Titel: Ueber das Murexid-Roth auf Wolle; von Hrn. Albert Schlumberger.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XIII., S. 54
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XIII. Ueber das Murexid-Roth auf Wolle; von Hrn. Albert Schlumberger. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1854, Nr. 123. Schlumberger, über das Murexid-Roth auf Wolle. Liebig und Wöhler haben vor einigen Jahren einen neuen Farbstoff untersucht, welchen die Harnsäure liefert, und Dr. Sacc versuchte dann denselben zum Färben der Wollenzeuge anzuwenden; als er nämlich die Harnsäure nach dem von jenen Chemikern empfohlenen Verfahren, und zwar mit den unten angegebenen Vorsichtsmaßregeln, behandelte, erhielt er den unter dem Namen Alloxan bekannten Körper, welcher kleine weiße Krystalle bildet, die in Folge ihrer Umwandlung in Murexid Man betrachtete das Murexid bisher als purpursaures Ammoniak. die Haut roth färben, was Hrn. Sacc auf die Vermuthung führte, daß diese Substanz auch die Wolle färben könnte. In der That erhielt er eine Amaranthfarbe, welche ohne Vergleich schöner ist als sie die Cochenille liefert; er färbte nämlich ein Stück vorher gebeizter Wolle in einer Auflösung von Alloxan und entwickelte dann durch Behandlungen, welche ich erklären werde, die rothe Farbe. Aufgemuntert von Hrn. Sacc, habe ich über diesen Gegenstand eine Reihe von Versuchen angestellt, die ich hier mittheile. Um diese Färbung hervorzubringen, kann man anstatt der reinen Harnsäure auch die im festen Harn der Schlangen enthaltene anwenden, welcher bekanntlich 75 bis 90 Procent reine Harnsäure liefert. Ich will zuerst das Verfahren angeben, welches ich anwandte, um die Harnsäure in ziemlich reinem Zustand zu erhalten. Ich ließ 500 Gramme Schlangenharn in einer caustischen Lauge, welche aus 10 Litern Wasser und 1 Liter Aetznatron von 38° Baumé bestand, so lange kochen, bis sich die Substanz vollständig aufgelöst hatte, dann filtrirte ich die Flüssigkeit, welche fast bloß aus harnsaurem Natron bestand. Die klare Flüssigkeit wurde neuerdings zum Sieden erhitzt und hierauf durch einen schwachen Ueberschuß von Salzsäure gefällt. Der Niederschlag war anfangs voluminös und teigicht, wurde dann aber krystallinisch und schwer. Ich goß die klare Flüssigkeit ab und brachte die Krystalle auf ein Filter, um sie abzuwaschen und zu trocknen; ich hatte nun vollkommen weiße Harnsäure. Von den 500 Gr. Schlangenharn bekam ich 370 Gr. Harnsäure. Bei einem andern Versuch behandelte ich 900 Gramme von dem Harn der Boa (im Pariser Pflanzengarten), und erhielt daraus 82 Procent Harnsäure. Folgendes Verfahren Harnsäure zu bereiten, empfahl mir Hr. Sacc: Man läßt 40 Kilogr. trocknen Taubenmist mit einer Lauge, welche aus 400 Liter Wasser und 15 bis 16 Liter Aetznatron von 38° Baumé besteht, anderthalb Stunden lang kochen, dann so lange ruhig stehen, daß man decantiren kann. In diese Flüssigkeit, welche aus verschiedenen organischen Substanzen und harnsaurem Natron besteht, leitet man einen Strom Kohlensäure, so daß dieselbe in großem Ueberschuß ist. Diese Behandlung hat zum Zweck, fast sämmtliche organische Substanzen in Auflösung zu erhalten, so daß sich nur sehr wenig davon mit der Harnsäure niederschlagen kann. (Wenn man Salzsäure anstatt Kohlensäure anwendet, so fallen alle diese fremdartigen Stoffe mit der Harnsäure nieder.) Man hat dann einen teigichten, consistenten Niederschlag, der sich sehr schlecht filtrirt und aus ungefähr 20 Procent Harnsäure besteht; um ihn zu reinigen, wascht man ihn mit schwacher Schwefelsäure und behandelt ihn noch einmal oder zweimal mit Aetznatron, um dann entweder mittelst Kohlensäure oder mittelst Salzsäure die Harnsäure