Titel: | Die neuesten Erfolge der Silos in der Provinz Sachsen. Ein Beitrag zur Verhütung der Noth in Theuerungsjahren; von Richard Schück, Regierungs-Assessor in Merseburg. |
Autor: | Richard Schück |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LXV., S. 221 |
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LXV.
Die neuesten Erfolge der Silos in der Provinz
Sachsen. Ein Beitrag zur Verhütung der Noth in Theuerungsjahren; von Richard Schück,
Regierungs-Assessor in MerseburgMagdeburg.
Mit einer Abbildung.
Schück, über die neuesten Erfolge der Silos in der Provinz
Sachsen.
Auch in diesem Jahre bedroht die unbemittelten Classen die Getreidetheuerung. Schon
jetzt legt sie den Aermeren schmerzliche Entbehrungen auf. Die schlechten Ernten
kehren von Zeit zu Zeit wieder. Der Staat sowie der Gemeingeist der Mitbürger ist
alsdann vergeblich auf ausreichende Mittel bedacht, den Schrecknissen der Noth zu
begegnen. Unter solchen Umständen liegt die Aufforderung nahe, in Jahren des
Ueberflusses für spätere Zeiten des Mangels zu sammeln; allein die Kostspieligkeit
und Schwierigkeit der Magazinirung größerer Getreidevorräthe hat sich stets als
hinderlich erwiesen.
Es wird unter diesen Umständen wichtig seyn, von den günstigen Erfahrungen Kenntniß
zu nehmen, welche die Mannsfeld'sche Kupferschieferbauende Gewerkschaft auch in diesem Jahre mit der unterirdischen Aufbewahrung
großer Getreidevorräthe in den sogenannten Silos gemacht
hat.
Die Silos verdienen im Interesse der Militärverwaltung und der Finanzwirthschaft des
Staates, sowie des Getreideverkehrs der Privatbesitzer eine um so ernstere
Beachtung, als ihre Einrichtung bei weiterer Anwendung noch mancher Vervollkommnung
fähig ist.
Die großen Vortheile, welche die Aufbewahrung des Getreides in Erdgruben, vor der in
Magazingebäuden, sowohl hinsichtlich der Wohlfeilheit der Anlagen und der
Unterhaltung, als der Sicherung des Getreides vor Wurmfraß, Diebstahl und
Feuersgefahr gewährt, sind bereits vielfach bekannt und gaben der Mannsfelder
Gewerkschaft im Jahre 1825 Anlaß, die ersten Silos versuchsweise anzulegen. Das
bereits im polytechnischen Journal, Jahrgang 1822, Bd. IX S. 329 ausführlich
besprochene Verfahren bei Anlegung der Silos nach ungarischer Methode, welches Hr.
Ternaux für seine Silos zu St. Ouen benutzte, wurde
hier ebenfalls beobachtet.
Die solchermaßen angelegten Silos haben sich vollkommen und namentlich auch dieses
Jahr von Neuem bewährt, so daß die Gewerkschaft die Zahl derselben gegenwärtig
auf 10 vermehrt hat. Die Gewerkschaft wird durch diese Magazinirung mit geringen
Opfern in den Stand gesetzt, ihren zahlreichen Arbeitern den bestimmungsmäßig zu
liefernden Roggen niemals höher als mit 1 Rthlr. 5 Sgr. pro Scheffel zu berechnen. Auch einzelne Privat-Grundbesitzer in
den Kreisen Mannsfeld und Sangerhausen haben das obige Verfahren mit erfreulichem
Erfolge versucht.
Ueber die gewonnenen Erfahrungen geben die nachfolgenden an Ort und Stelle erlangten
Nachrichten ausführliche Auskunft.Die Aufbewahrung des Getreides in unterirdischen Gruben findet man schon im
frühesten Alterthum bei den Aegyptern, Arabern und Hebräern, auch
gegenwärtig noch in Afrika, Ungarn, Italien, Frankreich, in Lithauen und in
der Ukraine.
I.
Die Silos der Friedeburger Hütte bei Gerbstädt.
A. Geschichtliches
Vorwort.
