Titel: | Ueber die Zusammensetzung und Eigenschaften zweier Legirungen von Zinn und Blei; von J. J. Pohl. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XI., S. 62 |
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XI.
Ueber die Zusammensetzung und Eigenschaften
zweier Legirungen von Zinn und Blei; von J. J. Pohl.
Aus den Sitzungsberichten der kais. Akademie der Wissenschaften in
Wien, Jahrgang 1850, S. 402.
Pohl, über die Zusammensetzung und Eigenschaften zweier Legirungen
von Zinn und Blei.
Man hat in neuerer Zeit die Eigenschaft der Metalllegirungen weit genauer zu
erforschen gesucht als früher, wo man sich meist damit begnügte, zwei oder mehrere
Metalle zusammenzuschmelzen, die Farbe des erhaltenen Regulus anzugeben und dessen
Dichte zu bestimmen. Der Grund einer genaueren Ermittlung der Eigenschaften von
Legirungen, liegt wohl theils in dem Fortschreiten der Wissenschaft, theils in dem
der Industrie, welche, um den Bedürfnissen des Luxus zu genügen, immer Neues und
Ueberraschendes zu liefern bemüht ist. Es waren besonders französische Chemiker,
welche die Metalllegirungen zu ihrem Studium machten, und die neueste Arbeit
hierüber ist, so viel mir bekannt, jene von A. Guettier
Polytechn. Journal Bd. CXIV S. 128.
196. 379., welcher verschiedene Legirungen von Zinn und Zink; Zinn und Blei; Zinn,
Zink und Blei; Zink und Blei; Kupfer und Zinn u.s.w. und einige Eigenschaften
derselben näher untersuchte.
Leider umfaßt diese Arbeit verhältnißmäßig wenige Legirungen und erörtert auch bei
weitem nicht alle wichtigeren physikalischen und chemischen Eigenschaften derselben.
Ich erlaube mir daher im Folgenden die Resultate einiger Versuche mitzutheilen,
welche ursprünglich zu einem anderen Zweck bestimmt, jetzt dazu dienen werden,
einige Lücken in der Arbeit Guettier's auszufüllen. Beide
untersuchte Legirungen dürften, wenn sie auch nicht von besonders schönem Aussehen
und bemerkenswerthen Eigenschaften sind, doch manche nützliche Anwendung, wie zu
Metallbädern, als Schnellloth, zu Polirscheiben, zum Abklatschen von Münzen u.s.w.
zulassen.
Legirung Nro. 1. Zur Darstellung dieser Legirung wurden
auf 1 Gewichtstheil Zinn 24 Theile Blei genommen, das Blei zuerst in einem
Thontiegel geschmolzen, die auf dem Metalle schwimmenden Unreinigkeiten mit der
gebildeten Oxydschicht weggenommen und dann das Zinn eingetragen. Die geschmolzene
Masse wurde mit einem trocknen Holzstabe gut umgerührt und während des Umrührens in eine
gewöhnliche Lapisform ausgegossen.
Ich habe von dieser Legirung zwei Analysen gemacht, und zu jeder von verschiedenen
Stangen und Theilen derselben Stückchen abgezwickt, um ein gehöriges Mittel zu
erhalten, da, wie bekannt, bei Legirungen von Zinn und Blei, selbst bei der größten
Sorgfalt während der Bereitung, doch immer das zuletzt Ausgegossene und die unteren
Enden der Stangen etwas bleireicher sind, als der erste Guß und die oberen Theile
der Gußstücke.
Nach dieser Untersuchung enthält die Legirung im Mittel 29,74 Gewichtstheile Zinn auf
70,26 Gewichtstheile Blei. Diese Legirung kommt also in ihrer Zusammensetzung dem
sogenannten starken Schnelllothe nahe, welches aus 1
Theil Zinn und 2 Theilen Blei besteht, während die hier in Rede stehende auf 1 Theil
Zinn 2,333 Theile Blei enthält. Ihr specifisches Gewicht beträgt 9,64 und ihr
Schmelzpunkt liegt bei 235,9° Cels.; für den Erstarrungspunkt kann keine
genaue Temperatur angegeben werden, da die Legirung vor dem eigentlichen Festwerden
sich längere Zeit in einem breiartigen Zustande befindet, in welchem sie sich mit
einem Messer leicht zu Stücken schneiden läßt, die ein mattgraues Aussehen
haben.
Die Legirung ist übrigens zwischen 170 und 190° Cels. sehr spröde, so daß sie
durch einen Schlag mit dem Hammer leicht zerspringt, bricht jedoch bei gewöhnlicher
Temperatur erst nach drei- bis fünfmaligem Biegen, wobei kein Knistern
wahrzunehmen ist, und läßt sich unter dem Hammer ziemlich gut zu einer dünnen Folie
strecken, deren Ränder nicht sehr stark ausgezackt sind, und welche gut rauscht. Die
Farbe ist ähnlich der des Zinns, zieht aber mehr ins Bläuliche hinüber; die
Verbindung erhält sehr leicht durch bloßes Reiben mit einem Tuche Politur, welche
auf einen sehr hohen Grad gebracht werden kann, und läuft an der Luft liegen
gelassen ebenso langsam wie Messing an; ist dieß erfolgt, so reicht bloßes Abreiben
mit einem Tuche hin, den früheren Glanz wieder herzustellen, wobei sich derselbe
Geruch zeigt, welchen Zinn beim Reiben darbietet, nur in viel schwächerem Grade. Die
Legirung färbt auf Papier ab, nimmt durch den Fingernagel Eindrücke an, und besitzt
ungefähr die Härte 1,5 nach der Härtescale von Mohs. Der
Bruch ist körnig und von mattgrauer Farbe. Das Feilen geht leicht von statten, wobei
die Feilspäne nur sehr wenig an der Feile adhäriren; in eine vorher gehörig erwärmte
Gußform eingegossen, füllt die Legirung alle Höhlungen derselben zwar scharf aus,
zieht aber nur schwach ein.
