Titel: Der Epurateur von Georg Alphonse Risler in Cernay.
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. VI., S. 10
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VI. Der Epurateur von Georg Alphonse Risler in Cernay. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, Nr. 114, durch das polytechn. Centralblatt, 1852, Liefer. 5. Mit einer Abbildung auf Tab. I. Risler's Epurateur. Der Epurateur, für welchen die Mülhauser Industrie-Gesellschaft Hrn. Risler am 28. Mai 1851 die silberne Medaille zuerkannte, ersetzt die Behandlung der Baumwolle auf der Schlagmaschine zum Theil und diejenige auf der Reißkrempel vollständig; er liefert ein ganz reines und knotenfreies Vließ, welches für grobe Garnnummern den Streckmaschinen direct übergeben werden kann, dagegen für feine Garnnummern zunächst auf der Feinkrempel weiter verarbeitet wird. Die von der Société industrielle zur Berichterstattung über den Risler'schen Epurateur niedergesetzte Commission spricht sich, nachdem dreijährige Erfahrungen über die Vor- und Nachtheile desselben gesammelt worden sind, in einem am 28. März 1851 erstatteten Berichte (Berichterstatter Hr. Ziegler) unter anderm folgendermaßen aus: Es ist allgemein bekannt, daß die Baumwollfasern bei ihrer Bearbeitung auf den Schlag- und Wickelmaschinen stets mehr oder weniger leiden und zerrissen werden, und daß mit den Knoten und Abgängen eine beträchtliche Quantität gute Wolle durch die Roste fällt. Dieses Factum wird dadurch constatirt, daß man bei langstapliger Baumwolle die Behandlung auf der Schlagmaschine ohne großen Nachtheil gar nicht vornehmen kann und zur Auflockerung uud Reinigung mit der Hand seine Zuflucht nehmen muß. Derselbe Fall tritt auf den Reißkrempeln ein; denn die Deckelabfälle (Deckelwolle), die Trommelabfälle (Trommelwolle) und der sich unter der Krempel ansammelnde „Staub“ besteht nicht bloß aus eigentlichen Unreinigkeiten, sondern zum größern Theil aus ganz brauchbaren Baumwollfasern. Von diesen Nachtheilen ist der Epurateur, welcher die Schlagmaschine zum Theil, die Reißkrempel vollständig ersetzt, frei. Derselbe besteht aus einer Trommel von 1,2 Meter Durchmesser, welche 250–270 Umdrehungen pro Minute macht und mit Kratzen beschlagen ist, derer Zähne eine eigenthümliche Form haben und aus einer sehr starken Drahtnummer bestehen. In den zwischen den einzelnen Kratzenblättern dieser Garnitur reservirten Zwischenräumen befinden fich biegsame und elastische Metalldrahtbürsten, deren Enden etwas über der Umfläche der Kratzengarnitur hervorstehen. Nahe am Umfange der großen Trommel und hinter derselben sind vier oder fünf Paare Riffelwalzen angebracht; vor jedem Paare liegt eine Zuführwalze, welche von einem darüber liegenden Wickel aus die Maschine speist. Diese Wickel werden von Wolle erhalten, welche einmal durch die Wickel- oder Spreadingmaschine gegangen ist. Unter jedem Riffelwalzenpaare ist ferner ein aus zwei oder drei im Querschnitt dreiseitigen Schienen bestehender Rost angebracht. Vor der großen Trommel befinden sich drei kleine Abnehmtrommeln oder Fillets, welche der erstern die Wolle abnehmen. Vor jeder Abnehmtrommel ist ein Hacker angebracht; die damit aus den drei Fillets ausgekämmte Wolle wird schließlich auf einer nach Art einer Canalmaschine gebauten Maschine zu einem einzigen Wickel vereinigt. Aus dieser summarischen Beschreibung ist zu ersehen, daß das Princip, nach welchem die Reinigung der Baumwolle auf dem Epurateur erfolgt, dasselbe ist, wie bei den Schlagmaschinen, indem hier wie dort die in der Wolle befindlichen Knoten und Unreinigkeiten durch die Wirkung der Centrifugalkraft beseitigt werden, welche die schwersten Theile durch die unterhalb der Speisewalzen befindlichen Roste schleudert; statt der Metallschienen der Schlagmaschine hat Risler jedoch elastische Bürsten angewendet, welche trotz ihrer Nachgiebigkeit durch die Wirkung der Centrifugalkraft hinreichende Energie erlangen, um die Reinigung in zweckentsprechender Weise zu bewirken, ohne der Beschaffenheit der Baumwolle