Titel: Der Mohr'sche Quetschhahn in veränderter Anwendung auf die Fertigung von Büretten, Pipetten und Scheidetrichtern; von Dr. Bolley.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XII., S. 52
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XII. Der Mohr'sche Quetschhahn in veränderter Anwendung auf die Fertigung von Büretten, Pipetten und Scheidetrichtern; von Dr. Bolley. Aus dem Schweizerischen Gewerbeblatt, October 1853, S. 289. Mit einer Abbildung auf Tab. I. Bolley, über der Mohr'sche Quetschhahn. Der bekanntesten Form der Bürette, der Gay-Lussac'schen mit kanneartigem Ausgußrohr, kleben einige wesentliche Fehler an, auf welche Dr. Mohr (in der vorhergehenden Abhandlung) aufmerksam gemacht hat. Ich halte deren Zerbrechlichkeit und die Schwierigkeit, sich das Instrument selbst leicht herzustellen, für die wichtigsten Schattenseiten desselben. Weniger erheblich erscheint mir der Vorwurf, daß das Instrument während des Ausgießens geneigt werden müsse, und darum ein Ablesen der verbrauchten Flüssigkeitsmengen während des Gebrauchs nicht möglich sey. Man ist aber selten in der Lage, eine bestimmte Anzahl Kubikcentimeter etc. Flüssigkeit aus der Bürette ausgießen zu müssen, sondern man gießt langsam aus, bis die gewünschte Reaction eintritt, und liest nachher ab, wie viel man abgegossen hat. Dr. Mohr empfiehlt ein calibrirtes Rohr, unten spitz ausgezogen, mit an der Spitze befestigtem Kautschukrohr, an dem eine Klemmvorrichtung angebracht ist, durch die das Kautschukrohr beliebig geöffnet und zugeschlossen werden kann. In der Ruhe ist das Rohr geschlossen, bei einem Druck öffnet es sich. Die Bedenken, welche sich gegen diese Vorrichtung erheben können, sind: 1) dieselbe ist nicht viel leichter herzustellen, als die gewöhnliche Bürette; 2) zwischen der Glasspitze in dem Kautschuk kann sich Flüssigkeit ansetzen, von welcher der Apparat schwer zu reinigen seyn möchte, so daß nothwendig erscheint, für verschiedene Probeflüssigkeiten verschiedene Büretten zu halten; 3) wird Kautschuk von einzelnen der gebrauchten Titrirflüssigkeiten angegriffen. Bei der Mohr'schen Vorrichtung halte ich namentlich die Idee des „Quetschhahns“ für eine der mannichfaltigsten und annehmlichsten Anwendungen fähige. Ich überzeugte mich, daß nicht nur wasserdichter, sondern auch luftdichter Verschluß durch den Mohr'schen Hahn erreicht werden kann, wenn das Kautschukrohr etwas dickwandig ist und die federnde Kraft der Klemmvorrichtung stark genug ist. Enge Kautschukröhren sind am leichtesten vollständig durch Klemmen zu verschließen. Dreht man die Klemmzange um 90–120° ihrer Achse, so daß das Kautschukrohr einen scharfwinkeligen Bug bekommt, so wird der luftdichte Verschluß bei jeder Röhre erreichbar. Wird ein passendes Kautschukrohr an das obere Ende der Saugöffnung einer gewöhnlichen Pipette mit cylindrischem oder kugeligem Bauch angebracht und in die Klemmzange eingehängt, so kann derselbe durch Oeffnen der Zange (des Quetschhahns) und Ansaugen gefüllt werden. Zieht man das untere Ende des Hebers bis zur passenden Enge der Mündung aus, so läßt sich ganz leicht bewirken, daß bei verschlossenem Hahn kein Tropfen ausfließen kann. Ich habe 20 Minuten lang in einem Raum von der Temperatur der probirten Flüssigkeit solche in der Pipette erhalten, ohne daß ein Tropfen abfloß. Die Probeflüssigkeit bringe ich, will ich die beschriebene Vorrichtung im Sinne der Bürette gebrauchen, in einen Meßcylinder a, Fig. 6, darüber die Pipette b hängend in der Klemmzange c, die am Stativ d befestigt ist. Durch Druck auf die Knöpfe f wird die Zange geöffnet, sodann der Saugapparat in die Flüssigkeit gesenkt und von solcher so viel angesogen, als die Pipette faßt, letztere wieder senkrecht daraus in die Höhe gezogen und hängen gelassen, bis nichts mehr abtropft. Darneben, so daß der einen Kreis beschreibende Arm c des Stativs die Pipette b bei einer Drehung von etwa 30° senkrecht darüber bringt, ist die zu probirende Flüssigkeit im Glas e gestellt. Der Hahn wird durch Druck geöffnet, und schneller oder langsamer, was ganz willkürlich erreicht werden kann, Flüssigkeit aus b nach e laufen gelassen. Ist die gewünschte Reaction eingetreten, so wird die Pipette wieder seitlich bis über b bewegt und auslaufen gelassen. Wiederablesen des Flüssigkeitsstandes in a gibt sehr leicht die Menge der verbrauchten Probeflüssigkeit. Daß, wie bei den à écoulement titrirten Büretten der hängenbleibende Tropfen in Abzug gebracht werden kann, sowie was vorzunehmen ist, wenn einmalige Füllung der Pipette b nicht hinreicht, bedarf keiner weiteren Erwähnung. Der Apparat ist in der Handhabung eben so bequem als sicher, was ihn aber in meinen Augen besonders schätzenswerth macht, ist: daß er aus Gegenständen leicht zusammengefügt werden kann, die sich ohnedieß in jedem, auch ärmeren Laboratorium befinden. Auch bei der Saugpipette thut der Hahn sehr gute Dienste, da er viel bequemer ist, als Verschluß mit der Zunge, während des Aushebens der Flüssigkeit. Scheidungen zweier über einander stehender Flüssigkeiten lassen sich ebenfalls leicht damit vornehmen.

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Tafel Tab. I
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