Titel: Corliß' stationäre Dampfmaschine.
Fundstelle: Band 132, Jahrgang 1854, Nr. XC., S. 321
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XC. Corliß' stationäre Dampfmaschine. Aus Greenough's american polytechnic Journal, Februar 1854, S. 85. Mit Abbildungen auf Tab. V. Corliß' stationäre Dampfmaschine. Folgende Thatsachen und Indicatorcurven werden jeden Sachverständigen von der Trefflichkeit der stationären Dampfmaschine überzeugen, die wir hier beschreiben wollen. Die Indicatorcurve Fig. 1 ist der Corliß' Maschine entnommen, welche die Atlantic de Laine-Spinnerei zu Providence betreibt; die Curve Fig. 2 hingegen einem Paar Maschinen, welche dieselbe Spinnerei früher betrieben. Die neue Maschine (von Corliß) hat einen einzigen Cylinder, dessen Kolben 7 Fuß Hub und 804 Quadratzoll Fläche 32 Zoll Durchmesser) hat. Bei den alten Maschinen hatte jeder Kolben 5 Fuß Hub und 1386 Quadratzoll Fläche (42 Zoll Durchmesser). Man hielt sie für Mustermaschinen in jeder Beziehung, besonders aber hinsichtlich der ökonomischen Verwendung des Dampfes; sie waren mit hohlen Gleichgewichts-Ventilen und mit Sickles' Dampfabschließern versehen. Diese Maschinen waren im October 1851 aufgestellt, und obgleich sie von Manchen als ganz vortrefflich beurtheilt wurden, so mußten sie doch nach 18 monatlichem Gebrauch der Corliß'schen Maschine weichen. Letztere verbraucht weniger als die Hälfte des Brennmaterials der alten Maschine und treibt folgende Arbeits-Maschinen: 18,944 Baumwollspindeln (Mason's selbstwirkende Mules);      421 Webestühle, welche 140 Würfe in der Minute machen, nebstVorbereitungs-Maschinen;         4 Sätze von Wollmaschinen mit 20 Webestühlen für Casimir.(Diese erfordern dieselbe Kraft wie 3000 Spindeln mitVorbereitungsmaschinen und Webestühlen). Dazu sollen noch 5000 Spindeln, mit Webestühlen und Vorbereitungsmaschinen kommen. Das Ganze wird sich auf 26,944 Spindeln, mit Webestühlen und Vorbereitungsmaschinen belaufen. Die Indicatorcurven beweisen nicht nur die viel größere Leistung der neuen Maschine, sondern zeigen auch die Ursachen der verschiedenen Resultate an. Die Curve welche sich auf die verschiedenen Resultate bezieht, zeigt, daß der Dampf bei 5 Pfd. unter der atmosphärischen Linie in den Cylinder trat, wo er seine höchste Kraft bei 26 1/2 Pfd. unter dem Druck im Kessel, oder bei 3 Pfd. über dem atmosphärischen Druck erreicht, nachdem der Kolben 8 Zoll zurückgelegt hat. Der Punkt des Absperrens (des Dampfes) ist nicht deutlich angezeigt (wie es bei der neuen Maschine der Fall ist), während der mittlere Druck vor diesem Punkt, und über dem atmosphärischen Druck, 3/4 Pfd. beträgt. Obgleich die Leistung fast gänzlich, wie bei den ältesten Constructionen der Dampfmaschinen, mittelst des Vacuums bewirkt wurde, so war dieses Vacuum, wenn auch vollkommen im Condensator, verhältnißmäßig unvollkommen im Cylinder. Fig. 1, welche sich auf die neue Maschine bezieht, zeigt, daß der Dampf mit nur 1 Pfd. weniger Druck als derjenige im Kessel beträgt, in den Cylinder strömt, worauf er plötzlich abgesperrt wird, sich expandirt und bei dem Rückgang des Kolbens eine Luftleere von durchschnittlich 12 Pfd. per Quadratzoll anzeigt. Der Dampf strömt gewöhnlich nur auf eine Länge von 12 Zoll des Kolbenschubes, oder während eines Siebentels desselben