Das unter dem Namen „Haupt-Getreide-Depot“ auf
Friedeburger Hütte etablirte unterirdische Getreide-Magazin der genannten
Gewerkschaft besteht zur Zeit in 10 ausgemauerten Silos, welche ein
Gesammtquantum von etwas über 28,000 Scheffel preuß. fassen. Dieselben haben den
Zweck, das zur Versorgung der Berg- und Hütten-Arbeiter nöthige
Brodkorn für theuere und solche Zeiten im Vorrath zu halten, in welchen die
Herbeischaffung des Bedarfs (gegenwärtig beiläufig 3600 Scheffel pro Monat, excl.
Sangerhäuser und Riestädter Werke, für welche besondere Silos bestehen) mit
Schwierigkeit verknüpft ist, ja zur Unmöglichkeit werden könnte.
Im Jahre 1825 wurde die erste Grube angelegt und im J. 1826 und 1829 die Zahl bis
auf 6 Stück gebracht, welche zusammen einen Kostenaufwand von 550 Rthlr.
verursacht hatten. 4 Stück davon füllte man im Jahre 1834 mit 10,900 Schffl.
Roggen zu den Einkaufskosten von 10,540 Rthlr., also zum Durchschnittspreise von
29 Sgr. pro Scheffel, und öffnete die erste
versuchsweise zu Anfang des Jahres 1838, um welche Zeit der Roggenpreis
durchschnittlich auf 1 1/4 Rthlr. stand. Im letzten Quartale desselben Jahres
war indeß der Roggenpreis bis auf 2 Rthlr. gestiegen und man hielt es für
rathsam, auch die übrigen 3 Silos zu leeren, nämlich eines im December 1838 und
die beiden letzten im Januar 1839. Es hatte sich dabei ein Verlust von circa 80 Schffl. ergeben und der effective
Gewinn stellte sich, bei den eigentlich doch nicht hohen Preisen, unter
Berücksichtigung eines Abnutzungswerthes von 10 Proc. der Anlagekosten, ferner
der Zinsen, Verwaltungs- und Arbeitskosten, Fuhrlöhne etc. für das
Gesammtquantum auf 6300 Rthlr.
Der Roggen hatte sich gut erhalten, und lieferte ein gesundes nahrhaftes Brod,
wenn gleich mit röthlichem Aussehen und erdigem Beigegeschmack, welcher letztere
sich jedoch, nachdem der Roggen längere Zeit der Luft ausgesetzt gewesen, fast
ganz verlor.
Der so gelungene Versuch gab Veranlassung die Zahl der Silos zu vermehren, und im
Jahre 1841 noch 2 Stück zu erbauen und 2 andere schon in den Zwanziger Jahren
von Privaten daselbst angelegte anzukaufen. Zur Füllung der sämmtlichen 10 Silos
eigneten sich die niedern Roggenpreise vom August 1848 bis Juli 1849, in welcher
Zeit das erforderliche Quantum Roggen zu durchschnittlich 1 Rthlr. 1 Sgr. 8 Pf.
pro Scheffel incl.
aller Unkosten angekauft, rein gefegt, und damit die Gruben angefüllt wurden,
wovon bis jetzt erst 2 Stück zu 6406 Schffl. Inhalt mit günstigem Erfolge
geleert worden sind. Auf das Resultat dieser Leerung kommen wir weiter unten
zurück.
B. Construction und Bau des
Silos.