daraus niederzuschlagen. Die so behandelten Taubenexcremente liefern 1/72 Harnsäure. Nach diesem Verfahren erhielt ich die Harnsäure immer ziemlich gefärbt und es gelang mir nicht, sie durch Thierkohle zu entfärben; als ich das Verhältniß der Thierkohle verdoppelte, wurde alle Harnsäure von derselben absorbirt, denn ich konnte aus der durch das Filter gegangenen Auflösung keine mehr niederschlagen. Ich behandelte auf diese Weise auch einige Kilogr. peruvianischen Guano, wovon sich die Harnsäure sehr leicht abschied;Bensch empfiehlt den Guano mit Potasche, Kalk und einer hinreichenden Wassermenge längere Zeit zu kochen, zu filtriren und das Filtrat so weit einzudampfen, bis es zu einem dicken Brei gesteht. Diesen preßt man aus, vertheilt ihn in Wasser und zersetzt mit roher Salzsäure. Die ausgeschiedene unreine Harnsäure wird in verdünnter Kalilauge gelöst, bis zu einem Brei abgedampft, ausgepreßt, und das harnsaure Kali mit seinem doppelten Volum Wasser unter beständigem Umrühren gekocht, schnell gepreßt und dieses mehrmals wiederholt. Wenn es auf diese Art ganz weiß geworden, wird es in schwacher siedender Kalilösung aufgelöst und mit Salzsäure zerlegt. So gewann Bensch aus 100 Pfd. Guano 2 1/4 Pfd. reiner Harnsäure. A. d. Red. der angewandte Guano lieferte mir von derselben 4 Procent. Nachdem ich nun die geeignetsten Methoden zur Bereitung der Harnsäure beschrieben habe, welche die Grundlage des uns beschäftigenden rosenrothen Farbstoffs ist, muß ich sagen wie ich mir die Substanz verschafft habe, welche das Murexid erzeugt. Es gelang mir dieselbe zu erhalten, indem ich den Schlangenharn direct mit Salpetersäure behandelte, auf folgende Weise: ich warf in kleinen Portionen 35 Gramme von dieser Substanz in 1 Deciliter käuflicher Salpetersäure, mit der Vorsicht die Masse nicht zu stark zu erhitzen; nachdem ich die letzte Portion eingetragen hatte, war sie gerade für einen schwachen Ueberschuß (von Harnsäure) hinreichend. Ich erhielt alsdann eine gelbe, sehr saure Flüssigkeit, welche die Wolle noch gelb färbte. Als ich die Salpetersäure erwärmte, anstatt sie kalt wirken zu lassen, erhielt ich eine andere Verbindung, welche das Bad purpurroth färbt; man muß jedoch die Operation gut leiten, weil sich sonst alle Producte zersetzen, gelb werden und nicht mehr färben. Die nach beiden Methoden erhaltenen Flüssigkeiten muß man mit wenigstens ihrem 7 bis 8fachen Volum Wasser verdünnen, um darin die Wolle färben zu können, ohne befürchten zu müssen sie zu verändern. Was ich nach den beschriebenen Methoden bereitet hatte, war einerseits unreines Alloxan, und andererseits ein Gemisch von Alloxantin, Parabansäure, Mycomelinsäure und Murexid, welches die rothe Färbung der Flüssigkeit hervorbrachte. Dessen ungeachtet erhielt ich mit diesen von einander so verschiedenen Producten, und so unrein dieselben waren, außerordentlich schöne und unter einander gleiche Nuancen. Nachdem ich nämlich die mit Zinnoxyd gebeizte Wolle darin gefärbt hatte, ließ ich sie trocknen und legte sie dann, um ihr den rosenrothen Ton zu ertheilen, auf ein mittelst Dampf erhitztes Eisenblech, indem ich sie auf der andern Seite mit einem ebenfalls auf 80° R. erhitzten Eisen überfuhr. Der Wollenzeug, welcher (nach dem Färben) weiß war, erhielt schon bei der ersten Einwirkung der Wärme eine lebhafte und dunkle Amaranthfarbe, welche beim Waschen nicht verschwand. Ich versuchte andererseits die Wolle zu dämpfen, sobald sie mit Alloxan imprägnirt und getrocknet war, erhielt aber dadurch keine genügenden Resultate; die rosenrothe Farbe stellte sich nicht ein, und der Wollenzeug wurde gelb; es ist wahrscheinlich, daß sich das Murexid bei der ersten Einwirkung