Titel: | Die Fabrication von Potasche und Soda aus der Runkelrübenmelasse; beschrieben von Prof. Payen. |
Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. XXII., S. 143 |
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XXII.
Die Fabrication von Potasche und Soda aus der
Runkelrübenmelasse; beschrieben von Prof. Payen.
Aus dessen Précis de Chimie industrielle, Paris
1851.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Papen, über die Fabrication von Potasche aus der
Runkelrübenmelasse.
Die Melasse wird zuerst mit Wasser auf 11° Baumé verdünnt, dann mit
Schwefelsäure bis zur schwachen Säuerlichkeit gesättigt, und hierauf in großen Kufen
von 260 Hektoliter Inhalt, bei einer Temperatur von 16° Reaumur in Gährung
versetzt, indem man auf 100 Th. Melasse 2 1/2 Th. Hefe anwendet; wenn die Gährung
aufhört, nach fünf bis sechs Tagen, ist die Dichtigkeit der Flüssigkeit gewöhnlich
auf 3° Baumé gesunken; man bringt dieselbe in ein Brenngeräth, um den
Weingeist abzudestilliren (100 Kilogr. Melasse von 40° Baumé liefern
durchschnittlich das Aequivalent von 24 Litern wasserfreien Alkohols); der Rückstand
in der Blase, Schlempe (vinasse) genannt, welcher
4° Baumé zeigt, enthält die Salze, welche die Pflanze dem Boden
entzog. Man dampft diese Flüssigkeit zur syrupartigen Consistenz von beiläufig
26° Baumé ab, in Pfannen mit gewölbtem Boden wie in Fig. 36; an den oberen
Rändern müssen die Wände dieser Pfannen stark ausgeweitet seyn, damit der durch das
Kochen gebildete Schaum sich dort ausbreiten kann, ohne überzulaufen; diese Pfannen
werden übrigens terrassenartig über einander angebracht, damit die Flamme eines
einzigen Herdes alle nach einander durchziehen kann, und die Flüssigkeit von einer
Pfanne in die andere herabgelangt, wie Fig. 35 zeigt.
Die so erhaltene syrupartige Flüssigkeit von 26° Baumé kommt in eine
Kufe, damit sich der schwefelsaure Kalt, welcher sich zum Theil schon in den Pfannen
niederschlug, vollständig absehen kann; die klar gewordene braune Flüssigkeit
schüttet man dann in einen Flammofen (wie die Sodalösungen); die organischen
Substanzen verbrennen mit Flamme, deren Wärme man zum Abdampfen in Pfannen, welche
hinter dem Ofen angebracht sind, benutzt. Der in blecherne Kühlgefäße ausgezogene
kohlige Rückstand beträgt 20 Proc. vom Gewicht der Flüssigkeit von 26°
Baumé, und zeigt beiläufig 50 alkalimetrische Grade; er enthält kohlensaures
Kali und Natron, Chlorkalium und schwefelsaures Kali; nach dem Erkalten laugt man
ihn in Filtern aus Eisenblech von 1 1/2 Fuß Tiefe aus; man füllt dieselben zu 4/5
mit ihm und begießt ihn darin mit soviel Wasser, daß er von demselben bedeckt wird.
Nach Verlauf von 12
Stunden zieht man die Flüssigkeit ab, welche man durch Wasser ersetzt; die Auflösung
wird sogleich auf ein zweites ähnliches Filter gegeben, welches ebenfalls mit
Potaschenfluß beschickt wurde; mit fünf Filtern kann man ein methodisches Auslangen
bewerkstelligen, welches erste Auflösungen von 40° Baumé gibt, die man
besonders hält.
Der immer methodisch mit Wasser erschöpfte Rückstand (Potaschenfluß) gibt eine zweite
Reihe von Auflösungen, welche 39 bis 13, durchschnittlich 27 bis 13°
Baumé zeigen.
Das fortgesetzte Erschöpfen liefert eine dritte Reihe von Auflösungen, welche
12° bis 1° B. zeigen; letztere verwendet man anstatt Wasser zum
Begießen des Rohsalzes, um neue Auflösungen von 40° B. etc. zu erhalten.
