Titel: | Excentrische Anti-Frictions-Pressen, erfunden von dem Ingenieur D. Dick zu New-York; beschrieben von dem Großuhrmacher Colin zu Paris. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXXXIX., S. 401 |
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LXXXIX.
Excentrische
Anti-Frictions-Pressen, erfunden von dem Ingenieur D. Dick zu
New-York; beschrieben von dem Großuhrmacher Colin zu
Paris.
Aus Armengaud's Génie industriel, Mai 1852, S.
225.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Dick's excentrische
Anti-Frictions-Pressen.
Die Anti-friction-press genannten Pressen
und Maschinen, welche sich in dem amerikanischen Theil der Londoner Ausstellung
befanden, waren ohne Widerrede einer der bemerkenswerthesten Gegenstände der
Mechanik.
(Hr. Professor Walther hat das Princip dieser Pressen im
polytechnischen Journal, 1851, Bd. CXXI S. 401
erläutert, auf welche Abhandlung wir verweisen. Die Redact.)
Sehr häufig sind Maschinen glücklich combinirt und entsprechen doch den Erwartungen
nicht, die man anfänglich von ihnen hegte, und zwar wegen der bedeutenden Reibung,
die sie entwickeln, welche man nicht immer vorhersehen kann und die ihre Leistungen
um ein Bedeutendes vermindert. Bei den Anti-Frictions-Pressen ist es anders, indem die
ursprüngliche Reibung so gering ist, daß ihre Zunahme, wenn bedeutende Leistungen
und ein starker Druck erreicht werden sollen, fast unmerklich ist.
Man kann sich davon leicht überzeugen, wenn man die Figuren 22 und 23, welche
eine solche Anti-Frictions-Presse von zwei Seiten darstellen,
betrachtet. Man wird sogleich bemerken, daß statt der Zapfen, deren Reibungen im
Verhältniß zu den Durchmessern stehen, nur Winkel vorhanden sind, deren Reibungen
als Null betrachtet werden können. Man wird ferner wahrnehmen, daß diese Maschinen
gegen alle anderen
derartigen einen großen Vorzug dadurch haben, daß statt der Reibungen durch
Excentrica, welche immer sehr bedeutend sind und mit den Leistungen zunehmen, hier
nur einfache Wälzungen und Abwickelungen angewendet werden. Hr. Colin, welcher sich bei der Eröffnung der Ausstellung zu
London befand, gesteht, daß als er diese Pressen sogleich nach ihrer Ankunft sah und
die Oberflächen der Walzen und Excentrica untersucht hatte, die mit grobem
Schmirgelpapier und der Quere nach polirt waren, um auf diese Weise eine unendliche
Menge kleiner Zähne zum Vermeiden des Gleitens zu bilden, er geglaubt habe, daß wenn
die Maschinen eine Zeit lang in Thätigkeit waren, die Oberflächen eine Politur
erlangen müßten und daß alsdann das Wälzen minder gut erfolgen würde; er hat sich
aber in dieser Vermuthung getäuscht, denn am letzten Tage der Ausstellung fand er,
obgleich die Oberflächen in Folge der häufigen Proben, welche im Verlauf von sechs
Monaten gemacht wurden, sehr polirt waren, doch nicht das geringste Gleiten nach
Versuchen, die im Verhältniß zu der Kraft der Maschinen eher etwas zu weit getrieben
wurden.
Von den verschiedenartigen Anwendungen derartiger Maschinen wollen wir zuerst die Presse zum Ausschlagen und Lochen der Metalle
beschreiben.
Die Figuren
19, 20
und 21
stellen einen solchen Durchschnitt dar. Das Gerüst besteht aus Gußeisen und
hauptsächlich aus zwei Backenstücken, die durch Stehbolzen und Schraubenmuttern aus
einander und parallel gehalten werden; oben ist zwischen diesen Backen ein
gußeiserner Balken A angebracht.
Da letzterer Maschinentheil in der Richtung von unten nach oben bedeutende
Einwirkungen auszuhalten hat, welche die Schraubenbolzen nicht allein zu ertragen
vermögen, so tritt das Stück A zu beiden Seiten in
gleichgeformte Vertiefungen in den gußeisernen Backen.
Das Gestell oder Gerüst hat im Innern senkrechte Fugen, in welchen sich die Zapfen
des Hebels F, der in das Excentricum D, C endigt, kreisförmig und senkrecht bewegen, und in
welchen auch die Vorlage, welche das Werkzeug enthält, gleitet; letztere wird durch
die Feder b, welche mit einem der Stehbolzen verbunden
ist, stets von unten nach oben gedrückt.
