Titel: | Verfahren zur Erzeugung des Stabeisens unmittelbar aus den Erzen, von Hrn. G. A. Whipple zu Newark in Neu Jersey (Nordamerika). |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. IX., S. 33 |
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IX.
Verfahren zur Erzeugung des Stabeisens
unmittelbar aus den Erzen, von Hrn. G.
A. Whipple zu Newark in Neu Jersey (Nordamerika).
Nach dem American polytechnic Journal, Juni 1853, S.
433.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Whipple's Verfahren zur Erzeugung des Stabeisens unmittelbar aus
den Erzen.
Die unmittelbare Erzeugung des Stabeisens aus Erzen ist zwar ein einfacher, aber in
Beziehung auf den Hüttenhaushalt sehr unvortheilhafter Proceß, da er sehr gutartige
und reiche Erze erheischt und dabei ein bedeutender Eisenverlust und Kohlenaufwand
unvermeidlich ist. In Deutschland ist die sogenannte Rennarbeit gar nicht mehr im Gebrauch, wohl aber in den Pyrenäen
Frankreichs und Spaniens, in andern Gegenden des letztern Landes, in Portugal, auf
Corsica, in Mittel- und Unteritalien, und man kennt verschiedene Abänderungen
des Verfahrens, namentlich die deutsche Luppenfrischerei oder Rennarbeit, die
Stück- und die Blaseofenwirthschaft, die französische und die italienische
Luppenfrischerei. Verhältnißmäßig ist das auf diese Weise in Europa erzeugte
Stabeisenquantum nicht bedeutend.
Sehr bedeutend ist dagegen die sogenannte Luppenfrischerei in den Vereinigten Staaten
Nordamerika's; im Staate New York sind an 200 Feuer und Oefen, in denen unmittelbar
aus Erzen Stabeisen producirt wird und welche gegen 1 Million Centner liefern,
während in den übrigen Staaten der Union nicht weniger producirt werden dürfte.
Obgleich man sich in Europa viel Mühe gegeben hat, die Luppenfrischerei zu
verbessern, so ist dieß doch in Amerika noch mehr der Fall gewesen; das neueste
Verfahren in dieser Hinsicht ließ sich G. Whipple am 10.
Mai 1853 patentiren.
Seine Erfindung besteht in einer verbesserten Methode, das Eisenerz, nachdem es
reducirt worden ist, zu entkohlen, um sofort Schmiede- oder Stabeisen
darzustellen. Um dieß zu bewirken, wird ein Strom kalter oder warmer Gebläseluft auf
das Erz geführt, der nach der Beschaffenheit des Erzes sowie auch nach der
erforderlichen Hitze regulirt wird, wodurch der Kohlenstoff und andere
Unreinigkeiten aus dem Erz verflüchtigt werden. Der Gebläsewind strömt entweder von
oben durch die Kappe, oder von der Seite in den Ofen, je nachdem das Eine oder das
Andere für zweckmäßig erachtet wird, und erzeugt auf dem erforderlichen Punkt eine
bedeutende Hitze, in ähnlicher Weise wie das Löthrohr beim Probiren auf geringe
Mengen von Substanzen wirkt. Man muß wirklich erstaunen, wie leicht das Eisen auf
diese Weise gewonnen wird.
Der Erfinder bemerkt, daß bekanntlich bei der Stabeisenfabrication die Oxyde, aus
denen die Erze bestehen, mit Kohle behandelt werden müssen, um dieselben zu
reduciren. Bei dem gewöhnlichen Verfahren geschieht dieß in einem Hohofen, in
welchem Roheisen gewonnen wird, welches man darauf im Frischfeuer oder im Puddelofen
in Schmiedeisen verwandelt, indem das zu einem Klumpen oder einer Luppe vereinigte
Eisen mittelst Hämmern und Walzwerken, oder auch nur durch die erstem allein, seine
Form erhält. Dieß sey aber ein langer und kostbarer Proceß, so daß die
amerikanischen Eisenhütten mit den englischen nicht Concurrenz halten können und
daher das meiste Eisen eingeführt werde; durch sein Verfahren gewinne man hingegen
das Eisen direct aus den Erzen, ohne daß vorher Roheisen erzeugt zu werden brauche,
und er könne ein treffliches Stabeisen mit verhältnißmäßig geringen Kosten
darstellen.
