Titel: | Ueber Blaufärben der Wolle; von Hrn. C. Kreßler. |
Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. LXXXVI., S. 374 |
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LXXXVI.
Ueber Blaufärben der Wolle; von Hrn. C. Kreßler.
Aus dem Moniteur industriel, 1853, Nr.
1778.
Kreßler, über Blaufärben der Wolle.
Man hat längst die Seide und die Baumwolle mit blausaurem Eisen (Berlinerblau)
gefärbt, ehe es gelang die Wolle damit eben so schön und lebhaft blau zu färben. Bei
den ersten Versuchen begnügte man sich, der Wolle einen Rostgrund zu geben, wie man
es für die Seide mit schwefelsaurem Eisenoxyd zu thun pflegte, welches man
gewöhnlich auf die Art bereitete, daß man Eisenvitriol mit Salpetersäure oxydirte.
Später versuchte man essigsaures Eisen als Beize zum Blaufärben der Wolle. Man
erhielt auch eine genügende Farbe, indem man die Wolle mit weinsteinsaurem Eisenoxyd
(durch Auflösen von frisch gefälltem Eisenoxyd in Weinstein bereitet) anbeizte und
sie dann im Blutlaugensalz ausfärbte. Die so erzeugten Farben konnten jedoch das
Feld nicht behaupten, und erst in der letzten Zeit gelang es, der Wolle durch ein
eigenthümliches Verfahren, welches wahrscheinlich der Kattundruckerei entlehnt
wurde, die gewünschte schöne und lebhafte blaue Farbe zu ertheilen. In Frankreich,
in England und in Rheinpreußen wird zu diesem Zweck eine Flüssigkeit bereitet,
mittelst deren man sehr schöne und gesättigte blaue Farben auf Wolle erhält; diese
Flüssigkeit hat eine Olivenfarbe, eine Dichtigkeit von 25° Baumé,
riecht nach Blausäure, schmeckt sauer, zusammenziehend und salzig.
Um ein schönes gesättigtes Blau, dem dunklen Raymond-Blau auf Seide ähnlich,
zu erhalten, bringt man 1/2 Pfd. (250 Gramme) dieser Flüssigkeit in einen kupfernen
Kessel und verdünnt sie mit Wasser; in dieses Bad gibt man die Wolle, erwärmt es zum
Sieden und setzt dann 1 Loth (15 bis 16 Gramme) concentrirte Schwefelsäure zu,
welche man Vorher mit Wasser verdünnt hat; nachdem man das Sieden einige Zeit unterhaltenunterhalteu hat, setzt man noch 3 Loth (40 bis 45 Gramme) Schwefelsäure zu. Man erhält
nun das Bad noch so lange im Sieden, bis man die gewünschte Nüance erzielt hat und
dasselbe erschöpft ist.
Die so gefärbte Wolle hat anfangs einen grünlichen Ton, der sich aber beim Aufhängen
in der Luft bald verliert und einem schönen reinen Ton Platz macht. Nach dem
Auswaschen windet man das Gewebe aus und läßt es trocknen.
Man kann also die gewünschte Nüance in einer einzigen Operation färben; dieselbe wird
Heller oder dunkler, je nachdem man mehr oder weniger von der erwähnten Flüssigkeit
angewandt hat.
Auf folgende Weise gelang es mir diese Flüssigkeit zu erhalten:
Man löst einerseits 1 Gewichtstheil rothes Blutlaugensalz
(Eisencyanidkalium) und andererseits 1 Gewichtstheil Pinksalz (Zweifachchlorzinn-Salmiak) in Wasser auf, rührt um, und
bringt durch Zusatz von Wasser die Mischung auf eine Dichtigkeit von 23°
Baumé, wo sie dann die Blaucomposition bildet.
Man kann diese blaufärbende Flüssigkeit auch ohne Anwendung von Pinksalz erzeugen,
indem man das rothe Blutlaugensalz bloß mit Schwefelsäure oder verschiedenen
organischen Säuren (Weinsteinsäure, Kleesäure) versetzt, aber bei dem vorher
beschriebenen Verfahren kann man sich darauf verlassen, eine sehr gleichartige und
lebhafte Farbe auf Wolle zu erhalten.
Es ist eine interessante Erscheinung, daß sich diese Farbe auf dem Gewebe selbst ohne
vorausgegangenes Beizen desselben bildet. Der eigentliche Farbstoff, das
Eisencyanür-Cyanid (Berlinerblau), ist in der Flüssigkeit mit einer wenig
beträchtlichen Menge Chlorkalium vorhanden, wenigstens nachdem ihr ein Antheil Cyan
entzogen worden ist; dafür spricht der Umstand, daß die Flüssigkeit nach Blausäure
riecht und mit der Zeit immer dunkler wird. Die Ursache, weßhalb sich der Farbstoff
selbst so innig und vollkommen mit der Wolle verbindet, ist noch nicht erklärt;
vielleicht hat die Wolle die Eigenschaft das Eisencyanid zu reduciren, worauf das
gebildete Cyanür mit dem übrigen Cyanid Berlinerblau bildet; andererseits weiß man,
daß die Wolle die Eigenschaft besitzt sich mit der größten Leichtigkeit mit den
Farbstoffen zu verbinden, und daß diese Verbindungen in den meisten Fällen und bis
auf einen gewissen Punkt als rein mechanische betrachtet werden können.
Wenn man mit der erwähnten Flüssigkeit die Baumwolle zu färben versucht, so gelingt
es nicht, obgleich die Druckfarbe für Dampfblau auf Baumwolle eine ähnliche
Zusammensetzung wie obige Flüssigkeit hat.
(Wir verweisen auf Hrn. Meitzendorff's Verfahren mittelst rothem Blutlaugensalz auf wollenen
Garnen in Blau zu schattiren, im polytechn. Journal, 1846, Bd. CI S. 140. Die
Redact.)