Die gußeisernen Sectoren B und B′, die oben in einen Kreisbogen endigen, sind auf ihren Scheiteln
beweglich; der erstere und obere unter dem Balken A, der
zweite oder untere über dem Support A′.
Die Wirkungsweise dieser Maschine kann man leicht aus Fig. 19 erkennen.
Zuvörderst hat man den Zweck, den Support A′ mit
seinem Werkzeuge
niederzudrücken, während der Balken festliegt. Dieß erreicht man dadurch, daß man
den Hebel F aus der Stellung Fig. 20 in die Stellung
Fig. 19
bringt; denn nach dieser Bewegung wird das Excentricum C, welches in Fig. 20 seinen kleinsten Durchmesser zwischen den Sectorenbogen B und B′ darbot, im
Gegentheil seinen größten Durchmesser zeigen, wie dieß Fig. 19 nachweist,
wodurch der Support A′ mit dem Werkzeuge niederwärts ging. Es ist noch zu
bemerken, daß diese Bewegung fast ohne Reibung ausgeführt wird, denn das Excentricum
C hat sich einfach auf den Kreisbogen B und B′ entwickelt,
welche nur eine geringe Reibung an ihrem Scheitel haben, um aus der Stellung Fig. 20 in
diejenige Fig.
19 überzugehen.
Hr. Colin hat diese Maschine sehr oft in Bewegung gesetzt;
sie hatte nur eine geringe Kraft, wie man nach den Figuren beurtheilen kann, die im
zwanzigsten Theil der natürlichen Größe gezeichnet sind, und dennoch zerschnitt sie
Eisenstücke von einem Quadratcentimeter, ohne den geringsten Widerstand zu zeigen.
Die erforderliche Kraft kann theoretisch durch die Hebellängen berechnet werden,
indem man die Reibung ganz unberücksichtigt läßt, die hier fast Null ist, während
sie bei den anderen Maschinen mit Excentriken oder Schrauben, die denselben Zweck
haben, gewöhnlich sehr bedeutend ist.
Anti-Frictions-Presse zum
Zusammendrücken des Kautschuks und anderer Substanzen.
In derselben Abtheilung der Londoner Ausstellung befand sich auch eine zweite
Maschine derselben Art, welche vielleicht noch sinnreicher combinirt ist als die
vorhergehende, obgleich sie auf demselben Princip beruht. Es ist dieß eine Presse
ohne Reibung zum Zusammendrücken verschiedener Materialien, wie Kautschuk, Garn,
Baumwollenballen u. s. w.
Diese Maschine ist in den Figuren 22, 23 und 24 im Maaßstab
von 1/20 dargestellt.
Bei einer Probe konnte Hr. Colin ein Stück Kautschuk von
15 Centimeter (6 Zoll) Durchmesser und 20 Centimeter (8 Zoll) Höhe auf die Hälfte
seiner Stärke reduciren.
Die Basis dieser Presse ist ein gußeiserner Stuhl mit vier Füßen, auf welchem die
vier conischen Hülsen oder Röhren I ruhen, in denen die
vier senkrechten Stäbe T, die den oberen Balken der
Presse A mit der unteren Platte A′ verbinden, gleiten.
Zwischen den zwei Stäben sind Lager angebracht, welche die Zapfen der Welle E aufnehmen; an den Enden der Welle sind die beiden
Stirnräder H angebracht, welche durch die Getriebe G bewegt werden.
Da die Mittelpunkte der excentrischen Räder C und C′, welche durch ihre Peripherie in Berührung mit
der Oberfläche der Welle E stehen, nicht immer dieselbe
Entfernung mit dieser Welle behalten, so sind ihre Zapfen in senkrecht verlängerten
Löchern angebracht, damit sie ausweichen können, ohne sich zu drehen.
Mittelst der Kurbel F, die an der Getriebwelle G angebracht wird, bewegt man die Welle E, welche durch Abwickelung oder durch ihre Berührung
mit der äußeren Oberfläche der excentrischen Scheiben C,
C′ alsdann diese Excentriken bewegt und ihre
Achsen D und D′ von
einander entfernt; und da diese Achsen, welche sich nicht drehen, in Berührung mit
den Achsen der Sectoren B und B′ stehen, so entfernen sie folglich dieselben von einander.