Textabbildung Bd. 132, S. 223
Die Gestalt der Silos ist auf zwei Drittel der Höhe von der Sohle aus
cylindrisch, beim oberen Drittel kuppelförmig und schließt mit einem
cylindrischen Halse, wie aus beistehender Figur zu ersehen. Die Größe derselben
ist nicht gleich; betrachten wir das größte Silo. Sein Durchmesser ist 18, seine
Höhe bis zum Halse 28 Fuß, der Hals 2 1/2 Fuß weit, 2 Fuß hoch; auf dem Halse
ruht ein Geviertrahmen von Holz, in welchem eine steinerne Deckplatte von 4 Fuß
im Quadrat und 4 Zoll Stärke Platz hat. Das Silo steht mit seiner Deckplatte 4
Fuß unter der Erdoberfläche auf seine ganze Höhe im trockenen Lehmgebirge. Die
Cylinderwand wie das Kugelgewölbe und der Hals sind aus geformten Schlackenwürfeln von circa 10 Zoll in Kubus und mit Kalkmörtel
ausgeführt, und nur zur Ausgleichung beim Bogenschluß Barrensteine mit
angewendet. Das Sohlenpflaster ist aus gleichem Material hergestellt, und
sämmtliche Fugen des ganzen Baues sind möglichst glatt verstrichen, auch die bei
der Anlage um das Mauerwerk herum entstandenen offenen Räume mit Lehm fest
verstampft worden. Die Anlagekosten eines solchen Silos auf die angegebene Weise
erbaut, betragen circa 100 Rthlr. Es muß jedoch
dabei hervorgehoben werden, daß diese billigen Anlagekosten auf sehr günstigen
Umständen beruhen, welche sich anderswo selten, wenigstens nicht in allen
Beziehungen wieder finden werden, und zwar:
1) weil das Terrain, auf welchem die vorgedachten Silos angelegt sind, durch ein
trockenes und mächtiges Lehmlager gebildet wird, welches nur unbedeutende
Feuchtigkeit durchläßt und daher gestattet, als Mauerbindemittel den
gewöhnlichen Kalkmörtel anzuwenden, und
2) weil die Bausteine nirgends so billig zu haben seyn werden, wie die als solche
benutzten Formschlacken, deren Kosten zu dem beschriebenen Silo höchstens 15
Rthlr. betragen, einschließlich der geringen Löhne für den Transport von der
Hütte zur nahen Baustelle.
Wo also diese günstigen Bedingungen fehlen, kann natürlich von so billiger Anlage
der Silos keine Rede seyn, indessen möchte es, bei der Wichtigkeit und den ins
Auge springenden Vortheilen eines derartigen Etablissements, hierauf weniger
ankommen, als vielmehr darauf, ob überall dergleichen Anlagen gemacht werden
können. Es möchte diese Frage zu bejahen seyn und sich jede nicht stark
durchlassende Bodenart zur Anlage von Silos eignen, wenn man die Silos nur auf
hochgelegenem, dem Wasser niemals ausgesetzten Terrain, von hart gebrannten
Barrensteinen und Cement errichtet. Ueberschläglich würde eine Grube von der
beschriebenen Größe mit diesem Material gut ausgeführt, auf 350 bis 400 Rthlr.
zu stehen kommen. Noch größere Silos sind jedenfalls vortheilhafter, da sie
unter gleichen Umständen verhältnißmäßig weniger Verluste geben werden, als
kleinere. Das Getreide ist nämlich dem Verderben hauptsächlich an der Wandung
wegen der nicht ganz abzuhaltenden Feuchtigkeit ausgesetzt, wodurch Verluste
entstehen. Diese müssen also um so geringer seyn, in je kleinerem Verhältnisse
die Wandfläche zu dem Rauminhalt des Silos sich befindet. Bezüglich der Form
möchte das eine vollkommene Kugel bildende Silo jedenfalls das beste zur
Verringerung der Wandfläche seyn, wenn dessen Herstellung nicht mit
Schwierigkeit verknüpft wäre, und daher viel theurer zu stehen kommen würde.
C. Verfahren bei der Füllung
der Silos.
Die Silos sind auch leer fest verschlossen, mit Erde bedeckt, an der
Erdoberfläche geebnet und nur durch Nummersteine über den Oeffnungen markirt, so
daß darüber weg geackert werden kann.