dieser hohen Temperatur bildete, aber durch den Wasserdampf sogleich zerstört wurde, was mittelst einer trocknen Wärme nicht geschieht; man könnte auch annehmen, daß bei Gegenwart von Zinnoxyd über einem gewissen Temperaturgrad das Murexid sich nicht bilden kann. Es fand also offenbar Zersetzung statt, wobei sich eine harzige, falbgelbe Säure, die Mycomelinsäure bildete, wovon ich oben sprach, und welche stets bei der Zersetzung des Murexids entsteht. Ich habe mich direct überzeugt, daß der Wasserdampf, oder sehr heißes Wasser, das Murexid zerstört; ich dämpfte nämlich ein Wollenstück, welches schon durch das warme Eisen roth gemacht war, und seine Farbe verschwand dabei gänzlich; dasselbe geschah bei einem Muster welches ich in kochendes Wasser einweichte. Diese Erscheinung kann nur dem vorhandenen Zinnoxyd (Zinnsäure) zugeschrieben werden, welches bisher zum Gelingen einer schönen Nüance unentbehrlich befunden wurde. Hierauf bereitete ich reines Alloxan, indem ich die Harnsäure der Schlangenexcremente nach der Vorschrift von Liebig und Wöhler mit Salpetersäure behandelte; ich warf nämlich 1 Theil Harnsäure in sehr kleinen Portionen in 4 Theile Salpetersäure von 1,4 bis 1,5 spec. Gewicht; das Ganze wurde in ein Gefäß mit kaltem Wasser gestellt, um die Erhitzung zu vermeiden, welche der Bildung des Alloxans schädlich ist; letzteres setzt sich in dem Maaße, als es sich bildet, in kleinen körnigen und weißen Krystallen ab. Man sammelt sie, um sie auf einem porösen Ziegelstein, gegen Licht und Wärme verwahrt, zu trocknen.2 Theile Harnsäure, mit 8 Theilen Salpetersäure behandelt, geben 1 Theil Alloxan. Um das Alloxan reiner zu erhalten, löst man die Krystalle wieder in Wasser auf und dampft die Auflösung unter 48° R. ab, um sie krystallisiren zu lassen. Ich bereitete verschiedene Auflösungen dieser Krystalle, mit 30, 40 und 50 Grammen per Liter Wasser, um damit Stückchen von gebeizter Wolle zu behandeln; sobald sie damit gut getränkt waren, habe ich sie ausgedrückt und getrocknet. Nach dem Ueberfahren mit dem warmen Eisen gaben sie sehr schöne Amaranthfarben. Ich habe gefunden, daß man ein Bad von 35 Grammen Alloxan per Liter Wasser anwenden muß, um einen mittleren Ton zu erhalten. Wenn man über 60 Gramme anwendet, oder wenn man zweimal in einem Bad von 45 Grammen färbt, ist die Nüance so intensiv, daß man Granatroth hat, und wenn man ein zu concentrirtes Bad anwendet, kann die Wolle gelb werden. Ich habe solche Auflösungen mit arabischem Gummi verdickt und damit Wollenzeug mit einer Handform und einer Walze bedruckt; nach vollständigem Trocknen und der darauf folgenden Behandlung lieferten sie mir ähnliche Nüancen wie das Färbeverfahren. Da ein Gemisch von Alloxan und Alloxantin, wenn man es mit kohlensaurem Ammoniak behandelt, Murexid geben kann, und da diese purpurrothe Färbung durch das Murexid hervorgebracht wird, so fragte es sich, ob das Alloxantin, wenn man Wollenzeuge ebenso damit behandelt, nicht auch dieselben Resultate geben kann? Zu diesem Zweck bereitete ich Alloxantin, indem ich 1 Theil Harnsäure in 32 Theilen Wasser kochen ließ und tropfenweise so viel Salpetersäure zusetzte als erforderlich war um die Masse aufzulösen; nach gehörigem Abdampfen setzten sich Krystalle von Alloxantin ab. Noch besser erhält man das Alloxantin, wenn man eine Auflösung von Alloxan durch Wasserstoff reducirt. Eine Auflösung von Alloxantin in Wasser, womit ich gebeizte Wolle tränkte, die ich hernach auf oben angegebene Weise behandelte, lieferte mir wirklich die rosenrothe Amaranthnüance; ich beobachtete, daß wenn man die Wolle, vor dem Ueberfahren mit dem warmen Eisen, eine Minute lang ammoniakalischen Dämpfen aussetzt, das