Titel: | Ueber den Puddelstahl und dessen Bereitung. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XCVII., S. 425 |
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XCVII.
Ueber den Puddelstahl und dessen
Bereitung.
Ueber den Puddelstahl und dessen Bereitung.
In den letztern Jahren ist der Puddelproceß mit Steinkohlen auch auf die
Stahlfabrication angewendet worden. Puddelstahl wird wie Puddeleisen dargestellt,
nur muß der Frischproceß, wie bei der Schmelz- oder Rohstahlbereitung in
Herden, früher unterbrochen werden, ehe die Entkohlung des Roheisens völlig vor sich
gegangen ist. Versuche, den Stahl auf solche Art zu bereiten, wurden schon längst
und an vielen Orten unternommen, z. B. bereits vor achtzehn Jahren durch Schlegel, Müller und Mayr in
Steyermark, zu Weyerhammer in Bayern, zu Limburg an der Lenne; gewöhnlich erhielt
man in Folge einiger zufallig zu wenig entkohlter Luppen stahlartiges Eisen, war
aber nicht im Stande, den Betrieb dauernd auf Stahl einzurichten.
Der rastlosen Thätigkeit einiger westphälischen Puddelwerk-Besitzer gelang es,
alle Schwierigkeiten zu überwinden und ein brauchbares Fabricat darzustellen, und
wenn es sich auch noch nicht völlig absehen läßt, wie weit der Puddelstahl den
gefrischten Schmelzstahl verdrängen wird, so ist ihm doch bereits in gewöhnlichen
Qualitäten ein bedeutender Absatz sicher und mit Bestimmtheit zu erwarten, daß
allmählich jeder wesentliche Preisunterschied zwischen gutem Stabeisen und
gewöhnlichem Stahl verschwinden wird. Roher Puddel-Luppenstahl kostet auf der
Hütte zu Haspe 4 2/3 Rthlr der Ctr., raffinirter in gewöhnlichen Dimensionen 10
Rthlr. und in Achsen und in ähnlichen großen Stücken 11 Rthlr.
Auf der Hütte von Lehrkind, Falkenroth und Comp. zu Haspe bei Hagen wird nach der Angabe von Hrn.
Director Tunner zu Leoben (Jahrbuch, 1852) folgendes
Verfahren angewendet. Die Puddelöfen haben etwas kleinere und tiefer liegende Herde
und eine genau schließende Essenklappe; das Material ist Spiegeleisen, wovon weniger
eingesetzt wird als beim Stabeisen-Puddeln; auch sind rohere Schlackenzusätze
oder besser noch Zuschläge aus Braunstein, Salz und Soda erforderlich.— Das
Puddeln selbst bietet bis zu dem Zeitpunkt, wo das ursprünglich ganz dünn
eingeschmolzene Eisen stark einzugehen beginnt und sich schon einzelne gaare
Klümpchen bilden, gegen das gewöhnllche Eisenpuddeln wenig Verschiedenheiten dar. So
wie aber dieser Moment
eingetreten ist, wird der Luftzug für einige Zeit mit der Essenklappe völlig
gehemmt, und die Arbeitsöffnung geschlossen, wodurch sich das Eisen zu Boden begibt,
von der ziemlich rohen Schlacke bedeckt bleibt, und zugleich die Temperatur etwas
herabgesetzt wird. Nach fünf, höchstens zehn Minuten hat das Eisen soviel Consistenz
erlangt, daß nunmehr bei wenig geöffneter Klappe allenfalls schnell einmal umgesetzt
und sofort bei stets möglichst gehindertem Luftzutritt zum Luppenmachen geschritten
werden kann, von denen jede sogleich aus dem Ofen zum sorgfältigen Drücken unter den
Hammer gebracht wird. Ob die Luppen zu Platten oder Masseln gezängt, und ob letztere
sogleich zwischen den Walzen zu Rohstangen ausgezogen werden, oder vorher noch eine
gelinde Hitze entnehmen, dieß hängt von der weitern Verarbeitung, so wie von der
Beschaffenheit des rohen Puddelstahles ab. Die Chargendauer ist beim Stahlpuddeln um
vieles kürzer als beim Eisenpuddeln; allein wegen des geringern Roheiseneinsatzes,
der öftern Bodenreparaturen, der oft nöthigen Zuschläge und eines bisweilen nicht zu
vermeidenden Mißlingens, sind die Productionskosten des Puddelstahls doch etwas
höher, als die des Eisens und zwar um so mehr, da in der Regel das dafür verwendete
Roheisen von reinerer Beschaffenheit und daher theurer ist.
