkeit bis
zu derjenigen
Bogenhöhe h, Fig. 6, eingedrückt, wo
sie dem Gegendruck des Wassers und des Dampfes das Gleichgewicht halten konnte. In
demselben Moment, wo die Kupferbolzen losrissen, hatte auch die Wand D, Fig. 3, an dieser Stelle
ihre Widerstandsfähigkeit gegen Durchbiegung verloren, und so konnte es nun nicht
fehlen, daß die dadurch in Thätigkeit gekommene Hebelkraft, welche zugleich auf die
absolute und relative Festigkeit der Seitenwand und der verbindenden Winkeleisen
wirkte, das in diesem Zustande viel zu wenig dehnbare Eisenblech und Winkeleisen
zuerst an den Stellen g, g,
Fig. 2 und
3, brechen
und dann alle übrigen Brüche zur Folge haben mußte.
Wie schließlich aus obiger Darstellung hervorgeht, kann nur eine sich mehr und mehr
steigernde allzuhohe Dampfspannung, für welche solche Kessel nicht construirt sind,
bei ungenügenden Ventilöffnungen die Ursache einer so kräftigen Explosion gewesen
seyn. Damit aber, namentlich beim Stationiren der Locomotive, ähnliche Unfälle nicht
mehr vorkommen können, ist folgendes zu beobachten:
So lange sich eine Locomotive in geheiztem Zustande befindet, muß sie unter
beständiger Aufsicht eines Führers oder eines Heizers, welcher mit der Behandlung
derselben vertraut ist und fahren kann, stehen. Dieser hat sich von dem guten
Zustande der beiden Ventile zeitweise zu überzeugen, und sobald die Dampfspannung im
Kessel zugenommen hat, so daß die Ventile Dampf ausblasen, sogleich die
Dampfspannung bis auf den gesetzlich bestimmten Druck zu mäßigen. Er kann sich dazu
je nach Umständen des einen oder des andern oder auch gleichzeitig mehrerer der
folgenden Hülfsmittel bedienen:
1) Schließung der oberen Schornsteinöffnung;
2) Schließen der Klappe am Aschenfall;
3) Oeffnen der Feuerungsthür;
4) Oeffnen der beiden Wärmehähne;
5) Nachlassen der Feberwaagen;
6) Pumpen von Wasser in den Kessel.
Das letztere wird bewerkstelligt, indem man die Klappe am Aschenfall schließt, die
Feuerungsthür öffnet und mit der Maschine auf- und abfährt, wobei man durch
den unteren Wasserablaßhahn am Kessel so viel Wasser abfließen läßt, daß der normale
Wasserstand im Kessel unverändert bleibt. Sollten aber Local- und
Dienstverhältnisse das Aufund Abfahren mit der Maschine, um Wasser in den Kessel zu
pumpen, nicht gestatten, so ist an der Locomotive eine Dampfpumpe anzubringen,
welche höchstens 450 fl. kostet
Es ist eine durch vielfache Erfahrungen bestätigte Thatsache, daß
Dampfkessel-Explosionen gewöhnlich während des Stillstandes der Maschine und
in vielen Fällen bei ausblasenden Ventilen erfolgen, und ich halte es für
wahrscheinlich, daß die Mehrzahl derselben in einer allmählich sich steigernden
Dampfanhäufung wegen zu geringer Ausströmungsöffnung ihren Grund hat.
Bei Locomotiven insbesondere, wo der Hub des Ventils durch die Verbindung mit der
Federwaage sehr beschränkt wird, ist die Summe der ringförmigen Oeffnungen durch
welche der Dampf nach Lüftung der Ventile entströmt, gewöhnlich zu gering, um beim
Stillstand der Maschine und bei stark fortgesetzter Heizung den in jedem Augenblicke
sich bildenden Dampf vollständig abführen zu können. Wenn nun auch eine in Folge
dieses Umstandes eintretende gefährliche Steigerung der Dampfspannung durch
Befolgung der oben aufgezählten Maaßregeln abgewendet wird, so ist die Gefahr einer
Explosion, so lange die Sicherstellung gegen dieselbe von der Zuverlässigkeit des
Führers abhängig gemacht wird, keineswegs als vollständig beseitigt zu betrachten.
Dieses führt mich auf zwei von Hrn. Meggenhofen
angegebene sehr beachtenswerthe Verbesserungen in der Construction der
Sicherheitsventile für Locomotiven.
