Titel: | Ueber die Holzkohlen, vorzüglich in Beziehung zur Pulverfabrication; von Hrn. Violette, Commissär der französischen Pulver- und Salpeter-Fabriken. |
Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. XXXII., S. 185 |
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XXXII.
Ueber die Holzkohlen, vorzüglich in Beziehung zur
Pulverfabrication; von Hrn. Violette, Commissär der französischen Pulver- und
Salpeter-Fabriken.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Juli 1851,
S. 304.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
(Fortsetzung von S. 135 des vorhergehenden
Heftes.)
Violette, über die Holzkohlen in Beziehung zur
Pulverfabrication.
Zweite Reihe.Kohlen, welche dadurch erhalten werden, daß man dasselbe Holz
in verschlossenen Gefäßen bei gesteigerten Temperaturen erhitzt.
Bereitung der Kohlen durch Erhitzen desselben Holzes bei
gesteigerten Temperaturen. – Ich bemühte mich Holz in vollkommen
geschlossenen Gefäßen zu verkohlen, ohne irgend ein flüchtiges Product entweichen zu
lassen, um dann das neue, bei allmählich gesteigerten Temperaturen erhaltene Product
näher untersuchen zu können. Zu diesem Behufe verschaffte ich mir eine Reihe
Faulbaumholzstäbchen, welche vorher bei 150° C. getrocknet wurden und deren
jedes 1 Gramm wog; jedes Stäbchen brachte ich in ein Röhrchen von dickem Glas,
dessen beide Enden ich an der Glasblaselampe verschloß, wobei ich möglichst wenig
Luft darin eingeschlossen ließ und es so machte, daß fast der ganze innere Raum der
Röhre Fig. 43
Tab. II vom Holz erfüllt war. Nur mit Mühe erwarb ich mir die Fertigkeit, jedes
Holzstäbchen so in ein hermetisch verschlossenes Röhrchen einzuschließen. Diese
Röhrchen wurden eines nach dem andern in den kleinen Apparat gebracht, welcher mir
für die vorhergehenden Verkohlungen diente und drei Stunden lang einem Strome
überhitzten Wasserdampfs ausgesetzt, bei Temperaturen welche von 10 zu 10 Graden
zunahmen, von 150 bis 350° C. Zu jedem bei einer bestimmten Temperatur
angestellten Versuch wurden vier Röhrchen verwendet, deren jedes in einem metallenen
Gehäuse eingeschlossen war, damit das häufige Bersten eines solchen im Apparat nicht
das Brechen des nächsten veranlassen konnte. Von vier Röhrchen hielten zwei,
manchmal drei vollkommen aus, während die zersprungenen im Innern ihres Gehäuses in ein
sehr feines Pulver verwandelt waren; das Bersten kam häufiger bei den Versuchen vor,
welche bei höheren Temperaturen, zwischen 300 und 350°, angestellt
wurden.
Die nicht zersprungenen Röhrchen zeigten folgendes Aussehen: sie waren durchsichtig
und enthielten außer dem verkohlten Holzstäbchen ungefähr 1 Kubikcentimeter einer
manchmal klaren und sehr licht gelb gefärbten, am häufigsten aber milchweißen,
undurchsichtigen Flüssigkeit, deren Untersuchung ich unten mittheilen werde.
Das Oeffnen dieser Röhrchen, in welchen sich die Gase und Flüssigkeiten unter einem
ohne Zweifel ungeheuren Druck befanden, bot viele Schwierigkeiten dar, weil ich die
darin befindlichen flüssigen und festen Stoffe mir erhalten wollte, um sie zunächst
zu wägen und dann zu untersuchen. Selbst wenn ich das sehr fein zugespitzte Ende
eines mit dickem Linnen umwickelten Röhrchens an der Luft abbrach, entstand ein
starker Knall, ähnlich dem eines Pistolenschusses, wodurch das Röhrchen in Pulver
zerfiel, sich in feinen Staub verwandelte, während die Kohle zerbrochen und in zähen
Stückchen umhergeworfen, zugleich aber alle Flüssigkeit zerstreut wurde. Ich
versuchte das Röhrchen unter Wasser oder unter Quecksilber abzubrechen, konnte aber
das Geräusch der Explosion dadurch nur mildern, ohne den Inhalt ganz zu erhalten.