Soll gefüllt werden, so wird die Erde bis zur Deckplatte aufgeräumt, letztere
gereinigt und abgehoben, die Grube, wenn sich Feuchtigkeit an den Wänden zeigen
sollte, mit Reisholzfeuer getrocknet und gereinigt, und alsdann mit der Füllung
begonnen. Wesentlich ist, daß diese Füllung mit sehr trockenem Getreide und so
rasch als möglich erfolgt. Um dieß zu können, ist es nothwendig, daß das ganze
Füllungsquantum beisammen ist, ehe man mit der Füllung selbst beginnt. Ein
ausreichender Schüttboden darf daher nicht fehlen. Durch eine Fege staubfrei
gemacht, wird das Getreide in die Grube geschüttet und gleichzeitig
festgetreten, auch wohl gestampft; hauptsächlich muß unter dem Halse, wo die
Wölbung der Horizontale nahe kommt, das Getreide seitwärts der Wandung
zugeschoben, und so viel als thunlich festgestoßen werden, damit kein leerer
Raum bleiben kann.
Bis zur Hälfte der Halshöhe wird die Füllung fortgesetzt, darüber Papier
gebreitet und dieses mit einem genau in den Hals paffenden Brettdeckel belegt,
sodann der Hals vollends mit Kohlengestübe gefüllt und mit der Deckplatte
geschlossen, über welcher die Erde bis zur Oberfläche festgestoßen wird, womit
das Füllungsgeschäft vollendet ist.
D. Leerung der
Silos.
Die Oeffnung der Silos geschieht wie im Abschnitte C
angegeben, nur daß hier der Hals von dem Kohlengestübe und dem Brettdeckel noch
zu befreien, auch über dem Silo ein entsprechender Ueberbau von Holz und Bohlen
zum Schutz gegen ungünstiges Wetter herzustellen, und ein Haspel zum Auffördern
des Getreides aufzustellen ist, bevor an die Leerung gegangen werden kann.
Wie unter Abschnitt A erwähnt, sind in diesem Jahre
bis jetzt erst zwei Silos mit 6406 Scheffel Inhalt geleert, wovon Nr. 1 im
August 1848 und Nr. 2 im März 1849 gefüllt wurde und somit der Roggen in dem
einen 5 Jahre 2 Monat, in dem andern 4 Jahre 7 Monat dem Schooß der Erde
übergeben war.
In beiden Silos fand man die Füllung trotz dem Festtreten und Stampfen circa 6 Zoll tief unter dem Halse eingesunken, und
in der obern Schicht feucht, diese Feuchtigkeit aber nach unten successive bis
zur Trockne in circa 8 Zoll Tiefe abnehmend.
Diese Schicht, deren Daseyn wohl weniger äußerer Einwirkung, als vielmehr der
Ausdünstung der Kornmasse von unten zuzuschreiben seyn möchte, war verdorben,
und zum Vermahlen und Verbacken nicht tauglich. Sie wurde behutsam abgeräumt, an
der Luft einigermaßen getrocknet und nach Qualität zu verschiedenen Preisen als
Viehfutter verkauft. Beide Silos lieferten hiervon 66 Scheffel, die sich jedoch
im gesunden, unaufgequollenen Zustande gedacht, auf 50 Scheffel werden reduciren
lassen.
Unter der verdorbenen Schicht war der Roggen durchweg bis zur Sohle des Silos
vollkommen gesund, sehr trocken und von schöner gelber Farbe, jedoch von saurem
Geruche und nur an der Wandung hatte sich eine filzartige Substanz, die zwischen
1–2 Zoll Stärke variirte, mitunter und zwar an einzelnen glatt verglasten
trockenen Schlacken auch gar nicht vorhanden war, gebildet. Diese Substanz
wurde, nachdem man die stellenweis bis zu 8 Zoll anklebenden gesunden Körner
behutsam abgerieben hatte, von Zeit zu Zeit im Fortschreiten der Leerung von der
Wandung abgelöst und abgesondert aus der Grube geschafft. Diese Masse enthielt
100 Scheffel aus beiden Gruben, wovon 12 Scheffel noch zu geringen Preisen
verwerthet werden konnten, der Rest als gänzlich unbrauchbar, höchstens zu
Dünger geeignet, zurückgeworfen wurde.
