Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 129, Jahrgang 1853, Nr. , S. 462 |
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Miscellen.
Miscellen.
Das neue englische Patentgesetz.Vergl. S. 154 in diesem Bande des polytechn.
Journals.
Durch eine vom 1. Juli 1852 datirte Parlaments-Acte (15tes und 16tes
Regierungsjahr der Königin Victoria, Cap. 83; An Act for amending the
Law for granting Patents for Inventions), welche 57 Paragraphen und einige
Anlagen enthält, sind verschiedene Abänderungen der bisherigen englischen
Patentgesetzgebung verordnet und mit 1. October 1852 in Kraft gesetzt worden. Es ist
damit nicht ein gänzlich neues Patentgesetz aufgestellt, vielmehr bleiben die bisher
gültig gewesenen Bestimmungen über diesen Gegenstand, sofern sie nicht den neuen
Anordnungen entgegen sind, auch für die Zukunft bestehen. Wir lassen hier den
wesentlichsten Inhalt des nach englischer Weise ziemlich weitschweifig und steif
stylisirten Gesetzes folgen:
1) Es ist eine oberste Patent-Commission (Commissioners of Patents for Inventions) eingesetzt,
bestehend aus dem Lord Kanzler, dem Master of the Rolls,
dem Attorney General (General-Anwalt) und Solicitor General für England, dem Lord Advocate, Solicitor General für Schottland, dem Attorney General und Solicitor
General für Irland, nebst anderen von der Königin dazu bezeichneten
Personen. Drei Mitglieder dieser Commission, worunter aber der Lord Kanzler oder der
Master of the Rolls sich befinden muß, sind zum
gültigen Vollzuge der Geschäfte genügend.
2) Jedes Patentgesuch wird nebst der dasselbe begleitenden Declaration in dem Büreau
der vorgedachten Commission eingereicht. Dem Gesuche ist eine provisorische Beschreibung (Provisional
Specification) anzuschließen, worin die Natur der Erfindung vom Bittsteller
angegeben wird; der Tag der Ueberreichung wird amtlich eingetragen und eine
Empfangsbescheinigung (Certificate) dem Bittsteller oder
dessen Agenten verabfolgt.
3) Das Patentgesuch nebst Anlagen wird Seitens der Commission einem dazu designirten
Beamten aus ihrer Mitte zur Prüfung übergeben. Diesem Beamten steht es frei, auf
Kosten des Bittstellers eine wissenschaftliche oder andere Person zuzuziehen; und
wenn er erkennt, daß die provisorische Beschreibung die Natur der Erfindung genügend
erklärt, so stellt er darüber eine Bescheinigung (Certificate
of Allowance) aus, auf deren Grund während 6 Monaten, vom Tage der
Einreichung des Gesuchs an, die Erfindung ausgeübt und veröffentlicht werden kann,
ohne Nachtheil für das darauf zu erlangende Patent.
4) Der Bittsteller kann mit seinem Gesuche, statt der provisorischen Beschreibung,
sogleich die ausführliche Beschreibung (Complete Specification) eingeben, und es ist in diesem
Falle ihm die Erfindung während 6 Monaten eben so geschützt, als wenn sie am Tage
der Cinreichung förmlich patentirt worden wäre.
5) Durch den auf vorstehende Weise erlangten 6monatlichen Schutz wird, wenn er
widerrechtlich für eine bereits patentirte Sache gewonnen ist, das Patentrecht
desjenigen, welcher im Besitze des früheren Patentes sich befindet, nicht umgestoßen
oder beeinträchtigt.
6) Der erlangte provisorische Schutz, sowie die nachher von dem Bittsteller
angezeigte Absicht, ein Patent auf den Gegenstand zu nehmen, wird amtlich bekannt
gemacht, und dabei zur Anbringung von Einreden eine Frist gesetzt, nach deren Ablauf
die Ertheilung des Patentes stattfindet, sofern entweder keine Einsprache erfolgt
oder dieselbe durch amtlich anzustellende Untersuchung beseitigt ist. – Die
amtliche Wiederaufhebung eines Patents durch ein sogenanntes Writ of scire facias
bleibt in denselben
Fällen, in welchen sie bisher stattgefunden hat,Diese Fälle sind: 1) Wenn sich zeigt, daß auf eine bereits patentirte Sache
von einem Andern ebenfalls ein Patent genommen ist: in diesem Falle erhält
der zuerst Patentirte auf sein Ansuchen ein scire
facias gegen den Zweiten, durch welches das Patent des Letztern
widerrufen wird. 2) Wenn das ertheilte Patent der Krone, oder dem
Gemeinwesen, oder dem Handel (nach dem Sinne des Statuts Jakob's I.) schädlich ist.
