Titel: | Erfahrungsresultate bei den in der Maschinenfabrik zu Seraing erbauten Wasserhaltungsmaschinen am Bleiberge in Belgien. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LIII., S. 242 |
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LIII.
Erfahrungsresultate bei den in der
Maschinenfabrik zu Seraing erbauten Wasserhaltungsmaschinen am Bleiberge in
Belgien.
Aus Armengaud's Génie industriel, März 1852, S.
164.
Erfahrungsresultate bei Wasserhaltungsmaschinen.
Diese mächtigen Maschinen haben die Aufmerksamkeit der Männer von Fach aus dem
doppelten Grunde auf sich gezogen, weil sie nach so großen Dimensionen ausgeführt
wurden, wie man sie selbst in England nicht findet, und weil sie die ersten
Dampfmaschinen in Belgien nach Cornwalliser System sind. Diese werden dadurch
charakterisirt, daß sie mit Hochdruck, mit Condensation und mit einer bedeutenden
Expansion des Dampfes arbeiten.
Der Bau der Wasserhaltungsmaschinen hat neuerlich in Belgien große Fortschritte
gemacht, allein da sie überall nur bei Steinkohlengruben angewendet worden sind, so
haben die Maschinenbauer weit mehr den Mechanismus zu vereinfachen, als
Brennmaterial zu ersparen gesucht. Während der Ankaufspreis dieser Maschinen daher
bedeutend vermindert worden ist, war dieß mit dem Kohlenverbrauch durchaus nicht der
Fall. Selbst die in Belgien vorhandenen sogenannten Cornwalliser Maschinen haben in
dieser Beziehung nur mittelmäßige Resultate gegeben, hauptsächlich deßhalb, weil man
nicht eine ausgedehnte Expansion berücksichtigt hatte; man sah daher die englischen
Angaben als fabelhaft an.
Die Gruben des Bleibergs bei Montzen in der Provinz Lüttich, an der preußischen
Gränze, liegen in einiger Entfernung von Steinkohlenbergwerken, und da sie, wie die
meisten Erzgruben, sehr wasserreich sind (12 bis 14 Kubikmeter oder 400 bis 450
Kubikfuß in der
Minute), so erfordern sie sehr starke Maschinen, die verhältnißmäßig nur sehr wenig
Brennmaterial verbrauchen. Man wurde daher auf die Cornwalliser Maschinen
geführt.
Die Masse der zu gewältigenden Wasser hat aber für die Dampf- und die
Pumpencylinder beider Maschinen Dimensionen erfordert, welche man bei den größten
englischen Maschinen nicht findet.
Die Dampfkolben haben 2,67 Met. (8½ Fuß rhn.) im Durchmesser.
Der Lauf der Kolben beträgt 3,66 Met. (11 Fuß 7 Zoll).
Der halbe Kolbenlauf erfordert ein Volum von 20 Kubikmetern Dampf, welches fast das
Doppelte von den mächtigsten Maschinen Cornwalls ist.
Ohne Expansion könnte jede Maschine die Kraft von 7 bis 800 Pferden entwickeln.
Die Pumpenkolben haben einen Meter (3 Fuß 2⅓ Zoll) im Durchmesser und 2,86
Meter (9 Fuß 1¼ Zoll) Hub.
Sie nehmen daher bei jedem Hub ein Wasservolum von 22½Hektoliter (106
Kubikfuß) auf.
Die Maschine konnte mit Leichtigkeit sieben Hube in der Minute machen.
Bei diesen Dimensionen der Pumpen mußte man Ventile mit doppelten Sitzen oder mit
Laternen, so wie sie schon bei einem Londoner Wasserwerke angewendet worden sind,
benutzen.
Unter diesen Umständen war es von Interesse, einerseits die Wirkungsweise der Pumpen
und der neuen Ventile, und andererseits den Brennmaterialaufwand der im Betriebe
stehenden Maschine und den zu erreichenden Grad der Expansion zu untersuchen, indem
unter den jetzigen Teufenverhältnissen der Grube die zweite Maschine nur zur Reserve
dient.
