Titel: Versuche zur Begründung des ihm patentirten Verfahrens, anlangend die Beseitigung des Verlustes an Zucker bei der Scheidung des Rübensaftes und die Gewinnung einer reineren Zuckermasse aus demselben; vom Medicinalrath Friedrich Michaelis zu Magdeburg.
Autor: Friedrich Michaelis
Fundstelle: Band 125, Jahrgang 1852, Nr. XXXVIII., S. 139
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XXXVIII. Versuche zur Begründung des ihm patentirten Verfahrens, anlangend die Beseitigung des Verlustes an Zucker bei der Scheidung des Rübensaftes und die Gewinnung einer reineren Zuckermasse aus demselben; vom Medicinalrath Friedrich Michaelis zu Magdeburg. (Fortsetzung von S. 63 des vorhergehenden Heftes.) Michaelis, über den Verlust an Zucker bei der Scheidung des Rübensaftes. C. Drei Rüben wurden zerrieben und ausgepreßt. Der erhaltene Saft hatte bei 14° C. Temperatur ein specifisches Gewicht von 1,060 und polarisirte nach Mitscherlich 19,9° rechts, enthielt also wieder 12,97 Procent Zucker. 500 Gramme dieses Rübensaftes wurden mit 15 Grammen Kalkmilch, die 3 Gram. Kalk enthielten und denen 2 Gram. Chlorwasserstoffsäure hinzugefügt worden waren, also mit 2,624 Gram. Kalk und 0,742 Gram. Chlorcalcium geschieden. Nach dem Erkalten wurde das Gewicht der geschiedenen Masse durch Zusatz von Wasser auf 503,366 Gram. gebracht und nun filtrirt. Das Filtrat war zur Polarisation nicht brauchbar. 385 Gram. der filtrirten Flüssigkeit wurden bis auf 128 1/3 Gram. eingekocht. 113,829 Gram. der eingekochten Masse wurden mit Wasser verdünnt und mit Kohlensäure so lange behandelt, bis alles Gefällte sich wieder ausgelöst hatte. Hierauf wurde die Flüssigkeit aufgekocht, mit 34 Gram. Knochenkohle versetzt und zum Erkalten hingestellt. Nach dem Erkalten wurde das Gewicht des Gemenges, indem Wasser hinzugesetzt wurde, auf 341,487 Gram. + 34 Gram. = 375,487 Gram. gebracht und nun filtrirt. Das Filtrat war wasserhell, hatte bei einer Temperatur von 13 1/2° C. ein specifisches Gewicht von 1,0582 und polarisirte nach Mitscherlich 19° R., enthielt also 12,38 Procent Zucker. 200 Gram. dieses Filtrats kochten sehr gut bis zu einer Temperatur von 95° R. Nachdem das Eingekochte wieder in Wasser aufgelöst war, gab es mit kohlensaurem Kali gefällt 0,058 Gram. kohlensauren Kalk, so daß 500 Gram. 0,145 Gram. kohlensauren Kalk gegeben haben würden. Dieser Versuch zeigte: 1. Daß bei einem Zusatze von 0,742 Theilen Chlorcalcium auf 500 Theile Rübensaft und einer Menge Kalk, wie sie gewöhnlich zum Scheiden des Saftes angewendet wird, ein gutes Verkochen des Saftes stattfinden könne, wenn die Verkochung des Saftes vor Anwendung der Kohlensäure bis zu 1/3 der Saftmenge fortgeführt werde. 2. Daß bei diesem Versuche die Zersetzungen nicht vor sich gegangen waren, welche beim Verkochen des Saftes bei der gewöhnlichen Art zu scheiden vor sich gehen. 3. Daß dabei eine viel geringere Menge von Zucker zerstört worden war, indem von den im Safte befindlichen 12,97 Procent Zucker in dem verkochten Safte noch 12,38 Procent vorhanden waren und demnach der Verlust an Zucker nur 0,59 Procent vom Saftquantum betragen hatte. 4. Daß in 500 Theilen eines Saftes der auf die angeführte Weise geschieden, verkocht, mit Kohlensäure gefällt und über Knochenkohle filtrirt worden ist, sich noch ein Kalksalz befindet im Werthe von 0,145 Theilen kohlensaurem Kalk. D. Der Saft aus drei zerriebenen Rüben wurde ausgepreßt. Bei 8° C. hatte derselbe ein specifisches Gewicht von 1,0615 und polarisirte nach Mitscherlich 19,9° rechts, er enthielt demnach wieder 12,97 Procent Zucker. 