Titel: Ueber den Bestandtheil der Weizenkleie, welcher das Stärkmehl verdaulich macht; von Hrn. Mouriès.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XXXVI., S. 141
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XXXVI. Ueber den Bestandtheil der Weizenkleie, welcher das Stärkmehl verdaulich macht; von Hrn. Mouriès. Aus den Comptes rendus, März 1854, Nr. 11. Mouriès, über einen neuen Bestandtheil der Weizenkleie. Den Bestandtheil der Kleie, welcher das Stärkmehl löslich und also verdaulich machtMan s. die bisherigen Resultate des Verfassers über diesen Stoff, im polytechn. Journal Bd. CXXXI S. 301., kann man in dreierlei Zuständen erhalten: 1) löslich; 2) durch die Fällung modificirt; 3) durch die Wärme geronnen. A. Im löslichen Zustande ist er im Kleienwasser enthalten, welchem er alle charakteristischen Eigenschaften desselben ertheilt. Um diesen Körper zum Studium seiner Eigenschaften in hinreichend reinem Zustande zu erhalten, läßt man feine Kleie sechs Stunden lang in 10 Theilen Weingeist, welcher mit seinem doppelten Volum Wasser verdünnt ist, weichen, preßt dann die Kleie aus, und wiederholt diese Behandlung mit verdünntem Weingeist dreimal; letzterer zieht das Dextrin und den Zucker aus, ohne den die Verdauung befördernden Bestandtheil der Kleie aufzulösen oder zum Gerinnen zu bringen. Die ausgedrückte Kleie wird mit 5 Theilen destillirtem Wasser gemischt, womit man sie eine halbe Stunde in Berührung läßt, dann preßt man sie neuerdings aus, worauf man die Flüssigkeit filtrirt und bei 40° C. (32° R.) abdampft. So dargestellt, ist dieser Körper trocken, amorph, dem Albumin ähnlich, sehr löslich in Wasser, aber unauflöslich in Alkohol, Aether und Oelen. Beim erhitzen gibt er ammoniakalische Producte; bei einer Wärme von 75° C. (60° R.) gerinnt seine Auflösung. Ueberschüssiger Alkohol macht sie ebenfalls gerinnen; verdünnte Essigsäure, Weinsteinsäure, Salzsäure, Schwefelsäure, Oxalsäure, Phosphorsäure (Meta- und Pyrophosphorsäure) etc. fällen ihn aus seiner wässerigen Lösung in käseartigen Flocken. Diese Niederschläge lösen sich in einem Ueberschuß von Säure immer wieder auf. Die concentrirten Säuren trüben die wässerige Auflösung nicht; das neutrale Lab wirkt auf sie nicht. 10 Gramme Stärkmehl, welche im Zustand von Kleister auf einer Temperatur von 45° C. (36° R.) erhalten werden, sind durch fünf Centigramme des neuen Stoffes in fünfundzwanzig Minuten umgewandelt (dünnflüssig gemacht). Der Zusatz eines Alkalis veranlaßt in der Lösung der neuen Substanz keinen merklichen Niederschlag, aber er modificirt ihre Wirkung auf den Kleister gerade so, als wenn sie durch eine Säure zum Gerinnen gebracht worden wäre. Dieser neue Körper hat, wie man sieht, große Aehnlichkeit mit dem Amandin, Albumin und Legumin, er unterscheidet sich aber von denselben durch abweichende Reactionen und besonders durch seine Eigenschaft das Stärkmehl verdaulich zu machen; die Wirkung des Alkohols und der Wärme trennt ihn von dem Diastas, welches nur derselbe Stoff, aber durch die Keimung modificirt, zu seyn scheint. B. Nachdem der neue Körper durch eine Säure gefallt worden ist, macht er das Stärkmehl nur mehr sehr langsam dünnflüssig, denn er braucht dazu sechs Stunden anstatt fünfundzwanzig Minuten (bei Anwendung obiger Quantitäten). Das Auflösen desselben in einem Ueberschuß von Säure oder Alkali ändert die Dauer dieser Reaction nicht. Gefälltes Albumin, Legumin und Amandin zeigen bei demselben Gewichtsverhältniß gar keine Wirkung auf den Kleister. C. Nachdem der neue Körper durch eine Wärme von 75° C. (60° R.) zum Gerinnen gebracht worden ist, löst er sich weder in den Säuren noch in den Alkalien mehr auf; er hat dann viel Aehnlichkeit mit dem modificirten Albumin, behält aber noch die Eigenschaft nach Verlauf von sechs Stunden 10 Gramme Stärkmehl in Kleisterform dünnflüssig zu machen, wenn man dazu 5 Centigramme von ihm anwendet, welche Eigenschaft das Albumin nicht hat.