Titel: | Der verstärkte Elektromagnet; von Dr. E. Romershausen. |
Autor: | Romershausen |
Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. LXXIX., S. 358 |
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LXXIX.
Der verstärkte Elektromagnet; von Dr. E. Romershausen.
Ein Nachtrag zu Bd. CXVII. S. 321 des polytechn.
Journals.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Romershausen's verstärkter Elektromagnet.
Aus meiner thatsächlich nachgewiesenen Darstellung der naturgemäßen Bewegungs-
und Richtungsverhältnisse der gegenseitig reagirenden Agentien des Magnetismus und der
Elektricität geht hervor, daß wir bei der seitherigen Magnetisirungsmethode
der Eisenstäbe vermittelst des galvanischen Stromes offenbar nur die Hälfte seiner magnetisirenden Kraft benutzt haben. Dieses
factisch nachzuweisen, ist der Zweck der folgenden Mittheilung, indem dadurch nicht
allein meine theoretische Ansicht vollkommen bestätigt wird, sondern auch die
Vorrichtung selbst mehrere interessante Aufschlüsse gibt und eine vielseitigere
vortheilhafte Anwendung gestattet.
Zur Vermeidung von Wiederholungen beziehe ich mich auf die Abschnitte Nr. II und III der obigen
Abhandlung — die hier beigefügte Fig. 32 wird alsdann die
vollständigere Benutzung der magnetisirenden Kraft des galvanischen Stroms
anschaulich machen.
Es seyen a und b die Durchschnitte eines um einen Eisenkern gewundenen und
elektrisch motivirten Leitungsdrahtes.
Der Strom tritt in a + ein und zurückkehrend bei b — heraus. Die den Leiter umgebenden Pfeile
zeigen also die den positiven Durchschnitt a rechtsum umkreisende elektrische Umwallung,
welche alsdann auf der negativen Seite
b des Durchschnitts austritt und sich daher hier, in der
Vorderansicht, scheinbar linksum gerichtet zeigt. (Vergl. Absch. I.)
Die durch die überwiegend eingreifende Elektricität in dem Leiter aufgeregten
magnetischen Elemente werden nun in eine gleichförmige Bewegung versetzt und
ertheilen dem freien Magnetismus der Eisenstäbe die durch
die Pfeile 1, 2 und 3 angezeigte polare Richtung. Es bildet sich also in Folge der
Umkreisung r, r in dem im
Innern der Drahtrolle eingeschlossenen Eisenkerne oben ein Südpol und
unten ein Nordpol. Umgekehrt erzeugt die Umkreisung o, o in dem seitwärts
angebrachten oder die Drahtrolle umschließenden Eisen
nach Ansicht der Pfeile 2 und 3 oben einen Nordpol und
unten einen Südpol. Gleichzeitig vermittelt die
umschwingende Elektricität oben und unten, wie m
m, m′ m′ anschaulich macht, den naturgemäßen magnetischen Kreisschluß der Nord- und Südpolarität, wovon die
magnetische Cohärenz und Tragkraft abhängig sind.
Hiernach ist es einleuchtend, daß bei der seitherigen Einrichtung eines
Elektromagnets nur die Hälfte der magnetisch
polarisirenden Wirkung des galvanischen Stroms bei r,
r benutzt wird, die andere Hälfte derselben aber bei o, o unbeachtet verloren geht. Da nun unter diesen
Verhältnissen, namentlich geradlinigen elektromagnetischen Stäben, der erforderliche
polare Kreisschluß fehlt, so ist ihre Tragkraft sehr unbedeutend.
Alles dieses bestätigt nun auf das Vollkommenste der von mir construirte Elektromagnet. Ich wähle hier, zu näherer Darstellung
desselben, das Fig.
33 in wirklicher Größe gezeichnete elektromagnetische Stäbchen.
a das innere cylindrische 84 Millimeter lange und 9
Millimeter im Durchmesser haltende Stäbchen von weichem
Eisen. Es ist an beiden Enden mit kleinen Elfenbeinringen versehen und mit
Guttapercha umkleidet, so daß es eine Spule zu der Drahtumwindung bildet.
d, d eine von S nach N hinab und von da
wieder zu S hinauflaufende Umwindung eines
seideübersponnenen Kupferdrahts von 0,5 Millim. Durchmesser. Diese Umwindung ist rechtsum gerichtet, geht von + e aus und kehrt zu — e zurück.
b, b eine cylindrische Röhre von weichem Eisen, von gleicher Länge
wie der Eisenkern a und einer Eisenstärke von 2
Millimeter. Sie schließt den Eisenkern nebst der ihn umgebenden Drahtspule ein und
ist oberhalb bei k, k mit
passenden Einschnitten zur Aufnahme der zur Verbindung mit dem Elektromotor
hervortretenden Drahtenden + e und — e versehen.
h ein auf den Eisenkern aufgeschraubter Anker, dessen
untere Fläche dicht an die plangeschliffene Röhre b, b anschließt.
z ein ähnlicher Anker zum Anhängen der Gewichte.