Rosenroth jedesmal schöner wird, falls das Färbebad einen schwachen Ueberschuß von Salpetersäure enthielt; setzt man die Wolle jedoch den Ammoniakdämpfen zu lange aus, so wird das Murexid zerstört. Nachdem ich in Kürze die Bereitung der zu der gewünschten Färbung erforderlichen Substanzen mitgetheilt habe, will ich die Versuche beschreiben, welche ich angestellt habe um das beste Verfahren zur Erzielung der schönsten Farben mit dem geringsten Verlust an Farbstoff zu ermitteln. Hr. Sacc hat gefunden, daß man, um die lebhaftesten Töne zu erhalten, eine mit Zinnoxydsalzen gebeizte Wolle anwenden muß. Ich habe nach einander Versuche angestellt: mit nicht gebeizter Wolle, wobei die Farbe ziegelroth, aber auch am dunkelsten ausfiel; dann mit Wolle welche ich mit schwefelsaurem Zinn (einem Gemisch von gleichen Gewichtstheilen Zinnsalz und Schwefelsäure, gehörig mit Wasser verdünnt) gebeizt hatte, welches Präparat mir nur matte und gelbliche Töne lieferte; endlich mit Wolle die mit zinnsaurem Natron gebeizt war, womit ich bloß eine mittelmäßige Amaranthfarbe erhielt. Unter allen Präparaten, welche ich versuchte, lieferte das beste Resultat ein Gemisch von gleichen Gewichtstheilen Zinnchlorid und Oxalsäure, zusammen mit Wasser bis auf beiläufig 1° Baumé verdünnt. Wenn man die Wolle in demselben eine Stunde lang bei 30° R. einweicht, sie dann auswascht und trocknet, so eignet sie sich zum Färben mit Alloxan. Die Anwendung einer zu starken Beize veranlaßt Verlust an Farbstoff, wie folgende Versuche beweisen: ich beizte Wolle mit Mischungen von Zinnchlorid und Oxalsäure, welche mit Wasser von 6° Baumé bis 1° verdünnt worden waren, wobei ich fand, daß durch das Präparat von 6° B. die Farbe wenigstens 60 Procent an Intensität und an Lebhaftigkeit verloren hatte, und daß die Nuance mit der Abschwächung der Beize zunehmend dunkler und schöner wurde, so daß die Beize von 1° B. bei weitem die beste war. Diese Thatsache läßt sich dadurch erklären, daß ein vorhandener zu großer Ueberschuß von Zinnoxyd durch seine undurchsichtige Farbe das Murexid verlarven kann, oder daß das die Rolle einer Säure spielende Zinnoxyd im Stande ist das Ammoniak des Murexids zu verdrängen und dasselbe zu zersetzen. Man sollte nur frisch gebeizte Wolle färben, denn bei einer seit längerer Zeit gebeizten Wolle kann der Ton 20 bis 30 Procent an Intensität verlieren. Wolle, welche mit Alaun gebeizt worden war, indem ich sie eine Stunde lang in eine lauwarme Auflösung von 100 Grammen Alaun per Liter Wasser einweichte, gab nach dem Waschen und Trocknen, als ich sie wie die mit Zinnoxyd gebeizte in Alloxan färbte, sehr gute Resultate, nur warm die Farben bei weitem nicht so lebhaft wie diejenigen welche das Zinnoxyd lieferte. Als ich vom Fixiren dieser Farbe sprach, bemerkte ich schon, daß sie zu diesem Zweck mit einem warmen Eisen überstrichen werden muß; man erhält aber einen viel bessern Effect, wenn man, anstatt die Wolle unmittelbar nach dem Bedrucken oder Färben zu überfahren, sie vorher einige Zeit der Luft aussetzt. Auch in dieser Hinsicht hat mich ein Versuch auf eine neue Thatsache geführt: daß nämlich das Lüften in einer feuchten Atmosphäre von 20° R. bei weitem mehr als das trockne Lüften die Umwandlung des Alloxans in Murexid begünstigt; die trockne Wärme hat jedoch nur einen vortheilhaften Einfluß, während die feuchte Wärme (das Dämpfen) das Murexid zerstört, besonders wenn die Wolle mit Zinnoxyd gebeizt ist. Man muß auch immer frische Auflösungen von Alloxan anwenden, weil sich dasselbe mit der Zeit zersetzt, wo es dann schwache und schäbige Nüancen liefert. Reine Baumwolle, sie mag gebeizt seyn oder nicht, auch mit Wolle verwobene Baumwolle, färbt