Titel: | Durch den Stoß und selbstthätig wirkender Bohrapparat, zum Gebrauch beim Gruben- und Steinbruchsbetriebe, sowie beim Erdbohren; von dem Maschinenbauer Cavé zu Paris. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXXIV., S. 327 |
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LXXIV.
Durch den Stoß und selbstthätig wirkender
Bohrapparat, zum Gebrauch beim Gruben- und Steinbruchsbetriebe, sowie beim
Erdbohren; von dem Maschinenbauer Cavé zu Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, März 1852, S.
129.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Cavé's Bohrapparat.
Unter die vielen sinnreichen Maschinen, welche der rühmlichst bekannte Maschinenbauer
Cavé zu Paris in der letzten Zeit erfunden und
ausgeführt hat, gehört der hier zu beschreibende Apparat, welcher beim
Steinbruchs- und Grubenbetriebe, sowie beim Erdbohren die Menschenkräfte
ersetzen soll. Diese Maschine kann durch zusammengepreßte Luft oder durch Dämpfe,
oder durch eine Luftleere bewegt werden, und sie verrichtet die sehr schwierige
Arbeit des Bohrens in Schächten und auf Strecken in Bergwerken und Steinbrüchen.
Die Construction dieses Apparats ist sehr einfach; er besteht bloß aus einem
Cylinder, welcher im Verhältniß zu der Weite der Bohrlöcher steht, und einen Kolben
enthält, der mit einer verlängerten Kolbenstange versehen ist; an dieser Stange ist
das Bohrwerkzeug befestigt und dieses wirkt nun durch Stöße auf das zu durchbohrende
Gestein, wie es bei der gewöhnlichen Bergbohrarbeit der Fall ist. Man begreift, daß
die große Schwierigkeit bei der Zusammensetzung solcher durch Stoße wirkenden
Apparate darin besteht, daß sie, obgleich auf die gerade hinreichenden Dimensionen
reducirt, doch so fest sind, daß sie den Stößen des Bohrwerkzeuges auf das Gestein
lange Zeit widerstehen können.
Hr. Cavé hat diese Schwierigkeiten durch eine sehr
einfache und sinnreiche Einrichtung gelöst, welche vollkommen ihren Zweck erfüllt.
Statt das Ausströmen der Luft oder der Gase durch dieselben Canäle zu bewirken,
welche zum Einströmen dienen, hat er in der Nähe der letzteren andere Seitencanäle
angebracht, welche nicht, wie die ersteren, an den Enden des Cylinders ausmünden,
sondern in einiger Entfernung von diesen Enden. Es bleibt daher ein Theil der Luft
(oder des Gases), die auf den Kolben gewirkt hat, zwischen diesem letzteren und dem
Boden des Cylinders, um auf diese Weise eine Federung hervorzubringen, welche den Kolben in dem
Augenblick zurückhält, wo er am Ende seines Laufes anlangt und das Aufschlagen
desselben am Boden des Cylinders verhindert.
Man wird das Gesagte durch einen Blick auf die Abbildungen begreifen.
Fig. 10 ist
ein Längendurchschnitt der Maschine durch die Achse des Cylinders und durch die
Einströmungseanäle.
Man ersieht aus dieser Figur, daß der Mechanismus aus einem Cylinder I besteht, in welchem sich ein Kolben K bewegt. Die Einrichtung dieses Kolbens ist
verschieden, je nachdem man Luft, Dampf oder andere Gase anwendet. Die Kolbenstange
L ist außerhalb des Cylinders verlängert und ihr
Ende ist mit dem Bohrwerkzeuge M versehen, dessen Form
und Dimensionen nach der Beschaffenheit der auszuführenden Bohrarbeit verschieden
sind. Ein Muff N verbindet das Bohrwerkzeug mit der
Kolbenstange, und dient auch zur Geradeführung von beiden, indem der Muff die zwei
parallelen Stangen O, O umfaßt. Eine solche
Geradeführung ist hauptsächlich dann nothwendig, wenn der Cylinder sehr lang ist.
Die Bohrschneiden m der Bohrwerkzeuge M sind in Fig. 10b dargestellt.
