Titel: | Beschreibung eines in der mechanischen Werkstätte der Augsburger polytechnischen Schule ausgeführten Apparates zum Festhalten der für photographische Aufnahmen bestimmten Glasplatten während des Putzens derselben. |
Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. XXIII., S. 94 |
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XXIII.
Beschreibung eines in der mechanischen Werkstätte
der Augsburger polytechnischen Schule ausgeführten Apparates zum Festhalten der für
photographische Aufnahmen bestimmten Glasplatten während des Putzens
derselben.
Mit einer Abbildung aus Tab. II.
Apparat zum Festhalten der Glasplatten welche für photographische
Aufnahmen bestimmt sind.
Der Uebelstand, daß bei den auf gewöhnliche Weise zum Putzen aufgespannten
Glasplatten nicht alle Punkte der Oberfläche für den Putzballen gleich zugänglich
sind, was in der Nähe der Ränder und Ecken der Glastafel eine minder vollkommene
Reinigung als in der Mitte zur Folge hat, so wie die Unannehmlichkeit, daß, wenn die
Glastafel sich nur im geringsten bewegen kann, leicht Ritze auf ihrer unteren Seite
entstehen etc., brachten den Photographen Hrn. Joseph Albert auf die Idee, den Luftdruck zum Befestigen der Glasplatten zu
benützen. Zur Ausführung seiner Idee, welche darin bestand, aus einem mit der zu
reinigenden Glastafel bedeckten Cylinder die Luft auszuziehen, wandte sich Hr. Albert an die mechanische Werkstätte der Augsburger
polytechnischen Schule, welche demselben den in Fig. 16 im verticalen
Durchschnitt in halber Naturgröße gezeichneten Apparat in mehreren Exemplaren
lieferte. Eine mehrmonatliche unausgesetzte Anwendung dieser Vorrichtung bewies ihre
vollkommene Zweckmäßigkeit, und rechtfertigte alle von derselben gehegten
Erwartungen.
Der Apparat besteht aus einem messingenen Cylinder A,
welcher ungefähr einen Zoll von seinem oberen Ende entfernt mit einem breiten
vorspringenden Rande B versehen ist. Dieser Rand liegt
auf der obern Fläche des Tisches auf, an welchem man den Apparat anbringen will, und
dessen Platte C zu diesem Zweck mit einer Oeffnung
versehen wird, die groß genug ist, um den untern Theil des Cylinders sammt dem Bügel
durchzulassen. Mittelst einiger Holzschrauben wird dann der Rand B auf den Tisch so fest geschraubt, daß der Bügel und
der Schlüssel der Hauptschraube des Apparates sich unterhalb des Tisches befinden.
Der Cylinder A ist mit einem Kolben D versehen, dessen Liederung aus einem einfachen
Lederstulp E besteht, welcher durch einen Deckel F an den Kolben angedrückt wird. Zur Verbindung des
Deckels F mit dem Kolben D
dienen die sechs Schrauben G. Um den Kolben trotz des
bedeutenden Luftdruckes, welchem die untere Seite desselben ausgesetzt ist, leicht
bewegen und ihn in jeder Lage, die man ihm gegeben hat, festhalten zu können, wurde
eine Schraube H mit einer Steigung, die einen
Viertelzoll beträgt, angewandt. Diese mit einem Schlüssel I versehene Schraube geht durch den Bügel K,
in welchem sie ihre Mutter hat, und der mit einem Ansätze auf dem unteren
Cylinderrande aufruht, während vier kleine Schrauben L
durch an dem Bügel angebrachte Lappen gehen, und diesen mit dem Cylinder vereinigen.
Damit nun der Kolben nur die geradlinige Bewegung der Schraube annimmt, ist letztere
an ihrem oberen cylindrischen Ende mit einem Halse versehen, in welchen zwei
Stahlplättchen M eingreifen, die von seitwärts in die
Kolbennabe eingeschoben sind, und zusammen den ganzen Hals umfassen. Um diese in
ihrer Lage zu erhalten, ist über die Kolbennabe ein Ring N geschoben, der durch zwei kleine Schräubchen befestigt wird. Es ist nun
leicht einzusehen, daß, je nachdem die Schraube H rechts
oder links gedreht wird, der Kolben in dem Cylinder auf- oder abwärts geht.