Betrachtet man die Figuren 23 und 24, so sieht man, daß das
Maschinengerüst, welches aus viers enkrechten Stäben T
und den Balken A und A′ besteht, mittelst der Achsen D und D′ gänzlich auf den Scheiteln der Sectoren
ruht.
Wenn man demnach die Welle E in der durch den Pfeil (Fig. 23)
angegebenen Richtung bewegt, so dreht man durch Wälzen die beiden excentrischen
Räder, welche in der Ruhe ihre kürzesten Radien seitwärts von dieser Achse gerichtet
haben, wie es die Figur zeigt, und es nimmt die Entfernung der Mittelpunkte dieser
excentrischen Scheiben, wie schon bemerkt, durch die Bewegung zu, so daß sie am Ende
ihrer Bewegung die in Fig. 24 dargestellte
Stellung haben. Diese Zunahme der Entfernung kann leicht dadurch nachgewiesen
werden, daß man in den Figuren 23 und 24 die
Entfernungen der Platten, auf welchen die Scheitel der Sectoren B und B′ stehen, mit
einander vergleicht.
Da nun die Platte, welche die unteren Sectoren B′
vereinigt, auf einer festen Platte des Maschinengerüstes ruht, so muß offenbar
diejenige, welche die beiden oberen Sectoren B
vereinigt, gehoben werden, und den unteren Balken oder die Platte A′, mit denen sie durch die senkrechten Stäbe T verbunden ist, in ihre Bewegung hineinziehen.
Der zu pressende Gegenstand wird zwischen den Backen A′ und die untere Seite der Gestellplatte gelegt, welche, wie man aus
den Figuren
22 und 23 ersieht, von oben einen Druck auf die Sectoren B und von unten durch den zu pressenden Gegenstand erleidet. Diese Platte
kann schwach seyn, weil der von beiden Seiten einwirkende Druck gleich stark
ist.
Anti-Frictions-Schere.
Unter den verschiedenen Anwendungen der Anti-Frictions-Presse befand
sich auf der Londoner Ausstellung auch eine Schere, oder vielmehr ein Durchschnitt
von großer Kraft zum Zerschneiden der Metalle. Diese Maschine ist in Fig. 25 dargestellt.
K ist das Gerüst; A der feste
Support, auf welchem der Scheitel des Sectors B hin und
her schwingt; auf letzterm wälzt sich das um den Mittelpunkt E bewegliche Excentricum C. Auf dem oberen
Theil desselben Excentricums wälzt sich der zweite Sector B′, welcher senkrecht nm eine Größe bewegt wird, die gleich der
Differenz der Radien des Excentricums ist.
Das Stück A′, welches sich erheben muß, ruht auf
dem Scheitel des Sectors B′. An diesem
beweglichen Stück, sowie an dem oberen festen J, sind,
wie bei einer gewöhnlichen Schere, stählerne Schneiden festgeschraubt. Die Welle des
Getriebes G ist mit einer gußeisernen Scheibe versehen,
die ihre Bewegung von der Triebkraft durch einen Laufriemen erhält; das Getriebe G greift in das Stirnrad H,
welches an dem Ende der gekröpften Welle I sitzt, die
wie eine Kurbel wirkt und mittelst ihrer Drehung den Arm des großen Hebels F hebt, welcher dann durch sein eigenes Gewicht
zurückfällt, indem die Bewegung der Rolle auf der Warze der Kropfwelle unmittelbar
auf den Hebel einwirkt.
Man wird nun leicht einsehen, daß wenn man z. B. eine Blechtafel in den leeren Raum
L. steckt, und der Hebel F sich dann in der Stellung wie Fig. 25 befindet, diese
Tafel nothwendig durch die Schneiden zerschnitten werden muß, wenn man die Kurbel
I umdreht, welche den Hebel F hebt und folglich das Excentricum um eine gewisse Größe dreht; denn
dieses Excentricum hebt die untere Schneide, welche an der beweglichen Regel. A′ befestigt ist, indem es sich auf den Sectoren
B und B′ abrollt,
während die an der festen Regel J befestigte Schneide
ganz unbeweglich bleibt.
Wir sind überzeugt, daß dieses Maschinensystem mit Excentriken und sehr geringer
Reibung eine ausgedehnte Anwendung bei den Werkzeugmaschinen finden wird. Seine
Construction ist einfach, leicht und veranlaßt nur geringe Kosten.