Die Aufförderung des Roggens aus der Grube geschah mittelst des aufgestellten
Haspels und zweier Säcke, sowie das Fortschaffen nach dem Schüttboden in
Hohlkarren. Ich muß noch erwähnen, daß namentlich in der größern Grube Nr. 2 auf
die untern 3 Fuß Höhe der Roggen so fest gepreßt gefunden wurde, daß er mit
einer Hake aufgelockert werden mußte, dennoch aber so trocken wie der übrige
sich ergab; auch daß die Wandung der Silos sich vollkommen trocken erhalten
hatte. Durch diesen Umstand könnte man zu der Annahme versucht seyn, daß die
Entstehung der filzigen Substanz nicht durch Feuchtigkeit von Außen, sondern wie
bei der obern Schicht, von der Ausdünstung der Roggenmasse herrühre, wenn
dagegen nicht die Thatsache spräche, daß an einzelnen glatten Schlacken diese
Filzrinde vermißt wurde, während solche an den Kalkfugen um die Schlacken herum
vorhanden war.
E. Resultate.
Die beiden Silos waren gefüllt
mit
6406 Scheffel,
die Leerung schüttete an gesundem
Roggen
6419
an verdorbenem, aber zu 46 3/4
Rthlr. verwerthetem Roggen
78
an gänzlich unbrauchbarem
80
––––––
6577
„
––––––––––––––––––––
Es ist mithin ein
Uebermaaß erfolgt von unddarunter 13 Scheffel gesunder
Roggen.
=
171 Scheffel
Bei Ermittelung der Geldwerthe und des Gewinns wollen wir das gefundene
Uebermaaß, als aus Zufälligkeiten entstanden, unberücksichtigt lassen und
vielmehr zur Sicherheit einen Naturalverlust von 1 Proc. annehmen, auch das zur
Füllung der 10 Silos aufgewendete Capital mit 4 Proc. auf 5 Jahre verzinsen, und
zwar Zins von Zins, dagegen aber auch die Berechnung eines Abnutzungswerthes von
den Anlagekosten weglassen, weil sich erwiesen, daß die Silos seit einer Reihe
von Jahren auch nicht im mindesten beschädigt worden sind, also eine Abnutzung
derselben nicht stattgefunden hat.
Es sind im Ganzen 28284 Scheffel Roggen angekauft und nach Wegrechnung des
Verlustes durchs Fegen beim Füllen in die Silos gekommen = 28119 Scheffel; diese
haben gekostet incl.
390 Rthlr. Verwaltungs- und
Arbeitskosten
29630 Rthlr.
hierzu die Zinsen auf 5 Jahre
6420
„
Arbeitslöhne bei der Leerung,
Verwaltungskosten und etwaiger Materialverlust an
dem Ueberbau von 28119 ÷ 1 Proc. Verlust ad 281 = 27838 Scheffel ad 3 1/2 Pf., rund
270 „
––––––––––
Gesammtkosten auf gewonnene 27838
Scheffel Roggen =
36320 Rthlr.
thut pro
Scheffel nahe 1 Rthlr. 9 Sgr. 3 Pf., also eine
Vertheuerung von 7 Sgr. 7 Pf. pro Scheffel in 5 Jahren, 1 Sgr. 6 Pf. pro anno.
Gegenwärtig haben diese 27838 Scheffel
Roggen Werth, zu 70 Rthlr. à Wispel berechnet
81230 Rthlr.
––––––––––
Es ist also mit einem
Anlage-Capital von 29630 Rthlr. in noch
nicht 5 Jahren ein Gewinn gemacht wordenProben des gesunden Roggens (Nr. 1), des verdorbenen Roggens der
bessern Qualität, welcher mit 25 Sgr. pro Scheffel verwerthet worden (Nr. 2). und eine
geringere Probe mit 20 Sgr. pro
Scheffel verwerthet (Nr. 3), endlich eine Probe der filzigen
Substanz (Nr. 4), wie sie dicht an der Wandfläche anklebt,
liegen bei dem Verfasser zur Ansicht vor. von
44910 Rthlr.
II.
Die Silos der Kupferhütte bei Sangerhausen.