Auf folgende Weise gelang mir dieß endlich: wenn man die ausgezogene Spitze der
geschlossenen Röhre in die Flamme der Weingeistlampe steckt, so wird sie erweicht,
gibt ein wenig nach, und öffnet sich endlich in einem unsichtbaren Riß, welcher
einen Gasstrahl unter Pfeifen austreten läßt, wobei aber die innen befindliche Kohle
und Flüssigkeit vollkommen unversehrt bleiben und dann leicht herausgenommen und
gewogen werden können. Um das Gewicht dieser Substanzen zu bestimmen, verfuhr ich
wie folgt: durch Wägen des die Substanzen enthaltenden Röhrchens vor und nach dem
Oeffnen desselben an der Lampe, ermittelte ich die Menge des entwichenen, folglich
erzeugten Gases; das nachherige Austrocknen des Röhrchens bei 150° C. in
einem Strom überhitzten Wasserdampfs ergab durch den Gewichtsverlust die Menge der
erzeugten flüssigen Substanzen. Die Ergänzung dieser beiden Wägungen zur Einheit
ergab die von l Gramm Holz, welcher zur Verkohlung
angewandt wurde, erhaltene Menge fester Substanz oder Kohle.
Eine merkwürdige Erscheinung ist folgende: das Glas, welches vor und nach der
Verkohlung seine Durchsichtigkeit stets behalten hatte, wurde, als man es dann in
der Flamme schwach erhitzte, undurchsichtig und überzog sich innerlich mit einer
weißen, anhaftenden, einem Email ähnlichen Schicht von Kieselerde, in Folge einer Zersetzung des
Glases durch die erzeugten Gase und Flüssigkeiten mit Beihülfe des ungeheueren
innern Drucks.
Tabelle F. – Ueber die
Verkohlung des Faulbaumholzes in vollkommen verschlossenen Gefäßen bei
zunehmenden Temperaturen.
Textabbildung Bd. 123, S. 187
Nummer; Temperatur der Verkohlung;
Menge des zur Verkohlung angewandten Holzes; Gewicht nach der Verkohlung der
Kohle, der Flüssigkeiten, der Gase; Beschaffenheit der erhaltenen Kohle; Das
Holz wurde braun, und die Röhre sehr leicht braun gefärbt; Rothbraune,
zerreibliche, auf Papier schreibende Kohle, die Röhre mit einer Menge
rothbrauner Theertröpfchen überzogen; Auf Papier schreibende Kohle, mit dem
gewöhnlichen Gefüge der Kohle; die Röhre durch Theerabsatz sehr stark gefärbt;
Zerbrochen; Schwarze Kohle von gewöhnlichem Aussehen, auf Papier schreibend;
Schwarze Kohle, von Kügelchen geschmolzenen Theers bedeckt, nur schwach auf
Papier schreibend; Schwarze, sehr harte Kohle, die das Papier ritzt ohne darauf
zu schreiben; aussehend wie eine Substanz die zu schmelzen beginnt
Textabbildung Bd. 123, S. 188
Nummer; Temperatur der Verkohlung;
Menge des zur Verkohlung angewandten Holzes; Gewicht nach der Verkohlung der
Kohle, der Flüssigkeiten, der Gase; Beschaffenheit der erhaltenen Kohle;
Schwarze, geschmolzene, der Röhre stark anhängende Substanz voller Höhlen, ohne
Spur eines holzigen Gefüges; Schwarze, glänzende, ganz geschmolzene, in sich
eingesunkene Substanz; voller Höhlen, gefritteter Steinkohle ganz ähnlich; Der
geschmolz. fetten Steinkohle ähnliche Substanz; sie füllt die Röhre aus und
hängt derselben stark an.
Der bedeutende Druck, welcher auf die Elemente des Holzes ausgeübt wurde, hat die
Producte der Verkohlung ganz verändert. Die verflüchtigten oder ausgeschiedenen
Stoffe des Holzes rissen nur noch eine geringe Menge Kohlenstoff mit sich, welcher
also zum größten Theil in festem Zustand in Form von Kohle zurückblieb. Um davon ein
Bild zu erhalten, braucht man nur die folgende Tabelle einzusehen, worin der Ertrag
an Kohle mittelst der Verkohlung nach dem gewöhnlichen Verfahren (Tabelle A) und in vollkommen verschlossenem Gefäße
zusammengestellt ist.
TabelleG.