Sehr wesentlich sind bei diesem Proceß geschickte Arbeiter, welche den Moment, wann
mit dem Puddeln aufgehört werden soll, richtig erkennen und alle möglichen
Arbeitsvortheile anwenden.
Beim Raffiniren hat man zu Haspe eine neue, unten näher bezeichnete Methode
angewendet, welche darin besteht, die Rohstahlstäbe mit Thon zu überziehen und
anhaltend zu glühen, jedoch scheint man keine guten Resultate erlangt zu haben. Es
wird daher dort der Puddelstahl entweder förmlich durch vorausgehendes Abschienen
gegerbt, oder aber bloß in Schweißhitzen ganz gemacht und ohne weitere Raffinirung
zu den gewünschten Dimensionen ausgewalzt oder ausgeschmiedet.
Sollen jedoch größere Stücke, wie Achsen und Radspurkränze (tyres) aus Puddelstahl angefertigt werden, so ist ein Gerben oder
Packetiren unerläßlich. Beim östern Erhitzen, besonders aber beim Gerben, tritt
indessen ein wesentlicher Nachtheil des Puddelstahls hervor, daß er nämlich sehr von
seiner Härte verliert.
Nach dem Moniteur industriel Nr. 1649 hat ein gewisser
Hr. Bremme, dessen Landsmannschaft und Wirkungskreis aber
nicht angegeben wird, bereits im November 1849 ein Patent auf den Stahlpuddelproceß,
so wie auf die
Fabrication des Stahls durch Adouciren, genommen. Wir wollen die Beschreibung seiner
Methoden hier kurz wiedergeben.
Beim Stahlpuddeln muß das Roheisen bei einer starken Hitze
eingeschmolzen werden, wobei man Schlacken vom Zängehammer oder von dem
Luppenwalzwerk zuschlägt. Alsdann verfährt man wie beim Puddeln von festerem Eisen
mit körnigem Bruch. Der mechanisch mit dem Eisen verbundene Kohlenstoff oxydirt und
entwickelt sich in bläulichen Flammen aus der geschmolzenen Masse, die nach und nach
im Ofen anschwellt, so daß die Schlacken aus der Arbeitsthür ausfließen. Dann
vermindern sich die bläulichen Flammen und der Stahl zeigt sich in kleinen Körnern
in der geschmolzenen Masse. Der Puddler hat jetzt nur dahin zu sehen, daß die Hitze
die lichte Rothgluth nicht übersteigt und daß der nicht mehr unter einer
Schlackenschicht befindliche Stahl gegen die Einwirkung des Luststroms geschützt
werde. Zu dem Ende wird das Essenregister fast gänzlich verschlossen und noch etwas
Brennmaterial auf den Rost geworfen. Sobald die Stahlkörner an einander schweißen,
verschließt man die Essenklappe luftdicht und schreitet nun zum Luppenmachen, wobei
man die Stahlmasse soviel als möglich unter der Schlackendecke zu erhalten sucht.
Jede Luppe muß sogleich aus dem Ofen genommen und zum Zängehammer gebracht
werden.
Ist das zum Stahlpuddelproceß anzuwendende Roheisen nicht rein, so muß man die
nachtheiligen Substanzen während des Processes entfernen. Enthält es, wie es nicht
selten der Fall ist, viel Silicium, so wirft man pulverisirten Thon in dem
Augenblick, in welchem das Roheisen flüssig zu werden anfängt, in den Ofen. —
Um den Schwefelgehalt des Roheisens zu entfernen, wirft man in dem Augenblick des
Schmelzens Kochsalz in den Ofen; das Natrium im Salze verbindet sich mit dem
Schwefel und das entstandene Sulfurid oxydirt sich unter Einwirkung des Luftstroms
und wird in schwefelsaures Natron verwandelt. Ist Silicium vorhanden, so entsteht
Natron-Silicat und schweflige Säure, während das Chlor des Kochsalzes
Eisenchlorür bildet, das durch Einwirkung der Luft in Eisensublimat und Eisenoxyd
zersetzt wird, welches letztere in die Schlacken geht. Phosphor kann man sehr
wahrscheinlich durch ein Gemenge von Braunstein und feuerfestem Thon wegschaffen,
jedoch ist es noch nicht versucht.
