Titel: | Die Erzröstung mit Gichtgasen bei den Hohöfen der Coltness-Eisenhütte in Schottland, sowie bei denselben angewendete verbesserte Formen. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. XXIV., S. 116 |
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XXIV.
Die Erzröstung mit Gichtgasen bei den Hohöfen der
Coltness-Eisenhütte in Schottland, sowie bei denselben angewendete verbesserte
Formen.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, April 1852, S.
4.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Ueber die Erzröstung mit Gichtgasen.
Die Hohöfen der Coltness-Hütte in der schottischen Grafschaft Lanark bieten in
ihrer neuern Einrichtung ein treffliches Beispiel von einer guten Benutzung der
Gichtgase dar, welche in den meisten Fällen (auf den schottischen Hütten) bis jetzt
unbenutzt entweichen. Hr. Houldsworth, der Besitzer jener
Hütte, hat auf diese Anwendung der Gichtgase ein Patent genommen, welches jedoch
erst durch Hrn. Hunter, den Betriebs-Director der
Coltness-Werke, zur Ausführung gekommen ist.
Außer der Ersparung, welche durch Erhitzung der Gebläseluft bewirkt wird, sowie durch
Feuerung der Kessel für die Gebläsedampfmaschine der sechs sehr großen Hohöfen
mittelst der Gichtgase, röstet Hr. Houldsworth mit
denselben auch noch die Erze und brennt den Zuschlagkalk. Die dazu erforderlichen
Einrichtungen sind in den Figuren 1 bis 7 dargestellt.
Fig. 1 ist
ein senkrechter Durchschnitt durch die Form an der Rückseite und durch den Vorherd,
sowie durch die Gasleitungen und durch einen von den Röstöfen. Fig. 2 ist eine Ansicht
von vorn von zweien der vier Röstöfen, sowie ein senkrechter Durchschnitt von einem
derselben und verschiedener einzelner Theile. Fig. 3 ist der Grundriß
eines Hohofens und der Röstöfen, sowie ein Horizontaldurchschnitt nach verschiedenen
Ebenen von zweien derselben.
Der Hohofen A hat die gewöhnliche, auf der
Coltness-Hütte übliche Form beibehalten; B ist
die Gichtöffnung und B' der sogenannte Gichtthurm über
derselben mit vier Oeffnungen an den Seiten, durch welche Erze und Brennmaterial in
den Ofen gelangen; C die hintere Form nebst Düse und
Windröhre (jeder Hohofen hat fünf Formen, zwei an jeder Seite und eine hintere).
Nicht weit unter der Gicht ist zwischen dem Mantel des Hohofens und dem
Schachtfutter ein ringförmiger Canal D angebracht,
welcher durch die Oeffnungen E mit dem Inneren des
Schachtes in Verbindung steht. An zwei einander entgegengesetzten Seiten des
Hohofens sind zwei Oeffnungen in dem Mantel vorhanden, die mit dem ringförmigen Canal D in Verbindung stehen und an denen die beiden Röhren
E' angebracht, welche mit den senkrecht darauf
stehenden F verbunden sind. Die andern Enden dieser
Röhren laufen in den Hauptcanal G aus, der durch die
Arme H mit den Röst- oder Brennöfen I in Verbindung steht. Jedem Ofen werden die Gase durch
zwei Röhren a, a (erster, in horizontalem Durchschnitt
dargestellter Ofen, Fig. 3, rechts) zugeführt. Die Arme H laufen
nicht unmittelbar in den Ofen aus, sondern in einen besondern kleinen Ofen oder
Feuerraum J, der den Zweck hat, die Gase vor ihrem
Einströmen in den Röstofen oder vielmehr in den ringförmigen Canal L, welcher in der Nähe der Ofensohle, in dessen Wänden
angebracht ist, zu entzünden. Der Canal L ist mit dem
obern Theil des Entzündungsofens durch die Röhren K
verbunden.