1) Die erste Korngrube, welche überhaupt Seitens der Mansfeld'schen
Kupferschieferbauenden Gewerkschaft angelegt worden ist, wurde im Jahre 1825 auf
vorgedachter Kupferhütte hergestellt. Dieselbe befindet sich einige hundert Schritte
nordwestlich von der Hütte in einem mächtigen und vorzüglich reinen, zu den
hangenden Gebirgsarten der in dieser Gegend ziemlich verbreiteten
Braunkohlenformation gehörenden Lehmlager, unter welchem sich als Liegendes blauer
und weißer Braunkohlenthon befindet.
Zwei andere dergleichen Korngruben sind später, nachdem man diese Aufbewahrungsart
des Getreides als sehr vortheilhaft erkannt hatte, in etwas größerem Maaßstabe in
den Jahren 1829 und 1834 unmittelbar neben der ersterwähnten angelegt worden.
2) Die Dimensionen dieser Silos anlangend, so haben dieselben eine flaschenartige
Form wie die Silos der Friedeburger Hütte, in der Art, daß sie von unten bis auf
zwei Drittel ihrer Höhe cylinderförmig sind, und auf diesem Cylinder ein einen
Kugelabschnitt bildendes zirkelförmiges Gewölbe aufgesetzt ist, was wieder ein
Drittel der ganzen Höhe im Lichten einnimmt und in einen 3 Fuß hohen und 2 Fuß im
Quadrat weiten Hals endigt. Sowohl die Seitenwände als der Boden der Gruben sind mit
geformten Schlackenziegeln ausgemauert; wo man diese nicht hat, kann man eben so
zweckmäßig stark gebrannte Backsteine (sogenannte Klinker) dazu verwenden.
Das Gewölbe besteht hier aus sogenannten Wickelschlacken und der beim Mauern
verwendete Mörtel ist gewöhnlicher, etwas scharf bindender Gyps. Die Größe der
Gruben ist je nach dem Quantum Getreide das sie fassen, verschieden; die erste,
welche circa 1500 Scheffel Roggen faßt, ist im Lichten
vom Boden bis zum Halse des Gewölbes 24 Leipziger Fuß (damals wurde in der Gegend
von Sangerhausen noch allgemein nach Leipziger Fuß gearbeitet) hoch, wobei das
Gewölbe ein Drittel der ganzen Höhe, 8 Fuß einnimmt; der aus Ziegelbacksteinen
aufgemauerte Hals oder Schlott ist 3 Fuß hoch und 2 Fuß ins Gevierte. Die später
angelegten Silos, welche jedes circa 2000 Scheffel
Roggen fassen, sind verhältnißmäßig größer.
3) Die Anlagekosten eines Silo der Kupferhütte, welche allerdings wegen der hier sehr
billig bezogenen, zur Ausmauerung verwendeten Schlackenziegel für einen andern Ort
keinen Anhalt geben, betrugen bei dem zuerst angelegten, etwas kleinern 84 Rthlr., bei den
spätern beiden größeren 90 und einige Thaler. Die Kosten werden bei Verwendung von
Backsteinen etwas höher ausfallen, sind aber, wenn man bedenkt, daß eine solche
Korngrube eine Jahrhunderte lange Dauer hat, daher zu vielmaligem Füllen benutzt
werden kann, und daß die Aufbewahrungskosten des Getreides außer den
Füllungs- und Entleerungskosten, sich auf Nichts reduciren, gegen die theure
Magazinirung von Getreide und die damit verbundenen Verluste fast gar nicht in
Anschlag zu bringen.
