Titel: Ueber die Seifen und ihre Anwendung in den Fabriken; von F. C. Calvert, Professor der Chemie in Manchester.
Fundstelle: Band 128, Jahrgang 1853, Nr. LI., S. 214
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LI. Ueber die Seifen und ihre Anwendung in den Fabriken; von F. C. Calvert, Professor der Chemie in Manchester. Aus der Chemical Gazette, März 1853, Nr. 250. Calvert, über die Seifen. Die Seifen zerfallen in zwei Classen, nämlich in harte und weiche; in jenen ist das Fett hauptsächlich mit Natron, in diesen mit Kali verbunden. Zwischen beiden Classen von Seife findet noch der wichtige Unterschied statt, daß die weichen Seifen alle Bestandtheile des bei ihrer Bereitung angewandten Fetts enthalten, während in den Natronseifen einer dieser Bestandtheile, nämlich das Glycerin oder Glyceryloxyd, beseitigt ist. So wird bei der Fabrication weicher Seifen entweder das mit einem großen Antheil Fischthran gemengte Fett, oder bloßer Thran, mit caustischer Lauge gekocht, und nachdem die Verseifung bewirkt und das Ganze hinreichend concentrirt ist, läßt man es erkalten; während bei der Darstellung harter Seifen die angewandten caustischen Laugen eine hinreichende Menge Wasser enthalten, um das Glycerin aufzulösen welches bei der Einwirkung des Alkalis auf das Fett abgeschieden wird. Aus diesen Thatsachen ersieht man, daß die stattfindende chemische Veränderung darin besteht, daß Kalium- oder Natriumoxyd an die Stelle des Glyceryloxyds tritt, welches in den fetten Oelen und Talgarten in Verbindung mit Oelsäure, Talgsäure und Margarinsäure vorhanden war, so daß also ölsaures, talgsaures und margarinsaures Kali oder Natron gebildet werden, welche in Wasser auflöslich sind. Es läßt sich erwarten, daß eine große Mannichfaltigkeit von Seifen für die verschiedenartigen Zwecke fabricirt werden muß, wozu man die Seifen in den Haushaltungen und Fabriken anwendet; und so finden wir auch daß verschiedene Qualitäten von Seife bereitet werden zum Entschälen der rohen Seide, zum Waschen der Wolle, oder zum Schönen der in Krapp gefärbten Zeuge. Sonderbarerweise kennen wir die wirkliche Zusammensetzung, welche jede dieser Seifen darbieten sollte, um die größte Wirkung hervorzubringen, gar nicht, ja wir sind sogar mit der Zusammensetzung der jetzt gebräuchlichen Seifensorten nicht bekannt. Um den wesentlichen Unterschied zu ermitteln, welcher zwischen den zu obigen Zwecken gebräuchlichen Seifen statt findet, war ich genöthigt eine große Anzahl von Analysen zu machen. Man wird dieß leicht begreifen, wenn man bedenkt, daß die Seifen welche zu demselben Zweck in verschiedenen Fabriken angewandt werden, um 25 Procent im Gehalt differiren. Ich bin jedoch zu folgenden allgemeinen Resultaten gelangt, indem ich die Zusammensetzung dieser Seifen für einen Wassergehalt von 30 Procent berechnete: Zusammensetzung der Seifen in 1000 Gewichtstheilen.     Seife derKattundrucker.    Seife derSeidenfärber.         Seife derWollenmanufacturen. Fette Stoffe       640      619            614 Natron         60        81              86 Wasser       300      300            300 Aus diesen Resultaten ersehen wir, daß die gebräuchlichen Seifen nach dem Zweck ihrer Anwendung einen verschiedenen Alkaligehalt haben; so enthalten 1000 Theile der Seife welche zum Entschälen der Seide dient 21 Theile mehr Alkali, und 1000 Th. von der zum Waschen der Wolle dienenden Seife 26 Theile mehr Alkali als man in der zum Schönen von Krappviolett geeignetsten Seife findet. Diese Thatsachen zeigen uns folglich, wie wichtig es ist, die wirkliche Zusammensetzung einer Seife zu ermitteln, ehe man sie zu einem bestimmten Zweck anwendet. Wenn einerseits ein Kattundrucker eine Seife gebrauchen wollte, welche die Zusammensetzung der zum Wollewaschen dienenden hat, so würde er sein Krappviolett verderben oder matt machen; und wenn andererseits der Streichwollspinner die neutrale Seife des Kattundruckers anwenden wollte, so erhielte er nur unvollkommene Resultate: weil die Seife zum Waschen der Wolle nothwendig einen Ueberschuß von Alkali enthalten muß, nicht damit sich dieses Alkali mit dem Fett der Wolle verbinden, sondern damit es mit dem Stearin und Olein eine Emulsion bilden und so den Schmutz entfernen kann, welchen letztere auf der Wolle befestigen. Die Kattundrucker haben überdieß den Einfluß zu berücksichtigen, welchen Seifen von verschiedener Zusammensetzung auf die Nüancen der in Krapp gefärbten Waare ausüben; denn es ist einleuchtend, daß die einen schwachen Ueberschuß von Alkali enthaltende Seife, welche zum Aviviren von Krapproth oder Dunkelrosa die geeignetste ist, die Schönheit des Krappviolett benachtheiligen würde. Im ersten Falle beabsichtigt der Färber nicht nur sein Roth oder Rosa zu fixiren und zu beleben, sondern überdieß den gelben Farbstoff und zum Theil auch den rothen abzuziehen, wogegen im letzteren Fall eine Seife, welche so wenig Alkali als möglich enthält, die besten Resultate gibt. Ich habe durch Versuche gefunden, daß folgende zwei Seifen für diese Zwecke die geeignetsten sind: Seife für   Violett.   