Titel: | Preller's patentirte neue Lederbereitung. |
Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. LXIX., S. 305 |
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LXIX.
Preller's patentirte neue
Lederbereitung.
Aus dem Mechanic's Magazine, 1853, Nr.
1548.
Preller's neue Lederbereitung.
Dieses am 8. März 1852 patentirte Verfahren der Lederbereitung ist ein so gänzlich
neues, mit so vielen Vortheilen verbunden, und liefert ein für viele praktische
Zwecke so geeignetes Product, daß es eine gänzliche Umwälzung in der Gärberei
erwarten läßt. Hr. Preller
errichtete in Lant-street, Southwark, ein Etablissement, in welchem er seine
Lederfabrication in sehr großem Maaßstabe betreibt und mit einem Erfolg, der sich in
verhältnißmäßig so kurzer Zeit nicht hätte erwarten lassen. Seine Leder stehen auf
dem Markte bereits in großem Rufe und werden für verschiedene Industriezwecke bald
sehr beliebt werden, namentlich für Treibriemen, zu welchen ihre ausgezeichnete
Festigkeit, Biegsamkeit, die Gleichförmigkeit der Structur und ihre Dauerhaftigkeit
sie vorzüglich geeignet machen.
Eine Vergleichung der Eigenschaften, welche das Leder durch dieses Verfahren erhält,
mit denjenigen welche es durch das Gerben mit Eichenlohe, Catechu u.s.w. bekommt,
ergibt so auffallende Unterschiede, daß eine Mittheilung über diesen Gegenstand, so
weit wir ihn bis jetzt kennen, gerechtfertigt erscheint.
Das erste Stadium des Verfahrens ist demjenigen bei der Lohgerberei ähnlich. Nach
Entfernung der Hörner werden die Häute leicht gewaschen und auf gewöhnliche Weise
enthaart. Hierauf werden sie theilweise getrocknet, dann auf der Fleischseite mit
einer eigenthümlichen Mischung bestrichen, welche nach der Patentbeschreibung aus
thierischen, vegetabilischen und salzigen Stoffen besteht. Die angewendeten
thierischen Stoffe sind Rindsgehirn, Butter, Milch, thierische Fette; von
vegetabilischen Stoffen kommen solche zur Anwendung, die viel Stärke, aber wenig
Kleber enthalten, wie Gerstenmehl, Reismehl, oder Stärke für sich; von Salzen
benutzt man Kochsalz oder Salpeter. Folgende Mischung liefert ein gutes Resultat:
Gerstenmehl 26 Theile, Rindsgehirn 23 Th., Kochsalz oder Salpeter 4 Th., ungesalzene
Butter 6 1/2 Thl., Milch 12 1/2 Thl., thierisches Fett, wie Klauenfett oder
Pferdefett, 28 Th. Die Butter und das Rindsgehirn werden zuerst zusammengemischt,
dann allmählich das Mehl, darauf das Fett und zuletzt die Milch hinzugefügt. Das
Salz, welches dazu bestimmt ist, die Butter und das Gehirn zu conserviren, kann
denselben gleich anfangs beigemischt wenden.
Nachdem die Felle oder Häute auf großen Tafeln ausgebreitet und dann auf der
Fleischseite mit der erwähnten Mischung bestrichen worden sind, bringt man sie so
vorgerichtet in große Cylinder, die dann um ihre horizontale Achse in Drehung
versetzt werden. Diese Cylinder oder Trommeln haben 9 bis 10 Fuß Durchmesser und 5
Fuß Länge, und an jedem Ende derselben ist ein viereckiges Loch, durch welches man
die Haute einbringt und wieder herausnimmt. Auf ihrer innern concaven Fläche sind
starke Pflöcke in der Richtung von Radien befestigt, deren Zweck ist, die Felle
kräftig zu schlagen, um eine gleichmäßige Vertheilung der noch in ihnen enthaltenen
Feuchtigkeit und die vollständige und gleichförmige Absorption der teigartigen Masse
zu bewirken.
