Titel: | Ueber Prüfung der im Handel vorkommenden Mehl- und Stärkmehlarten, sowie ihrer Gemenge mittelst Jod; von Karl Köchlin. |
Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. LXXXI., S. 364 |
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LXXXI.
Ueber Prüfung der im Handel vorkommenden
Mehl- und Stärkmehlarten, sowie ihrer Gemenge mittelst Jod; von Karl Köchlin.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, 1851 Nr. 111.
Köchlin, über Prüfung der im Handel vorkommenden Mehl- und
Stärkmehlarten etc.
Hr. Julius Roth, Apotheker in Mülhausen, hat die Reaction
des Jod auf die verschiedenen im Handel vorkommenden Mehle und Stärkmehlarten,
insbesondere auch auf die aus Stärkmehl bereiteten Verdickungsmittel der
Kattundruckereien untersucht, und für die Mülhauser Industriegesellschaft auf
mehreren Tafeln die Farben zusammengestellt, welche sich bei diesen Reactionen
erzeugen; diese Tafeln dienen in vorkommenden Fällen zur Vergleichung, wenn man über
die Reinheit der entsprechenden Waaren mittelst der Jodprobe entscheiden will. Um
die Reaction des Jod mit Genauigkeit zu ermitteln, nimmt Hr. Roth ein viereckiges Gefäß von Glas oder Porzellan, welches 1 Centimeter
(4 2/5 Par. Linien) hoch und 1 Decimet. (3¾ Zoll) weit ist; in diese Schale
schüttet er ein Gemenge von 2 Grammen Jod mit 20 Grammen feinem Sand; dann bringt er
luftdicht eine Glasplatte darüber an, auf welche mittelst eines Pinsels eine dünne
Schicht des zu untersuchenden mit etwas Wasser angerührten Stärkmehls aufgetragen
wurde. Die Färbung erfolgt schon in einigen Minuten, worauf man die Glasplatte
abhebt; nachdem die Stärkmehlschichten trocken sind, besichtigt man die Färbung.
Bei der Prüfung mehrerer Mehlsorten nach diesem Verfahren habe ich folgende Resultate
erhalten.
Weizenmehl erster Qualität nimmt eine violette Farbe an, das Mehl zweiter und dritter
Sorte ein gelbliches Violett; je geringer das Mehl ist, desto gelber ist die Nüance.
Beim Roggenmehl ist sie mehr schwärzlich und beim Reismehl mehr bläulich als beim
Weizenmehl; das Saubohnenmehl gibt ein sehr deutliches, dem des Jodbleies ähnliches
Gelb; Salep färbt sich nur sehr schwach hellbraun; Sago und Tapioka geben ein
schönes Blau.
Das reine Stärkmehl nimmt eine violette Farbe an. Geröstete Stärke gibt, je nach dem
Grade ihrer Röstung, ein Violett welches sich dem der weißen Stärke nähert, oder ein
röthliches Violett.
Kartoffelstärke wird indigblau; Gommelin etwas blasser blau; das Leiogomme bräunlich
violett, in Flohbraun ziehend. Das Dextrin gibt je nach seiner Bereitungsweise,
verschiedene Nüancen; mittelst Königswassers bereitet, enthält es schon ziemlich
viel Zucker und färbt sich dann nur schwach röthlichbraun; wenn es mittelst einer
minder starken Säure bereitet wurde, entsteht eine schöne violette Färbung.
Es läßt sich also durch dieses Verfahren die Natur und Beschaffenheit eines
Stärkmehls leicht erkennen; mit Gemengen sind die Resultate aber minder
befriedigend.
Ich stellte eine Reihe von Versuchen mit den Gemengen der Mehle und gerösteten
Stärkearten an, welche Verfälschungen die gewöhnlichsten sind.
Mehl erster Sorte, mit etwa 30 Procent Mehl dritter Sorte vermengt, nahm einen
gelblichen Ton an, welchen man bei sehr gutem Mehl niemals beobachten wird.
Ein Gemenge von Weizenmehl und Bohnenmehl läßt orangegelbe Punkte wahrnehmen;
Weizenmehl mit Kartoffelstärkmehl vermengt, wird etwas mehr bläulich; allein dieser
Unterschied fällt nicht sehr auf, und wird erst dann recht sichtbar, wenn die
Kartoffelstärke in großer Menge zu 40 bis 50 Procent zugesetzt wird, welcher Betrug
aber schon am Geschmack zu erkennen wäre.