sich nicht; ebensowenig die nach Broquette's Verfahren animalisirte (mit einer Auflösung von Käsestoff in Ammoniak behandelte) Baumwolle. Um die Bildung von Murexid auf dem Gewebe außer Zweifel zu setzen, versuchte ich, ob reine, nicht gebeizte Baumwolle, mit Alloxan bedruckt, sich nicht rosenroth färbt, wenn man sie vor dem Auswaschen mit dem warmen Eisen überfährt. In der That gab das so modificirte Alloxan eine gelblich-rosenrothe Färbung, welche intensiver wurde als man sie dem Ammoniakgas aussetzte oder bloß einmal in Wasser tauchte; aber leider verschwand durch ein etwas starkes Waschen die Färbung vollständig. Diese Thatsache beweist offenbar, daß das Murexid sich nicht auf Kosten des Gewebes bildet, sondern bloß durch die trockne Wärme. Die Baumwolle hat also keine Verwandtschaft zu diesem Pigment. Es ist auffallend daß die Seide, als thierischer Faserstoff, ebensowenig wie die Baumwolle die Amaranthfarbe annimmt; sie färbt sich bloß röthlichgelb. Dieses Verhalten bietet ein sicheres Mittel dar, die Baumwolle oder die Seide in gemischten wollenen Geweben zu erkennen. Das Murexid-Rosenroth ist gewissermaßen der Gegensatz des Safflorroths, welches sich sehr gut auf der Baumwolle und Seide fixirt, ohne der Wolle anzuhaften. Die Eigenschaften der neuen Farbe sind auch die umgekehrten des Safflorroths, da jene nur durch die Wärme fixirt wird, wogegen dieses durch Wärme zerstört wird; auch widersteht erstere den Sonnenstrahlen, welche bekanntlich letzteres bleichen. – Im Vergleich mit der Orseille zeigt sich der neue Farbstoff viel weniger empfindlich gegen Säuren, aber viel empfindlicher gegen Alkalien; die Orseille verbleicht am Sonnenlicht, welchem das Murexid widersteht. Ich will nun kurz die Versuche anführen, welche ich über die Dauerhaftigkeit der auf Wollenzeugen dargestellten neuen Amaranthfarbe angestellt habe. Wie ich schon erwähnte, wirkt das Licht fast gar nicht auf das Murexid-Roth, denn als ich einen rosenroth gefärbten Wollenzeug zwei Tage lang den directen Sonnenstrahlen aussetzte, zeigte er sich nicht im geringsten verändert (erst nachdem er über zwei Monate dem directen Sonnenlicht ausgesetzt geblieben war, hatte er sich vollständig entfärbt). Kochendes Wasser und Wasserdampf von 80° R. zerstören die nach Hrn. Sacc's Verfahren erhaltene Amaranthfarbe vollständig; in heißem Wasser beginnt die Entfärbung schon bei 55° R., und schreitet mit dem Temperaturgrad vor. Diese Zerstörung der Amaranthfarbe ist von den Eigenschaften des Murexids unabhängig, und wird bloß durch das Zinnoxyd veranlaßt. Wir haben gesehen, daß die Wolle mit Zinnoxyd gebeizt seyn muß, damit die glänzendste und satteste Färbung erzielt wird; seitdem habe ich aber gefunden, daß nicht gebeizte Wolle, mit dem durch eine erste trockene Wärme modificirten Alloxan imprägnirt, nicht bloß bis auf einen gewissen Grad die Einwirkung des kochenden Wassers verträgt, sondern überdieß darin eine gleichförmige Farbe erlangt, welche noch schöner und dunkler als bei gebeizter Wolle ist. Heißes Wasser scheint also die Bildung des Murexids vorzugsweise zu begünstigen, und könnte vielleicht die trockene Wärme und das Beizen ersetzen. Kalter Alkohol und Schwefeläther haben auf diesen Farbstoff keine Wirkung, selbst nach längerer Zeit; beim Kochen zerstört der Alkohol diesen Farbstoff, ohne sich jedoch rosenroth zu färben, wie es das Wasser thut. Die Alkalien (besonders die ätzenden) wirken sehr nachtheilig auf diesen Farbstoff; taucht man einen mit Murexid gefärbten Wollenzeug in eine Auflösung von Aetznatron, so verändert er seine Nüance zuerst in Blauviolett, und entfärbt sich hernach. Die Seife, welche wie ein schwaches Alkali wirkt, verändert