3) Wenn die durch das Patent erlangte Berechtigung den Landesgesetzen
zuwider läuft. auch für die Folge vorbehalten, und das Recht der Krone, aus besonderen
Gründen die Ertheilung eines Patents zu verweigern oder ein ertheiltes zu annuliren,
bleibt unverändert bestehen.
7) Das Patent erlischt nach Ablauf von beziehungsweise 3 und 7 Jahren, wenn die nach
Ablauf des dritten und siebenten Jahres vorschriftmäßig zu bezahlenden Tax-
und Stempelgebühren (s. unten) nicht rechtzeitig entrichtet werden.Die gesetzliche Dauer der Patente ist, wie bisher, 14 Jahre.
8) Die Patente gelten für das gesammte vereinigte Königreich Großbritannien und
Irland, die Canal-Inseln und die Insel Man, können aber überdieß auf alle
oder auf einige brittische Colonien ausgedehnt werden, sofern sie den dort
bestehenden Gesetzen nicht widerstreiten.
9) Läßt der Bittsteller 3 Monate nach Ablauf der für Anbringung von Einreden
gesetzten Frist, oder auch die ganze 6monatliche provisorische Schutzzeit
verstreichen, ohne auf die Ertheilung des Patents anzutragen, so wird ihm später
kein Patent mehr auf dieselbe Sache ertheilt. Stirbt der Bittsteller innerhalb
dieser Fristen, so kann auch dessen Testamentsvollstrecker oder Vermögensverwalter
das Patent vor Ablauf derselben entnehmen. Für zerstörte oder verloren gegangene
Patent-Urkunden werden jederzeit, so lange das Patentrecht noch in
Wirksamkeit ist, gleichlautende neue Urkunden ausgegeben.
10) Die Patent-Urkunde kann von dem Tage datirt werden, an welchem das erste
Gesuch eingereicht wurde, auch von irgend einem Tage zwischen diesem und dem Tage
der wirklichen Ausfertigung: in diesem Falle hat das Patent Gültigkeit von dem Tage
an, von dem es datirt ist; nur kann alsdann – sofern nicht gleich mit dem
Gesuche die ausführliche Beschreibung eingereicht wurde – der Patentirte
keine Klage erheben gegen irgend einen Eingriff in sein Patentrecht, welcher etwa
vor dem Zeitpunkte der wirklichen Ausfertigung stattgefunden hat.
11) Patente auf auswärtige Erfindungen, welche in einem fremden Lande bereits
patentirt sind, gelten nur bis zu der Zeit, wo das auswärtige Patent abläuft. Durch
ein Patent kann nicht verwehrt werden, den patentirten Gegenstand auf fremden, die
großbritannischen Häfen besuchenden Schiffen zu benutzen, ausgenommen wenn es
Schiffe von Staaten sind, in deren Häfen ein gleiches Recht den brittischen Schiffen
verweigert wird.
12) Die ausführlichen Beschreibungen werden bei dem Kanzleihofe (high Court of Chancery) hinterlegt und der Einsicht
eines Jeden zugänglich gemacht; officielle Copien derselben werden zu gleichem
Behufe bei einer Behörde in Edinburgh und in Dublin niedergelegt. Diese
Beschreibungen werden ferner im amtlichen Wege, sobald als thunlich nach ihrer
Einreichung, durch den Druck veröffentlicht; dem Patentirten werden bis zu 25
Exemplare davon unentgeltlich verabfolgt. Register über alle eingereichten
Beschreibungen sollen aufgestellt und an bestimmten Orten zur Einsicht des Publicums
aufgelegt werden; auch können dieselben im amtlichen Wege durch den Druck
veröffentlicht werden. Die amtlich veröffentlichten Abdrücke der Beschreibungen
haben als authentisch zu gelten.
13) Es ist künftig gestattet, daß ein Patent das Eigenthum auch von mehr als 12
Personen sey.
14) Als Taxen sind zu entrichten:
Bei Ueberreichung des ersten Gesuchs
5 Pfd. St.
– Sh.