Stahlfabrication durch Adouciren des
Roheisens oder eines Gemisches von Roh- und Stabeisen.
Das Adouciren mit Thon. — Breite Stäbe oder
Platinen von Roheisen, oder eines Gemisches von Roh- und Stabeisen von
¼ bis ¾ Zoll Dicke werden mit etwas angefeuchtetem feuerfestem Thon
überzogen und in einen großen Flammofn so übereinander gelegt, daß die Oberflächen
der Stäbe der Einwirkung der Flamme gehörig ausgesetzt sind. Je nach der Dicke der
Stäbe bleiben dieselben 24 oder 60 Stunden in der Rothglühhitze; während dieser Zeit
nimmt man einige Probestäbe aus dem Ofen, um zu sehen, ob das Roheisen und Stabeisen
gänzlich in Stahl verwandelt worden ist. Sobald man dieß findet, läßt man den Ofen
erkalten und schmiedet die Platinen zu Stäben aus.
Man muß bei diesem Verfahren sehr rein gewaschenen Thon, der frei von Kieselerde ist,
anwenden, denn sehr kieseliger Thon, welcher Thonerdesilicate bildet, kann keine
Wirkung haben. Die Silicate bilden sich so leicht, daß sich bei ganz scharfer
Rothglühhitze das Roheisen mit einer Siliciumschicht der schönsten rothen
Sammetfarbe überzieht, welche sich in einer höhern Temperatur oxydirt und
Thonerde-Silicate bildet.
Das Adouciren in der Luft. — Die Roheisenstäbe
werden in einen cylindrischen Ofen aus feuerfesten Steinen gepackt, den man alsdann
auf zwei Seiten mit feuerfesten Steinen verschließt. Durch dieselben gehen eiserne
Röhren von 1 bis 2 Zoll Weite, und es wird die eine derselben nach oben und die
andere nach unten gerichtet; jede ist mit einem Register versehen, damit sie
luftdicht verschlossen werden kann.
Der Ofen wird nun so lange gefeuert, bis die Platinen rothglühend geworden sind; dann
öffnet man die Röhren, um einen Luftstrom zu bilden, den man nach Belieben reguliren
kann, der aber so lange wirken muß, bis sich keine blauen Flammen von Kohlenoxyd
mehr bilden. Dann wird der Ofen abgekühlt und die Stahlstäbe werden
ausgeschmiedet.
Diese neue Methode des Adoucirens hat gegen das alte Verfahren offenbare Vorzüge; bei
letzterm wendet man dazu Hammerschlag, Braunstein und Eisenoxyd an. Es ist aber mit
diesen letztern Substanzen durchaus nicht möglich in der Rothglühhitze eine Schichte
von Eisenoxydul-Oxyd zu erhalten, welche dicht genug ist, damit die
mechanisch mit dem
Roheisen vermengte Kohle abgeschieden werden kann. Denn die genannten Adoucirmittel
werden bloß weich und treten erst in der Weißglühhitze in genaue Berührung mit dem
Roheisen; es entsteht alsdann auf der Oberfläche Stabeisen, während im Innern das
Roheisen unverändert geblieben ist, und bei einer längern Dauer des Processes erhält
man Stabeisen statt Stahl.
Aus dem Gesagten geht deutlich hervor, daß der Puddelstahl jedenfalls eine geringere
Stahlsorte ist, die aber der geringern Productionskosten wegen gleichwohl für
gewisse Zwecke sehr brauchbar seyn kann. Besonders tauglich ist der Puddelstahl zu
Wagenachsen und zu Spurkränzen, und er wird dazu auch auf den norddeutschen und
belgischen Eisenbahnen schon häufig angewendet.
Jedenfalls wird sich die Stahlpuddelmethode überall da verbreiten, wo gute
Materialien dazu vorhanden sind, z. B. in Steiermark und Kärnthen, wo die
Einleitungen dazu, nach der Angabe des Hrn. Director Tunner auch schon getroffen sind.