Titel: Ueber die Darstellung von Essigsäure aus Branntweinessig; von Demselben.
Autor: C. Völckel
Fundstelle: Band 124, Jahrgang 1852, Nr. CI., S. 443
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CI. Ueber die Darstellung von Essigsäure aus Branntweinessig; von Demselben. Völckel, über die Darstellung von Essigsäure aus Branntweinessig. Die im Handel vorkommende Essigsäure, sogenannter Radicalessig, wird in einigen Fabriken, wie ich vermuthe, durch Destillation von essigsaurem Kalk mit SalzsäureMan s. Christl's Abhandlung im vorhergehenden Heft S. 375. erhalten. Proben von Essigsäure, die ich Gelegenheit hatte zu untersuchen, zeigten nämlich durchgehends einen kleinen Gehalt an Salzsäure. In der That läßt sich die Essigsäure, wie ich durch einige Versuche gefunden, sehr leicht und sehr rein durch Destillation von essigsaurem Kalk mit Salzsäure erhalten. Man verfährt auf folgende Weise: Starker Branntweinessig, am besten sogenannter Spritessig von 12 bis 15 Procent wasserfreier Essigsäure, — einem Gehalt, von dem man den Essig in einigen Fabriken durch ein noch wenig bekanntes Verfahren erhält — wird mit Kalk gesättigt, die trübe und gefärbte Lösung durch ein leinenes Tuch geseiht und in einem eisernen Kessel zur Trockne verdampft. Der trockne essigsaure Kalk ist, obgleich die Lösung durch die organischen Substanzen, welche der Branntweinessig enthält, gefärbt ist, doch vollkommen weiß, weil die färbenden Stoffe durch Einwirkung des Sauerstoffs der Luft größtentheils zerstört werden. Zur Zersetzung des essigsauren Kalks wendet man käufliche Salzsäure an. 100 Theile trockner reiner essigsaurer Kalk erfordern der Theorie nach ungefähr 140 Theile käufliche Salzsäure von 20° Baumé oder 1,16 spec. Gewicht. Bei Anwendung dieses Verhältnisses wird aber die destillirte Essigsäure ziemlich salzsäurehaltig. Nimmt man aber weniger Salzsäure, nur 130 Theile auf 100 Theile ganz trocknen essigsauren Kalk, so gibt die erhaltene Essigsäure mit salpetersaurem Silber nur eine Trübung. Selbst wenn man noch weniger Salzsäure nimmt, so wird doch die Essigsäure nicht ganz frei von Salzsäure, weil das Chlorcalcium stets in geringer Menge durch die Essigsäure zersetzt wird. Da aber der durch Sättigen von Branntweinessig mit Kalk dargestellte essigsaure Kalk nicht chemisch rein ist, so darf man hier nur 110 bis 120 Theile Salzsäure zur Zersetzung desselben anwenden. Die Zersetzung des essigsauren Kalks durch Salzsäure geht sehr leicht. Der essigsaure Kalk löst sich schon bei gewöhnlicher Temperatur in der Salzsäure auf; man hat nun eine Auflösung von Chlorcalcium in Essigsäure, verdünnt durch das Wasser der Salzsäure. Aus dieser Lösung destillirt die Essigsäure sehr leicht bei einer Temperatur von 110 bis 120° C. über. Die erhaltene Essigsäure ist, wenn gleich in dem zur Destillation verwandten essigsauren Kalk noch organische Substanzen, von dem bei der Essigbereitung zugesetzten Bier herrührend, enthalten sind, doch vollkommen frei von brenzlichen Producten, wenn nicht zuletzt das in der Retorte zurückbleibende Chlorcalcium zu stark erhitzt wurde. Die Destillation erfolgt hier nämlich aus einer ganz flüssigen Masse, und diese verhindert vermöge ihres specfischen Gewichts das Absetzen und Festbrennen von organischen Substanzen am Boden der Retorte. Das Gewicht der erhaltenen Essigsäure beträgt etwas mehr als das der verwendeten Salzsäure. Die Essigsäure hat 1,06 specifisches Gewicht, und enthält über 40 Procent wasserfreie Essigsäure. Die ganz geringe Menge Salzsäure, die sich in der auf die angegebene Art dargestellten Essigsäure findet, schadet in den wenigsten Fällen ihrer Anwendung. Die Essigsäure läßt sich aber auch leicht ganz rein erhalten, wenn man derselben eine kleine Menge kohlensaures Natron zusetzt und dieselbe nochmals destillirt. Die kleine Menge Salzsäure bleibt als Kochsalz in der Retorte zurück. Beringer bemerkt (polytechn. Journal Bd. CXVII, S. 396), daß die Essigsäure meistens durch Zersetzen des essigsauren Kalks mit Schwefelsäure gewonnen werde. Die nach dieser Angabe dargestellte Essigsäure fand ich aber stets stark mit schwefliger Säure und brenzlichen Producten verunreinigt; selbst wenn der zur Darstellung von essigsaurem Kalk benutzte Essig vorher destillirt worden war. (A. a. O.)