Titel: | Drehscheiben, die sich selbst bewegen, für Eisenbahnen. |
Fundstelle: | Band 130, Jahrgang 1853, Nr. LXXVIII., S. 327 |
Download: | XML |
LXXVIII.
Drehscheiben, die sich selbst bewegen, für
Eisenbahnen.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Juli 1853, S.
93.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Drehscheiben, die sich selbst bewegen, für Eisenbahnen.
Der Zweck der folgenden Vorrichtung besteht darin, die zum Drehen der Locomotiven
erforderliche Zeit abzukürzen und den Locomotivführer und Heizer von der
beschwerlichen Arbeit des Umdrehens zu entbinden. Auch in Hinsicht des Kostenpunkts
hat die Vorrichtung große Vorzüge vor solchen, wobei Wasserkraft angewendet wird, da
die bewegende Kraft die Locomotive selbst ist.
In Fig. 20 ist
A die Drehscheibe, welche sich von den gewöhnlichen
nur dadurch unterscheidet, daß sie mit keiner Handhabe, um sie mit der Hand zu
bewegen, versehen ist. An der Spindel befindet sich eine große Rolle B, um welche eine endlose Kette C läuft; dieselbe geht über eine Leitrolle, und von da durch ein Gewicht
D und um eine zweite Leitrolle unten in dem Brunnen
oder Schacht E. Die Kette geht alsdann über eine dritte,
nicht dargestellte, Leitrolle zu der Rolle B zurück.
Die Glieder dieser Kette haben den in Fig. 21 dargestellten
eigenthümlichen Querschnitt, indem ihr eines Ende rechtwinkelig ist, so daß sie eine
Art von Sperrkette bilden. Das Gewicht D, durch dessen
Oeffnung in der Mitte die Kette geht, ist mit vier Paar Vertiefungen, welche die
rechtwinkeligen Enden der Kettenglieder aufhalten, versehen, so daß das Gewicht bei
seinem Niedergange die Kette mit sich führt und daher die Scheibe dreht, weßhalb es
hinreichend groß seyn muß, um die Reibung, wenn die Locomotive und der Tender auf
der Scheibe befindlich sind, zu überwinden. Beim Aufziehen muß das Gewicht
nothwendig über die Kette gehen, ohne sie jedoch zu bewegen, in Folge der
eigenthümlichen Gestalt der Glieder. Die Vertiefungen in dem Gewicht müssen so
eingerichtet seyn, daß die über einander befindlichen nicht mehr als 1 Zoll von
einander entfernt sind, und daß daher das Gewicht in keinem Fall um mehr als 1 Zoll
fallen kann. Das Gewicht D ist mit einem Seil F verbunden, welches über die Leitrollen G
und H geht. Ueber der letztem Rolle ist das andere Ende
des Seils mit einem kleinen Wagen I verbunden, der in
einem Canal zwischen den Schienen läuft. Dieser Wagen nun hat eine solche Stellung,
daß ein Vorsprung an der Rauchkammer der Locomotive mit ihm in Berührung kommt und
ihn gegen die Drehscheibe vorwärts stößt. Dadurch wird das Gewicht D aufgezogen, worauf es durch sein Niederfallen die
Scheibe zu drehen vermag.
Der Canal, in welchem sich der Wagen I bewegt, ist
abwärts bis nahe der Scheibe geneigt, und wenn die Locomotive diesen Punkt erreicht
hat (wie die punktirten Linien andeuten), so lauft der Wagen I abwärts und wird von ihr frei, jedoch, wegen seines geneigten
Obertheils, nur nach und nach. Da nun das Gewicht nicht mehr von dem Seil F getragen wird, so beginnt es zu sinken; bevor es aber
um mehr als 1 Zoll sinkt, werden durch dasselbe die Glieder der Kette C aufgehalten, so daß das Gewicht an der Kette hängt.
Sobald aber Locomotive und Tender auf der Scheibe befindlich sind, wird es wieder
frei gemacht, so daß es dieselbe in dem erforderlichen Maaß dreht; das sinkende
Gewicht zieht auch den Wagen I zurück, so daß er zu
einem neuen Aufziehen des Gewichtes bereit ist.