Die erste dieser Verbesserungen betrifft eine ebenso
einfache als sinnreiche Vorkehrung, welche Hr. Meggenhofen an der Federwaage anbringt, um die Dampfausströmungsöffnung in
dem Moment, wo der Dampf eine dem höchsten Punkte der Scale nahe kommende Spannung
erreicht, bedeutend zu vergrößern. Fig. 7 stellt die
Anordnung in Verbindung mit der Federwaage in 1/6 der natürlichen Größe gezeichnet,
in der Seitenansicht, Fig. 8 in der vorderen
Ansicht dar. Die Stange, welche die Spannung der Feder auf den Ventilhebel
überträgt, besteht nämlich aus zwei Theilen a und b, welche durch ein Gelenk c
mit einander verbunden sind. Dieses Gelenk ist jenseits des einen Bolzens in eine
Stange d verlängert, welche an der Seite des
cylindrischen Federgehäuses sich abwärts erstreckt und an ihrem Ende mit einem Haken
versehen ist. Die Stange d bewegt sich zwischen zwei
Hervorragungen m und i wie
in einer Führung, so daß, so lange die untere Fläche des Hakens unterhalb der oberen
Seite der Hervorragung m sich befindet, eine Abweichung
der Hakenstange aus ihrer senkrechten Lage unmöglich ist.
Dieses soll z. B. hier der Fall seyn, so lange der Zeiger durch Umdrehung der
Flügelmutter tiefer als auf 80 Pfund per Quadratzoll auf der Scale gestellt ist, wo
bann der Apparat wie eine gewöhnliche Federwaage wirkt. Wird aber die Feder so
gespannt, daß der Zeiger auf 80, welches das Maximum der Spannung seyn soll, steht,
so wird in dem Augenblick, wo durch die diesen Grad übersteigende Dampfspannung das
Ventil sich zu heben beginnt, die untere Fläche des Hakens über die obere der
Hervorragung m treten, und somit der Haken seinen
Rückhalt verlieren; zugleich wird derselbe sich rückwärts bewegen, indem seine
schiefe Fläche mit der andern Hervorragung i in
Berührung kommt. Sobald aber die Hakenstange d aus der
senkrechten Lage gekommen ist, wird sie durch den Zug der Feder und den ihr
entgegenwirkenden Dampfdruck, einen Bogen von 180° beschreibend, vollständig
umschlagen und dadurch der durch das Gelenk unterbrochenen Stange, welche den
Ventilhebel mit der Feder verbindet, gestatten, um die doppelte Länge des Gelenkes
c sich zu verlängern. Wegen der nun plötzlich
erfolgenden Abspannung der Feder wird der Dampf das Ventil mit Leichtigkeit höher
heben, mithin in weit größerer Menge entweichen können, als es ohne diese
Vorrichtung möglich wäre. Nachdem der Apparat seine Wirkung gethan hat, kann der
Locomotivführer die vorherige Lage desselben leicht wiederherstellen.
Die zweite Verbesserung bezieht sich auf ein
Sicherheitsventil, welches bei verhältnißmäßig geringer Widerstandsfläche eine weit
größere und freiere Ausströmungsöffnung darbietet, als das gewöhnliche. Dieses
verbesserte Ventil ist Fig. 9 in 1/6 der
natürlichen Größe im Verticaldurchschnitt dargestellt. Der messingene Ventilsitz B besteht aus mehreren concentrischen Ringen a, a, a, wovon der äußere mit Flanschen versehen und auf den Dom festgeschraubt
ist, die übrigen aber nebst dem soliden Centralstück b
an ein Kreuzstück befestigt sind.
Diese Ringe bieten ebensoviele ringförmige Oeffnungen, durch welche der Dampf
entweichen kann, dar, und sind an ihrer oberen Seite in eine Ebene geschliffen. In
das Centralstück b ist ein starker Kupferbolzen c eingelassen, welcher für den Obertheil A oder das eigentliche Ventil die Führung bildet. Das
auf dem Kupferbolzen gleitende Ventil A besteht
gleichfalls aus concentrischen Ringen, welche mit ihren unteren Flächen auf die
zwischen den Ringen des Ventilsitzes befindlichen ringförmigen Oeffnungen passen und
somit diese Oeffnungen vollständig verschließen.
Die Einrichtung des Ventilhebels und der Federwaage ist die gewöhnliche und bedarf
keiner näheren Erläuterung. Fig. 10 stellt den
Ventilsitz B in der oberen, Fig. 11 in der unteren
Ansicht; Fig.
12 das Ventil
in der oberen, Fig.
13 in der unteren Ansicht dar. Sobald nun dieses Ventil durch den
Dampfdruck gehoben wird, findet der Dampf sogleich eine bedeutende
Ausströmungsöffnung und zwischen den Ringen des Obertheils A einen ungehinderten Abzug. Dabei ist die Widerstandsfläche des Ventils
verhältnißmäßig gering, weßhalb dasselbe auch eine geringere Belastung erfordert als
das gewöhnliche Ventil.