ein, und der durchschnittliche Druck, ehe der Dampf abgesperrt wird, beträgt ohne das Vacuum 33 1/2 Pfund. Die Indicatorcurve ist bekanntlich eine Linie, welche durch eine Bleifeder mittelst des Dampfes selbst gezogen wurde. Der Indicator ist ein kleines Instrument mit einem leichten Kolben, der mit einer schwachen Spiralfeder zusammenhängt und eine Stellung in der Nähe der Mitte des Instruments einnimmt. Das obere Ende des Instruments steht mit der freien Luft, und das untere mit dem Innern des Cylinders nahe an dessen Ende, in Verbindung. Mit jeder Veränderung des Dampfdrucks steigt oder fällt der kleine Kolben und zeichnet mittelst einer zweckmäßig angebrachten Bleifeder auf einem Papier – welches durch einen einfachen Mechanismus vor ihm rück- und vorwärts geführt wird – einen unbedingt richtigen Bericht über den arbeitenden Dampfdruck an jedem Punkt des Kolbenschubes, sowie über den Widerstand, welchen die geringe Menge des zurückbleibenden Dampfes beim Rückgange des Kolbens entgegensetzt. In der alten Maschine (Fig. 2) wird der Dampf nicht vortheilhaft benutzt, da er unter Beschränkungen und nur mit einem Bruchtheil seiner vollen Kraft wirkt. Derselbe tritt nämlich mit 34 1/2 Pfd. unter dem Kesseldruck und mit 5 Pfd. unter dem atmosphärischen Druck in den Cylinder, und zwar aus folgenden Gründen: 1) Weil der größere Theil seiner nutzbaren Kraft beim Durchgange durch das Drosselventil verloren geht. Dieß kann sowohl durch mathematische Berechnungen, als auch graphisch oder durch die geringern Leistungen nachgewiesen werden. – 2) Der Dampf tritt so weit unter dem im Kessel stattfindenden Druck in den Cylinder, weil das Dampfventil nicht eher gehörig geöffnet ist, als bis der Kolben einen bedeutenden Theil seines Laufs zurückgelegt hat und weil, wie hinreichend nachgewiesen ist, der Druck während eines Sechstels von dem Kolbenschube steigt. – 3) Wegen der Einwirkung des Drosselventils nähert sich der Dampfdruck an keinem Punkte dem im Kessel stattfindenden Druck. – 4) Wenn das Absperren erfolgt, so wird auch die bedeutende Quantität Dampf mit abgesperrt, welche in den Röhren und Kammern befindlich ist, so daß die Expansion im Cylinder nie vollkommen ist. – 5) Die Luftleere ist unvollkommen, weil die Auslaßventile sich bei der alten Einrichtung nicht mit hinreichender Geschwindigkeit öffnen können. – 6) Hohle Ventile (puppet-valves) bleiben, wie die Figuren 2 und 3 nachweisen und wie auch die Erfahrung zeigt, niemals auch nur annähernd dicht, sondern es nehmen dieselben und ihre Sitze verschiedene Formen und Stellungen an, welche mehr oder weniger ein Entweichen von Dampf veranlassen. – 7) Hohle Ventile müssen, um vielen Dampf durchlassen zu können, einen verhältnißmäßig weiten Sitz haben, weil dessen Seiten fast senkrecht sind. Eine hinreichend schnelle Hebung solcher Ventile, um Dampf mit möglichst hohem Druck einzulassen, nachdem der Kolben erst einen oder zwei Zoll von seinem Lauf zurückgelegt hat, wird daher aus diesem und aus andern Gründen bei stationären Maschinen selten erzielt. Bei der Corliß'schen Maschine wird dagegen der Dampf mit einer der Vollkommenheit sich nähernden Oekonomie benutzt; derselbe tritt mit einem Druck in den Cylinder, welcher nur um 1 Pfd. geringer ist als der Druck im Kessel, da er kein Drosselventil zu