Eine halbe Stunde mit verdünnter Essigsäure gekocht, wird der Glanz der Legirung nur
wenig matter und die Farbe dunkler, nach darauffolgendem 24stündigen Stehen ist
jedoch in der Flüssigkeit kein Blei und nur eine Spur Zinn zu entdecken. Nach
viertelstündigem Kochen mit concentrirter Kochsalzlösung und dreitägigem
Stehenlassen bei gewöhnlicher Temperatur, löst sich ebenfalls gar kein Blei und nur
eine Spur Zinn auf. Beim Kochen und 24stündiger Berührung mit verdünnter
Schwefelsäure wird weder Zinn noch Blei aufgelöst, nur die Oberfläche der Legirung
ist mit einem sehr dünnen weißlichen Anfluge bedeckt. Durch längeres Kochen mit
einer verdünnten Lösung von Schwefelantimon-Schwefelkalium, welche mit etwas
Kochsalz versetzt ist, bekömmt die Legirung an der Oberfläche eine sehr schöne
dunkelschwarzbraune Färbung, welche beim Reiben erst dann verschwindet, wenn bereits
eine bedeutende Abnutzung der Metallverbindung stattgefunden hat. Wird die Legirung
im geschmolzenen Zustande an der Luft nahe bis zur Rothgluth erhitzt, so oxydirt
sich dieselbe sehr schnell, besonders wenn dafür Sorge getragen wird, die an der
Oberfläche derselben gebildete Oxydschicht öfters auf die Seite zu schieben und so
der Luft ungehindert Zutritt zu dem geschmolzenen Metall zu verschaffen.
Legirung Nro. 2. Die Bereitung dieser Legirung wurde auf
ähnliche Art wie die vorhergehende vorgenommen, nur war das Verhältniß der
genommenen Substanzen ein anderes, da zu 1 Gewichtstheil Zinn 1,25 Gewichtstheile
Blei verwendet wurden. Diese Legirung enthält im Mittel 44,36 Procent Zinn und 55,64
Procent Blei. Das specifische Gewicht derselben ist 9,27 und der Schmelzpunkt im
Mittel 181,2° Cels., der mittlere Erstarrungspunkt 178° Cels.
Die Legirung ist zwischen 150 und 178° Cels. spröde, aber unterhalb diesem
Temperaturintervall biegsam, ohne dabei zu knistern; bricht jedoch selbst bei
gewöhnlicher Temperatur schon beim zweiten Male Biegen ab und zeigt einen körnigen
matt bleigrauen Bruch. Die Farbe ist jener der vorerwähnten Legirung ähnlich, aber
etwas weißer. Durch bloßes Reiben mit einem Tuche nimmt sie eine schöne Politur an
und zeigt dabei im stärkeren Grade als die Legirung Nr. 1 den Geruch nach Zinn, der
Glanz erhält sich übrigens an der Luft. Auf Papier färbt sie nur sehr wenig ab,
nimmt vom Fingernagel nur Spuren von Eindrücken an und zeigt eine Härte von
beiläufig 1,9 der Mohs'schen Härtescala. Unter dem Hammer
läßt sich die Legirung schwieriger als die Nr. 1 strecken, bekömmt dabei stark
ausgezackte Ränder, rauscht jedoch als Folie ziemlich gut. Auch das Feilen geht
weniger schnell als bei
der vorigen Legirung von statten, die Feilspäne adhäriren übrigens nur wenig an der
Feile. Beim Gießen zieht die Legirung recht gut ein.
Nach halbstündigem Kochen mit verdünnter Essigsäure und darauffolgendem Stehen
während 30 Stunden wird kein Blei und nur eine Spur Zinn gelöst. Mit Kochsalzlösung
gekocht und zwei Tage damit in Berührung gelassen, wird weder Zinn noch Blei in
wägbarer Menge aufgelöst und dasselbe Verhalten findet bei längerer Berührung mit
verdünnter Schwefelsäure statt. Längere Zeit mit verdünnter
Schwefelantimon-Schwefelkaliumlösung unter Zusatz von etwas Kochsalz gekocht,
wird zwar die Farbe der Legirung dunkler, aber nicht so intensiv wie bei der vorigen
Legirung, auch spielt dieselbe mehr ins Rothbraune und der dünne färbende Ueberzug
kann durch schwaches Reiben leicht entfernt werden.
Bis ungefähr 230° Cels. erhitzt, kann die Legirung ziemlich lange Zeit der
Luft ausgesetzt werden, ohne ihre blanke Oberfläche zu verlieren, erst bei
290° Cels, läuft sie violett, bei 310° gelb an, und erhitzt man noch
stärker, so beginnt eine ziemlich rasche Oxydation derselben, welche durch Umrühren
sehr befördert wird.