zu schaden. Um die Flocken zu öffnen, die Fasern zu entwirren und unter sich parallel zu legen, wie es das nachmalige Strecken erheischt, bewahrt andererseits der Epurateur das Princip der Krempel, indem die Fasern der durch die Riffelwalzen zugeführten Watten allmählich aus diesen ausgekämmt und sodann an die kleinen Trommeln abgegeben, aus diesen aber endlich in Form eines Vließes durch die Hacker ausgekämmt werden. Außer der glücklichen Anwendung der Metalldrahtbürsten besitzt der Epurateur noch zwei sehr wichtige Neuerungen, welche um so mehr Verdienst haben, als sie noch an keiner anderen Vorbereitungsmaschine im Gebiete der Baumwollenspinnerei vorkommen. Die erste dieser Neuerungen ist die mehrfache Speisung. Es ist klar, daß die von der großen Trommel hervorgebrachte Wirkung an allen Punkten des Umfanges derselben dieselbe ist, und daß das gleichzeitig mit vier oder fünf Speisevorrichtungen erzielte Resultat nicht bedeutend von dem bei der Speisung mit einem Wickel zu erhaltenden abweichen kann; man kann daher behaupten, daß die Productionsfähigkeit des Risler'schen Epurateurs der Zahl der Speisungspunkte proportional ist. Durch Anwendung einer Haupttrommel von noch größerem Durchmesser ließe sich diese Zahl selbst über fünf hinaussteigern. Die dritte von Risler eingeführte Neuerung besteht in der Anwendung dreier kleiner oder Abnehmtrommeln. Hierdurch wird die große Trommel viel vollständiger entleert, die Kämmung vollkommener vollzogen und das Vließ viel gleichförmiger. Jede Abnehmtrommel producirt ein Vließ von verschiedener Qualität, wie dieß in ähnlicher Weise bei den Wergkratzmaschinen der Fall ist. Die beiden oberen Vließe unterscheiden sich wenig von einander und sind beide regelmäßig und gleichförmig, das von dem untersten Fillet gelieferte Vließ dagegen besteht hauptsächlich aus kurzen Fasern („Staub“) und enthält alle Unreinigkeiten, welche nicht durch die Roste getrieben worden sind. Falls man Gespinnste feinerer Qualität zu produciren beabsichtigt, kann dieses unterste Vließ für sich aufgewickelt und zu ordinären Nummern versponnen werden. Ueber die Leistung eines Epurateurs von der in beiliegender Zeichnung im 20sten Theile der natürlichen Größe dargestellten Construction berichtet die Commission Folgendes: Derselbe lieferte, mit sehr ordinärer amerikanischer Baumwolle bedient, in einer Stunde Arbeitszeit durchschnittlich 10 Kil. oder in zwölf Stunden 110–120 Kil. von vollkommen geöffneter und gereinigter Baumwolle, welche an Qualität einer auf der Reißkrempel gut durchgearbeiteten Baumwolle gleichkam. Bei dieser Qualität und Quantität ist die Leistung des Epurateurs also mit derjenigen von fünf doppelten Reißkrempeln von 0,9 Meter Breite zu vergleichen. Die Qualität der Wolle, wie sie vom Epurateur kam, war eher höher, als diejenige der von den Reißkrempeln kommenden Wolle; dieß zeigte sich namentlich bei der weiteren Verarbeitung der auf dem Epurateur vorbereiteten Wolle auf den Feinkrempeln. Weiterhin enthält der Bericht eine Bestätigung der guten Leistungsfähigkeit des Epurateurs seitens einer Spinnerei in Saarbrücken, welche bereits vier derartige Maschinen benutzt. Da der Abgang, welchen die Baumwolle beim Durchgange durch die Schlagmaschinen und die Reißkrempeln erfährt, keineswegs in allen Spinnereien gleich groß ist und vielmehr von der Beschaffenheit der zu verspinnenden Baumwolle, so wie von dem Zustande, der Regulirungsweise und dem Gange der verschiedenen Maschinen abhängt, so läßt sich zwar zwischen diesen und dem Epurateur ein stricter Vergleich in dieser Beziehung nicht anstellen, jedoch gibt die Commissson den Gewinn zum Vortheil des letztern zu 5–5½ Proc. an. Hierzu kommen ferner die geringeren Unterhaltungs- und Anlagskosten, weniger Zinsen für das Anlagscapital, ein geringerer Bedarf an Betriebskraft, so wie eine Verminderung der Löhne; in letzterer Beziehung gibt die Commission an, daß durch die Anwendung des Epurateurs für ein Kilogramm Gespinnst Nr. 30–40 sich eine Ersparniß von 7–8 Cent. herausstelle. Für