durchströmen hat; er folgt bis zu dem Punkt des Absperrens mit dem gleichen Druck nach, denn das Dampfventil öffnet sich plötzlich und gestattet ihm freien Durchgang. Der Dampf, der auf diese Weise sehr wenig von seinem Kesseldruck verloren hat, folgt dem Kolben nur durch einen kleinen Theil seines Schubes, um die erforderliche Wirkung hervorzubringen und wird also ökonomisch verwendet. Das Absperren erfolgt augenblicklich und es wird daher kein Dampf unnütz verbraucht. Die Exhaustions- oder Auslaßventile öffnen sich so plötzlich und bleiben so lange offen, daß in dem Cylinder eine fast vollständige Leere erlangt wird. Da endlich die Ventile sehr genau passen und ihren Dienst in dem erforderlichen Augenblick ohne unnütze Bewegung oder Reibung verrichten, so geht im Ganzen nur wenig Dampf verloren, wogegen dieser Verlust bei den alten Maschinen sehr bedeutend ist. Von allen stationären Dampfmaschinen, deren Indicatorcurven ich untersucht habe, nähert sich keine den Anforderungen der Theorie so sehr, als die Maschine von Corliß. Obgleich manche jener Maschinen als sehr vollkommen betrachtet werden, so zeigen sie doch alle Dampfverluste, rückwirkenden Druck und andere Unvollkommenheiten, welche nothwendige Folgen des Princips ihrer Ventilbewegungen sind. Ihr hauptsächlichster Fehler besteht aber in dem ungeheuren Kraftverlust durch das Drosselventil. Dieses Ventil ist aus dem Grunde, weil der Druck im Kessel und die Belastung sich fortwährend verändern und doch eine gleiche Geschwindigkeit nothwendig ist, ein unumgänglich nothwendiger Theil der gewöhnlichen stationären Maschinen; und selbst die beste Einrichtung und die vollendetste Ausführung desselben kann dem Uebel nicht abhelfen. Fig. 3 ist die Indicatorcurve von einer Condensations-Maschine in Allen's Zeugdruckerei zu Providence. Obgleich diese Maschine neuerlich umgebaut wurde, so drosselt sie doch den Dampf auf gewöhnliche Weise, und macht den Absperrungspunkt deßhalb und weil ein bedeutender Dampfverlust stattfindet, unbestimmt. Es bleibt nicht bloß bei jedem Hub Dampf in den Kammern und Röhren zurück, sondern es entsteht auch dadurch eine unvollständigere Leere, welche in Folge voreiligen Schließens der Auslaßventile und anderer Mängel, nur ein Maximum von neun und ein Mittel von sieben Pfund erreicht. Die Indicatorcurve Fig. 4 ist von der Maschine, welche Crocker's großes Walzwerk zu Taunton betreibt. Sie erläutert die zweite Verbesserung bei der Corliß'schen Maschine, indem sie nachweist, daß das Drosselventil nicht nur unnöthig ist, sondern auch mit bestem Erfolg durch einen selbstwirkenden Apparat ersetzt wurde, der so empfindlich und so wirksam ist, daß er von dem vollkommensten Drosselventil nicht erreicht werden kann. Wenn der Indicator die Linie a (Fig. 4) beschreibt, so überwindet die Maschine bloß die Reibung und verbraucht die geringste Dampfmenge, behält aber die genau erforderliche Geschwindigkeit. Es wird nun ein Walzengerüst in Betrieb gesetzt und der erwähnte empfindliche Mechanismus, welcher die gewöhnliche Bewegung, einmal in jeder Secunde, genau und vollständig regulirt, erhält die in dieser Secunde geöffnete Eingangsöffnung unbedeckt, bis die genau erforderliche Dampfmenge eingeströmt ist, welche alsdann durch Expansion die erforderliche Anzahl der Umdrehungen vollendet. Alsdann