Wenn der Hohofen im Betriebe ist, so strömt ein Theil von den Gichtgasen durch die
Oeffnungen E in den Canal D,
und von hier aus durch die Röhren E' und F, und es ist die Menge derselben durch Klappenventile
M zu reguliren, deren Stangen bis zum Bereich der
Hohofenarbeiter niedergehen, so daß dieselben die Verbindung zwischen dem Hohofen
und den Röstöfen sogleich unterbrechen können. Das Einströmen der Gase aus der
Hauptröhre G in die Oefen ist ebenfalls durch die
Ventile N, am vordern Ende der Zweigröhren H, zu reguliren. Letztere erweitern sich in der Art, so
daß der Gasstrom über und unter die Roststäbe O des
Feuerungsraumes gelangen kann. Um nun den Gasstrom den einen oder den andern Weg
nehmen zu lassen, dient das Ventil P; wird dasselbe
niederwärts gedreht, wie Fig. 1 zeigt, so strömen
die Gase darüber weg und über den Rost; stellt man es in die Mitte, so strömen sie
darunter oder darüber, und stellt man es aufwärts, so gelangen sie gänzlich unter
den Rost. An dem Entzündungsofen ist ein Luftventil angebracht, um mit den
brennbaren Gasen eine hinreichende Menge Luft zu vermischen, damit eine vollständige
Verbrennung bewirkt werden kann. Die Einrichtung der Oefen kann aber auch so seyn,
daß der Entzündungsherd in dem Röstofen selbst befindlich ist, oder daß jener einen
Theil des letztern bildet. Auch kann der Entzündungsherd ganz wegbleiben und die
Gase können in dem Röstofen selbst entzündet werden, indem man Luft in denselben
einströmen und in unmittelbare Berührung mit dem zu röstenden Eisenstein treten
läßt. Der Gasstrom oder die Flamme gelangt mittelst des Canals K in den ringförmigen Raum L
und durch die Oeffnungen Q in den Ofen selbst. Hier
vertheilt sie sich zwischen der Eisensteinfüllung. Um aber diese Vertheilung besser
bewirken zu können, so daß sie mehr auf das Erz einwirkt, ist noch ein dritter Canal
R zwischen dem ringförmigen L und einem innern, concentrischen S, in der
Mitte des Ofens angebracht; in denselben strömt eine bedeutende Menge von Gasen ein
und entweicht durch Oeffnungen in die Mitte der Erzmasse. Der erforderliche Zug für
die Röstöfen wird durch eine Esse T hervorgebracht,
welche für vier Oefen gemeinschaftlich ist. Die aufsteigenden Gase, die Flamme und
die Dämpfe, welche durch den Ofen ziehen, entweichen durch die Oeffnung U im Gewölbe, gehen aus dieser in den Canal V, der sich längs aller Oefen hinzieht und durch den
kurzen Canal W mit der Esse in Verbindung steht.
Die Röstung wird so lange fortgesetzt, bis sie die erforderliche Wirkung
hervorgebracht hat, wovon man sich auf die gewöhnliche Weise überzeugt. Der Gasstrom
wird alsdann durch die Ventile H unterbrochen, der
Röstofen erkaltet und der geröstete Eisenstein herausgezogen. Das Laden der Oefen
geschieht von oben, durch die Oeffnung X im Scheitel des
Gewölbes eines jeden Ofens. Ueber alle vier Oefen läuft ein Schienenweg, auf welchem
die Förderwagen sich bewegen, die das zu röstende Erz herbeiführen. Das Ausziehen
des gerösteten Erzes erfolgt durch die Thüren Y, an der
vordern Seite des Ofens.
Die Oefen können auch, wie schon bemerkt, zum Brennen des Zuschlagkalkes angewendet
werden, welches jedoch bis jetzt noch nicht geschehen ist.
Die Fig. 4,
5, 6 und 7 stellen
verbesserte Formen für Hohöfen dar, auf welche Hr. Houldsworth ebenfalls patentirt ist. Fig. 4 ist ein
Längendurchschnitt von der sogenannten Ringform und Fig. 5 eine Endansicht
derselben von dem Ende der Mündung. A ist die in die
Form eintretende Düse oder Deupe; B die Form, welche auf
gewöhnliche Weise durch Wasser abgekühlt wird. An der Formmündung wird ein Querstück
C angegossen oder befestigt, wodurch dieselbe in
zwei Theile D getheilt wird, um den Windstrom ebenfalls
zu theilen. Indem nun der Wind aus der Form ausströmt, wird er von den geneigten
Wänden derselben abgelenkt, so daß beide Ströme, die aus der Form hervorkommen,
gegeneinander stoßen, eine breite, fächerartige Schicht bilden und den Wind daher
besser über die Materialien, auf welche er einwirken soll, verbreitet wird. Hier
sind die Seiten des Theilungsstücks C nur abgerundet,
allein sie können auch zugeschärft seyn, wenn es zweckmäßiger ist, ein stärkeres
Zusammenstoßen der Windströme zu veranlassen.
Fig. 6 ist der
Längendurchschnitt und Fig. 7 eine Ansicht von
dem Ende des Maules einer andern Einrichtung der Form. Das Ende der Düse A ist abgerundet und eingezogen wie bei B, und in der Mitte der Düsenöffnung ist eine Scheibe
C angebracht, so daß eine ringförmige Oeffnung
bleibt, nur durch die schmalen Schienen D, welche die
Scheibe halten,
unterbrochen. Durch diesen ringförmigen Raum strömt nun die Gebläseluft aus. Der
Strom oder die Ströme werden abgelenkt und stoßen – wie oben – gegen
einander.
Dieses Verfahren, um die Gebläseluft abzulenken oder über eine ausgedehnte Oberfläche
zu verbreiten, kann offenbar auf verschiedene Weise ausgeführt werden. Statt daß
dieß durch die Gestalt der Form geschieht, kann auch eine besondere
Ablenkungs-Oberfläche an den gewöhnlichen Formen angebracht und mit ihnen
verbunden werden, welche den Windstrom aufnimmt und ihn auf die Materialien im
Hohofen ablenkt.