Die Cylinder werden mittelst Riemen von einer Dampfmaschine in Bewegung gesetzt; man
kann ihre Bewegung beliebig beschleunigen oder langsamer machen, je nachdem der
Proceß mehr oder weniger vorgeschritten ist. Um eine Austrocknung zu bewirken, was
bisweilen angemessen ist, wird der gebrauchte Dampf der Maschine in einen großen
Behälter geleitet, von welchem aus ein Hauptrohr längs des Fußbodens des Locals
hingeht; dieses steht durch Röhren und hohle Achsen mit dem Innern der Cylinder in
Verbindung, welche Verbindung man durch an den Röhren befindliche Hähne beliebig
öffnen und schließen kann. Nachdem die Cylinder mit den Fellen einige Stunden lang
– nach der Beschaffenheit und Dicke der Häute kürzere oder längere Zeit
– sich umgedreht haben, werden sie angehalten und die Felle herausgenommen.
Man versichert sich nun, daß die Absorption und theilweise Austrocknung gehörig und
gleichförmig vor sich gegangen sind, und daß die bis jetzt noch nicht vollkommen
gesättigten Häute zu einer zweiten Bestreichung mit teigartiger Masse vorbereitet
sind. Ehe diese aber vorgenommen wird, hängt man sie an einem recht luftigen Orte
auf, damit die Beschaffenheit aller eine gleichförmigere wird. Sie werden hierauf
wiederholt mit der Masse eingeschmiert, in die Cylinder zurückgebracht, und dasselbe
Verfahren ein zweitesmal, gewöhnlich auch noch ein drittesmal wiederholt, worauf man
zur Probe Einschnitte in die behandelten Felle macht, die eine vollkommene
Gleichförmigkeit in der Farbe und dem Ansehen zeigen müssen, was beweist, daß die
Umwandlung der Felle in Leder vollständig ist. Sie sind nun, nachdem sie noch etwas
mehr ausgetrocknet wurden, so weit fertig, um dem Zurichter übergeben zu werden,
dessen Arbeit durch die Wirkungen dieses Verfahrens bedeutend vermindert ist.
Eine der beachtenswerthesten Eigenschaften des Preller'schen „H. B. Crown“-Leders ist dessen
geringeres Gewicht und seine geringere Dicke als jene des lohgaaren Leders. Versuche
ergaben, daß 100 Pfund grüner Häute durch Gerben mit Lohe 50 Pfd., nach dem Preller'schen Verfahren aber nur 34 Pfd. Leder geben. Wollte man also das
Gewicht des Leders als maaßgebend für die Güte desselben betrachten, so würde die
Vergleichung sehr zum Nachtheil des neuen Verfahrens ausfallen, das Urtheil muß sich
aber vielmehr auf das Verhalten beider Ledersorten gründen. Beim Preller'schen Verfahren wird die faserige Structur der
Haut unverändert erhalten, die ganze Haut bleibt in einem verdichteten Zustande, was
die größere Festigkeit des neuen Leders und sein geringeres Volum erklärt. Wenn ein
Stück lohgaares Leder mit Gewalt zerrissen wird, so erscheint das bloßgelegte innere
Gefüge desselben von filziger Beschaffenheit; geschieht dieß aber mit „H.
B. Crown“-Leder, so sieht man alle Fasern dicht neben einander
liegen, ohne merkliche Abweichung von ihrer ursprünglichen parallelen Lage. Die
Vergleichung bezüglich der Festigkeit fällt sehr zum Vortheil des neuen Verfahrens
aus; es ergab sich daß lohgaares Leder von 3/8 Zoll Dicke einem Zuge nicht
widerstand, welchen 1/4 Zoll dickes Preller'sches Leder
bei gleichmäßiger Arbeit aushielt. Ein 1 Yard langer, 1/2 Zoll breiter und 1/8 Zoll
dicker Streifen des letztern Leders zerriß erst bei einem Gewichte von 6 Centnern 20
Pfd., während ein Streifen von mit Eichenlohe gegerbtem Rindsleder nur einem
Gewichte von 5 Centnern widerstand. Ein weiterer Beleg der größeren Festigkeit des
Preller'schen Leders ist folgender Fall, der uns in
der Fabrik erzählt wurde; man setzte einmal einem Treibriemen von diesem Leder, um
ihn zu verlängern, ein Stück gewöhnlichen Leders an, welcher aber unter der Arbeit
an einer Stelle des letztern abriß.