„
„
„ Antrags auf Ertheilung des Patents
5
„
– „
„ Ausfertigung der
Patenturkunde
5
„
– „
„ Eintragung der Beschreibung
5
„
– „
„ oder vor Ablauf des 3ten Jahres der
Patentzeit
40
„
– „
„ oder vor Ablauf des 7ten
Jahres
80
„
– „
„ der
Anzeige einer Einsprache (objection)
2
„
– „
Für jede Nachsuchung oder
Einsichtnahme
– „
1 „
„ das
Protokoll einer Uebertragung oder Abtretung
– „
5 „
„ die
Bescheinigung der Uebertragung oder Abtretung
– „
5 „
Bei Einbringung eines Gesuchs um
Widerruf
5
„
– „
Für das Caveat
gegen Widerrufung
2
„
– „
15) Außerdem werden
an Stempelgebühren bezahlt:Für die amtliche
Erklärung, daß auf geschehene Prüfung
der: formellen Verhältnisse die Ertheilung des
Patents: unbedenklich sey (Warrant)
5 Pfd. St.
– Sh.
Für die Quittung über Bezahlung der ersten
Rate von 40 Pfd. St.
10
„
– „
Für die Quittung über Bezahlung der zweiten
Rate von 80 Pfd. St.
20
„
– „
(Mittheilungen des hannover'schen Gewerbevereins, 1853, Heft
3.)
Zunahme der Patente auf Erfindungen in Frankreich und in
Großbritannien.
Im J. 1852 wurden in Frankreich 3352
Erfindungs-Patente genommen; im ersten halben Jahr von 1853 wurden schon 1982
genommen, so daß ihre Gesammtzahl dieses Jahr wahrscheinlich 4500 überschreiten
wird.
In Folge der Erleichterungen, welche das neue englische Patentgesetz gewährt, haben
sich in Großbritannien die Patente auf Erfindungen seit
dem Monat October vorigen Jahres außerordentlich
angehäuft; es wurden deren manchmal über 250 in einer
Woche registrirt. Wahrscheinlich haben viele Patentträger die Einführung des neuen
Gesetzes abgewartet, aber auch jetzt noch werden durchschnittlich 50 Patente in
einer Woche genommen, also beiläufig fünfmal mehr als
unter dem alten Gesetz. Dieß veranlaßt uns das Verzeichniß derselben nicht mehr
mitzutheilen.
Die Redact.
Ueber eine neue, in Oesterreich patentirte Art von
Pastellstiften, deren Striche nicht verwischbar sind.
Dem hiesigen Schneidermeister Johann Demetrovits ist es
gelungen, eine erdige Substanz derart zuzubereiten, daß dieselbe, in Stifte wie
Pastelle geformt, zu trockenen Zeichnungen sowohl als zum Coloriren von
Lithographien etc. in mannichfachen Farben verwendet werden können. Diese Stifte
dürften eine besondere Anwendung für Photographen sowohl zum Retouchiren als zum
Coloriren finden.
Diese neuen Pastelle haben vor den älteren den wesentlichen Vorzug, daß selbe nicht
verwischbar sind, weßhalb eine geringere Sorte sich besonders zum Markiren der
Waaren eignet.
Die Producte dieser für Oesterreich patentirten Erfindung werden nächstens in den
Handel gebracht werden, und verkauft hier der Erfinder ein Sortiment von 20 Stiften
in eben so vielen Farben-Nüancen zu 1 fl. 20 kr. Conv.-Münz. Fr.
P.
Temesvar, im September 1853.
Unzerstörbare Aufschriften für Säuregläser; von Prof.
Schubert.
Es ist bekannt, daß Aufschriften von gewöhnlicher Tinte, wenn sie nicht gefirnißt
sind, nicht bloß auf Säuregläsern, sondern selbst in Schränken, welche flüchtige
Säuren enthalten, auch auf anderen Gefäßen bald verschwinden. Die durch solche
Einflüsse unzerstörbare Tinte aus Tusche und Salzsäure verwischt sich aber sehr
leicht, nicht nur beim Berühren mit nassen Fingern, sondern auch beim Ueberstreichen
mit Hausenblasenlösung, als Grund für nachheriges Firnissen.