Nach dem Contract zwischen der Hütte zu Seraing und der Bleiberger Gewerkschaft
mußten die Versuche mit der größten Genauigkeit gemacht werden, indem für jedes
Zehntel Kilogr. unter zwei Kilogr. Brennmaterialverbrauch in der Stunde und auf die
Pferdekraft, die Hütte eine bedeutende Prämie erhalten und für jedes Zehntel Kilogr.
über 2 Kilogr. darüber, eine bedeutende Prämie zahlen sollte.
Die Versuche wurden nun von einer Commission angestellt, die Seitens der Hütte aus
den königl. Bergingenieuren Victor Bellefroid und L. Trasenster, des Directors Pastor und des Ingenieurs Brialmont, welcher
letztere die Maschinen construirt hatte, und seitens der Bleiberger Gewerkschaft aus
den Ingenieuren Jos. Galopin
und V. Duval, sowie aus dem Director und dem Ingenieur von
Bleiberg, Du Colombier und Goret bestand.
Das Wasser wurde wiederholt mittelst eines großen blechernen cylindrischen Troges
gemessen, welcher eilf Kolbenzüge aufnehmen konnte und wobei stets etwas mehr
erfolgte als die Berechnung angibt, wie es zuweilen bei Wasserhebungsmaschinen der
Fall ist.
Dieß, sowie die Beobachtung des ununterbrochenen Ganges der Maschine, beweisen die
größere Zweckmäßigkeit des neuen Systems der Ventile mit doppeltem Sitz.
Der während eines ununterbrochenen Betriebes von sechs Tagen und sechs Nächten genau
bestimmte Brennmaterialverbrauch wurde zu 1,45 Kilogr. auf die Pferdekraft und in
der Stunde gefunden, und fast dieselbe Zahl fand man auch während eines
mehrwöchentlichen regelmäßigen Ganges.
Das durch einen Watt'schen Indicator bestimmte Einströmen des Dampfes fand etwas
unter 1/5 (0,19) des Laufs statt, und es belief sich daher die Expansion auf
wenigstens vier Fünftel.
Da die Wasserhebung jetzt nur aus einer Teufe von 71,50 Met. erfolgt, so betrug der
Nutzeffect während der Versuche 234 Pferdekräfte.
Diese bemerkenswerthen Resultate sind eine wesentliche Verbesserung in der
Bergbaukunst und in dem Maschinenbau. In Belgien verbrauchen bisher die besten
Wasserhaltungsmaschinen mehr als das Doppelte des obigen Gewichts an Steinkohlen,
und die meisten sogar mehr als 5 und 6 Kilogr. Auf dem Festlande hat man einen so
geringen Verbrauch noch nicht erreicht, und wenn wir die Berichte über die
Cornwalliser Maschinen vom September, October und November 1851 vergleichen, so
finden wir, daß der mittlere Verbrauch auf die Pferdekraft, indem man das
theoretische Volum der Pumpen zur Basis nimmt, 1,68 Kilogr. beträgt und daß nur zwei
Maschinen die zu Bleiberg erlangten Resultate übersteigen, indem 1,36 Kilogr. auf
die Pferdekraft kommen. Die eine von diesen Maschinen ist die von Taylor, auf den United Mines.
Nun kommt noch hinzu, daß die in Cornwall benutzten Waleser Steinkohlen zur
Kesselfeuerung besser zu seyn scheinen, als die von Seraing, welche man in Bleiberg
benutzt. Wendet man in den letztern Gruben die fast magere Kohle von Herve an, so
verbraucht man kaum ein Zehntel mehr als bei den Proben.
Obgleich die Bleiberger Maschine, wenn sie in Betrieb gesetzt wird, eine Kraft von
etwa 700 Pferden entwickelt, so sind doch alle Theile so fest construirt, daß sie
keine wesentliche Erschütterung erleiden.
Wir müssen der Maschinenbauanstalt zu Seraing und deren Ingenieur, Hrn. Brialmont, über ein solches Resultat Glück wünschen. Es
wird die unvermeidliche Folge haben, daß es die Aufmerksamkeit der Constructeure und
der Bergbautreibenden auf die Mittel richtet, bei der Wasserhaltung mehr Ersparungen
zu erreichen, und daß es den Ausgangspunkt zu neuen Fortschritten in einer Industrie
bilden wird, die schon so weit fortgeschritten ist