Titel: | Neues Verfahren positive Lichtbilder auf Glas darzustellen; von J. R. Le Moyne, Ingenieur des Brücken- und Chausseebaues. |
Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. XLI., S. 218 |
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XLI.
Neues Verfahren positive Lichtbilder auf Glas
darzustellen; von J. R. Le
Moyne, Ingenieur des Brücken- und Chausseebaues.
Aus den Comptes rendus, Septbr. 1851, Nr.
11.
Le Moyne's Verfahren positive Lichtbilder auf Glas
darzustellen.
Das Verfahren, welches ich hiermit veröffentliche, ist vollkommen praktisch; seit
fast einem Jahre fand ich nämlich, daß die Lichtbilder auf Glas bisweilen positiv
ausfallen, und in Folge meiner in diesem Sinne angestellten Versuche erhielt ich
bald genügende Resultate; aber erst nach einer langen Reihe ununterbrochener Proben
bin ich zu einer sicheren Methode gelangt, welche niemals versagt.
Die meisten meiner Versuche hatten bloß zum Zweck, die bekannten Mängel der mit
Eiweiß überzogenen Platten zu beseitigen, was mir durch folgende Abänderungen in
ihrer Darstellung gelang.
1. Ich reinige das Weiße der Eier dadurch, daß ich es alt werden lasse und sogar mit
Zucker versetze, um eine schwache Gährung hervorzurufen, welche es viel besser klärt
als das allgemein gebräuchliche Schlagen zu Schnee.
Dieser erste Zusatz von Zucker (1/2 Gramm auf das Weiße eines Eies) verhindert mich
nicht, in der Folge noch die geeignete Menge (2 1/2 bis 3 Gramme) zuzusetzen, um
eine größere Empfindlichkeit gegen das Licht zu erhalten, und mit den
Verfahrungsarten, welche ich nachher anwende, erhöht die Gegenwart des Zuckers hie
Adhärenz des Ueberzugs, anstatt sie zu vermindern, wie man ihm vorgeworfen hat.
2. Den Eiweiß-Ueberzug jodire ich nach seinem Austrocknen durch Eintauchen in
ein Bad von Jodtinctur, welche mit 1/10 ihres Volums Salpetersäure von 40°
Baumé versetzt ist.
Diese Methode ist sehr einfach, und man erhält dabei weder Streifen, noch zeigt sich
sonst ein Fehler wie bei Anwendung des Eiweißes, welches Jodkalium aufgelöst
enthält. Unter den bekannten Verfahrungsarten könnte eine einzige mit dieser Methode
cocurriren, nämlich die Anwendung der Joddämpfe; aber der nasse Weg ist hier
vorzuziehen, sowohl wegen der raschen Ausführbarkeit als wegen der Einfachheit der
Apparate.
3. Ich lasse die Essigsäure weg, und benutze, um die Platten empfindlich zu machen,
bloß eine Auflösung von 1 Th. salpetersaurem Silber in 10 Th. Wasser.
Ich weiß nicht, ob die Essigsäure bei dem mit Eiweiß überzogenen Glase wirklich
erforderlich ist, wenn man die Gallussäure anwendet um das Bild zum Vorschein zu
bringen; wenn man aber dazu den Eisenvitriol benutzt, ist
sie ohne Zweifel ganz überflüssig.
4. Nach dem Waschen der Platten in Fluorkalium, welches als Beschleunigungsmittel
dient, wende ich ein zweites Bad von salpetersaurem Silber (1 Th. Silbersalz auf 20
Th. Wasser) an.
Diese Operation hat zum Zweck, nicht nur die Empfindlichkeit noch zu steigern,
sondern hauptsächlich das überschüssige Fluorkalium in Fluorsilber umzuwandeln,
damit es nicht mehr auf das Glas einwirken und das Eiweiß ablösen kann.
5. Die Gallussäure, welche man allgemein anwendet um das Bild zum Vorschein zu
bringen, ersetze ich durch ein concentrirtes Bad von Eisenvitriol, welches auf 72° Reaumur
erwärmt ist.
Durch diese Abänderung wird die Empfindlichkeit außerordentlich gesteigert; überdieß
liefert die Temperatur-Erhöhung Bilder von sehr klarer Nüance, wovon die
Erzeugung der Lichtbilder auf Glas wesentlich abhängt; endlich ist deren
Undurchsichtigkeit geringer als bei den anderen Verfahrungsarten, wodurch die Copien
auf Papier markicht und dabei doch zart werden.
6. Ich fixire die Bilder in vier bis fünf Minuten durch die vollständige Auflösung des Jodsilbers, mittelst eines Bades von Cyankalium
und unterschwefligsaurem Natron in den geeigneten Verhältnissen.
Diese Fixirmethode ist in jeder Hinsicht sowohl dem Bromkalium als dem
unterschwefligsauren Natron vorzuziehen, welche man allgemein ohne Beimischung anwendet. Sie
bewirkt in sehr kurzer Zeit und ohne die Bilder zu beschädigen, nicht bloß eine
untadelhafte Fixirung, sondern auch eine vollkommene Durchsichtigkeit in den nicht
vom Licht afficirten Theilen, und überdieß wird die Adhärenz des ganzen Ueberzugs
beträchtlich verstärkt. (Diese Fixirmethode läßt sich leicht bei allen bekannten
Verfahrungsarten zum Photographiren auf Glas anwenden, und ohne Zweifel auch bei den
Lichtbildern auf Papier.)
Die nach dem beschriebenen Verfahren erhaltenen Lichtbilder bestehen aus
undurchsichtigen Bildern von gelblichweißer Farbe, welche in einem durchsichtigen
Medium enthalten sind und erscheinen daher als positive oder negative, je nachdem
man sie auf einen dunkleren oder helleren Grund legt.
Als negative Bilder widerstehen sie besser dem
Temperaturwechsel, sind durchsichtiger (daher man sie mit einem schwachen Licht
copiren kann) und liefern endlich, wie gesagt, auf Papier markichtere Copien als die
nach den anderen Methoden dargestellten.
Als positive Bilder (um sie in dieser Hinsicht zu
vollenden, braucht man nur die Seite des Eiweißes mit schwarzer Farbe zu überziehen)
bieten sie eine Schärfe und Feinheit dar, wodurch sie sich den Metallplatten nähern,
sowie auch mannichfaltige Nüancen.
Hinsichtlich der für die Einwirkung des Lichts erforderlichen Zeit habe ich noch zu
bemerken, daß ich Landschaften im Sonnenlicht in einer Secunde erhielt (mit einem
Objectiv für eine halbe Platte mit verbundenen Gläsern, welches mit einer Blendung
von 3 Centimetern Oeffnung versehen war); und Porträte im Schatten, im Freien in
vier bis fünf Secunden, und in einem Zimmer in acht bis fünfzehn Secunden (mit
demselben Objectiv ohne Blendung).