ihn ebenfalls nach und nach. Das Chlor wirkt nicht unmittelbar auf diesen Farbstoff ein, denn ich tauchte ein rosenrothes Muster fünf Minuten lang in eine Chlorkalk-Auflösung von 1° Baumé, ohne daß es sich merklich entfärbte. Essigsäure und Oxalsäure vermögen diese Farbe nicht sogleich zu zerstören. Schwache Salzsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure wirken entfärbend, letztere Säure wirkt jedoch weniger schnell als die beiden ersteren; merkwürdig ist, daß die Farbe, nachdem sie durch Schwefelsäure fast zerstört wurde, durch Eintauchen in Ammoniak wieder röthlichviolett wird. Zweifach-chromsaures Kali, chlorsaures Kali, essigsaures Blei und essigsaure Thonerde zeigen keine Wirkung auf das Murexid. Die reducirenden Salze, z.B. Zinnchlorür, schwefelwasserstoffsaures Ammoniak und Eisenvitriol, zerstören aber schnell das Rosenroth; das Zinnchlorür macht es zuerst bläulich und entfärbt es dann. Bei der Reduction des Murexids entsteht eine neue Substanz, welche durch allmähliche Oxydation wieder in Murexid übergehen kann. Dieß beweist folgender interessante Versuch: ich bedruckte amaranthfarbige Wolle mit verdicktem Zinnsalz, welches an allen Stellen, wo es aufgetragen wurde, die Farbe beseitigte, so daß dieselben weiß erschienen; als ich nach Verlauf von 15 Tagen das Muster untersuchte, hatten alle bedruckten Stellen ihren anfänglichen Ton wieder angenommen, es hatte sich wieder Murexid gebildet, sogar von größerer Intensität. Man ersieht aus dem Verhalten dieses Farbstoffs gegen die verschiedenen Reagentien, daß das satte und lebhafte Rosenroth, Violett etc., welche er liefert, sich durch eine große Dauerhaftigkeit (Aechtheit) auszeichnen. Die oxydirenden Salze im Allgemeinen verändern den Farbstoff nicht, und die reducirenden bleichen ihn nur momentan. Der Kostenpunkt kann zur Zeit nicht erörtert werden, weil der Rohstoff, die Harnsäure, noch nicht im Großen dargestellt wird. Ich habe zu ihrer Bereitung den Schlangenharn benutzt, weil ich zufällig solchen zur Verfügung hatte. Damit der schöne neue Farbstoff in den Manufacturen in Anwendung kommen kann, muß man nun auf Mittel denken, die Harnsäure wohlfeil zu gewinnen, wozu die Excremente der fleischfressenden Vögel, der Hühner, Tauben etc., auch der Guano, das Material darbieten. Vielleicht gelingt es den Chemikern noch, die Harnsäure künstlich zu erzeugen, wie bereits den Harnstoff. Schließlich komme ich auf die Ansicht des Hrn. Sacc über den möglichen Zusammenhang zwischen dem Farbstoff der Cochenille, des Kermes etc., und dem Murexid, welches sich durch Oxydation der von diesen Insecten reichlich erzeugten Harnsäure bilden würde. Hr. Sacc fand nämlich, daß die Hühner und insbesondere die Vögel mit glänzenden Federn, z.B. die Papageyen, während sie in der Mause sind, keine merklichen Spuren von Harnsäure mehr geben, wogegen das Verhältnis der Harnsäure sehr stark ist, nachdem die Federn ihre Entwickelung erlangt haben. Wohin begibt sich nun alle diese Harnsäure, wenn der Zeitpunkt eintritt, wo sie nicht mehr aus dem Körper ausgestoßen wird? Sollte sie sich dann nicht in eine Substanz verwandeln, welche, wie das Alloxan, die Federn zu färben vermag, in Folge einer noch unbekannten Metamorphose? Das Murexid ist nämlich nicht bloß rosenroth, sondern zeigt auch blaue und grüne metallische Reflexe. Grüne Strahlen kann es jedoch nur mit Beihülfe eines gelben Strahls reflectiren; eine Substanz, welche die Eigenschaft hat, das Roth, Blau und Gelb zu reflectiren, kann aber auch die Eigenschaft haben, alle möglichen Farben zu reflectiren. Wenn man diese Ansicht für die Vögel zuläßt, muß man sie natürlich auf die Reptilien, Insecten etc. ausdehnen.