die Wattenfabrication erklärt die Commission den Risler'schen Epurateur für ganz vorzüglich. Bisher wurden Watten mittelst gewöhnlicher Krempeln hergestellt, an welchen vorn eine große Trommel angebracht ist, auf die sich das durch den Hacker ausgekämmte Vließ aufwickelt. Nachdem die Stärke des auf dieser Trommel aufgewickelten Wollenwickels hinreichend groß geworden ist, reißt man ihn auf und nimmt denselben von der Trommel ab, so daß er dann ausgebreitet eine Watte bildet, deren Länge gleich dem Umfange jener Trommel und dadurch begränzt ist. Beim Epurateur hingegen kann man Watten von jeder beliebigen Länge herstellen, denn, indem die Vließe aus der Maschine hervorgehen, haben sie bereits eine solche Stärke und Haltbarkeit, daß man sie für sich auf- und auseinander rollen kann; läßt man sie nun auf Spulen vor der Maschine sich aufwickeln und triplirt und quadruplirt nachher die so erhaltenen Wickel, so bekommt man leicht Watten von jeder beliebigen Stärke. Hierbei erreicht man noch den großen Vortheil, daß man für die beiden äußeren Seiten einer Watttafel Baumwolle von besserer Qualität anwenden kann, während man die inneren Lagen aus Wolle von schlechterer Qualität herstellen kann. In Mülhausen ist eine Fabrik im Entstehen begriffen, welche mittelst Epurateurs Watte herstellen wird. Fig. 29 stellt den Epurateur von Risler im verticalen Längendurchschnitt im zwanzigsten Theile der natürlichen Größe dar. Darin bezeichnet A die große mit Kratzen aus starkem Eisendraht beschlagene Trommel. Zwischen je zwei Kratzenblättern ist eine Drahtbürste e, e befestigt, deren Länge und Form derjenigen der Nadeln von Putzwalzen gleicht, wie sie bei manchen Krempeln mit Jgeln oder Läufern angewendet werden. Jene auf Lederstreifen besteckte Bürsten sind auf hölzerne Leisten e′, e′ aufgenagelt, welche man mittelst der Stellschrauben f, f radial ein- und auswärts verstellen kann. Letztere sind an den innerhalb der großen Trommel angebrachten Armen g, g befestigt. B, B′, B″ Fillets; C, C′, C″, C′″ Paare von Riffelwalzen; D, D′, D″, D″ Frictionswalzen zur Bewegung der von der Schlagmaschine kommenden Wickel; E eine kleine Hülfsabnehmtrommel, welche aus der großen Trommel alle von der Centrifugalkraft nach außen getriebenen Baumwollfasern auskämmt. Das endlose Tuch F dient dazu, die von der großen Trommel ausgeschleuderte Wolle, so wie das aus der Trommel E ausgekämmte Vließ den Riffelcylindern G zuzuführen, welche dasselbe zur nochmaligen Reinigung an die mit Kratzen besetzte Trommel H abgeben. Diese Trommel ist wie die große Trommel mit Bürsten i, i′ versehen und läuft mit großer Geschwindigkeit um. Die Abzugswalzenpaare I, I′, I″ führen durch die Hacker J, J′, J″, J′″ die aus den Fillets ausgekämmten Vließe in Form von Bändern der Maschine K zu, welche dieselben zu Wickeln aufrollt. Von der Welle L aus werden durch Riemen- und Rädervorgelege die Riffelwalzen und Fillets bewegt. a, a Roststäbe von dreieckigem Querschnitt, durch deren Zwischenräume die Unreinigkeiten von den Bürsten e hinausgesch'eudert werden. Die unter jenen Rosten befindlichen Blechtröge b, b′, b″, b′″ fangen die Unreinigkeiten auf. Ein Mantel c aus Blech oder Holz umschließt die Maschine, um das Entweichen von kurzen Fasern und Staub zu verhindern. Der Zweck der dreiseitig prismatischen Hölzer d, d, d ist der, die Fillets von einander zu trennen. h, h′ Leitwalzen, welche das endlose Tuch an den Umfang der großen Trommel heranziehen. k, k′, k″ sind Blechtafeln, welchen den Riffelwalzen C, C die Watten zuführen. Die oben offenen Blechtrichter s, s′, s″ führen die Vließe nach den Abzugswalzen und ziehen dieselben bis zur erforderlichen Breite zusammen; übrigens sind jene Trichter um Zapfen drehbar und tragen die Putzdeckel l, l′,l″. Sämmtliche Hacker sind unter sich verbunden und werden durch ein einziges an der Welle der großen Trommel befindliches Excentricum bewegt.

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Tafel Tab. I
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