Die Griffe P, welche mit der Platte Q fest verbunden sind (mit welcher Platte der Cylinder
verbunden ist, und in welcher die parallelen Stäbe O
befestigt sind) dienen dazu, den unteren Theil der Maschine zu drehen, welches beim
Bohren nach jedem Stoß oder Schlag erforderlich ist, damit die Bohrschneide sich
nach und nach im Kreise dreht und stets neue Stellen des Gesteins angreift.
Fig. 11, wie
alle übrigen in 1/15 der natürlichen Größe gezeichnet, ist ebenfalls ein
Längendurchschnitt des Apparats durch die Achse des Cylinders und durch die Mitte
der Ausströmungscanäle.
Fig. 12 ist
eine äußere Seitenansicht des Cylinders von der Seite der Ein- und
Ausströmungsöffnungen.
Fig. 13
endlich ist ein horizontaler Durchschnitt durch die Achse des Vertheilers.
Betrieb und Spiel des Apparates.
Man begreift, daß, wenn man durch die Leitung a Luft oder
irgend ein comprimirtes Gas über den Kolben K strömen
läßt, die Luft oder das Gas durch seine Elasticität den Kolben schnell in dem
Cylinder bis zu dessen Boden niederwärts treiben wird. Er würde daher wie ein Hammer auf den
Boden des Cylinders aufschlagen, wenn er daselbst nicht durch die oben erwähnte
Luftschicht aufgehalten würde.
Man sieht, daß der Ausströmungscanal a′ (Fig. 11),
welcher dem Einströmungscanal a (Fig. 10) gegenüber liegt,
in einer gewissen Entfernung von dem Boden des Cylinders ausmündet, so daß, wenn der
Kolben nahe zu diesem Ende gelangt ist, ihm der Widerstand der Luft- oder
Gasschicht entgegentritt, welche in diesem Raume zurückblieb, und die, da sie nicht
entweichen kann, eine natürliche Feder bildet, welche die Stöße des Kolbens
auffängt.
Dieselbe Wirkung entsteht in entgegengesetzter Richtung bei dem ausgehenden Gange des
Kolbens, indem die comprimirte Luft durch den Canal b
unter denselben gelangt und ihn aufwärts treibt; und in dem Augenblick, wo er am
Ende seines Laufes anlangt, findet er wieder eine Luft- oder Gasschicht vor,
da die Oeffnung b′ (Fig. 11) ebenfalls eine
gewisse Entfernung von dem Cylinderdeckel hat.
Diese Einrichtung der Ausströmungscanäle, welche von den Einströmungscanälen gänzlich
getrennt sind, löst die schwierigste Aufgabe bei derartigen Operationen wo man den
Stoß anwendet, indem dadurch die wesentlichste Bedingung erfüllt wird, nämlich die
Stöße des Kolbens am Ende seines Laufes zu schwächen. Man wird dadurch in den Stand
gesetzt, mit der größten Sicherheit mit der Maschine zu arbeiten, ohne Brüche
einzelner Theile derselben befürchten zu müssen.
Um die Vertheilung der Luft oder der Gase zu bewirken, hat der Erfinder an dem
Cylinder einen Hahn mit mehreren Oeffnungen R
angebracht, der von einer conischen Büchse umgeben ist, die an den Cylinder
angeschraubt wird. Man braucht diesen Hahn nur in der einen oder in der andern
Richtung zu drehen, um seine Oeffnung d (Fig. 13) mit der
Admissionsröhre T communiciren zu machen, welche mit dem
Behälter der Triebkraft in Verbindung steht, und seine Oeffnung c bald mit dem Canal a und
bald mit dem Canal b in Verbindung zu setzen. Im
ersteren Falle ist die dritte Oeffnung e des Hahns mit
dem Ausströmungscanal a′ (Fig. 11) in Verbindung,
und im zweiten Falle ist es dagegen seine vierte Oeffnung f, welche mit dem Canal b′ in
Verbindung kommt.
Dieser Hahn mit mehreren Oeffnungen kann auch durch einen Schieber oder einen anderen
ähnlichen Mechanismus ersetzt werden, um die Vertheilung zu bewirken.
Mit dem Ausgang des Hahns oder Schiebers ist eine Röhre t
verbunden, welche sich bis zu dem Punkt verlängert, wo das Bohrwerkzeug arbeitet, um auf den
Arbeitspunkt Luft oder Gas zu führen und denselben von dem Bohrmehl frei zu
erhalten.
