Titel: | Ueber die gesonderte Aufbewahrung des Eiergelb und Eierweiß und verschiedene Anwendungen derselben; von Augier und Robert. |
Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XXXII., S. 144 |
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XXXII.
Ueber die gesonderte Aufbewahrung des Eiergelb
und Eierweiß und verschiedene Anwendungen derselben; von Augier und Robert.
Aus dem Moniteur industriel, Nr.
1509.
Ueber Fabrication von trockenem Eiergelb und Eiweiß.
Wir waren bestrebt, das Eiergelb und Eierweiß jedes für sich zu erhalten, um jedem
Industriezweig den Theil liefern zu können, dessen er bedarf. Dieß gewährt den
großen Vortheil, daß weniger Eier verbraucht, dieselben also wohlfeiler werden, daß sich bei den
Fabrikanten kein ihnen unnützes Material ansammelt, indem sie bloß dasjenige, dessen
sie bedürfen, um sehr billigen Preis geliefert erhalten, ohne daß sie sich um das
Steigen des Eierpreises je nach der Jahreszeit zu bekümmern brauchen, weil wir,
während die Eier wohlfeil sind, unsern Vorrath einthun, und den Gewerben das Weiße
oder Gelbe derselben nach Maaßgabe ihres Bedarfs liefern, und zwar in eben so gutem
Zustande als wenn die Eier erst einen Tag vorher gelegt worden wären.
1) Aufbewahrung des Eiergelb zum Zurichten (Sämischgerben) des
Handschuhleders.
Wir zerreiben 500 Gramme Eiergelb, mit 8 Grammen Kochsalz und 24 Grammen gepulvertem
Stärkmehl versetzt, in einem Mörser oder auf einem Chocoladestein. Das Gemenge
verdickt sich bald; man zertheilt es dann in kleine Formen und läßt diese in einem
trockenen Luftstrom austrocknen. Auf diese Weise erhält man schön gelbe Täfelchen,
welche sich sehr gut aufbewahren lassen und sich im Wasser sehr gut auflösen. Dieses
Eiergelb hat ganz dieselben Eigenschaften wie das frische, und thut den Weißgerbern
dieselben Dienste.
2) Eiergelb-Toiletteseife.
Die Tafelform des Eiergelb und seine Eigenschaft die Haut zart und geschmeidig zu
machen, brachten uns auf den Gedanken, eine Toiletteseife daraus zu bereiten. Man
verfährt dabei wie folgt:
Man bereitet Eieröl auf gewöhnliche WeiseIndem man aus dem Dotter der Hühnereier durch vorsichtiges Erwärmen unter
beständigem Umrühren das Wasser verdampft, bis er, etwas zwischen den
Fingern gedrückt, Oel von sich gibt, worauf man letzteres durch Auspressen
gewinnt. filtrirt es warm und verseift das Oel, wenn es recht
klar ist, mit Kali.
Nun vermischt man Eiergelb mit einem Sechzehntel des so verseiften Eieröls; die
Mischung verdickt sich sogleich bedeutend; man seht dann auf 30 Gr. Eiergelb 1 Gr.
gepulvertes Stärkmehl zu, und nachdem der Teig die gehörige Dichtheit hat und
parfumirt wurde, vertheilt man ihn in Formen.
Diese Seife hat eine schön gelbe Farbe, conservirt sich gut, löst sich leicht auf,
und macht die Haut sehr zart und geschmeidig.
3) Aufbewahrung des Eierweiß und Anwendung desselben in
diesem Zustande zum Klären von Wein, Spiritus, Syrup,
Zucker etc.
Man zertheilt das Eiweiß in einer kleinen Menge Wassers, ungefähr dem Achtel seines
Volums, schlägt es mit einem Weidenbesen, um die das ganze Eiweiß umgebende oder zu
umgeben scheinende Hülle zu durchbrechen. Der Zusammenhang und die Klebrigkeit werden dadurch vermindert;
man läßt hierauf den entstandenen Schaum sich setzen und siltrirt dann durch einen
wollenen Sack. Man erhält auf diese Weise das Eierweiß ohne alle Unreinigkeit und
ohne das geringste Theilchen Eiergelb, in vollkommener Klarheit.
Diese Operation, durch welche wegen des Wasserzufatzes das Austrocknen anscheinend
erschwert werden müßte, bewirkt im Gegentheil eine schnellere Verdunstung, weil sie
in Folge der äußersten Zertheilung der Eiweiß-Molecüle die Bildung des
Häutchens verhindert, welches sich sonst auf der ganzen Oberfläche der Flüssigkeit
bildet, immer dicker wird und die vollständige Verdunstung der Feuchtigkeit aus den
unteren Schichten sehr verlangsamt.
Hierauf schreitet man zum Austrocknen, wobei wir uns nicht genau an die Vorschriften
der chemischen Lehrbücher halten, nach welchen das Eierweiß bloß der Sonne oder
einer Wärme unter 48° R. ausgesetzt werden soll; denn wir fanden, daß es erst
über dieser Temperatur sich zu zersetzen anfängt.
Um Schnelligkeit, Ersparung an Brennmaterial und Vollkommenheit des Products zu
vereinigen, haben wir alle bisher bekannten Arten des Austrocknens versucht; es
gelang uns sogar, das Eiweiß vermittelst eines kalten Luftstroms in festem Zustand
zu erhalten; doch scheint uns das Austrocknen in einem Strom warmer, trockener Luft
bei einer constanten Temperatur unter 24° R. das
beste Verfahren zu seyn, um das schönste und auflöslichste Product zu erhalten.
Wir benutzen dazu Platten von glasirter Fayence, welche metallenen und andern, auf
denen sich der Gesundheit schädliche Oxyde bilden können, vorzuziehen sind; sie
behalten auch leichter eine gleiche Temperatur. Man erhält so, und zwar in ziemlich
kurzer Zeit (statt wie bisher einer gelblichen Masse, die so schwer wie arabisches
Gummi zu pulverisiren ist) das Eiweiß in kleinen unregelmäßigen Krystallen, welche
sich zu mehr oder weniger regelmäßigen Bündeln vereinigen. Die Zertheilung dieser
Krystalle und ihre Trennung ist durch Umrühren derselben mit der Hand auf einem Sieb
leicht zu bewerkstelligen. Diese kleinen Krystalle verdienen bei weitem den Vorzug
vor einem feinen Pulver, welches sich im Wasser klümpern und nur langsam auflösen
würde, während die fast farblosen Krystalle sich äußerst leicht auflösen und sich
zum Klären der oben genannten Flüssigkeiten höchst geeignet und bequem zeigen.