4) Das Schließen eines mit Getreide angefüllten Silo geschieht hier in folgender
Weise. Der zum Einfüllen und Aufbewahren bestimmte Roggen wird vorher durch
mehrmaliges Rollen möglichst vollständig gereinigt und dann so rasch als möglich bis
an die Mündung des Schlotes in die Grube eingeschüttet. Wenn dieß geschehen, wird
die Grube vorläufig bloß durch zwei- bis dreifach über einander gelegte
Bretter geschlossen, zwei bis drei Tage ruhig gelassen, in welcher Zeit sich der
Roggen vollständig zusammengesetzt hat, so daß man noch mehrere Scheffel nachfüllen
kann. Nach einer abermaligen Pause von einigen Tagen, falls man kein weiteres
Zusammensetzen des Getreides bemerkt, wird zum eigentlichen Verschließen der Grube
vorgeschritten in der Art, daß man unmittelbar auf das Getreide eine Lage trockenes
Packpapier legt, darauf einige Zoll hoch trockenes Kohlengestübe (ganz klare
Holzkohle) schüttet, über dieses wieder eine Lage Packpapier breitet, und letztere
circa 3 Zoll hoch mit trockenem Langstroh sorgfältig
überdeckt. Ueber das Stroh werden noch zwei Lagen gut an einander passende Bretter
dergestalt gelegt, daß die Fugen der obern die der untern Lage rechtwinkelig
schneiden und nun darauf ein Gewölbe von scharf gebrannten Backsteinen, die durch
scharf bindenden Gypsmörtel möglichst gut verbunden werden, gebracht. Um die im
Gewölbe etwa sich noch befindende Feuchtigkeit völlig zu entfernen, wird unmittelbar
auf demselben ein gelindes Feuer von Holzkohlen circa 24
Stunden lang unterhalten, endlich der noch circa 2 Fuß
hohe leere Raum bis an den obern Rand des Schlotes mit geschlagenem Thon fest
ausgestampft, um das ganze Gewölbe incl. des Schlotes
noch ein 1 Fuß starker Mantel von dergleichen geschlagenem Thon wasserdicht
aufgestampft und zuletzt das Ganze zunächst mit Lehm und oben mit Fruchterde
überdeckt, so daß nach beendigter Arbeit bloß ein circa
1 Fuß über den gewöhnlichen Boden emporragender Hügel übrig bleibt.
5) Bei dem vorgedachten Werke werden in drei Silos circa
5000 Scheffel Roggen aufbewahrt (doppelt so viel auf den Mansfeld'schen Werken in
der Gegend der Friedeburger Hütte unterhalb Gerbstädt sub I).
6) Bei dem bereits mehreremale erfolgten Entleeren dieser Silos haben sich auch hier
so ungemein günstige Resultate gezeigt, daß diese Aufbewahrungsweise von Getreide
nicht dringend genug empfohlen werden kann. Um dieß zu beweisen, können willkürlich
einige dergleichen Resultate heraus gegriffen werden. Die zuerst angelegte Korngrube
auf der Kupferhütte im Jahre 1825 mit 1486 preuß. Scheffeln Roggen gefüllt, wurde im
Jahre 1832 entleert. Man hatte dabei dadurch, daß sich unter dem Gewölbe eine in der
Mitte circa 2 Zoll starke pelzige Rinde von völlig
verdorbenem Getreide gebildet hatte, die sich nach dem Rande des Gewölbes zu
vollkommen verlief, circa 15 Scheffel verdorbenes
Getreide, welcher Verlust aber durch Ausmaaß, das wahrscheinlich durch geringes
Anquellen des Roggens erfolgte, vollständig gedeckt wurde, so daß in der
Wirklichkeit gar kein Verlust stattfand. Eine zweite Entleerung eines Silo wurde im
Jahre 1839 vorgenommen; dasselbe war mit 1478 Scheffel Roggen gefüllt und man
erhielt bei der Entleerung:
1414 Scheffel
ganz fehlerfreien Roggen,
41
„
zum Theil angegangenen, aber noch ganz gut zum
Verbackenbrauchbaren, und
15
„
unbrauchbaren Roggen.
––––––––––––
1470 Scheffel
in Summa, sonach 8 Scheffel Manco.
Eine dritte Entleerung eines solchen Silo, welches im Jahre 1834 mit 1720 Scheffel
Roggen gefüllt worden war, erfolgte gegen das Ende des Jahres 1846; man erhielt
dabei:
1644 Scheffel
gut erhaltenen, sogleich zum Vertheilen
geeigneten,
70
„
etwas angegangenen, aber noch vollkommen brauchbaren,
und
15 „
ganz verdorbenen Roggen.
––––––––––––
1729 Scheffel
in Summa, folglich wieder 9 Scheffel Uebermaaß.