Die Einrichtung des von dem Erfinder angewendeten Apparats ist folgende: Fig. 17 ist
ein senkrechter Längendurchschnitt desselben, Fig. 18 ein horizontaler
Durchschnitt und Fig. 19 eine Ansicht von oben. a ist der
Feuerraum; a' der Rost; b
ist die aus feuerfesten Ziegelsteinen bestehende Feuerbrücke, über welche die Wärme
und die Verbrennungsproducte auf den ersten oder den Luppenherd (balling-hearth) c
gelangen, worauf sie dem zweiten und dritten zuströmen, und wenn es erforderlich
ist, noch andern Räumen. Bis soweit hat der Ofen nichts Besonderes, allein der
wesentliche Unterschied gegen das bisherige Verfahren besteht darin, daß auf einen
oder auch mehrere der aufeinanderfolgenden Herde desselben, ein Strom kalter oder
erhitzter Luft und zwar direct auf die Erze geführt wird, welche sich in den
verschiedenen Stadien der Stabeisenbildung befinden. Die mechanischen Mittel,
wodurch dieß bewirkt wird, sind die folgenden, wobei wir uns auf die Abbildung
beziehen.
Quer über dem Gewölbe des Ofens ist eine Röhre d
angebracht, von welcher verschiedene kurze Röhren oder Formen durch das Gewölbe
ablaufen; oder der Wind kann aus der Röhre d mittelst
einer länglichviereckigen Oeffnung aus-, und auf die Luppe oder das gekohlte
Erz strömen, um die oben
angegebene Wirkung zu thun. Nun darf man aber nicht glauben, daß dieß in irgend
einer Beziehung zu der Benutzung der Gase, nach der Methode von Faber du Four und Andern stehe, wobei ein Windstrom zur
Bewirkung einer bessern Verbrennung des Brennmaterials in die Oefen geführt wird,
denn hier liegt dabei ein ganz anderer Zweck vor, nämlich die Entkohlung des Erzes
etc., wodurch ein sehr reines Schmiedeisen direct aus dem Erz dargestellt wird.
Ueber dem zweiten Herd liegt die Röhre e und führt
diesem Wind zu; eine dritte, ja eine vierte Röhre kommen auch noch hinzu, wenn dieß
für erforderlich erachtet wird, was von der Beschaffenheit des Erzes und andern
Ursachen abhängt. Um den Wind zu erhitzen, kann der von dem Gebläse herbeiströmende,
ehe er in die Röhren d, e etc. gelangt, entweder durch
die Feuerbrücke geleitet, oder es kann die Erhitzung auf irgend andere Weise bewirkt
werden; kalter Wind wird dagegen direct von dem Gebläse in die obigen Röhren
geführt. Anfänglich hatten die erste und die letzte Herdabtheilung des Ofens zwei
einander gegenüberliegende Thüren; diese waren aber so weit von einander entfernt,
daß es schwierig war, das Erz vorwärts zu bringen und zweckmäßig zu behandeln; um
diese mangelhafte Einrichtung zu verbessern, hat man jetzt nur eine Thür für jede
Herdabtheilung angebracht und zwar abwechselnd an entgegengesetzten Seiten, wodurch
der gehörige Raum zum Durcharbeiten des Erzes und eine geeignete Nähe desselben
während des Processes gewonnen wurde. Eine andere Einrichtung ist ebenfalls wichtig,
nämlich den Herd hohl zu machen, um ihn mittelst hindurchströmender kalter Luft
abzukühlen, damit er nicht verbrennt, was bei dem eingeführten stehenden Windstrom
sehr leicht geschieht. Diese Einrichtung ist bei g zu
sehen. Man wendet dieses Mittel zugleich zum Erhitzen der Gebläseluft an, indem man
die Windröhren mit dem erwähnten Räume in Verbindung setzt.