Schaffelle, Bockfelle u.a. die bei der Lohgerberei ein leicht zerreißbares Leder
geben, erhalten bei diesem Verfahren eine merkwürdige Festigkeit.
Da das neue Leder Stärke mit geringer Dicke verbindet, so eignet es sich ganz
vorzüglich für Treibriemen. Wegen seiner geringen Dicke und Biegsamkeit können
solche Riemen auf Scheiben von nur einigen Zollen Durchmesser angebracht werden, und
halten sehr lange aus. Wenn man dickes Leder zu Treibriemen verwendet, so müssen die
Fasern an der Innenseite sich abwechselnd zusammenziehen und die Fasern an der
Außenseite sich ausdehnen, was eine Veränderung der ursprünglichen Spannung und bald
die Bildung von Rissen zur Folge hat; die geringe Dicke der Preller'schen Riemen beseitigt diesen Uebelstand. Diese aus einer einzigen
Lederdicke bestehenden Riemen werden einfach dadurch gebildet, daß man die vorher
dünner zugeschnittenen Enden, an welchen die Fasern reichlich zum Vorschein kommen,
durch eine zwischengelegte plastische Substanz verbindet. Zusammengesetzte Riemen zur Uebertragung
größerer Kräfte werden gemacht, indem man 2, 3 oder auch 4 Dicken Crownleder auf
einander legt und durch Zusammennähen verbindet. Bei Anwendung dieser Riemen findet
eine sehr sanfte Bewegung statt.
Großer Zeitgewinn im Vergleich mit der Lohgerberei ist ein weiterer Vorzug dieser
Erfindung. Kalbfelle können nach derselben in zwei Operationen präparirt werden,
jede zu acht Stunden, als der zur Bearbeitung in den Cylindern erforderlichen Zeit,
mit einem ziemlich kurzen Intervall zwischen beiden Operationen. Die dickste
Rindshaut erfordert nur 2 1/2 Tage, um nach Preller's Verfahren in Leder verwandelt zu
werden, während unter den günstigsten Umständen 4 bis 5 Wochen nöthig sind, um eine
solche Haut lohgaar zu machen, abgesehen von den älteren Gerbemethoden, welche eine
noch viel längere Zeit erfordern. Die in der Londoner Ausstellung bewunderte
Wallroßhaut erforderte nicht weniger als vier Jahre zum Gerben; Hr. Preller glaubt, daß nach seinem
Verfahren ihre Gerbung in 60 Stunden hätte vollendet werden können, wobei er eine
sechsmalige Cylinderbewegung, jede von zehnstündiger Dauer annimmt.
Die Versuche welche über die Widerstandsfähigkeit des Crown-Leders gegen
Wasser angestellt wurden, lieferten ebenfalls günstige Resultate. Treibriemen aus
solchem Leder, welche im Freien oder in feuchten Gebäuden in Gebrauch waren, haben
sich sehr gut erhalten.
Wenn man gewöhnliches Leder in Wasser kocht, so wird es allmählich hart und
unbiegsam, und wenn das Sieden eine halbe Stunde angedauert hat, findet man, daß es
holzartig und spröde geworden ist. Das Crown-Leder wird bei derselben
Behandlung allmählich hornartig, jedoch erst nach mehreren Stunden.
Wegen seiner Weichheit eignet sich das Crown-Leder sehr gut zu Schuhsohlen,
und diese Eigenschaft, verbunden mit seiner Festigkeit bei geringer Dicke, empfiehlt
es noch zu mancherlei anderen Anwendungen.
Bei dem gewöhnlichen Gerbeverfahren muß das Kreuz oder der Hintertheil der
Pferdehäute oft abgeschnitten und anderweit benutzt werden, nach dem neuen Verfahren
wird er aber zu einer solchen Weichheit gebracht, daß man ihn mit dem übrigen Theile
der Haut zusammen lassen und diese als Ganzes benutzen kann. Preller verfertigt in dieser Weise schönes Pferdeleder für verschiedene
Zwecke, namentlich zu Verdecken für Kutschen und zu Stiefelleder, welches ausnehmend
weich und glänzend ist.