Eine Schrift, welche allen diesen Anforderungen entspricht, erhält man durch das
bekannte Verhalten der verdünnten Schwefelsäure. Was damit geschrieben wird, ist
anfangs vollkommen unsichtbar, erscheint aber beim Erwärmen auf einem Ofen oder über
einer Lichtflamme sogleich mit schwarzer Farbe durch Verkohlung des Papiers. Man
verdünnt die Säure mit etwa 6 Theilen Wasser und trägt sie etwas sparsam, d.h. mit
nicht zu voller Feder auf, damit sie das Papier nicht ganz durchdringt, weil sonst
die Züge nach dem Verkohlen leicht durchbrechen. Obgleich die Flüssigkeit farblos
ist, so kann man das Geschriebene recht gut mit dem Auge verfolgen, wenn man das
Gesicht in jene Stellung bringt, wo man sie glänzen sieht. (Würzburger gemeinnützige
Wochenschrift, 1853, Nr. 33.)
Die directen positiven Lichtbilder (Porträte) auf Kattun,
Leinwand, Seide, Wachstuch etc. der HHrn. Wulff in Paris.
Die HHrn. Wulff haben der
französischen Akademie der Wissenschaften sehr schöne Proben ihrer photographischen
Porträte auf Kattun, Wachsleinwand etc. übergeben. Diese direct auf dem Zeug
dargestellten Porträte haben unbestreitbare Vorzüge sowohl vor den Daguerre'schen
Lichtbildern auf Metallplatten, als vor den Photographien auf Papier, denn 1)
spiegeln solche Lichtbilder nicht, wie die Daguerre'schen auf Silberblech; 2) werden
sie durch die Berührung nicht verdorben; man kann ein solches Bild abwischen und
sogar waschen, ohne daß es im mindesten beschädigt wird, daher sich ein Porträt in
einem Brief versenden läßt; 3) kann sie der Photograph ganz sicher und in wenigen
Secunden anfertigen, sie können also unmittelbar nach einer Sitzung und zu sehr
niederm Preise geliefert werden, was nicht möglich ist, wenn man vorher ein
negatives Bild darstellen muß; 4) endlich kann man solche Porträte mit
pulverförmigen oder anderen Farben coloriren.
Hr. Abbé Moigno, Redacteur des Cosmos, welcher Zeitschrift diese Notizen entnommen
sind, veranlaßte einen seiner Freunde bei den HHrn. Wulff, deren Atelier sich in einem rechteckigen,
auf allen Seiten mit fünfstöckigen Gebäuden umgebenen Hof befindet, sich fünfmal
nach einander zum Porträtiren zu setzen und ließ sich die in einigen Secunden
gemachten fünf Porträte auf Kattun sogleich überbringen; sie waren sämmtlich
vollkommen gelungen und ließen nichts zu wünschen übrig.
Die HHrn. Wulff halten ihr
Verfahren noch geheim, wahrscheinlich erzeugen sie aber das Lichtbild auf
jodhaltigem Collodium.
Hr. Martin aus Versailles
theilte schon im April vorigen Jahrs der franz. Akademie ein Verfahren mit, um direct positive Lichtbilder auf Platten aller Art zu
erhalten (s. polytechn. Journal Bd. CXXV S.
119); seine Methode ist sehr einfach und besteht darin, die mit
Kupferstecherfirniß überzogene Platte von Metall, Pappe etc. mit jodhaltigem
Collodium zu bedecken, dann in ein Bad von salpetersaurem Silber zu tauchen, um sie
für das Licht empfindlich zu machen, hierauf in der camera
obscura während einiger Secunden zu exponiren, sodann das vom Licht nicht
modificirte Jodsilber durch eine Auflösung von Cyansilber in Cyankalium abzuziehen
und endlich das Bild mit vielem Wasser zu waschen, worauf man es nur noch mit
Dextrin zu überziehen und zu trocknen braucht.
Ueber die Röstung des Flachses in erwärmtem Wasser; von Karl
Karmarsch.
Dem Verfasser der in der Zeitschrift „Austria“ Nr. 153 (und in
diesem Bande des polytechn. Journals S. 63)
mitgetheilten Bemerkungen kann man in vielen Hinsichten Recht geben, ohne geradezu
und vollständig seinen Ansichten und Schlüssen beizupflichten. Es ist ganz bestimmt
wahr, daß eine Köchin die Suppe nicht auf den Küchentisch stellt, um sie zu
erwärmen, sondern auf den Ofen; allein dieser Fall scheint denn doch etwas
verschieden von dem durch Hrn. Reuter vorgeschlagenen Flachsrotteverfahren, bei welchem es sich nur
um eine geringe Erhöhung der Wärme in dem Rottewasser
handeln kann, zumal – wie ich in der Anmerkung auf Seite 98 der 64. 65.