Wir haben nun alle zur Entkohlung dienenden Theile des Ofens und deren Construction
beschrieben, und wollen jetzt den Betrieb näher betrachten. Das pulverisirte Erz, je
nach seiner Beschaffenheit mit dem erforderlichen Kohlenquantum gemengt, wird in
großen Quantitäten auf eine Platte gebracht, welche durch Canäle erhitzt wird und
die wir später beschreiben werden; auf derselben bleibt es bis es benutzt wird. Dann
gelangt es zur ersten Herdabtheilung und es beginnt nun die Verbrennung des
Kohlenstoffs im Metall, die so rasch als möglich bewirkt wird, indem man einen Strom
kalter oder erhitzter Luft darauf gelangen läßt, welchen man durch einen Hahn oder
ein Ventil regulirt, wie sie gewöhnlich an den Windröhren befindlich sind. Indem nun
der kalte oder warme Windstrom durch die brennenden Gase dringt, absorbirt er den
Kohlenstoff sehr schnell
und entfernt die Unreinigkeiten aus dem Erz. Dieser Proceß schreitet fort, während
das Erz zum Luppenherde vorrückt, und die auf das Erz einwirkende Hitze wird
verstärkt, je mehr sich die zu bearbeitende Masse dem Feuerraum nähert. Sobald der
zweite Herd erreicht ist, hat der Proceß nahezu oder gänzlich sein Ende erreicht und
das entkohlte Erz wird auf den Luppenherd unter den Windstrom gebracht, welcher, wie
wir oben bemerkten, aus der Röhre d kommt, worauf die
Luppe so schnell als möglich gebildet und dann unter den Zängehammer gebracht wird.
Der Proceß ist auf den verschiedenen Herden gleichzeitig im Gange und wird
ununterbrochen fortgesetzt.
Das Resultat des neuen Verfahrens ist ein vollkommen gutes Stabeisen, mit einer
Brennmaterialmenge dargestellt, welche weit geringer ist, als sie jeder andere
Proceß erfordert; Zeit und Arbeit sind kaum die Hälfte der zu den übrigen Processen
der Stabeisenfabrication erforderlichen, und die Arbeit ist auch eine weit
leichtere.
Nachdem das Eisenerz zu Pulver zerpocht und genau mit der Kohle vermengt ist, gelangt
es in einen Trichter oder Rumpf n am obern Ende der
Platte oder des Herdes o, auf welchen das Erz fällt und
zu einer Lage von etwa drei Zoll Dicke ausgebreitet wird. Diese Platte o hat eine geringe Neigung nach dem Rührherde zu, über
dessen Rührende bei p eine Oeffnung unter der Kappe des
Ofens befindlich ist, durch welche man das Erz auf den Herd wirft, auf welchem die
Entkohlung beginnt. Die Platte bildet die obere Seite der Canäle q, welche von dem Ofen zur Esse führen. Diese Canäle
oder Züge laufen im Zickzack unter der Platte o, so daß
sie ihre Wärme vollständig abgeben, ehe die Verbrennungsproducte in die Esse
gelangen. Die Platte kann mit einer Gewölbkappe bedeckt seyn, wie Fig. 17 zeigt, allein der
Zutritt der atmosphärischen Luft braucht durchaus nicht abgeschlossen zu werden;
auch ist dieser Raum stets nach dem Ofen zu offen, da bei allen diesen Processen die
Verbrennungsproducte nicht ausgeschlossen zu werden brauchen, weil sie im Gegentheil
den besten Einfluß auf die verschiedenen Operationen haben. Nachdem die Erze den
Rührherd erreicht haben, werden sie bis zu dem Luppenherd vorwärts gearbeitet, wie
schon oben näher auseinandergesetzt wurde; die Ausbreitung des Erzes auf der Platte
o wird mittelst eines eisernen Rechens oder einer
schmalen Kratze bewirkt, und mit demselben Werkzeuge werden die Erze auch auf den
Rührherd hinabgezogen, und bis zu dem Luppenherde gebracht, woselbst jedoch
Brechstangen angewendet werden.
Wenn man kalte Gebläseluft anwendet, so führt die Windröhre unmittelbar von dem
Gebläse zu den Röhren d u.s.w. über dem Gewölbe des Ofenherdes; wenn man
aber heiße Gebläseluft benutzen will, so muß der Wind, ehe er zu den Röhren d u.s.w. gelangt, durch die hohle Feuerbrücke oder
irgend einen andern Lufterhitzungs-Apparat gehen. Da diese Einrichtungen
allen Eisenhüttenleuten bekannt sind, so brauchen wir sie nicht weiter zu
beschreiben.Obgleich alle früheren Processe, um Stabeisen direct aus den Erzen
darzustellen, sämmtlich in Beziehung aufanf den Hüttenhaushalt sehr ungenügende Resultate gaben, gewährt die
hier beschriebene dennoch großes Interesse, da sie wirklich viel Neues
enthält. Die Herausgeber des amerikanischen polytechnischen Journals,
welchem obige Beschreibung entnommen ist, versprechen die weitern
Fortschritte dieser Erfindung nebst ihren „erstaunungswürdigen
Resultaten“ (!) mitzutheilen, und diese werden wir unseren
Lesern ebenfalls nicht vorenthalten. A. d. Red.