Titel: | Ueber das Hammerwerk der HHrn. Johann Schmerber, Vater und Sohn, zu Tagolsheim (Oberrhein). |
Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. LVII., S. 338 |
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LVII.
Ueber das Hammerwerk der HHrn. Johann Schmerber, Vater und
Sohn, zu Tagolsheim (Oberrhein).
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Moulhouse Nr. 114, S. 320.
Ueber Schmerber's Hammerwerk zu Tangolsheim im Elsaß.
In der von uns zu Tagolsheim im Elsaß eingerichteten Hütte verwandeln wir
hauptsächlich Stabeisenabgänge und altes oder Brucheisen in verkäufliches Eisen, in
großes Modell- und Materialeisen und in Zeugschmiedarbeiten.
Das Verfahren, welches wir anwenden, um Stabeisenabgänge in Luppenstücke zu
verwandeln, welche entweder zu Stäben ausgestreckt oder zum Zusammenschweißen großer
Stücke von Modelleisen verwendet werden, ist folgendes:
Das Brucheisen, welches wir zu verarbeiten haben, ist zweierlei Art, und wird daher
auch von uns verschiedenartig behandelt:
1. Die größeren Stücke, welche hauptsächlich aus rauhen Enden von Walz- und
Schmiedeisen, aus Abschnitzeln von starkem Blech, kurz aus allen solchen Stücken
alten Eisens bestehen die ein gewisses Gewicht haben.
2. Kleines Brucheisen, bestehend aus Drehspänen, Abschnitzeln von dünneren
Blechsorten, aus den Abgängen von den Durchschnitten, und im Allgemeinen aus solchen
Eisenstücken, welche wie Nägel etc. nicht gut mit den Händen sortirt werden
können.
Wir verarbeiten jetzt das Brucheisen Nr. 1 auf folgende Weise:
Die Stücke werden auf Brettern von 9 Linien Dicke, 260 Millim. Breite und 500 Millim.
Länge auf und neben einander gelegt. Diese Arbeit wird von Kindern ausgeführt,
welche zu gleicher Zeit alle Stücke von Roheisen oder Messing, kurz alle Metalle
auslesen die nicht Stabeisen sind. Gelöthete und verzinnte Eisenstücke werden
ebenfalls bei Seite gelegt. Die auf diese Weise auf den Brettern zusammengelegten
Haufen von Brucheisen sind etwa 250 Millim. hoch. Alle Zwischenräume werden soviel
als möglich vermieden oder ausgefüllt. Ein solcher Haufen wiegt je nach der
Beschaffenheit des Brucheisens, 90–120 Kilogramme.
Darauf werden 5 bis 6 von diesen Haufen oder Palleten in einen Flammofen mit einer
großen Herdsohle gebracht, der übrigens wie ein gewöhnlicher Schweißofen
eingerichtet ist. Diese Arbeit wird mittelst einer platten, eisernen Schaufel (von der Form derjenigen
womit die Bäcker ihre Brode in den Backofen schieben) ausgeführt. Nachdem der
Brucheisenhaufen an seine Stelle im Ofen gelangt ist, hält man das Brett mit einer
Kratze zurück und zieht die Schaufel heraus.
Nach Verlauf einer gewissen Zeit, die 5/4–1 1/2 Stunden beträgt, ist die
Schweißhitze gegeben, so daß die Eisenstücke zusammengeschweißt sind und die
entstandene Luppe bearbeitet werden kann. Mittelst einer Brechstange hebt man jeden
Haufen auf, um ihn von dem Herde abzulösen, und mittelst einer Kratze zieht man
einen bis unter die Thür. In diesem Augenblicke wirft man feinkörnigen Sand auf die
Luppe oder das Packet. Dieser Sand besteht aus einem mehrfachen Silicat, welches in
der Nachbarschaft der Hütte, über einem Lager von grauem Sandstein, vorkommt.
Solcher Sand schmilzt leicht und kann eine bedeutende Menge Eisenoxyd aufnehmen.
Dieses Bestreuen mit Sand hat den Zweck, das Oxyd zu entfernen, welches die
Brucheisenstücke umgibt, eine weitere Oxydation beim Transportiren des Stücks nach
dem Hammer zu verhindern und dadurch die Schweißung zu erleichtern. Dieser Transport
wird mittelst einer großen Schaufel, die an einem Krahn hängt, bewirkt. Wenn das
Packet auf dem Amboß des Stempelhammers liegt, so drückt man es zuvörderst mit
einigen leichten Schlägen des Stempels zusammen. Darauf dreht man es mittelst Zangen
mit breitem Maule (Zängezangen) auf eine andere Seite und gibt nun nach und nach
stärkere Schläge, wobei das Packet fortwährend gewendet wird, um die Schlacke
möglichst rein auszuquetschen und alle Oeffnungen zu verschließen. Nach 30–40
Schlägen ist das Packet zusammengeschweißt, und man nimmt nun ein anderes vor.
Wir bemerken noch, daß es zum Gelingen dieser Operation durchaus nothwendig ist, sich
eines sehr schweren Dampfstempelhammers zu bedienen; 2000 Kilogramme reichen kaum
aus. Der unserige hat ein Gewicht von 3000 Kilogrammen und einen Hub von zwei
Metern. Ferner muß die Hammerbahn wenigstens die Länge des Packetes und die doppelte
Breite desselben haben.
Nach dieser ersten Arbeit werden die gezängten Luppen oder Packete von Neuem in den
Schweißofen gebracht, und zwar 8–10 auf einmal, d.h. 600–800
Kilogramme. Diese Hitze hat den Zweck die Schiefern, welche noch auf der Außenseite
der Packete blieben, anzuschweißen, und es werden die Luppen nun so ausgestreckt,
daß man sie unter kleinen Hämmern verarbeiten kann.