Bis jetzt werden nur die Gichtgase von dreien der sechs Hohöfen auf der
Coltness-Hütte benutzt – von zweien zum Feuern von vier Kesseln der
Gebläse-Dampfmaschine, und von einem zur Feuerung der vier oben beschriebenen
Röstöfen. Es werden noch sechs solche Röstöfen eingerichtet werden, und man wird
alsdann im Stande seyn, allen Eisenstein, den die sechs Hohöfen bedürfen, mit
Gichtgasen zu rösten.
Die wöchentliche Production eines jeden von den drei Hohöfen, deren Gase benutzt
werden, beträgt durchschnittlich 161 Tonnen (3220 Ctr.). Davon sind 4/5 Roheisen Nr.
1, d.h. mehr als gewöhnlich in solchen Hohöfen producirt wird, deren Gase man nicht
benutzt. Dieß widerlegt daher die sehr allgemeine Annahme, daß die Ableitung der
Gichtgase das Verhältniß des Roheisens Nr. 1 vermindere.
Die zur Erzeugung von 1 Tonne Roheisen erforderlichen Steinkohlen (man verkohlt die
anthracitartigen Steinkohlen auf jenen Hütten nicht) und Kalkstein-Mengen
sind durch die Benutzung der Gase nicht gestiegen, wie genaue und bestimmte
mehrmonatliche Erfahrungen bewiesen haben. Eine fernere Thatsache ist die, daß der
von Gasen in geschlossenen Oefen geröstete Eisenstein in den Hohöfen leichter
reducirbar ist, weniger Kohlen bedarf, während das Verhältniß von dem Roheisen Nr. 1
steigt. Die Ersparung, welche man durch dieses Verfahren beim Rösten des
Thoneisensteins an Brennmaterial, Arbeitslöhnen und an einem reinern Product
erlangt, beträgt wenigstens 2 1/2 Shilling oder 25 Sgr. auf die Tonne Roheisen
– ein sehr wichtiger Umstand bei den jetzigen gedrückten Roheisenpreisen!
Zusatz.
Es ist einleuchtend, daß die Erzröstung mittelst Gichtgasen besonders bei den mit
Holzkohlen betriebenen Hohöfen zu empfehlen ist; die mit Kohks betriebenen
entwickeln weit weniger Gase und es würde wenigstens ein Hohofen nicht soviel
Röstöfen mit seinen Gasen feuern können.
Nachdem dieser Aufsatz schon übersetzt war, kam uns Tunner's Jahrbuch, Bd. II, zur Hand; es enthält (S. 203) einen Aufsatz des
Hrn. Director T. über „die schwedische
Eisenstein-Röstung mit Hohofengasen,“ woraus
hervorgeht, daß dieses Verfahren schon seit 1848 bei vielen schwedischen
Holzkohlen-Hohöfen angewendet wurde und daß man es auch in Böhmen, Kärnthen
und Steiermark, jedoch mit weniger gutem Erfolg angewendet habe. In Schweden hat man
sehr gute Resultate erlangt. Die angewendeten Röstöfen von 12 Fuß Höhe, an der Sohle
von 7 und in der Gicht von 5 1/2 Fuß Weite, erhalten die 8 Fuß unter der Gicht
aufgefangenen Gase durch eine mehr oder weniger lange gußeiserne Röhre zugeführt und
sind, wie die oben beschriebenen schottischen Oefen, mit einem ringförmigen Raum im
Gemäuer versehen, aus dem die Gase durch mehrere Reihen von Oeffnungen, die jedoch
nicht an der Sohle, sondern 5 bis 7 Fuß darüber angebracht sind, in den Ofen
gelangen. Es gehen auch radiale Canäle von innen nach außen, die jedoch verschlossen
werden können, theils um Luft zuzuführen, theils um mit Werkzeugen in den Ofen
gelangen zu können.
In je kürzern Zeitabschnitten das Ausziehen der gerösteten und das Nachfüllen der
rohen Erze erfolgt, um so gleichförmiger wird die Röstung bewirkt; in der Regel wird
alle 1 1/2 Stunden Erz gezogen. In 24 Stunden können in einem solchen Ofen 250 Cntr.
dichte Magneteisensteine und Eisenglanz geröstet werden. Ueberall in Schweden hat
sich, wie auch auf der Coltness-Hütte, gezeigt, daß von den aus diesen
Röstöfen erhaltenen, im Vergleich mit den in gewöhnlichen Schachtöfen mit besonderm
Brennmaterial gerösteten Erzen, auf dieselbe Kohlengicht bei 5 Proc. mehr gefetzt
werden konnte, und außerdem ein regelmäßigerer Gang des Hohofens erfolgte. Die
Ursache davon ist leicht einzusehen, denn bei der bessern Vertheilung und leichtern
Regulirung der Hitze in den Gasröstöfen muß nothwendig eine gleichförmigere Röstung
erfolgen, als in den gewöhnlichen Schachtröstöfen. – Werden einem Hohofen nur
die wenigen, zur Röstung der eigenen Erze erforderlichen Gase entzogen, so
verursacht dieß, nach den in Schweden gemachten Erfahrungen, gar keine
Nachtheile.