Lieferung unserer Mittheilungen ausdrücklich und mit gutem Vorbedacht erläuterte
– die Erwärmung des Rottewassers zu einem ansehnlichen
Theile durch den Gährungsproceß selbst erfolgen, und die von außen
hinzugebrachte Wärme nur als Nachhülfe und zur gleichmäßigen Unterhaltung der
nöthigen Temperatur in den Rottekufen dienen soll; was man wohl im Auge haben
muß, um den Aufwand an Heizmaterial richtig zu beurtheilen und das schnelle
Warmwerden des Wassers zu begreifen. Auch ist das Größenverhältniß eines
Topfs mit Suppe zu der ganzen Küche ein anderes, als das einer
Flachsrotte-Kufe zu einem Kämmerchen oder ähnlichen kleinen Raume. Würde
daher das in vorstehendem Aufsatze scherzhaft angedeutete Verfahren beim Suppewärmen
jedenfalls absurd seyn, so könnte dagegen „unter Umständen“ die
von Hrn. R. vorgeschlagene Methode der Flachsrottung wohl nicht gänzlich widersinnig
erscheinen. Mit den „Umständen“ meine ich namentlich: daß der
Flachsbereiter seinen Verhältnissen nach einen Dampfapparat nicht anschaffen könne;
daß der zu heizende Raum nicht größer als durchaus nöthig, das in die Kufen
gebrachte Wasser nicht kalt sey; daß endlich ein
wohlfeiles Brennmaterial (Torf oder dgl.) zu Gebote stehe. Wenigstens verdient das
Verfahren des Hrn. R. eine gründlichere praktische Prüfung, als ihm bis jetzt zu
Theil geworden zu seyn scheint. Wenn der mir unbekannte Verfasser des Artikels in
der Austria eines Versuchs gedenkt, bei welchem man in 16 Tagen zwei Klafter Holz verbrannte, ohne doch dem Wasser die
zur Rotte dienliche Temperatur (17 bis 19° R. nach Lief. 64,65 dieser
Mittheilungen, S. 98) beibringen zu können, so muß ich gestehen, daß ich nicht weiß,
was hierbei größer gewesen
seyn mag, die Kälte des Wassers, oder der geheizte Raum, oder die Schlechtigkeit des
benutzten Ofens. Meines Wissens reicht man mit etwa zwei Klafter Buchenholz aus, um
ein mäßiges Wohnzimmer einen Winter hindurch bei Tage recht angenehm warm zu halten;
und es ist gewiß nicht weit von der Wahrheit entfernt, wenn ich annehme, daß
wenigstens zwei Monate lang mit zwei Klafter Tannen- oder FichtenholzSolches ist in dem fraglichen Versuche vermuthlich zur Anwendung
gekommen. Tag und Nacht ununterbrochen die Wärme auf 17 bis 19° R. erhalten
werden könnte. Fast für ein Kunststück halte ich es, in einem Stubenofen binnen 16
Tagen – noch dazu im Frühjahre – zwei
Klafter zu verbrennen ohne alle lebenden Wesen darin zu braten, falls nicht etwa
Thüren und Fenster stetig offen sind. Ich habe selbst einmalMittheilungen des hannov. Gewerbev., 1836, Lief. 10, Seite 194 ff. Heizversuche geleitet, bei welchen mit 45 hannover'schen Pfund Holz und 3
Pfd. Torf, zusammen = 40 Wiener Pfund, zwei kleine
Zimmer, von zusammen 260 Quadratfuß Grundfläche und 12 Fuß Höhe, 24 Stunden lang von
10 oder 11° auf durchschnittlich 17 bis 20° erwärmt wurden. Setze ich
das Gewicht einer Wiener Klafter weichen Brennholzes in 2
1/2 Fuß langen Scheitern = 2000 Wiener Pfund und (wie erlaubt ist) bei gleichem
Gewichte die Heizkraft aller Brennhölzer gleich; so betrugen obige 40 Pfd. Holz den
hundertsten Theil von zwei Klafter; mit zwei Klafter
weichen Holzes hätte man also die fraglichen Räume hundert
Tage lang in der Wärme erhalten können, welche zum Flachsrotten verlangt
wird. Danach würde für 16 Tage kaum ein Drittel Klafter
erforderlich gewesen seyn!
