Titel: Kurze und sichere Methode, den Handelswerth der Seifen zu bestimmen; von Dr. Alexander Müller in Chemnitz.
Fundstelle: Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXXVI., S. 358
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LXXVI. Kurze und sichere Methode, den Handelswerth der Seifen zu bestimmen; von Dr. Alexander Müller in Chemnitz. Aus dem Journal für praktische Chemie, 1852, Nr. 24. Müller's Methode, den Handelswerth der Seifen zu bestimmen. Bei der Umständlichkeit der Methode, wonach in einer Portion der Seife die Fettsäure, in einer andern aus dem Einäscherungsrückstand das Alkali bestimmt wird, halte ich die nachstehende Methode der Veröffentlichung nicht für unwerth, indem sie bei größerer Einfachheit der Manipulation schnellere und zuverlässigere Resultate zu geben scheint. Sie gilt zunächst den bei Weitem häufiger vorkommenden Natronseifen, doch läßt sie sich mit entsprechender Veränderung leicht auch auf Seifen mit anderer Basis übertragen. Die abgewogene Seife von 2–3 Gram, wird in einem tarnten Becherglas von ungefähr 160 Kubikcentimeter Inhalt durch 80–100 Kubikcentimeter Wasser unter Erhitzen im Wasserbad gelöst und dazu nach und nach die muthmaßlich drei- bis vierfach größere Menge verdünnte Schwefelsäure, als zur Zersetzung der Seife nöthig ist, aus einer Burette gegossen. Wenn sich nach mehrmaligem Umrühren die Fettsäure auf der wässerigen Lösung in durchsichtiger klarer Schicht abgeschieden hat, läßt man erkalten, bringt darauf den Inhalt des Becherglases auf ein befeuchtetes, vorher bei 100° C. getrocknet gewogenes Filtrum und wäscht mit Wasser bis zum Verschwinden der sauren Reaction aus. Einstweilen hat man das Becherglas in ein Wasserluftbad gestellt, so daß es, bereits trocken, das ausgewaschene und abgetropfte Filtrum, welches man auf seine Oeffnung wie in einen Trichter setzt, im Trocknen unterstützt; die Fettsäure durchzieht alsbald das Papier und fließt endlich größtentheils auf den Boden des Becherglases – das Mehrgewicht dieses nach dem Abkühlen gegen früher gibt mit Abzug des Filtergewichts den Fettsäuregehalt. Ein zweimaliges Trocknen und Wägen hat man nicht nöthig, wenn an der erkalteten Glaswand innerhalb kein Hauch zu bemerken ist, welcher von einer Spur noch vorhandenen Wassers herrühren würde. Sollte die Menge des zum Marmoriren der Seife zugesetzten Eisenoxyds beträchtlich seyn, so findet man sie leicht durch Einäschern des Filters und Gewichtsbestimmung des Rückstandes. Die von der Fettsäure auf dem Filter abgelaufene Flüssigkeit hat man nebst Waschwasser in einem ausreichend großen Becherglas aufgefangen, man färbt sie mit Lackmustinctur und versetzt sie bis zu eintretender Bläuung mit einer titrirten alkalischen Flüssigkeit. Die Differenz der auf die früher zugegossene Schwefelsäure berechneten und der bei dem letzten Versuch verbrauchten Menge alkalischer Lösung läßt den Gehalt der Seife an wirksamem Alkali berechnen. Beispiel.            2,386 Gram. Seift (zum Theil Cocosnußölseife)            1,795    „ Fettsäure mit Filter            0,444    „ Filter            –––––––––––––––––            1,351 Gram. Fettsäure (hydrat) = 56,62 Proc. 28,0 Kubikcentim. für die Zersetzung der Seife verwendeteSchwefelsäurelösung, von welcher 100 Kubikcentim.2,982 Gram, kohlensaurem Natron entsprechen. 