Titel: | Hydrostatisches Problem; Bestimmung des specifischen Gewichtes und des Volums fester Körper; von Dr. Fr. Mohr. |
Autor: | Dr. Karl Friedrich Mohr [GND] |
Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. CI., S. 448 |
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CI.
Hydrostatisches Problem; Bestimmung des
specifischen Gewichtes und des Volums fester Körper; von Dr. Fr. Mohr.
Mit einer Abbildung.
Mohr, über Bestimmung des specifischen Gewichtes fester
Körper.
An einem heiteren Abend bei Magnus in Berlin stellte Dove die Aufgabe, den Satz, daß das von einem
schwimmenden Körper verdrängte Wasser so viel wie er selbst wiege, in der
leichtesten anschaulichsten Art ins Experiment zu setzen, und nachdem sich die
Anwesenden in mehreren Lösungen versucht hatten, gab er selbst die folgende
Lösung.
Man fülle ein cylindrisches Glas bis zu einer bestimmten Marke mit destillirtem
Wasser, und bringe das Glas auf einer Waage zum Gleichgewicht. Man leere das Glas
aus, lege einen schwimmenden Körper hinein und fülle das Glas mit dem darin
schwimmenden Körper wieder bis zu der Marke mit Wasser an, so wird das Gewicht des
Ganzen nicht geändert seyn. Der schwimmende Körper wiegt offenbar so viel, als
früher das Wasser welches die Stelle seines eingetauchten Theils einnahm. Man muß
zugeben, daß man einen eleganteren und anschaulicheren Beweis ohne besondere
Apparate nicht führen kann.
Dieser Satz schien mir sich zur Bestimmung des specifischen Gewichtes fester und
untersinkender Körper anwenden zu lassen, wenn man das verdrängte Wasser dem Volum nach auf eine
leichte Weise angeben konnte. Ich fing damit an, den Satz selbst in seiner Reinheit
zu versuchen, wobei sich herausstellte, daß das Anfüllen eines weiten Glases bis zu
einer außen gemachten Marke nicht die gehörige Schärfe zuließ. Dagegen erreichte ich
in der folgenden Art eine ausnehmende Schärfe.
Textabbildung Bd. 129, S. 448
Ueber den Rand des Glases legte ich ein flaches Brettchen,
welches nach unten einen stumpfgespitzten Stift trug. Da man sich bei Bewegung des
Glases nicht versichert halten kann, daß alle räumlichen Verhältnisse wie das
erstemal wieder eintreten, so ist es zweckmäßig, das cylindrische Glas auf einem
sehr starken unbeweglichen Tische mit etwas Klebwachs zu befestigen. Ebenso
befestigt man das Brettchen mit der Mire auf den Rand des Glases mit Klebwachs. Die
nach unten ragende Spitze von Holz oder Metall wird dünn mit Talg bestrichen, damit
sie keinen Tropfen festhalte. Ich füllte nun zuerst das Glas mit Wasser bis zur
Berührung des Stäbchens an. Dieß muß ohne alle Wellenbewegung geschehen, und führt
sich am besten mit einer oben eintauchenden Pipette aus, aus welcher man den Ausfluß
mit dem Zeigefinger der rechten Hand regulirt. Man sieht den dunkeln Stift und sein
in der gegen das Tageslicht hell spiegelnden Wasserfläche erscheinendes schwarzes
Bild sich durch den Wasserzufluß beständig nähern, und bei der ersten Berührung
springt die Wasserfläche in die Höhe an den Stift. Dieses Zeichen ist
außerordentlich scharf. Wenn die Fläche ganz ruhig war, so zeigte sich, indem ich
das Wasser wieder in die Pipette zurücksaugte und von neuem einlaufen ließ, nur eine
Differenz der Beobachtung von 1/20 Kubikcentimeter auf einen Durchmesser des Gefäßes
von 80 Millimeter; 1/20 Kubikcentimeter = 50 Kubikmillimeter nehmen aber auf einer
Fläche von 5026,5 Quadratmillimeter eine Höhe von 50/5026,5, also weniger als 1/100
Millimeter ein, so daß durch dieses Verfahren die Höhe der Flüssigkeit bis auf 1/100
Millimeter gesichert ist.
Es wurde nun eine mit Glasstopfen verschlossene noch eben schwimmende Glasflasche
gewogen und zu 89,34 Gram. bestimmt. Sie wurde jetzt in das Wasser versenkt und das
überstehende Wasser mit genau graduirten Pipetten herausgezogen. Es wurden
herausgezogen
50
Kubikcentimeter
25
„
10
„
4,1
„
––––––––––––––––
89,1
Kubikcentimeter
zusammen also 89,1 Kubikcentimeter statt 89,34 Gram. Im
letzten Augenblick wurde so viel Wasser herausgesogen, daß sich die Wasserfläche von
dem Stift trennte, und dann das Heranspringen mit Sorgfalt bewirkt. Die
Uebereinstimmung ist für ein so weites Gefäß genügend groß, und sie zeigt
entschieden das hydrostatische Gesetz bewahrheitet.
Ein Porzellantiegel wog in der Luft 44,3 Gram. Als er in das richtig vorbereitete
Glas schwimmend eingesetzt wurde, mußten zur Wiederherstellung des Niveau's 25 + 10
+ 9,4 Kubikcentimet. = 44,4 Kubikcentimeter Wasser herausgezogen werden. Diese in
ein vorher tarirtes Glas einlaufen gelassen, wogen 44,41 Gramme.
Wir haben also das Gewicht des
Tiegels
44,3 Gram.
Das verdrängte Wasser gemessen
44,4 Kubikcent.
Das verdrängte Wasser gewogen
44,41 Gram.
Die beiden letzten Zahlen sind sich so gleich, daß das gemessene specifische Gewicht
dem gewogenen fast ganz gleich seyn würde. Da aber der Körper schwamm, so konnte
daraus nicht sein ganzes Volum, also auch nicht sein specifisches Gewicht ermittelt
werden.
Ein massiver Glasstopfer wog 44,64 Gram. Das von ihm beim Untersinken über die Mire
erhobene Wasser betrug 10 Kubikcentimeter und dann noch in fünf Versuchen 8,4, 8,35,
8,4, 8,4, 8,4 Kubikcentimeter, also in der Mehrzahl 18,4 Kubikcentimeter, und
gewogen 18,34 Gramme.
Das specifische Gewicht
aus der Messung ist
2,426
aus der Wägung
2,434
Ich hätte hier die Uebereinstimmung größer gewünscht. Es ist übrigens nicht meine
Absicht diese Methode an die Stelle der hydrostatischen Waage setzen zu wollen, da
man immer weit schärfer wägen als messen kann. Man kann jedoch damit sehr leicht
annähernd das specifische Gewicht eines Körpers finden, wenn man nur eine Waage hat,
die groß genug ist um den Körper selbst zu wägen, da man keine Gefäße mit auf die
Waage zu setzen hat, und endlich kann man damit sehr einfach das Volum eines festen
Körpers bestimmen. Je genauer und zarter man die Pipetten darstellen kann, desto
mehr wird sich das Resultat der Wahrheit nähern.