Seife fürDunkelrosa. Fette Substanz     60,4    59,23 Natron     5,6      6,77 Wasser   34,0    34,00 Nun finden wir aber, daß die meisten Kattundrucker dieselbe Seifensorte für alle Nüancen ihrer Krappwaaren gebrauchen. Einige glauben diese Schwierigkeit dadurch umgehen zu können, daß sie mehr oder weniger von derselben Seife anwenden; dieß ist jedoch ein Irrthum, wie nicht nur schon die obigen Bemerkungen ergeben, sondern auch deßhalb, weil, wie wir sogleich zeigen werden, die im Handel vorkommenden Seifen in ihrer Zusammensetzung Unterschiede darbieten, welche die verschiedenen Verhältnisse von Seife, die man in den Druckereien zum Schönen bestimmter Nüancen der Krappwaare anzuwenden pflegt, vollkommen ausgleichen. Ich habe mich von dieser Thatsache dadurch überzeugt, daß ich die Seife untersuchte, welche einer Zeugdruckerei während eines Zeitraums von zwölf Monaten geliefert wurde; wie die folgenden Resultate zeigen, differirte diese Seife manchmal um 25 Procent an Werth:     I.   II.   III.   IV.    V. Wasser 26,00    29,3    34,81    38,0    45,00 fette Substanz   66,00 64,0 56,00 55,4 46,01 Alkali   7,56   6,3   6,98   6,1   5,80 Unreinigkeiten   0,43   0,4   2,21   0,5   2,19 Diese Ziffern zeigen auch, daß der Gehalt einer Seife an wahrhaft wirksamen Bestandtheilen, nämlich an fetten Substanzen, von 46 bis 66 Procent wechseln kann; daraus ersieht man, daß einige unserer großen Kattundruckereien jährlich eine bedeutende Summe Geldes schon dadurch verlieren, daß sie einem einzigen Artikel nicht die gehörige Aufmerksamkeit schenken. Jedes Stück in Krapp gefärbter Waare erfordert nämlich zum Schönen 1 Unze bis 4 Unzen Seife. Rechnen wir durchschnittlich 2 Unzen per Stück, so würde eine Druckerei welche jährlich 100,000 Stücke producirt, 12,500 Pfd. Seife verbrauchen, und wenn die Seife um 25 Procent weniger werth ist, so käme der Verlust 4125 Pfd. gleich. Bei der Anwendung von Seife in den Kattundruckereien blieb bisher noch eine Thatsache unbeachtet, welche eine vorzügliche Berücksichtigung verdient, nämlich daß die Seifen jetzt nicht mehr, wie früher, mit einerlei Fettart dargestellt werden, sondern manchmal mit Palmöl, ein anderesmal mit flüssigen Pflanzenölen (wie Rapsaatöl, Galipoli-Oel) oder mit thierischen fetten Oelen, und endlich mit dem Olein welches man beim Pressen des Talgs zur Fabrication von Compositionskerzen erhält. Dieses flüssige Olein, welches einen kleinen Antheil von Margarin und Stearin enthält, wird gegenwärtig in großer Menge zur Seifenfabrication angewandt. Ich habe mich durch directe Versuche überzeugt, daß eine solche Seife den Krappfarben nicht dieselbe Lebhaftigkeit und Haltbarkeit. ertheilt, wie eine Seife welche mit einem aus Margarin und Olein bestehenden Pflanzenöl, oder mit einem aus Margarin, Stearin und Olein bestehenden thierischen Fett dargestellt ist; wenn folglich ein Färber eine Seife von ersterer Zusammensetzung anwendet, so kommt er hinsichtlich der Qualität seiner Waare in Nachtheil, weil er mit einer solchen Seife nicht die volle Wirkung hervorzubringen vermag. Ich darf auch nicht unerwähnt lassen, daß ich in einigen Kattundruckereien Hausseife von geringer Qualität antraf, welche wenigstens 10 Procent Harz enthielt; da solche Seifen nicht die beim Kattundruck erforderlichen Eigenschaften besitzen, so müssen sie dem Drucker Verlust verursachen, wie auch die manchmal vorkommenden Seifen welche Leim enthalten. Ich habe auch eine große Anzahl von Seifen untersucht welche in den Haushaltungen angewandt werden, und sie von sehr verschiedener Güte gefunden, wie folgende Zahlen zeigen.            Harte Seife.  Weiche Seife.     I.    II.   III.     I.   II. Fette Substanzen etc.   67,00    57,52    56,09     41,67    58,95 Wasser 26,81 36,00 39,14 49,49 32,15 Alkali   6,19   6,48   4,77   8,84   8,90