Es kann dieser Apparat hinlänglich leicht gemacht werden, um transportirbar zu seyn,
um ihn in den Grubenbauen mit Bequemlichkeit anwenden zu können, sey es in
senkrechter, horizontaler oder geneigter Stellung. Fig. 14 zeigt die
Anwendung dieses Apparates beim Streckenbetriebe in hartem Gestein. — Ein
Arbeiter ist im Stand mit der einen Hand den Vertheilungshahn oder
Vertheilungsschieber für die Zulassung und Absperrung der Luft oder der Gase, und
mit der andern Hand das Bohrwerkzeug um seine Peripherie zu bewegen. Man kann aber
auch die ganze Maschine auf einem mit Rädern versehenen Gerüst anbringen oder sie
auf sonstige Weise so stellen, daß die Arbeit mit derselben bequem ist.
Offenbar könnte man den Apparat auch so zusammensetzen, daß die Kolbenstange mit
mehreren Bohrwerkzeugen, anstatt mit einem einzigen versehen wäre; oder es könnte
der Apparat so eingerichtet seyn, daß er mehrere Cylinder hat, deren Kolbenstangen
mit einem oder mit mehreren Bohrern versehen sind.
Zum Schachtabteufen könnte z. B. der Bohrapparat so eingerichtet seyn, daß mehrere
Cylinder auf die ganze Weite desselben Löcher bohrten, die alsdann besetzt, das
Gestein überall lossprengen würden. Es würde dadurch das Schachtabsinken sehr
beschleunigt werden können. Derselbe Apparat in horizontaler Richtung angewendet,
würde auch den Stollen- oder Streckenbetrieb beschleunigen.
Hr. Cavé hat auch den Vorschlag gemacht, den Apparat beim
Erdbohren anzuwenden. Es würde dazu ein hohles Bohrwerkzeug erforderlich seyn, an
dessen Ende man den Cylinder anbrächte, dessen Kolben durch einen inneren
Mechanismus bewegt würde, der stets in Verbindung mit dem Arbeiter außerhalb des
Bohrlochs stände.
Da die Röhre T, welche die Luft oder die Gase zu dem
Cylinder führt, ohne Schwierigkeit in dem Maaße verlängert werden kann, als sich der
Cylinder von der Triebkraft entfernt, so begreift man, daß die Vertheilung stets
durch den Arbeiter nach Belieben bewirkt werden kann, wie groß die Tiefe seyn mag,
in welcher der Apparat wirken muß.
Es versteht sich von selbst, daß die verdichtete Luft, welche den Apparat treibt,
durch einen feststehenden Motor erzeugt werden muß. Derselbe besteht in Druckpumpen,
welche an zweckmäßigen Orten außerhalb der Grube angebracht werden. Die Leitungsröhren T sind von Metall, von Kautschuk oder
Gutta-percha, und lassen sich unter allen Richtungen weiter führen.
Der Apparat kann aber auch durch eine Luftleere betrieben werden, und dieß würde in
vielen Fällen einen wesentlichen Nutzen gewähren, weil die Leere das Grubengas
wegzunehmen gestatten würde, welches in vielen Steinkohlenflötzen die schlagenden
Wetter veranlaßt, indem es alsdann an denjenigen Punkten aufgenommen würde, wo es
sich am meisten erzeugt.
Wird der Apparat mit verdichteter Luft betrieben, so kann man die schlagenden Wetter
ebenfalls verhindern, denn die aus dem Apparat entweichende Luft ist weit dichter
als die Grubenluft, und wird daher unmittelbar einen Wetterzug veranlassen.
Endlich ist Hr. Cavé der Meinung, daß man diese Art von
Apparaten durch elektrische Ströme betreiben könnte.
Man ersieht aus obiger Beschreibung, daß dieser neue Apparat in sehr vielen Fällen
mit Vortheil angewendet werden kann, hauptsächlich wo es sich darum handelt, einen
Stollen-, Strecken- oder Schachtbetrieb zu beschleunigen, und um
Arbeitslöhne zu ersparen, welche bei einem ununterbrochenen Betriebe sehr bedeutend
sind. Die Anwendung des Apparats beim Erdbohren dürfte auch eine sehr zweckmäßige
seyn.