Titel: Ueber die Zeit, welche ein galvanischer Strom in einem gewundenen Leiter erheischt um sein Maximum zu erreichen, und ihre Wichtigkeit in der Elektro-Mechanik; von Prof. Chas. Page.
Fundstelle: Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XXVI., S. 105
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XXVI. Ueber die Zeit, welche ein galvanischer Strom in einem gewundenen Leiter erheischt um sein Maximum zu erreichen, und ihre Wichtigkeit in der Elektro-Mechanik; von Prof. Chas. Page. Aus Silliman's american Journal of Science and arts, Januar 1851, S. 86. Page, über Elektro-Mechanik. Pouillet theilte der französischen Akademie im Jahre 1837 mit: „er habe sich durch Versuche überzeugt, daß der galvanische Strom, um eine Kette von mehreren tausend Metern Länge zu durchlaufen, kaum 1/7000 Secunde Zeit bedürfe; und daß dieß nicht bloß von einer gewissen Quantität des Stromes, sondern von dem in seiner völligen Intensität befindlichen Strome gelte.“ Prof. Henry gibt in seiner schätzbaren im Jahr 1840 veröffentlichten Abhandlung über elektrodynamische Induction hiefür einen triftigen Grund an. Er bemerkt daß „so rasch auch die Entwickelung des Stromes vor sich gehe, man doch keineswegs annehmen könne, daß derselbe sprungweise zu seinem Quantitätsmaximum gelange; hingegen müßten wir aus dem allgemeinen Gesetz der Continuität folgern, daß er durch alle Quantitätsstadien nach und nach hindurch geht, und daß es keinen Strom gibt, der anders zu seiner vollen Entwickelung gelangt; experimentelle Erscheinungen führen uns zu demselben und auch zu dem weiteren Schlusse, daß die Abnahme des Stromes keine augenblickliche ist.“ Prof. Henry wies ferner nach daß „die Zeit der Abnahme des Stromes, wenn die Kette durch eine Quecksilberfläche unterbrochen wurde, sehr kurz war und nicht den zehntausendsten Theil einer Secunde betrug.“ Er folgerte ferner daß, „wenn die Kette durch eine Quecksilberschale unterbrochen wird, die Abnahme des Stromes innerhalb gewisser Gränzen in demselben Verhältniß bleibt, die Intensität der Elektricität oder die Länge des Conductors mag verändert werden oder nicht.“ Ich stellte kürzlich interessante Versuche mit großen Drahtspiralen und kräftigen Strömen an, welche mir das „gradweise Steigen und Fallen des Stromes“ vollkommen erwiesen. Die Resultate führten zu Schlüssen, welche von denen Henry's nur in Beziehung auf die Wichtigkeit der Leitung beim Steigen des Stromes verschieden waren. Ich wurde dadurch zu der Schußfolgerung gebracht, daß der Leitungswiderstand, wenigstens innerhalb der gewöhnlichen Gränzen eines gewundenen Conductors, beim Steigen sowie beim Fallen des Stromes vernachlässigt werden kann, daß die Zeit, welche bei beiden verstreicht, dieselbe ist, und daß beide von der Kraft des inducirten Stromes abhängen. Der inducirte Strom hängt ceteris paribus von Gestalt, Umfang und Construction des Gewindes ab, und es wird daher das Steigen und Fallen des Stromes, hinsichtlich seiner Zeit, hauptsächlich durch die Form und Größe des Gewindes bedingt. Die Gewinde, welche ich bei meinen Versuchen anwandte, sind von besonderer Construction und jedes stellte einen Umkreis von 600 Fuß Länge dar; fünf derselben wurden mit einander angewendet und gaben eine Gesammtlänge von 3000 Fußen. Als ich eines dieser Gewinde mit einer kräftigen Grove'schen Batterie verband, zeigte es sich sogleich, daß wenn die Kette von kurzer Dauer war, der secundäre Funke klein war, wurde hingegen die Kette durch fortdauernden Contact verlängert, so nahm der secundäre Funke an Volumen und Geräusch verhältnißmäßig zu. Es war nicht schwierig, mit Hülfe eines Metronoms die Zeit des Contacts zu bestimmen und sich mit ziemlicher Genauigkeit der erforderlichen Zeit zu versichern um dem Funken seine ganze Intensität zu geben. Als ich zwei, drei oder mehrere