17,55 Kubikcentimeter alkalische Flüssigkeit, welche zur Sättigungder erwähnten Säuremenge diente, und von welcher 100Kubikcentimeter gleichviel Kubikcentimeter jener Säure sättigen. –––––––––––– 10,45 Kubikcentimeter der zur Sättigung des in der Seife enthaltenenAlkalis nöthigen Schwefelsäure entsprechen 0,1823 Gram.Natriumoxyd = 7,64 Proc. Eine Bestimmung des Alkalis als schwefelsaures Salz ergab in einem andern Seifenquantum 9,57 Proc. Natron, indem hierzu das der Seife beigemengte schwefelsaure Natron und Chlornatrium sein Alkali lieferte. Die von mir angewendete alkalische Flüssigkeit war eine Zuckerkalklösung; man kann sie natürlich durch eine Sodalösung ersetzen und muß dieß sogar, wenn das der Seife beigemischte Chlornatrium und schwefelsaure Natron in folgender Weise bestimmt werden soll: Die genau durch Alkali wieder neutralisirte Flüssigkeit wird zur Trockne verdampft und der Rückstand gelind geglüht; da bei obiger Manipulation die Flüssigkeit nicht zum Kochen erhitzt wurde, so hat man in dem gewogenen Glührückstand ursprüngliches schwefelsaures Natron und Chlornatrium, dazu das aus der Seife und dem zugesetzten Natron mit der entsprechenden Schwefelsäure gebildete schwefelsaure Natron. Ein zweites Glühen mit Schwefelsäurehydrat verwandelt den gesammten Rückstand in schwefelsaures Natron und aus der Gewichtszunahme läßt sich durch Vergleichung der Atomgewichte von NaCl und NaO, SO₃ die Menge des erstern ableiten; nach den Atomgewichten, welche Kopp im Jahresbericht für 1850 anführt, verhält sich die Gewichtszunahme zum Chlornatrium wie 1 : 4,68. Das ursprüngliche schwefelsaure Natron muß endlich gefunden werden durch Abziehen des gebildeten gleichen Salzes + berechnetem Chlornatrium von dem ersten Glührückstande. Für die Praxis wird es nur selten nöthig seyn, die Untersuchung auf Chlornatrium und schwefelsaures Natron auszudehnen; außer bei den gerührten Seifen und den cocosnußölhaltigen fernt man gewiß weniger von der Wahrheit, wenn nach obiger Bestimmung der Fettsäure und des wirksamen Alkalis die fehlenden Procente für Wassergehalt in Rechnung kommen, als wenn man aus dem selbst bei 150° C. aus technisch dargestellten Seifen nie vollständig entweichenden Wasser und einer andern Bestimmung der Fettsäure oder des Alkalis en bloc, die Fettsäure oder gar den Alkaligehalt berechnen will. Die hier gegebene Methode theilt mit den gewöhnlichen die Unvollkommenheit, daß der Fettsäure unverseiftes Fett, dem gebundenen Alkali das beigemengte Hydrat oder Carbonat, dessen Gegenwart man leicht aus dem Aufschäumen der Seifenlösung bei dem Schwefelsäurezusatz erkennt, gleichgestellt wird; doch kann ihr daraus wohl kein Vorwurf gemacht werden. Abgesehen davon, daß derartige subtilere Bestimmungen immer den Chemikern von Fach überlassen bleiben müssen, schließen sich, bei gewissem Alter der Seife wenigstens, freies Alkali und unverändertes Fett aus; es verräth sich ferner ein bedeutender Ueberschuß des einen oder andern Bestandtheils alsbald durch entsprechende Abweichung der Seife von den charakteristischen Eigenschaften eines guten Productes, und ein geringerer Ueberschuß kann hinlänglich genau aus dem Verhältniß des Alkali beurtheilt werden, welches, Natriumoxyd vorausgesetzt, bei einer reinen Cocosölseife nicht über 13 Proc., bei einer Talgseife nicht unter 11,5 Procent des Fettsäuregehaltes betragen soll, bei Palmöl- und gemischten Seifen aber der einen oder andern Gränze sich nähern wird.