Anfänglich, als wir unser Hammerwerk erst in Betrieb gesetzt hatten, legten wir das
Brucheisen auf Bretter von 22 Centim. Breite und 40 Centim. Länge. Die Packete wogen
alsdann nur 30 bis 40 Kilogramme und man ladete acht derselben auf einmal in den
Ofen. Beim Zangen unter dem Hammer legten wir zwei Packete auf einander und zwischen
beide eine Brechstange, deren Ende schweißwarm gemacht war. Diese Brechstange
diente, um die Packete unter dem Hammer zu handhaben und wurde nach vollendetem
Zängen abgehauen. Später, als unsere Schmiede eine größere Geschicklichkeit erlangt
hatten, machten wir die Packete größer, legten nicht mehr zwei über einander, und
ließen endlich die Handhabe weg.
Wir müssen bemerken, daß diese Verarbeitungsart des Brucheisens in der
Maschinenfabrik von Keßler zu Karlsruhe in Gebrauch ist,
wo sie von englischen Arbeitern eingeführt wurde. Seit 8–9 Jahren, daß jener
Betrieb dort stattfindet, hat man die Handhaben beibehalten, welche nicht
unbedeutende Kosten veranlassen, indem man für jedes Packet einen Eisenstab von 25
Centim. Länge opfern muß, welcher wenigstens 1/2 Fr. kostet. Beim Verarbeiten
schwererer Packete erspart man auch an Brettern.
Das Brucheisen Nr. 2 wird nicht in Packeten zusammengelegt. Nachdem man es
durchgesiebt hat, um Erde und Staub davon abzuscheiden, wirft man 250–300
Kilogr. in den Ofen und breitet sie auf dem Herde aus. Man wirft dann einige
Schaufeln voll Sand darauf, welcher beim Schmelzen einen Theil des Oxydes aufnimmt,
und auf dem geneigten Herbe des Ofens nach dem Schlackensumpf abfließt. Nach Verlauf
einer halben Stunde theilt man die Masse mit einer Brechstange in vier Theile,
feuert alsdann, und nach weiteren 20 Minuten fängt man an die Luppen oder Ballen zu
bilden, wobei man Brechstangen mit breiten und scharfen Enden anwendet, und das
Eisen zu einer Masse möglich gut zu vereinigen sucht. Darauf bringt man die Ballen
unter den Hammer und bearbeitet sie auf dieselbe Weise, wie die Packete von dem
Brucheisen Nr. 1.
In manchen Hütten benutzt man das kleine Brucheisen beim Verpuddeln des Roheisens,
wir geben aber unserem Verfahren aus folgenden Gründen den Vorzug:
Unter den Drehspänen und dem kleinen Brucheisen finden sich häufig Messingstückchen,
welche, da sie beschmutzt sind, nicht erkannt werden, so daß man sie nicht auslesen
kann. Beim Puddeln verbindet sich das Messing mit der ganzen flüssigen Roheisenmasse
und verschlechtert das
ganze Fabricat, während bei dem von uns befolgten Verfahren immer nur ein kleiner
Theil verdorben werden kann.
Wenn wir Stäbe oder Rohschienen von 120–300 Kilogrammen Schwere ausschmieden,
so bilden wir bei der ersten Schweißhitze flache Luppenstücke aus dem Brucheisen.
Darauf legen wir, je nach dem Gewicht der zu fabricirenden Stücke, 2, 3 oder 4
Rohschienen auf einander und schweißen sie in einer zweiten Hitze zusammen. Um aber
den Stücken die gehörige Dichtigkeit und die verlangte Form zu geben, und um alle
Schiefern zu vermeiden, sind noch zwei Schweißhitzen erforderlich.
Sehr große Stücke oder Maschinentheile bilden wir aus Packeten, von denen jedes aus
zwei auf einander gelegten und ausgeschweißten Luppen von Brucheisen besteht.
Das Eisen, welches wir auf diese Weise fabriciren, und welches bereits einen sehr
guten Ruf erlangt hat, ist sehr zähe und weich; zu Maschinentheilen verwendet,
gewährt es eine große Sicherheit gegen Unfälle.
Unser Flammofen ist jährlich 200 Schichten, jede zu 24 Stunden im Betriebe, wovon
jedoch die zu den nöthigen Reparaturen erforderlichen Einstellungen abgehen. Wir
können, wenn wir nur Eisen für den Verkauf fabriciren, täglich, d.h. am Tage und bei
der Nacht, 3000 Kilogr. produciren, d.h. also jährlich, in 200 Arbeitstagen, 600,000
Kilogr. Da wir aber am Tage das Ausschweißen der großen Stücke bewirken, und nur in
den Nachtschichten Brucheisen ausschweißen und ausschmieden, so reducirt sich unsere
Production täglich auf 1500 und jährlich auf 300,000 Kilogr. Eisen aller Art, sowohl
Stabeisen als sogenanntes Modelleisen zu Maschinentheilen von sehr
verschiedenartiger Form und Größe. Wir haben stets einen Vorrath von 150,000 Kilogr.
Brucheisen.
Das Zugutemachen des Brucheisens in Flammöfen mit Steinkohlenfeuerung, sowie die
Anfertigung großer zusammengeschweißter Maschinentheile, ist ein neuer
Industriezweig im Departement des Oberrheins. Nachdem unsere Arbeiter jetzt die
nöthige Erfahrung und Geschicklichkeit erlangt haben, sind wir im Stande, die
größten und schwersten Stücke anzufertigen. Unser Dampfhammer ist einer der
stärksten in Frankreich, und wir haben bereits Stücke von 2000–4000 Kilogr.
(40–80 Centr.) Schwere ausgeschweißt und ausgeschmiedet.