Gewinde mit derselben Batterie verband, war das Resultat noch auffallender, und bewies, daß das Maximum des Effects des inducirten Stroms oder das Volumen und Geräusch des Funkens, trotz der scheinbar gleichen Zeit, sich ungemein gesteigert hatte. Ich muß hier bemerken, daß die Gestalt des Funkens gänzlich von der Art die Kette zu unterbrechen abhängt. Werden die Drähte langsam getrennt, so erscheint der Funke in nebelartiger Gestalt, werden sie aber plötzlich und auf beträchtliche Entfernung getrennt, so nähert sich der Funke der linearen Form; und ich erhielt manchmal Funken von sechs bis acht Zoll Länge, wenn eine Stange weichen Eisens eingeschlossen wurde. Wir wollen jedoch zu unserem Gegenstande zurückkehren. Die Zeit, welche beim Steigen und Fallen des Stromes verstrich, und die durch den Metronom gemessen wurde, betrug, wenn das Gewinde allein angewandt worden war, 1/6 bis 1/5 Secunde; wenn aber eine weiche Eisenstange in demselben eingeschlossen war, so stieg sie auf ½ oder ¾ Secunde. Die Gegenwart der Eisenstange steigerte den anfänglichen inducirten Strom und verzögerte auf diese Weise das Steigen der Batterieströme, und der endliche secundäre Strom wird ebenfalls verstärkt unterhält so oder verlängert die Dauer des Batteriestroms. Es ist sehr interessant, die Kette in dem die Eisenstange umgebenden Gewinde zu schließen und das Fallen des Stromes in dem Gewinde zu überwachen, nachdem der Batteriestrom gänzlich von ihm entfernt wurde. Beim Oeffnen der Kette, indem man die Enden des Gewindes trennt, kann man eine halbe Secunde lang Funken sehen. Aus diesen Resultaten geht hervor, daß die Zeit des Steigens und Fallens des Stromes nicht nur wahrnehmbar ist, sondern daß ihre lange Dauer als ein sehr wichtiges Element bei elektro-mechanischen Apparaten in Betracht gezogen werden muß. Wo Magnete in einer Drahtspirale in Thätigkeit und außer Thätigkeit gesetzt werden, muß die Zeit für beide in Betracht kommen, und auch der inductive Effect in Folge der Bewegung. Wo der Magnet stets geladen seyn muß, wie bei meiner elektro-magnetischen Maschine,Polytechn. Journal Bd. CXIX S. 430. muß man die Zeit für das Gewinde und den inductiven Bewegungseffect berücksichtigen. Durch gewisse Anordnungen, welche später einmal beschrieben werden sollen, war ich im Stande die Hauptschwierigkeit, nämlich die Zeit des Gewindes, großentheils zu vermeiden, oder vielmehr sie nützlich zu verwenden, und diesem Umstand ist zum Theil mein neuester großer Erfolg in der Anwendung dieser Kraft zuzuschreiben. Gegenwärtig besitze ich eine Maschine von neun bis zehn Pferdekräften, deren Details ich aber noch nicht mittheilen kann. Die Methode die Zeit für das Steigen des Stroms in meinen Gewinden vermittelst des Metronoms zu bestimmen und die Größe der Funken zu ermitteln, ist nicht ganz genau, ich beschäftige mich daher gegenwärtig mit der Construction eines Meßinstruments, womit ich vollkommenere Resultate zu erhalten hoffe.Dr. Page erwähnt in einem neueren Briefe der Versuche, welche er mit seinem kräftigen Magnet anstellte: „Ich habe soeben, schreibt er, einen wichtigen Versuch mit einer sehr großen Eisenstange und einer Spirale beendigt, welcher mir folgende Resultate gab. Die Stange, welche 532 Pfund wog und in die Spirale gesteckt wurde, oscillirte(in der Luft) ohne irgend eine sichtbare Unterstützung. Man mußte ihrem eigenen Gewichte noch 508 Pfund hinzufügen, um sie aus der Spirale zu reißen, so daß also ein Gewicht von 1040 Pfunden erforderlich ist um die Stange in der Spirale aus ihrer Lage zu bringen. Hiernach schien es mir ein Leichtes zu seyn mehrere Tonnen Eisen zu heben. Die ganze Zeit, welche der galvanische Strom erheischt um diesen Magnet zu laden und sein Maximum zu erreichen, beträgt zwei Secunden. Neun Zehntel der Ladung werden in einer Secunde erreicht.“