wird ohne Verlust an Dampf, und ohne Verbrauch irgend eines berechenbaren Theils seiner Kraft, der Zufluß abgesperrt. Mit der Maschine wird ein Walzwerk nach dem andern verbunden, sie steigert aber ihre eigene Geschwindigkeit und Wirksamkeit so, daß wenn alle Walzengerüste im Betriebe sind und die strengste Arbeit zu verrichten ist, sie den Dampf immer noch absperrt und eine Kraft von 360 Pferden erreicht. Werden nun zwei oder drei Walzengerüste plötzlich außer Betrieb gesetzt, so ist für einen Augenblick die einströmende Dampfmenge größer als der Bedarf; allein das Schwungrad, welches nur für den Augenblick wirkt, hält den Kolben gewissermaßen fest, bis der Regulator den Zufluß wieder adjustirt hat. Fig. 5 ist die Indicatorcurve einer Hochdruck-Maschine in der Pacific-Spinnerei zu Providence. Bei der Beschaffenheit der Ventil-Anordnung in der Corliß'schen Maschine im Vergleich mit allen andern Systemen, kann man sich nicht wundern, eine so nahezu vollkommene Curve zu sehen, wie in der vorliegenden Figur. Wir wollen aber Fig. 5 mit Fig. 6 vergleichen, welche letztere eine der besten Indicatorcurven von der Maschine der Schleifmühle des Dr. Hartshorn zu Providence ist. Dieselbe ist von gewöhnlicher Construction, hat ein Schieberventil und eine unabhängige Absperrung. Das Drosselventil wird unmittelbar von dem Regulator bewegt. Dieß erklärt die folgenden Mängel: 30 Pfd. Dampfverlust durch das Drosselventil, 5 Pfd. durch die Schieberventile und die Büchsen und Oeffnungen, ferner ein beständiger Verlust durch das Drosseln des Dampfs (da kein Absperrungspunkt in der Figur erscheint), endlich eine Entleerung, welche erst vollendet ist, nachdem der Kolben ein Drittel oder die Hälfte seines Rücklaufs gemacht hat. Was soll man aber zu der Curve Fig. 7 sagen? Dampfverluste und ein Drosselventil veranlassen die folgenden Resultate: 1) einen Maximaldruck im Cylinder von 45 Pfd. bei einem Kesseldruck von 90 Pfd.) 2) einen Gegendruck, der fast beim halben Kolbenwege anfangt und ein Maximum von 39 Pfd. erreicht, also um 6 Pfd. weniger als der höchste Cylinderdruck. Diese Maschine wurde umgebaut; allein die alten Schwierigkeiten, welche in gewissem Grad fortdauern, rühren nicht von der Ausführung, sondern von der Construction her. Die letzte Indicatorcurve, Fig. 8, ist der Corliss'schen Maschine, welche im Krystall-Pallast zu New-York ausgestellt war, entnommen. Diese Curve ist fast theoretisch vollkommen. Der Dampf tritt mit nur 2 Pfd. unter dem Kesseldruck ein, und nachdem er abgesperrt wurde, dehnt er sich bis zur atmosphärischen Linie aus. Die Maschine ist für 60 Pferdekräfte construirt, zu der Zeit aber wo der Indicator angewendet wurde, entwickelte sie nur 33 1/2 Pferdekräfte. Fig. 10 ist eine Abbildung der schönen Corliß'schen Maschine, welche im Krystall-Pallast zu New-York ausgestellt war. Der Styl, in welchem dieselbe erbaut wurde, ist, mit Ausnahme der Ventilbewegung, der gewöhnliche, obgleich die Formen, Verhältnisse und Einrichtungen verschiedener Theile theilweise neu sind. Die Ventile, der Kolben, sowie der Condensator sind nach ganz neuen Formen construirt, da die Erfahrung lehrt, daß diese Theile einfacher, dauerhafter und wirksamer hergestellt werden können. So werthvoll auch diese Verbesserungen seyn mögen, so sind sie doch von