500 Gram. dieses Saftes wurden mit 15 Gram. Kalkmilch, die 3 Gram. Aetzkalk enthielten und denen 3 Gram. Chlorwasserstoffsäure hinzugefügt worden waren, also mit 2,346 Gram. Kalk und 1,113 Gram. Chlorcalcium geschieden. Nach dem Erkalten wurde die Masse im silbernen Kessel auf 503,549 Gramme Gewicht gebracht, indem Wasser hinzugesetzt wurde und hierauf filtrirt. 400 Gram. des Filtrats wurden bis zu 133 1/3 Gram. eingedickt. Das Eingedickte wurde in 266,666 Gram. Wasser gelöst, mit Kohlensäure behandelt, bis alles Gefällte wieder aufgelöst war. Diese Flüssigkeit wurde aufgekocht und mit 40 Gram. Knochenkohle versetzt, zum Erkalten hingestellt. Nachdem die Masse erkaltet und hierauf durch Wasserzusatz auf 440 Gram. Gewicht gebracht worden war, wurde filtrirt. Die filtrirte Flüssigkeit war wasserhell, hatte bei 12° C. ein specifisches Gewicht von 1,0594 und polarisirte nach Mitscherlich 19,25° rechts, enthielt demnach 12,55 Procent Zucker. 300 Gram. ließen sich bis zu 95° R. gut einkochen, gingen aber für die weitere Untersuchung verloren. Dieser Versuch zeigte: 1) daß bei einem Zusatze von 1,113 Theilen Chlorcalcium auf 500 Theile Rübensaft und einer Menge Kalk, wie sie gewöhnlich in den Fabriken zur Scheidung des Saftes genommen wird, ein gutes Verkochen des Saftes erzielt werde, wenn der geschiedene Saft vor Anwendung der Kohlensäure bis zu 1/3 eingekocht wird; 2) durch die wasserhelle Beschaffenheit des Saftes, daß auch in diesem Versuche im Safte Zersetzungen nicht vor sich gegangen waren, wie sie stets im Safte vor sich gehen, der auf die gewöhnliche Weise geschieden wurde; 3) daß auch in diesem Versuche mit der Vermehrung der Menge des Chlorcalciums eine Verringung der Zerstörung des Zuckers eingetreten war, indem von den im ausgepreßten Rübensafte vorhandenen 12,97 Procent Zucker, im eingekochten und über Kohle filtrirten Safte noch 12,55 Theile vorhanden waren; die Zerstörung von Zucker sich folglich auf eine Zerstörung von 42/100 Procent von der Quantität des Rübensaftes beschränkt hatte. E. Der Saft aus drei Rüben wurde ausgepreßt; er hatte bei 10° C. 1,065 specifisches Gewicht und polarisirte nach Mitscherlich 20,55° rechts, enthielt also 13,4 Proc. Zucker. 500 Gramme dieses Rübensaftes wurden, wie im vorigen Versuche, geschieden und filtrirt. 400 Gram. des Filtrats wurden bis zu 200 Gram. eingedickt; diese Flüssigkeit wurde mit Kohlensäure gefällt, aufgekocht, mit 40 Gram. Knochenkohle versetzt und nach dem Erkalten durch Zusatz von Wasser auf 440 Gram. Gewicht gebracht, filtrirt. Die filtrirte Flüssigkeit war weiß, wie Wasser, polarisirte 19,75° rechts und enthielt demnach 12,88 Procent Zucker. 350 Gram. dieser Flüssigkeit wurden eingekocht. Bei 90° R. bräunte sich die Flüssigkeit und kochte musig. Dieser Versuch lehrte, daß bei der angegebenen Art zu scheiden noch immer eine Substanz vorhanden sey, die, wenn der Saft vor der Neutralisation mit Kohlensäure nur bis zur Hälfte eingekocht werde, nicht zerstört und nicht durch das Filtriren über 10 Procent Knochenkohle entfernt werde, daß dieß aber einträte, wenn der Saft vor der Behandlung mit Kohlensäure bis zu 1/3 eingekocht werde. F. Drei Rüben wurden zerrieben und ausgepreßt. Der erhaltene Saft hatte bei 8° C. 1,0615 specifisches Gewicht, polarisirte nach Mitscherlich 19,9° rechts und enthielt demnach 12,97 Procent Zucker. 500 Gram. dieses Saftes wurden mit 25 Gram. Kalkmilch, die 5 Gram. Aetzkalk enthielten und zu denen 4 Gram. Chlorwasserstoffsäure gegeben worden waren, also mit 1,484 Gram. Chlorcalcium und 4,249 Gram. Aetzkalk geschieden. Die geschiedene Masse wurde, nachdem sie erkaltet war, durch Zusatz von Wasser auf 503,733 Gramme gebracht und dann filtrirt. 