Titel: Ueber das Trübwerden des fehlerhaften Glases an der Oberfläche beim Erhitzen. Von D. C. Splitgerber in Berlin.
Fundstelle: Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XLIII., S. 196
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XLIII. Ueber das Trübwerden des fehlerhaften Glases an der Oberfläche beim Erhitzen. Von D. C. Splitgerber in Berlin. Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1851 Nr. 3. Splitgerber, über das Trübwerden des fehlerhaften Glases. An den Brillengläsern eines hiesigen ausgezeichneten Physikers, die derselbe länger als zehn Jahre im Gebrauch gehabt hatte, zeigte sich die auffallende Erscheinung, daß dieselben beim Einsetzen in eine andere Fassung, zu welchem Zwecke sie ein wenig über der Spiritusflamme erwärmt worden, ganz trübe und rauh an der Oberfläche wurden; dieß rief die Frage nach der Ursache und den näheren Umständen hervor, deren Beantwortung vielleicht ein allgemeineres Interesse hat. Jedes fehlerhaft zusammengesetzte Glas, in welchem nämlich ein Ueberschuß an Alkali oder zu wenig Kalk vorhanden, hat mehr oder weniger obige Eigenschaft und beschlägt auch gern mit Feuchtigkeit in der Luft, wodurch dieses Trübe- und Rissigwerden beim Erhitzen ein ganz gutes Kennzeichen für schlechtes Glas abgibt, bei welcher Probe man allerdings, wenn man nicht sehr behutsam verfährt, leicht die Gefahr läuft, das Glas zu sprengen. In dieser Hinsicht habe ich es besser gefunden, einen an einem Platindraht hängenden Tropfen von im glühenden Fluß befindlichem Chlorcalcium auf das zu untersuchende Glas abzustreichen; es wird an dieser Stelle sehr stark angegriffen, wenn es leicht Feuchtigkeit anzieht, und in geringerem Grade, je weniger fehlerhaft es zusammengesetzt ist (welche Abstufungen natürlich ebenso verschieden sind, als die Zusammensetzungen des Glases, und sich erst nach längerer Uebung finden und richtig beurtheilen lassen werden); es macht dagegen beinahe gar keinen Eindruck auf gutes Glas, wo sich dann nur beim Anhauchen die Stelle markirt, auf welcher das Salz sich befunden hat, während im ersten Falle diese Stelle fein rissig geworden ist, opalisirt und auch wohl so angegriffen wird, daß es sich mit dem Nagel fühlen läßt. Eine zu scharfe Probe ist glühendflüssiger Borax, welcher nach meinen Versuchen jedes Glas angreift. Bei diesen Versuchen muß man sich einer Lupe bedienen, das Glas in verschiedenen Richtungen betrachten und von etwa entstehenden kleinen Hitzsprüngen im Glase sich nicht täuschen lassen. Das Trübe- und Rissigwerden beim Erhitzen entsteht nur durch das Vertreiben von Feuchtigkeit, mit welcher sich die Oberfläche des Glases chemisch verbunden hat und zwar, was das Auffallende ist, ohne dem Auge bemerklich geworden zu seyn. Es ist mir auch noch nicht gelungen, im sonstigen optischen Verhalten solcher Gläser einen Unterschied zu finden, welches wohl in der geringen Dicke der wasserhaltigen Schicht seinen Grund hat. Man kann dieß Verhalten daher wohl als eine noch unsichtbare Verwitterung des Glases betrachten, welche erst beim Erhitzen sich kund gibt, indem dann die Oberfläche entweder nur sehr fein rissig wird oder trübewerdend aufschwillt, wobei sich auch Bläschen bilden, so daß sie dann ein ganz verwittertes Ansehen annimmt. Ein kleines Glasstückchen von 0,759 Grammen verlor beim Trübewerden einen Milligramm und es zeigte sich Feuchtigkeit im Probirgläschen, worin es erhitzt wurde, verlor also ungefähr ⅛ Procent. Ein anderes Stückchen, welches seinen gewöhnlichen Glanz zeigte, verlor über 1 Procent. Es ist also die Menge des aufgenommenen Wassers verschieden nach der Zusammensetzung des Glases und der Zeit, während welcher es der feuchten Lust ausgesetzt gewesen ist. Denn hierbei ist wohl zu bemerken, daß dieß Trübe- und Rissigwerden nicht bei einer frischen Oberfläche stattfindet, denn ich ließ eine solche, welche rissig geworden war, neu anschleifen und poliren und nun wurde sie, wiederum erhitzt, nicht mehr trübe, sondern es ist eine gewisse Zeit erforderlich, während welcher sie der Lust ausgesetzt seyn muß, über deren Länge ich aber noch keine Erfahrung gemacht habe. Ebenso wurde ein Glasstäbchen ringsherum auf seiner Cylinderfläche trübe, blieb dagegen auf den frisch abgebrochenen Endflächen vollkommen klar. Endlich scheint auch in geologischer Hinsicht die hier behandelte Erscheinung nicht ohne Wichtigkeit, indem sie zeigt, daß man auch in einem Feuerproduct einen Wassergehalt antreffen kann, worin man ihn nicht erwarten sollte, wenn keine Verwitterung sichtbar ist.