geringem Belang im Vergleich mit den Apparaten, welche die Zulassung des Dampfs bewirken, und diese Theile der Maschine verdienen daher besondere Beachtung. Fig. 10 zeigt die einfache Anordnung von Hebeln, welche auf rotirende Ventile wirken und dadurch die erwähnten Resultate bewirken. Die Kurbel a dreht sich um einen Zapfen welcher von dem Cylinder vortritt, und theilt die Bewegung, welche sie durch den Arm b von dem Excentric erhält, den beiden Dampfventilen c und d und den beiden Auslaßventilen e und f mit. Die Dampfröhre g führt zu beiden Dampfventilen durch eine Kammer an der innern Seite des Cylinderbodens, und bei den kleineren Maschinen verbindet eine ähnliche Kammer an der entgegengesetzten Seite des Cylinders die Auslaßventile mit der Auslaßröhre h; bei den größeren Maschinen werden besondere Auslaßventile mit Expansions-Vorrichtungen angewendet. Die Dampföffnungen und Ventilsitze sind mit dem Cylinder aus einem Stück gegossen. Die Ventilstangen treten durch Stopfbüchsen auf den Kappen p, p der Ventilbüchsen hervor. Sie werden von den Klammern oder Bändern i, i getragen, und drehen sich mittelst der Kurbelarme c, d, e, f. Die Auslaßventile e, f sind auf die einfachste Weise mit der Kurbel a verbunden und werden durch deren Bewegung geöffnet und geschlossen. Die Dampfventile c, d werden abwechselnd durch die Stangen j, k, welche dieselben mit der Kurbel a verbinden, geöffnet; allein sie werden an einem gewissen Punkt des Kolbenschubes ausgelöst und unmittelbar durch Gewichte, die mit den Stangen r und s verbunden sind, geschlossen. Der Punkt, an welchem die Stangen j und k, deren eines Ende mit der Kurbel a verbunden ist, von den Hebeln c und d ausgelöst werden, hängt von der relativen Stellung der beweglichen Aufhalter n, n ab. Diese Stellung hängt aber ihrerseits von der Höhe der geneigten Ebenen o, o ab, welche mit dem Regulator verbunden sind. Demnach ist also der Punkt, an welchem die Absperrung des Dampfes stattfindet, von dem Regulator abhängig, und der Cylinder erhält bei jedem Kolbenhub gerade Dampf genug, um die zweckmäßige Geschwindigkeit zu unterhalten. Stahlfedern t, t drücken gegen die Verbindungen und veranlassen sie dadurch zur geeigneten Zeit sich mit den Dampfventil-Hebeln zu vereinigen. Dieß ist im Allgemeinen die Einrichtung der Maschine. Wir wollen nun genauer die Art und Weise untersuchen, wie die Bewegung des Excentric durch die Kurbel a verändert wird; Fig. 9 ist ein Aufriß von den Haupttheilen nach einem größern Maaßstabe; die gleichen Buchstaben bezeichnen dieselben Theile. Maschine ohne Expansion. – Der Kolben befindet sich am Ende seines Aufganges und das obere Dampfventil ist auf dem Punkt sich zu öffnen. Der Riegel am obern Theil der Verbindungsstange j ist in Berührung mit dem Hebel gekommen, welcher fest mit der Ventilstange c verbunden ist. Der Kolben beginnt abwärts zu gehen, und nachdem er einige Zolle von seinem Schub durchlaufen hat, ist das obere Dampfventil gänzlich geöffnet, weil 1) das Excentric ungefähr auf der Hälfte des Zuges oder auf dem Punkt seiner größten Oeffnung steht; 2) sich der Punkt v der Kurbel dem Punkt ihrer größten Bewegung nähert, den sie erreicht wenn das Ventil gänzlich geöffnet ist. Nehmen wir nun an, daß der Kolben die Hälfte seines abwärtsgehenden Schubes vollendet hat. