Titel: | Zweite Abhandlung über die Heliochromie; von Hrn. Niepce aus Saint-Victor. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XVII., S. 68 |
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XVII.
Zweite Abhandlung über die Heliochromie; von Hrn.
Niepce aus
Saint-Victor.
Aus den Comptes rendus, Febr. 1852, Nr.
6.
Niepce, über die Heliochromie.
I. Bei Fortsetzung meiner Versuche über die Beziehung
welche zwischen den durch das Licht gefärbten Bildern und den gefärbten Flammen
stattfindet, habe ich neue Thatsachen beobachtet, die ich im Folgenden
mittheile.
Meine letzten VersuchePolytechn. Journal Bd. CXXI S. 206 hatten ergeben,
daß diese Erscheinungen der Färbung durch das Licht wirklich nur von dem Verhältniß
des Chlors oder Chlorids in den Bädern, worin ich die Silberplatten präparirte,
abhängen. Man weiß durch die Versuche von Edm. Becquerel,Polytechn. Journal Bd. CX S. 25. daß das
Chlorwasser die Silberplatte durch bloßes Eintauchen empfindlich macht, so daß sie
hernach durch das Licht die Farben des Sonnenspectrums hervorbringen kann; es wird
aber eine verschiedene vorherrschende Farbe entstehen, je nach dem Chlorgehalt des
Wassers womit die Silberplatte vorbereitet wurde. So producire ich den gelben Strahl
durch die geringste Menge Chlor, hingegen den rothen und orangefarbigen durch ganz
gesättigtes Chlorwasser, oder auch indem ich Chlorwasser mit Kupferchlorid und
selbst mit Eisenchlorid versetze. Das Kupferchlorid ertheilt den Farben viel
Lebhaftigkeit, während sie bei Anwendung von bloßem Chlor sehr schwach sind.
Mehrere Chloride haben keinen Einfluß auf die Silberplatte, z. B. Chlornatrium,
Chloraluminium, Chlormagnesium etc.; fügt man ihrer Auflösung aber ein Kupfersalz
bei, so können sie die
Silberplatte empfindlich machen und Farben hervorbringen; letztere kann man nach
Belieben vorherrschend machen durch die Quantität von Chlorid welche man dem
Kupfersalz zusetzt.
Dieses Resultat ist um so merkwürdiger, da die Kupfersalze, ohne ein Chlorid
angewandt, keinen Einfluß ausüben, und dieser Einfluß wechselt nach der Menge von
Chlor oder Chlorid, welche man bei gleichbleibender Menge von Kupfersalz in das Bad
bringt. Man kann auch, indem man bei gleichbleibender Menge von Chlor oder Chlorid
das Verhältniß des Kupfersalzes wechselt, die Wirkungen ändern, und die Resultate
werden dann denjenigen des ersten Falles ähnlich seyn. Es ist jedoch vorzuziehen,
100 Gewichtstheile Kupfervitriol mit 400 Wasser anzuwenden und Chlor oder Chlorid in
verschiedenem Verhältniß zuzufügen, je nach der Farbe die man erhalten will.
Um alle Farben zugleich zu erhalten, muß man das Verhältniß von Chlor oder Chlorid
anwenden, welches den gelben und grünen Strahlen entspricht, und in diesem Falle
wird man immer mehrere Farben bekommen, wenn man die Platte in dem Bad sich gehörig
vorbereiten läßt; das Bad muß nämlich stets eine Temperatur von wenigstens
10° C. (8° R.) haben und die Platte darin etwa fünf Minuten lang
eingetaucht bleiben.
Die größere oder geringere Dicke der Schicht ändert die Wirkungen ebenso ab, wie die
Absorption des Bades; um gleiche Resultate zu erhalten, muß man daher immer unter
denselben Umständen operiren. (Das Chlorid muß man mit dem Kupfersalz stets in der
Kälte vermischen.)
Wenn man mehrere Farben auf der Platte erhält, sind sie viel weniger lebhaft, als
wenn man nur eine vorherrschende Farbe darstellt. Deßwegen ist es so schwer, mehrere
Farben zugleich mit großer Intensität zu erhalten, besonders mit weißem Grunde, und
gleichzeitig Schatten hervorzubringen. Doch habe ich mich diesem Ziel oft genähert,
wie meine der Akademie übergebenen Proben beweisen.
Ich habe gesagt, daß das schwächste Verhältniß von Chlor oder Chlorid Gelb liefert;
will man aber ein sehr lebhaftes Indigoblau und Violett erhalten, so verschwindet
das Gelb. Das Roth allein kommt immer zum Vorschein, weil diese Farbe dadurch
entsteht, daß man die Platte vor jeder Einwirkung des Lichts auf 100° C.