Man hat also nur die erste und zweite Reihe von Auflösungen zu behandeln; die erste,
welche 40° B. zeigt, wird in flachen Pfannen von Eisenblech bis auf
45° B. abgedampft und kommt dann in ein Krystallisirgefäß, worin sie eine
reichliche Menge von Chlorkalium absetzt; die Mutterlauge wird in Pfannen wieder auf
50° B. eingesotten und dann neuerdings in ein Krystallisirgefäß gebracht,
worin sie beim Erkalten in zwei bis drei Tagen ein krystallisirtes Doppelsalz von
kohlensaurem Kali und Natron (KO, CO² + NaO, CO² + 12 HO) absetzt,
welches einen Ueberschuß von kohlensaurem Kali mitreißt. Die von demselben
abgegossene Mutterlauge ist sehr reich an kohlensaurem
Kali; man dampft sie in flachen Pfannen unter beständigem Umrühren bis zur Trockne
ab; der verbleibende feste Rückstand wird gerade so wie die gewöhnliche Potasche in
einem Flammofen calcinirt, gekörnt und weiß gebrannt;Bisweilen erhält man ein grauliches Product in Folge zwischengelagerter
organischer Substanzen; um diese zu verbrennen und das Salz weiß zu
erhalten, entwickelt man einige Minuten lang einen starken Rauch, indem man
fette Steinkohle auf den Rost des Flammofens wirft. Der Kienruß oder die
feine Kohle, welche sich absetzt, kommt in Brand, sobald der Rauch aufhört,
und erleichtert die Verbrennung der in der Potasche (oder Soda)
zurückgehaltenen organischen Substanzen. man erhält hierbei eine „gereinigte Potasche“ welche
den besten im Handel vorkommenden Potaschesorten gleichkommt (man vergl. die Tabelle
am Schluß dieser Abhandlung).
Das Chlorkalium, das erste aus den Auflösungen gewonnene Salz, wird mit wenig Wasser
ausgewaschen, worauf man es abtropfen läßt, dann trocknet und so verkauft oder
mittelst Schwefelsäure in Glaubersalz umwandelt.
Die Waschwasser benutzt man, um die Reinigung einer andern Portion von
krystallisirtem Chlorkalium zu beginnen; sie werden dann mit den Auflösungen von
40° B. vereinigt.
Das Doppelsalz von kohlensaurem Kali und Natron, in heißem Wasser wieder aufgelöst
und umkrystallisirt, gibt ein Doppelsalz welches weniger reich an kohlensaurem Kali
ist, und das man in einem Kessel zergehen läßt, wobei es kohlensaures Natron absetzt
und eine viel kohlensaures Kali enthaltende Mutterlauge gibt; diese Mutterlauge wird
nebst derjenigen von der oben erwähnten Krystallisation den Auflösungen von
50° B. zugesetzt, welche die sogenannte „gereinigte
Potasche“ geben müssen.
Die niedergefallene Soda, welche ein Karbonat mit 1 Aeq. Wasser repräsentirt, wird
mehr oder weniger getrocknet und dann in den Handel gebracht (ihre Zusammensetzung
ersieht man aus der folgenden Tabelle.)
Die zweiten Laugen, welche 25 bis 27° B. zeigen, werden auf 40° B.
abgedampft, wo sie dann schwefelsaures Kali (welches nach bloßem Auswaschen
verkäuflich ist) absetzen; sie kommen hierauf in ein Krystallisirgefäß, wo
Chlorkalium aus ihnen krystallisirt, das man wie oben angegeben behandelt; die vom
Chlorkalium abgegossene Mutterlauge dampft man in einem Kessel auf 45° B. ein
und gießt sie dann in ein Krystallisirgefäß, wo sie eine neue Quantität Chlorkalium
absetzt; die verbleibende Flüssigkeit wird bis auf 50° B. eingedampft, dann
zum Krystallisiren hingestellt und liefert nach den oben angegebenen
Verfahrungsarten dieselben Producte (kohlensaures Kali und kohlensaures Natron) wie
die erste Mutterlauge von 50° B.
Zusammensetzung der im Handel vorkommenden Potaschesorten in
Procenten.Nach den Bestimmungen des Hrn. Pésier,
seiner Abhandlung in den Mémoires de la
Société d'Agriculture de Valenciennes pour 1845
entnommen.
Textabbildung Bd. 123, S. 145
Potasche von Toscana; Russische
Potasche; Röthliche amerikanische Potasche; Amerikanische Perlasche; Potasche
aus den Vogesen; Potaschenfluß aus Runkelrübenmelasse; gereinigte Potasche;
gewonnene Soda; Schwefelsaures Kali; Chorkalium; Kohlensaures Kali, Natron;
Hygroskopisches Wasser; Unauflösl. Substanz. u. Verlust; Alkalimetrische
Grade