Ich bin mit dieser Auseinandersetzung etwas weitläufig geworden, weil ich zeigen
mußte, daß wenigstens das gegen den Vorschlag des Hrn. R. beigebrachte höchst
ungünstige Versuchsresultat an sich keine Beweiskraft hat. Weitere und gründliche
Untersuchungen zeigen vielleicht jenen Vorschlag als wirklich unhaltbar, und dann
werde sich gewiß einer der Ersten von denen seyn, welche der Wahrheit die Ehre
geben. (Mittheilungen des hannov. Gewerbev., 1853, Heft 3.)
Guano als Ersatz des Kuhkothes in der Krappfärberei.
Die Beschaffung und Anwendung des Kuhkothes bei dem Ausfärben der ächten Artikel ist
ein sehr wesentlicher Punkt dieser Arbeit, von dem das Gelingen der Operation
oftmals abhängt. Man hat schon vielfache Versuche gemacht, denselben durch chemische
Verbindungen (Kuhkothsalze, sels a bouser), zu
verdrängen, allein bis jetzt ist dieß nur zum kleinen Theil gelungen. In neuester
Zeit, wo die ächten Waaren mehr als je gehen, hat man an einer Stelle, wo es sehr
schwer war sich immer einen gleichmäßigen Kuhkoth zu beschaffen, Versuche mit Guano
an Stelle desselben gemacht und befriedigende Resultate damit erlangt, welche um so
mehr Erfolg versprechen, als man es hier mit einem festen, ziemlich gleichmäßig
zusammengesetzten Stoff zu thun hat, der weit leichter genauere Verhältnisse zuläßt,
als der so veränderliche wasserhaltige Kuhkoth, und dessen Gehalt an Ammoniaksalzen
sowohl, als an Eiweiß den Hauptanforderungen vollständig entspricht. (Deutsche
Musterzeitung, 1853, Nr. 6.)
Einsprengen der Blauholzspäne mit Leimwasser vor dem
Kochen.
Eine merkwürdige und wichtige Erscheinung ist die, daß, wenn man Blauholzspäne, statt
mit reinem Wasser, vor dem Auskochen mit Wasser, welches pro Centner Holz circa 2 Pfd. Leim enthält,
einsprengt und einige Tage liegen läßt, man viel schneller stärkere Extracte erhält,
und zwar 10–15 Proc. mehr, als wenn es nicht stattfindet. Die Ursache dieses
Verhaltens liegt vielleicht darin, daß die Gerbsäure des Holzes durch den Leim
gefällt wird und das Holz alsdann leichter den Farbstoff hergibt. (Deutsche
Musterzeitung, 1853, Nr. 5.)
Neuer sehr billiger Ansatz zum Dampfblau für den
Zeugdruck.
Zur Herstellung des Dampfblau wurde bisher gewöhnlich das eisenblausaure Kali in der
Weise zersetzt, daß man dasselbe in der entsprechenden Menge Wasser löst, dann die
zur Zersetzung nöthige Menge einer Säure mit Wasser löst oder verdünnt, und beide
Mischungen vereinigt. Benutzt man Weinsteinsäure, so scheidet sich, wenn die
Lösungen nicht zu stark verdünnt waren, das sich bildende weinsteinsaure Kali beim
Erkalten in feinen Krystallen ab und die Lösung eignet sich sehr vorzüglich zu einem
schönen Blau. Der hohe Preis der Weinsteinsäure – man braucht zur ganz
genauen Zersetzung auf 1 Pfd. blausaures Kali 45 3/4 Loth derselben – war
Veranlassung zu vielen Versuchen und Anwendungen, bei welchen man dieselbe durch
billigere Substanzen ersetzte, als namentlich durch Schwefelsäure und durch saures
schwefelsaures Kali.
Wenn man Lösungen des eisenblausauren Kali mit der von Schwefelsäure oder saurem
schwefelsaurem Kali in Wasser mischt, so geht zwar die zur Bildung der blauen Farbe
nöthige Zersetzung vor sich, allein die entstehende Lösung enthält eine große Menge
schwefelsaures Kali aufgelöst, welches die damit bedruckten Stoffe bei dem Dämpfen
sehr stark angreift, auch der Schönheit der Farbe Eintrag thut.