Bei Gemengen von Gyps und Mehl erblickt man, da der Gyps sich nicht färbt, weiße
Punkte, welche die Gegenwart eines Körpers anzeigen, auf welchen das Jod nicht
wirkt; es kann sich aber treffen, daß bei dieser Probe die Mehlschicht etwas dick
und der Gyps von der Stärkmehlsubstanz bedeckt ist, so daß dieser Mangel an Färbung
nicht sichtbar wird; daher ist das Einäschern immer vorzuziehen. Auch wenn dem Mehl etwas Zinkvitriol
oder Kupfervitriol zugesetzt wurde, zeigt das Jod die Gegenwart dieser Körper nicht
an.
Zum Prüfen der Mehlsorten gibt es mehrere Verfahren, die größere Genauigkeit zu
gewähren scheinen als das Roth'sche; namentlich lassen
sich mittelst der Methode des Hrn. DonnyPolytechn. Journal Bd. CV S. 448 und Bd. CVI S.
297. sehr kleine Mengen Kartoffelstärke oder Bohnenmehl
im Weizenmehl entdecken. Leider ist aber keine dieser Verfahrungsarten für andere in
der Industrie benützte Stärkmehlarten anwendbar.
Die Weizenstärke betreffend, machte ich Gemenge derselben mit Mehl und mit
Kartoffelstärke.
Gemenge dieser Stärke mit einer kleinen Menge Mehl lassen sich nicht erkennen;
vergrößert man den Mehlzusatz, so nimmt das Violett an Reinheit ab, und wenn man
wartet, bis die Schicht ganz trocken ist, so beobachtet man schwarze Punkte, welche
im reinen Stärkmehl nie zu sehen sind und stets die Gegenwart von Mehl anzeigen.
Weizenstärke, welche ein Drittel Kartoffelstärke enthielt, gab einen im Vergleich mit
der reinen Weizenstärke kaum wahrnehmbaren Unterschied; doch wird dieser Betrug
offenbarer, wenn man das Gemenge mit heißem Wasser anrührt.
Gemenge von gerösteter Stärke mit geröstetem Mehl und von ersterer mit Leiogomme,
sind sehr schwer zu erkennen. So gibt geröstete Stärke, welche 25 Proc. Leiogomme
enthält, neben gerösteter Stärke eine nur sehr geringe Verschiedenheit; mit 30 Proc.
ist der Unterschied etwas leichter wahrzunehmen, aber auch dazu gehört noch eine
gewisse Uebung; die Verfälschung wird erst dann recht sichtbar, wenn gerösteter
Weizenstärke 50 Procent Leiogomme zugesetzt werden, die Farbe ist dann
bräunlicher.
Wenn man ein Gemenge von 1 Theil gerösteter Weizenstärke und ⅓ gerösteten
Mehls macht, so ist die Verschiedenheit der Färbung eine sehr merkliche; die Farbe
ist matter und man gewahrt schwarze Punkte.
Beim Prüfen der gerösteten Stärke muß man am Anfang der Operation aufmerksam die
verschiedenen Stärkeschichten beobachten; die reinsten Körper färben sich immer
zuerst, welches Zeichen oft besser als die Verschiedenheit der Färbung kundgibt, ob
eine Verfälschung stattfand.
Beim Prüfen einer gerösteten Stärke muß man eine auf denselben Grad, wie die zu
prüfende Stärke, geröstete Musterprobe zur Seite haben; ohne diese Vorsicht könnte
man eine Verschiedenheit der Färbung, welche nur Folge stärkerer Röstung wäre, einer
Verfälschung zuschreiben.
Im Allgemeinen kann das Verfahren des Hrn. Roth, wenn es
auch zur Erkennung einiger Gemenge unzulänglich ist, der Industrie oft sehr nützlich
seyn; außerdem besitzt es vor allen andern Verfahrungsweisen, welche zur
Untersuchung der stärkehaltigen Körper veröffentlicht wurden, den Vorzug der sehr
leichten Ausführbarkeit.