Bei der in diesem Jahre vor Kurzem erst erfolgten Entleerung eines Silo bei der
Kupferhütte, welches im Frühjahr 1849 mit
1508 Scheffel
Roggen gefüllt worden war, ergaben sich
1447
„
ganz gutes, sogleich zum Vertheilen geeignetes
Korn,
71
„
etwas angegangenes, aber ebenfalls noch brauchbares,
und
12
„
ganz verdorbenes Korn.
––––––––––––
1530 Scheffel
in Summa, sonach 22 Scheffel Uebermaaß.
7) Endlich dürfte nach den hier gewonnenen Erfahrungen im Allgemeinen über die Anlage
von Silos noch zu bemerken seyn, daß das erste wohl unerläßliche Bedingniß dabei die
Verhinderung des Zutritts von atmosphärischer Luft und Feuchtigkeit ist, daß sonach
ein dazu qualificirtes Terrain und zwar ein vielleicht 30 und mehrere Fuß mächtiges
Lager von festem gutem
Lehm erforderlich ist, wie man solchen in Thüringen und im Mansfeld'schen, überhaupt
da, wo sich Braunkohlenformation sehr ausgebreitet zeigt, vielfältig findet. Ferner
muß das zum Aufbewahren in Silos bestimmte Getreide trocken und gut gereinigt seyn,
damit einestheils die etwa noch darin enthaltene Feuchtigkeit, anderntheils sonstige
Unreinigkeiten keine Veranlassung zum Verderben geben. Endlich muß ein Silo, wenn es
entleert werden soll, gleich vollständig entleert werden, indem bei nur theilweiser
Entleerung das in der Grube zurückbleibende Getreide sehr bald verderben würde.Zum Beweis, daß das in einer Korngrube aufbewahrt gewesene Getreide
vollkommen gut und untadelhaft ist, liegt eine Probe von Roggen aus der im
Jahre 1849 gefüllten und vor Kurzem entleerten Grube der Kupferhütte dem
Verfasser vor.
In Betreff der möglichen Dauer der aufbewahrten Getreidevorräthe hat die Erfahrung
bereits gelehrt, daß der Roggen eben so schön und untadelhaft seyn würde, wenn er
auch mehrere Jahre länger in der Grube gelegen hätte. Denn wenn eine solche
Korngrube im trockenen festen Lehmboden angelegt ist, welcher den Zutritt von
Feuchtigkeit abhält; wenn solche sehr sorgfältig verschlossen und durch Umhüllung
mit einem wasserdichten Thonmantel vollkommen vor dem Zutritt von atmosphärischer
Luft und Feuchtigkeit verwahrt ist, so wird sich zwar durch Zersetzung der beim
Füllen der Grube ganz unvermeidlich zwischen dem Getreide zurückbleibenden
atmosphärischen Luft und der wenigen in dem Getreide befindlichen Feuchtigkeit, auf
der obersten Schicht des Getreides eine oben einige Zoll starke pelzige Schicht
bilden; wenn diese Zersetzung aber einmal vor sich gegangen ist, so wird das
Getreide auch gut erhalten bleiben, und wenn es Jahrhunderte lang in der Grube
aufbewahrt bleibt. Eine völlig luft- und wasserdichte Anlage einer solchen
Korngrube wird man jetzt unstreitig durch Anwendung des in neuerer Zeit so
vielfältig in Gebrauch gekommenen wasserdichten Cements erreichen.
Es ist auffallend, daß bei diesen mit den Silos erzielten so ungemein günstigen
Resultaten nicht schon längst in Gegenden, wo es das Terrain gestattet, der Staat
sich die Vortheile dieser Erfahrungen angeeignet hat, oder Gesellschaften und
Communen zur Verhütung der in Nothjahren eintretenden Mißstände sich zu dergleichen
Anlagen entschlossen haben.
Die vorstehende, nach zuverlässigen Quellen gegebene Auskunft beweist unwiderleglich
die Möglichkeit und Ersprießlichkeit der unterirdischen Magazinirung. Es wäre
unnöthig noch Weiteres zum Lobe hinzuzufügen.
Möge dieses Wort nicht verloren seyn für Diejenigen, welche mit berufen sind in Staat
und Gemeinde für das Wohl des theuren Vaterlandes zu arbeiten!