Der neue Ansatz beruht auf der Eigenschaft des blausauren
Kali, sich in einer kleinen Quantität verdünnter Schwefelsäure kalt vollkommen
zu zersetzen, ohne daß es nöthig wäre dasselbe vorher in Wasser zu lösen. Man
schüttet es in nußgroßen Stücken hinein. Das sich
bildende schwefelsaure Kali scheidet sich vollständig ab.
Bei dieser Art des Ansatzes ist es durchaus nöthig, genau die Quantität der
Schwefelsäure, welche zur Zersetzung einer gewissen Menge von eisenblausaurem Kali
nothwendig ist zu wissen, da ein Ueberschuß an Säure der Waare nachtheilig werden
würde, anderntheils ein Mangel derselben ein schlechteres Blau und einen Verlust an
eisenblausaurem Kali ergeben würde.
Die Menge des zur Verdünnung der Säure nöthigen Wassers braucht nicht größer zu seyn,
als um das hineingeschüttete blausaure Kali zu bedecken, es ist weniger kaltes
Wasser nöthig, als zur Lösung des blausauren Kali heißes erforderlich ist. Man
erhält mithin auf diese Weise eine so concentrirte Lösung von blausaurem Eisen, wie
sie auf andere Art nur sehr schwer zu erzielen ist.
Bei der Erwärmung entwickelt sich aus diesem wie aus den andern Ansätzen Blausäure,
und Berlinerblau fällt nieder. Da die anderen Ansätze immer warm bereitet werden, so
geht die weitere Zersetzung sofort vor sich, was hierbei nicht der Fall ist, da die
Lösung, mit gehöriger Vorsicht bereitet, ganz kalt bleibt, sich auch längere Zeit
hindurch unzersetzt erhält.
Zu beobachten hat man dabei dann nur, daß das eisenblausaure Kali nicht gepulvert,
sondern in nußgroßen Stücken in die verdünnte Säure gebracht, und dann bis zur
ziemlich rasch erfolgenden Zersetzung umgerührt wird. Es bildet sich ein weißer
Bodensatz von fein krystallisirtem schwefelsaurem Kali und eine klare grünlich
gelbliche Lösung von blausaurem Eisen.
Das genaue Verhältniß der zu verwendenden Säure ist auf 1
Pfund gutes trockenes Blutlaugensalz 14,86 (14 3/4) Loth Schwefelsäure von 66° B. Denn blausaures Kali enthält 44,66
Proc. Kali oder 1 Pfd. 14,29 Loth. Um schwefelsaures Kali zu bilden, ist auf 1 Atom
Kali 1 Atom Schwefelsäure nöthig, die Rechnung also bei dem Mischungsgewicht von
589,9 für Kali und 613,6 für Schwefelsäure sehr einfach 589,9 : 6136 = 14,29 Loth:
x, = 14,86 Loth Schwefelsäure.
Bei den Ansätzen die ich verwende, rechne ich für 1 Pfd. eisenblausaures Kali 1/2
Quart Wasser, ich erhalte dadurch einen so starken Ansatz, daß ich solchen zu 1 bis
2 Quart kalter ganz dick gekochter Stärke rühren kann, und doch eine sehr intensive
Farbe erhalte.
1 Quart Wasser, 14 3/4 Loth Schwefelsäure und 1 Pfund blausaures Kali liefert einen
vorzüglichen Ansatz; derselbe nach Farbe verdünnt, mit Stärke verdickt und mit einer
gehörigen Menge blausaurem Zinn versetzt, gibt auf mit Präparirsalz vorbereiteter
Waare, sowohl Kattun als Halbwolle, ein sehr schönes, dem mit Weinsteinsäure
bereiteten wenig nachstehendes Blau, welches nicht halb so viel kostet, als das
erstere.
Ein gutes Dampfblau auf Kattun aus dem Ansatz von 1 Quart Wasser pro Pfund eisenblausaures Kali ist:
1
Quart Wasser verdickt mit
16
Loth Stärke, halb kalt gerührt, dann
1
Pfund Ansatz und
1
„ blausaures Zinn zugerührt.
Die hiermit bedruckte Waare muß nach dem Dämpfen einige Tage hängen bleiben, oder vor
dem Spülen durch eine schwache Lösung von chromsaurem Kali genommen werden. W. Grüne
jun. (Deutsche Musterzeitung, 1853, Nr. 6.)