370 Gram. des geschiedenen Saftes wurden bis auf 100 Gram. eingekocht; das Eingekochte wurde durch Zusatz von Wasser bis auf das Gewicht von 370 Gram. gebracht; aus dieser Flüssigkeit wurde der Kalk mit Kohlensäure gefällt; die so behandelte Flüssigkeit wurde gekocht; zu der kochenden Flüssigkeit wurden 37 Gram. Knochenkohle gegeben und die Flüssigkeit zum Erkalten hingestellt. Nachdem die Flüssigkeit erkaltet war, wurde ihr Gewicht durch Zusatz von Wasser auf 407 Gram. gebracht und filtrirt. Die filtrirte Flüssigkeit war wasserhell, ihre Polarisation verunglückte. 200 Gram. der Flüssigkeit kochten bis 95° R. gut. Die eingekochte Masse wurde verkohlt, die Kohle wurde mit Wasser ausgelaugt und hierauf eingeäschert. Die Asche wog 0,664 Gram., auch sie wurde mit Wasser ausgelaugt und die erhaltene Lauge zu der aus der Kohle erhaltenen gegeben. Der Rückstand von der Behandlung mit Wasser war kohlensaurer Kalk und wog geglüht 0,435 Gram., so daß 500 Gram. Saft 0,750 Gram. kohlensauren Kalk gegeben hätten. Die durch obiges Verfahren gewonnene Lauge wurde verdampft; der Rückstand geglüht. Dieser Rückstand wog 1,416 Gram. In Wasser gelöst und mit Chlorcalcium gefällt gab er 0,140 Gram. geglühten kohlensauren Kalk, so daß 500 Gram. Saft durch eine gleiche Behandlung 0,241 kohlensauren Kalk gegeben hätten.Ich bedaure bei diesem Versuche, nicht auf einen Gehalt an Phosphorsäure und Schwefelsäure Rücksicht genommen zu haben. Nachdem die von kohlensaurem Kalke getrennte Flüssigkeit durch Ammoniak und Oxalsäure vom überschüssig zugesetzten Chlorcalcium befreit worden war, wurde sie eingedickt und der Rückstand geglüht. Der geglühte Rückstand, an Gewicht 1,416 Gram., wurde in Wasser gelöst, die Lösung filtrirt. Auf dem Filter blieben 0,009 Gram. Kieselsäure, so daß aus 290 Gram. in Untersuchung genommener Flüssigkeit 1,407 Gram. alkalischer Chlorverbindungen erhalten worden waren. 0,968 Gram. der Chlorverbindungen gaben mit Natriumplatinchlorid 2,161 Gram. Kaliumplatinchlorid. Jene 1,407 Gram. Chlorverbindungen bestanden hiernach aus 0,960 Gram. Chlorkalium und 0,447 Gram. Chlornatrium. Da diese Chlorverbindungen aus 290 Gram. Saft erhalten worden waren, so würden 500 Gram. Saft 1,655 Gramme Chlorkalium und 0,771      „ Chlornatrium –––––––––––– Summa 2,426 Gramme Chloralkalien gegeben haben, in welchen und zwar im Chlorkalium 0,783 Gr. Chlor, „  Chlornatrium 0,465  „       „ ––––––––––––––                Summa 1,248 Gr. Chlor würden enthalten gewesen seyn. 500 Gram. Rübensaft aus Rüben derselben Sorte wurden mit Salpetersäure sauer gemacht; hierauf bis 100° C. erhitzt, filtrirt und das Filter gut ausgewaschen. Die filtrirte Flüssigkeit gab mit salpetersaurem Silber 0,545 Gram. Chlorsilber und zeigte also, daß von den erhaltenen Chloralkalien 0,283 Gram. Chlorkalium oder von dem erhaltenen Chlor 0,135 Gram. bereits in 500 Gram. Rübensaft enthalten sind. Die so eben beschriebenen Versuche lehrten: 1) durch das gute Verkochen des Saftes, daß die zu einem guten Verkochen nöthige Veränderung in ihm vorgegangen war; 2) durch die wasserhelle Beschaffenheit des Saftes nach der Filtration über Knochenkohle, daß in ihm die Zersetzungen nicht stattgefunden hatten, welche beim Verkochen von Rübensaft stattfinden, der auf die gewöhnliche Weise geschieden wurde; 3) durch die Gegenwart des kohlensauren Kalis in der verkohlten Masse, daß durch den Zusatz von 4 Gram. Chlorwasserstoffsäure zu 500 Gram. Rübensaft doch noch nicht alle Alkalien des Saftes in Chloralkalien verwandelt werden. (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)