Textabbildung Bd. 123, S. 189
Temperatur der Verkohlung; Ertrag
an Kohle in Procenten; des nach dem gewöhnlichen Verfahren (Tab. A) verkohlten
Holzes; des in vollkommen verschlossenem Gefäß (Tabelle F) verkohlten
Holzes
Bemerkungen über die in verschlossenen Gefäßen bereiteten
Kohlen von demselben Holze. – Die Beschaffenheit dieser neuen Kohle
ist höchst sonderbar:
1) Bei der Temperatur von 180° erhielt man sehr rothbraune, sehr zerreibliche
Kohle, die in ihren physischen Eigenschaften ganz der rothbraunen Kohle gleicht,
welche gewöhnlich eine Hitze von 280° erfordert. Ich sage: in ihren physischen Eigenschaften, denn was die
chemischen anbelangt, so wird man aus der Tabelle H
ersehen, daß die Zusammensetzung dieser Kohle eine sehr verschiedene ist und diese
neue rothbraune Kohle hinsichtlich ihrer constituirenden Elemente von dem Holze sehr
wenig abweicht; sie ist in der That noch Holz, dem die Wärme mit Beihülfe
bedeutenden Drucks eine andere Physische Beschaffenheit ertheilt hat, und zwar
diejenige der Kohle. Wenn es gelänge einen Apparat herzustellen, welcher auf diese
Weise im Großen verkohlen könnte, so würde den Pulverfabriken damit ein großer
Dienst erwiesen, weil man durch dieses neue Verfahren von 100 Kil. Holz 93 Kil.
rother Kohle erhielte, statt bloß 35 bis 40, welche man nach den bisherigen besten
Verfahrungsweisen gewinnt.
2) Bei der Temperatur von 300° und darüber kommt das Holz wirklich in Fluß, so
daß es zusammensinkt und dann der Röhre fest anhängt. Erkaltet ist es glänzend,
spiegelnd, voller Höhlen, hart, spröde, der geschmolzenen fetten Steinkohle ganz
ähnlich. Es scheint in eine wahre Steinkohle verwandelt zu seyn.
Sollte man aus der Thatsache, daß das Holz, der schwachen Hitze von 300° C.,
jedoch in verschlossenen Gefäßen, ausgesetzt, das Aussehen der Steinkohle annimmt,
nicht folgern dürfen, daß bedeutende Holzmassen, welche früher unter dicken
Schichten von Uebergangsgebirgen begraben lagen, wenn sie durch irgend einen
Umstand, z.B. einen tiefen Spalt gegen den Mittelpunkt der Erde hin, einer Wärme von
180 Graden ausgesetzt wurden, eine wahre Verkohlung – jedoch in vollkommen
verschlossenem Gefäße, dessen Deckel die obern Gebirge bildeten – erlitten
und sich nach und nach in Braunkohle, Anthracit oder eine sonstige Steinkohlenart
verwandelten?
Tabelle H. – Ueber die
mittlere Zusammensetzung der in verschlossenen Gefäßen bei zunehmenden
Temperaturen bereiteten Kohlen.
Textabbildung Bd. 123, S. 190
Temperatur der Verkohlung; In 100
Theilen Kohle gefundene Elementar-Bestandtheile; Kohlenstoff;
Wasserstoff; Sauerstoff, Stickstoff und Verlust; Asche
Ich beschließe diese Reihe mit einer Bemerkung über die Asche. Nicht ohne
Verwunderung findet man, daß diese Kohlen, von 260 bis 340° C. erzeugt, 3 bis
4 Proc. Asche enthalten, statt 1/2 Proc., welches man in den bei denselben
Temperaturen, aber nach den gewöhnlichen Verfahrungsweisen erzeugten Kohlen findet
(man vergl. Tabelle C). Und doch ist dieß eine ganz
richtige, außer allem Zweifel stehende Thatsache; denn bei der Analyse wurde die
Kohle vollständig verbrannt und sie hinterließ bloß einen weißen, von Kohlenstoff
ganz freien, salzigen Rückstand. Man muß daher annehmen, daß bei den gewöhnlichen
Verkohlungsmethoden die durch Verflüchtigung sich absondernden Substanzen ungefähr 3 Proc.
mineralischer Stoffe, Kalk, Natron, Kali etc. mit sich reißen, entweder mechanisch
oder in Verbindung mit Wasserstoff, als Kaliumwasserstoff, Arsenikwasserstoff,
Kohlenwasserstoff etc.
Die physischen und chemischen Eigenschaften dieser Kohlen theile ich in einer
besonderen Abhandlung mit.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)