Da die zu reinigenden, auf den oberen Cylinderrand aufgelegten Glastafeln luftdicht
anliegen müssen, irgend ein Kitt oder Fett aber die untere Fläche der Glasplatte
beschmutzen würde, so wurde eine kreisförmige, seichte Nuth aus der oberen Fläche
des Cylinders ausgedreht, und in diese ein elastischer Ring O von vulcanisirtem Kautschuk gelegt, welcher auch bei nicht vollkommen
ebenen Glasplatten einen dichten Verschluß bewirkt.
Die Arbeit des Aufspannens ist äußerst einfach und geht sehr rasch von Statten. Man
legt die Glastafel oben auf den Cylinder, drückt mittelst eines Putzballens, den man
in der Hand hat, fest auf dieselbe, und dreht mit der andern Hand die Schraube H zwei- bis dreimal um, worauf die Tafel mehrere Stunden
lang so fest gehalten bleibt, daß man sie nicht loszureißen im Stande ist.
Bei den ersten Versuchen zeigte sich nun, daß, wenn vor dem Auflegen der Glasplatte
der Kolben ganz oben im Cylinder stand, die Luftverdünnung so beträchtlich wurde,
daß schwache Platten den äußeren Luftdruck nicht mehr auszuhalten vermochten,
sondern mit einem heftigen Knall so in den Cylinder hineingedrückt wurden, daß die
Glassplitter in dem messingenen Kolben und der Cylinderwand stecken blieben. Um den
Apparat gegen solche Beschädigungen zu schützen, wurde ein Deckel P angewandt, der mit einem cylindrischen, genau in den
Apparat passenden Rande versehen ist. Da aber dieser Deckel zugleich einen weitern
Stützpunkt für die Glasplatte geben sollte, so durfte er nur bis auf eine gewisse,
beständig gleichbleibende Tiefe in den Cylinder hineingehen können, weßhalb
letzterer oben etwas weiter gedreht, und an dem Deckelrande ein Ansatz angebracht
wurde. In die Mitte des Deckels ist ein Knopf Q
eingeschraubt, in welchen ein kleines Kautschukscheibchen eingelassen ist. Da die
obere Fläche desselben genau in derselben Ebene liegt, wie der Ring O, so ist auch die Glasplatte in ihrer Mitte
unterstützt, und kann nun dem Luftdruck bei weitem besser widerstehen. Um die Luft
leicht durch den Deckel hindurch zu lassen, ohne daß jedoch im Falle eines Bruches,
der übrigens seit Anwendung des Deckels nie mehr vorkam, Glassplitter bis zum Kolben
gelangen können, wurde der Stiel des Knopfes Q
durchbohrt, und in diese Bohrung münden vier kleine unter dem Knopfe angebrachte,
von unten nach oben gehende Luftcanäle. Sollte nun doch, ungeachtet der Stütze in
der Mitte, einmal eine Glastafel springen, so werden die Splitter den Apparat
unmöglich beschädigen können, sondern sämmtlich in dem Deckel P liegen bleiben, welcher durch Hinaufschrauben des Kolbens langsam aus
dem Apparate gehoben wird, und dann entleert werden kann. Ein Zerspringen der
Glasplatte ist bei Anwendung des Deckels um so weniger zu befürchten, als der Kolben
der Platte nicht mehr so nahe gebracht werden kann wie früher, und die
Luftverdünnung also nie mehr so beträchtlich wird.
Als Beweis für die Güte der äußerst einfachen und leicht herzustellenden
Kolbenliederung mag die Bemerkung dienen, daß, nachdem eine Platte drei Stunden lang
aufgespannt geblieben war, der Kolben fast ganz in seine ursprüngliche Lage
zurückgebracht werden mußte, ehe man die Glastafel wieder abnehmen konnte.
C. Walther.