Titel: | Ueber die galvanische Versilberung; von E. Thomas und V. Dellisse. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXIV., S. 287 |
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LXIV.
Ueber die galvanische Versilberung; von E. Thomas und V. Dellisse.
Aus den Comptes rendus, April 1852, Nr.
15.
Thomas und Dellisse, über die galvanische Versilberung.
Die schönen Untersuchungen von Ruolz und Elkington haben bewiesen, daß keineswegs alle Auflösungen
von Silbersalzen mittelst der Batterie einen constanten und adhärirenden
Niederschlag geben, sondern daß diese Eigenschaft auf gewisse besondere Auflösungen
beschränkt ist, welche folgenden Bedingungen entsprechen: 1) daß die Flüssigkeit
hinreichend die Elektricität leitet; 2) daß sich unter dem Einfluß des elektrischen
Stroms bloß Silber ablagern kann; 3) daß die Flüssigkeit das zu überziehende Metall
nicht angreift; 4) daß die Flüssigkeit eine alkalische Reaction hat. Außer diesen
Bedingungen ist nach Hrn. BouilhetPolytechn. Journal Bd. CXXIII S. 220. noch eine
fünfte unumgänglich nöthig, nämlich daß die Flüssigkeit ein Doppelsalz von Silber und einem fixen Alkali enthält, welches bei seiner
Zersetzung die Versilberung bewirkt.
Bloß zwei Reihen von Auflösungen entsprechen diesen Bedingungen: 1) die Auflösungen
von Silber in den alkalischen Cyanüren, welche bis jetzt allein constante und in
jeder Hinsicht genügende Resultate lieferten; 2) die Auflösungen von Silber in
alkalischem unterschwefligsaurem Natron oder Kali, welche zwar Anzeichen von
Versilberung geben, aber hinsichtlich der Dicke und Abhärenz des abgelagerten
Silbers so wandelbare Resultate liefern, daß man die alkalischen Cyanüre nicht durch
die unterschwefligsauren Salze ersetzen konnte, obgleich letztere wohlfeiler zu
stehen kommen.
Die Salze mit Ammoniak als Basis, deren mehrere das Silberoxyd leicht und in großer
Menge auflösen, können nach Elkington keine zur
Versilberung geeigneten Auflösungen liefern. Gerade auf diese Reihe von Verbindungen
haben wir aber unsere Untersuchungen gerichtet.
Zuerst haben wir uns versichert, daß gar kein Ammoniaksalz, es mag neutral oder
alkalisch seyn, welches Silberoxyd in Wasser aufgelöst hält, metallisches Silber in
constanter und anhaftender Schicht ablagern kann, weil das Ammoniak am negativen Pol
die Ablagerung zerstört welche sich zu bilden strebt, und das zu überziehende Metall
angreift.
Wir erhielten zuerst einen Erfolg, indem wir den Alkohol als Lösungsmittel anwandten;
wir sättigten ihn nämlich mit salpetersaurem Ammoniak, um das Bad leitend zu machen,
und lösten dann darin möglichst neutrales Doppelsalz von salpetersaurem Silber und
Ammoniak auf. Obgleich dieses Bad eine dicke und haftende Versilberung gab, so bot
es doch zu viele Schwierigkeiten dar. Wenn die Flüssigkeit zu stark alkalisch war,
die Temperatur sank, oder die geringste Spur von salzsauren Salzen vorhanden war,
konnte man keine guten Resultate mehr erhalten; überdieß mußte beträchtlich viel
Elektricität aufgewendet werden, und das Kupfer mußte, damit sich Silber darauf
niederschlug, schon vorher mit einem Häutchen dieses Metalls durch das Weißsieden
überzogen seyn.
Wir überzeugten uns dann durch zahlreiche Versuche, daß die Versilberung wesentlich
von der reducirenden Eigenschaft des Bades abhängt, ferner daß die sonst nothwendige
alkalische Beschaffenheit desselben gerade ein absolutes Hinderniß bei Anwendung von
Ammoniaksalzen ist, bei welchen die saure Beschaffenheit des Bades nicht nur nicht
schädlich, sondern unumgänglich nothwendig ist, vorausgesetzt daß die Säure solcher
Art ist, daß sie den Sauerstoff begierig anzieht und das Kupfer nicht stark
angreift. Wir stellen im Folgenden die Haupt-Ergebnisse unserer Versuche
zusammen:
1) Eine Auflösung von Silber in einem Ammoniaksalz kann nur dann einen constanten und
anhaftenden Niederschlag von Silber geben, wenn sie eine freie Säure enthält welche
den Sauerstoff begierig anzieht, z. B. phosphorige, schweflige, unterphosphorige
oder unterschweflige Säure. So gibt neutrales oder alkalisches unterschwefligsaures
Ammoniak keine gute Versilberung; eine solche erhält man aber, sobald man es mit
einer den Sauerstoff begierig anziehenden Säure stark sauer macht.