Die Befestigung des obern Ankers h an dem Eisenkern, ist
wegen des Aufhängens des Apparats bequem, aber nicht nothwendig, da er bei der
elektrischen Durchströmung mit völlig gleicher Kraft wie der untere Anker z angezogen wird.
Die ganze Vorrichtung nebst Drahtwindung und oberem Anker wiegt, ohne die Röhre, 10
Loth.
Der Elektromotor besteht aus einem einfachen Bunsen'schen Zink-Kohlen-Element. Unter
Einwirkung seiner Strömung trägt der kleine Eisenkern a
ohne Verbindung mit der Röhre b, b nicht völlig 6 Loth — dagegen mit der Eisenröhre armirt 384 Loth,
also das 64fache.
Ein einfacher Eisenkern von gleichem Gewichte wie der ganze vorliegende Apparat trug
bei völlig gleicher Drahtwindung und Stromstärke nur 15 Loth.
Diese Thatsachen beweisen, daß hier unter übrigens völlig gleichen Verhältnissen
nicht die Vermehrung der Eisenmasse, sondern lediglich
die durch die äußere Armatur der Röhre bewirkte vollständigere Benutzung der magnetisirenden Elektricität und der damit
verbundene polare Kreisschluß der aufgeregten magnetischen Elemente — diese
mächtige Tragkraft bewirkte.
Vergleichen wir den in Fig. 32 dargestellten
Hergang des elektromagnetischen Processes mit dem im vorliegenden Elektromagnet
Fig. 33, so
finden wir: daß der bei + e in die Rechtswindung der
inducirenden Drahtspirale eintretende und bei - e
austretende galvanische Strom im Eisenkern a oben einen
Südpol und unten einen Nordpol erzeugt — während er in dem Rohre b, b ringsum oben einen
Nordpol und unten einen Südpol bildet. Die freundschaftlichen Pole (+ -) gehen
sodann, wie die Endflächen Fig. 34 und 35 näher
darthun, in einen sehr innigen Kreisschluß über, welchen die Anker h und z vermitteln und
dadurch die kräftige Cohärenz der magnetischen Elemente und eine so mächtige
Tragkraft bewirken.
Dieser centrale Anschluß der magnetischen Elemente veranlaßt, daß die Seitenfläche
der Röhre, wie ein geschlossener elektromagnetischer Ring, nur eine geringe
peripherische Wirkung zeigt. Die Kraft concentrirt sich hier vollständig in dem
inneren Eisenkern, daher auch die Polarität desselben an den Endflächen vorwaltend
ist.
Es leuchtet ein, daß wenn wir diesen stabförmigen
Elektromagnet
Fig. 33 in
die Form eines Hufeisens biegen, ein jeder Schenkel
desselben einen vollständig geschlossenen Magnet bildet.
Die Einrichtung eines solchen elektromagnetischen
Hufeisens ergibt sich daher aus der hier dargestellten Ansicht der
Polflächen beider Schenkel Fig. 36 und 37. S und N ist der innere
Eisenkern, d die Drahtumwindung und b, b sind die das Ganze
einschließenden Eisenschienen.
Verbinden wir beide Polflächen durch ein ununterbrochenes Eisenstück, so stören sich
die Magnetismen und die Tragkraft wird vermindert. Geben wir dagegen jedem Schenkel einen gesonderten Anker, so trägt jeder
derselben dasselbe Gewicht, welches bei der gewöhnlichen Einrichtung ohne die
Armatur d, d beide
vereinigten Schenkel tragen.
Um daher solche elektromagnetische Hufeisen von doppelter
Tragkraft herzustellen, ist es nothwendig zwischen den Polenden derselben
eine etwas größere Entfernung wie gewöhnlich anzuordnen und jede der Polflächen mit einem besondern Anker zu versehen. Beide Anker werden alsdann
durch ein Messingstück verbunden, welches den gemeinschaftlichen Haken zur Anhängung der
Gewichte trägt.
Diese kurze Mittheilung wird einstweilen über die Einrichtung dieser verstärkten
Elektromagnete zureichend verständigen und, wie ich hoffe, eine vollkommnere
Benutzung dieser mächtigen Naturkraft vermitteln.
Marburg, im April 1851.