Nahe am Boden des Schachts E, und über der untersten
Leitrolle muß ein elastisches Material angebracht werden, um das sinkende Gewicht
aufzufangen, wenn es durch irgend einen Unfall plötzlich niederginge. Auch von dem
Seil F muß ein Theil elastisch seyn, um die Heftigkeit
des Stoßes zu mildern, der bei der ersten Berührung der Locomotive mit dem Wagen I stattfindet. Wegen der eigentümlichen Form der
Kettenglieder darf keine Windung der Kette stattfinden, und die Leitrollen müssen
daher mit Vertiefungen auf ihren Peripherien versehen seyn, von denen die Glieder
aufgenommen werden.
Außer dieser von einem Hrn. Kenneth gemachten Construction hat auch Hr. G. P. Renshaw zu Nottingham seine Aufmerksamkeit
auf die Drehscheiben der Eisenbahnen gerichtet, und wir beschreiben die von ihm
gemachte Construction ebenfalls. Fig. 22 ist ein Grundriß
von einem Theil der Drehscheibe mit dem Bewegungs-Apparat. Fig. 23 ist eine
Seitenansicht des Apparats, welcher die Bewegung der endlosen Schraube bewirkt.
A ist die Scheibe; B sind
zwei Räder mit Wellen, die sich in Zapfenlagern drehen. Diese Räder oder Rollen sind
so angeordnet daß, wenn die Locomotive auf die Scheibe gelangte, die Triebräder
derselben in Berührung mit den Kränzen oder Räder unter der Scheibe kommen und auf
ihnen verbleiben. Um den Triebrädern das Bestreben zu ertheilen, auf den Kränzen jener Räder zu
verbleiben, liegen die Wellen oder Achsen derselben etwas außer der Linie. Eines von
den Rädern ist mittelst eines Universalgelenks mit der Welle D verbunden, die eine endlose Schraube E hat,
welche mit einem (durch punktirte Linien dargestellten) Schraubenrad F im Eingriff steht. Dieses letztere steht in Verbindung
mit dem gewöhnlichen Triebwerk zur Bewegung der Drehscheibe. Die Welle D ist auch mit einem Hebel G
verbunden, und dieser mittelst der Welle H mit der
Klinke I. Mit der letztern ist ein Gewichtshebel J verbunden, so daß durch die Wirkung der Schwere die
endlose Schraube E mit dem Schraubenrade F, mittelst Bewegung der Welle H und des Hebels G, in und außer Eingriff
gesetzt werden kann. Die Sperrklinke I fällt nach
gewissen Zwischenräumen in Vertiefungen in dem die Drehscheibe umgebenden Kranz (man
sieht eine solche bei K), sobald die Schienen auf der
Scheibe mit denen der Eisenbahnlinie zusammenfallen.
Wenn nun die Sperrklinke I aus einer solchen Vertiefung
K herausgehoben ist, so wird die endlose Schraube
E in Eingriff mit dem Schraubenrade F, mittelst der Welle H und
des Hebels G, gesetzt; wenn dagegen die Sperrklinke I in eine Vertiefung K
fällt, so kommt die Schraube außer Eingriff mit dem Schraubenrade. Die Operation ist
nun nachstehende: in die Speichen des Rades B wird eine
Stange gesteckt, oder seine Drehung auf irgend andere Weise verhindert; die
Locomotive mit oder ohne ihren Tender läuft auf die Scheibe, und die Triebräder
derselben werden über die Räder B gebracht. Darauf wird
die Locomotive in dieser Stellung durch die Bremse des Tenders oder durch Keile
befestigt. Alsdann wird der Hebel I mit seinem Gewicht
so zur Seite geschoben wie die punktirte Stellung in Fig. 23 angibt, und
dadurch die Sperrklinke I aus der Vertiefung K gelöst und die endlose Schraube E mit dem Schraubenrade F in Eingriff
gebracht. Hierauf wird die Locomotive in Bewegung gesetzt, deren Triebräder dann die
Drehung der Räder B und mittelst der endlosen Schraube,
des Schraubenrades und Zugehörs die Drehung der Drehscheibe mit der darauf
befindlichen Locomotive veranlassen. Noch ehe die Drehung vollendet ist, wird der
Gewichtshebel I auf die entgegengesetzte Seite
geschoben, und wenn nun die Schienen auf der Scheibe mit denen der Eisenbahn
zusammenfallen, so wird die Sperrklinke I in die
Vertiefung K getrieben, dadurch die Drehung der Scheibe
gehemmt, und zu gleicher Zeit die Schraube E außer
Eingriff mit dem Schraubenrade F gebracht. Nach
vollendeter Drehung wird die Rotation der Räder zeitweise verhindert und die
Locomotive wird dann wie gewöhnlich von der Scheibe laufen.