2) Die Versilberung gelingt nicht mit allen Säuren, welche den Sauerstoff begierig
anziehen; dahin gehört die salpetrige Säure, wahrscheinlich weil sie zu viel
Verwandtschaft zu dem zu überziehenden Metall hat.
3) Sie gelingt auch nicht mit allen Auflösungen von Ammoniaksalzen, welche das
Silberoxyd aufzulösen vermögen, sondern die Silberlösung muß überdieß eine
beständige Verbindung seyn. Wendet man z. B. saures schwefligsaures Ammoniak an, so
versilbert dasselbe anfangs, zersetzt sich aber bald rasch unter der Wirkung der
Batterie, und das Silber schlägt sich daraus fast gänzlich nieder. Setzt man aber
der Auflösung von saurem schwesligsaurem Ammoniak unterschwefligsaures Ammoniak zu,
so entsteht ein Silberbad von größerer Beständigkeit, welches bessere Resultate
gibt.
4) Die Gegenwart eines Doppelsalzes von Ammoniak und Silber reicht nicht hin, damit
das Bad versilbert; so versilbert die neutrale Auslösung von salpetersaurem
Silberoxyd-Ammoniak keineswegs; sie gibt aber Anzeichen guter Versilberung,
wenn man sie mit schwefliger Säure sättigt. Ebenso verhält sich das schwefligsaure
und das unterschwefligsaure Doppelsalz.
5) Die Gegenwart eines Doppelsalzes von Silber und irgend einem Alkali ist keine
nothwendige Bedingung, damit das Bad versilbert. So gibt das citronsaure
Silberoxydul (aus dem kalt gefällten citronsauren Silberoxyd durch Reduction mit
Wasserstoffgas bereitet) eine Auflösung welche gut versilbert, die sich aber am
Licht zersetzt, daher man sie nicht anwenden kann. Das salpetrigsaure Silber gibt
anfangs auch eine gute Versilberung, auf welche aber die Verwandtschaft der
salpetrigen Säure zum Kupfer bald ihren Einfluß äußert.
6) Es scheint uns, daß bei den Bädern, welche wir versuchten, das Ammoniaksalz keinen
andern Zweck hat, als das Silber in Auflösung zu erhalten, während das Vermögen zu versilbern ganz der
Gegenwart einer freien den Sauerstoff begierig anziehenden Säure zuzuschreiben
ist.
7) Bei den Bädern welche wir versuchten, gibt die Platin-Anode bessere
Resultate als die Silber-Anode. Sowohl bei diesen Bädern als bei denjenigen
mit Cyanür, löst sich nämlich die Silber-Anode nicht im Verhältniß des auf
der Katode abgelagerten Silbers auf; außerdem wird ziemlich viel Silber der Anode
angegriffen, welches als basisches Salz niederfällt. Bei den Bädern mit Cyanür muß
man jedoch die auflösliche Anode anwenden, um die Entbindung von Blausäure zu
vermeiden, während die Entbindung von schwefliger oder unterschwefliger Säure keine
Uebelstände veranlaßt.
8) Das Abbeizen der zu versilbernden Gegenstände muß je nach der Reaction des Bades
verschieden ausgeführt werden, um Adhärenz zu erhalten: das Abbeizen mit Säuren gibt
allein in den sauren Bädern Adhärenz; es zerstört hingegen die Adhärenz in den
alkalischen Bädern. Dieß rührt wahrscheinlich von dem verschiedenen Molecularzustand
des Kupfers her, je nachdem es mit Bimsstein und Lauge, oder in einem sauren Bad
abgebeizt wurde.
Das Bad, welches uns die besten Resultate lieferte, ist
eine 8° Baumé starke Mischung von
zweifach-schwefligsaurem und saurem unterschwefligsaurem Ammoniak, worin
man Silberoxyd oder ein unauflösliches Silbersalz, z. B. Chlorsilber, aufgelöst
hat. Dieses Bad hat vor denjenigen mit Cyanür noch den Vortheil, daß es für
die Gesundheit der Arbeiter ganz unschädlich ist; außerdem kommt es wohlfeiler zu
stehen, und da es die Elektricität sehr gut leitet, so genügt ein schwächerer Strom
als bei den alkalischen Bädern.