(80° R.) erwärmt; mit dem Gelb ist sie jedoch sehr schwach; das schönste Roth
erhält man mit einem
großen Verhältniß von Chlor oder Chlorid, ausgenommen mit sauren Chloriden (z. B.
von Zink und Zinn mit freier Salzsäure), welche jedoch sehr gute Resultate geben
wenn sie in geeignetem Verhältniß mit einem Kupfersalz gemischt sind, überschreitet
man aber dieses Verhältniß, so entsteht bloß noch eine violette Farbe; in diesem
Falle ist der Grund des Bildes sehr hell und die Striche sind sehr rein. Mit den
neutralen Chloriden, wenn man sie in Ueberschuß einem Kupfersalz beimischt, erhält
man sehr lebhafte Farben, besonders das Noth und Orange; der Grund der Platte ist
aber immer düster, vorzüglich mit dem Eisenchlorid.
Mit einer Lösung von 1 Theil Eisenchlorid und 4 Theilen Kupfervitriol in 300 Th.
Wasser erhält man alle Farben mit weißem Grunde, sie sind aber wenig lebhaft.
Wenn man eine Mischung von 100 Th. Chlormagnesium mit 50 Kupfervitriol anwendet, so
erzeugen sich alle Farben, und dieselben sind lebhafter als die vorhergehenden, der
Grund bleibt aber immer düster oder rosenroth.
II. Ich gehe nun zu den Versuchen über, welche ich über
die gefärbten Flammen anstellte, um die Beziehung der Farbe dieser Flammen zu
denjenigen Farben zu ermitteln, welche auf einer Silberplatte entstehen, die mit
denselben Substanzen präparirt wurde, welche jenen Flammen ihre Farbe ertheilen.
Wir haben gesehen, daß bloßes Chlor einer Silberplatte die Eigenschaft ertheilt sich
unter dem Einfluß des Lichts verschiedentlich zu färben; es fragte sich daher, ob
man mit Chlor allein der Flamme alle Farben ertheilen kann; dieß gelang mir bei
folgenden Versuchen.
Wenn man absoluten Alkohol mit einer geringen Menge reiner Salzsäure vermischt und
ihn anzündet, so erhält man zuerst eine gelbe Flamme; setzt man dann stufenweise
neue Salzsäure zu, indem man die Flüssigkeit in einer Schale umrührt, so erhält man
nach einander Flammen von allen Farben des Spectrums, vom gelben Strahl angesangen
bis zum violetten, welcher letztere durch die größte Menge Salzsäure entsteht die
man dem Alkohol beimischen kann, ohne daß er auslöscht; diese Flammen sind jedoch
wenig lebhaft; sie werden lebhafter, wenn man die Salzsäure durch schweren Salzäther
oder durch Anderthalb-Chlorkohlenstoff ersetzt. Mit letzterem erhielt ich
gefärbte Flammen vom gelben Strahl angefangen bis zum violetten; eine rothe und
orangefarbige Flamme konnte ich jedoch nicht erhalten: der Grund ist wohl, daß die Wärme nicht
stark genug war, oder daß ich nicht genug Chlorkohlenstoff anwandte.
Chlor allein gibt also nur Flammen von schwacher Farbe im Vergleich mit denjenigen,
welche durch ein Kupferchlorid hervorgebracht werden, und dasselbe gilt von den
heliochromatischen Farben, nämlich denjenigen welche durch das Licht auf einer
empfindlichen Platte hervorgebracht werden.
Es ist daher sehr merkwürdig, daß dieselben Beziehungen zwischen den gefärben Flammen
und den durch das Licht gefärbten Bildern bestehen; denn nach der Menge von Chlor
welche ich in mein Bad zum Vorbereiten einer Silberplatte bringe, erhalte ich diese
oder jene vorherrschende Farbe, die anderen sind kaum angezeigt; bloß eine oder
höchstens zwei werden Lebhaftigkeit haben.
Ich habe nur zwei Metalle gefunden, welche als Chloride Flammen von verschiedenen
Farben geben, nämlich das Kupfer und Nickel; die Farben des letztern sind sogar
wenig lebhaft im Vergleich mit denen des Kupfers.
Es war mir nicht möglich, die Farbe des Chlorstrontiums, des Chlornatriums, des
Doppelsalzes von Chlorkalium und Chloruran, und der Boraxsäure zu verändern, indem
ich entweder mehr Chlorid anwandte oder die Temperatur erhöhte.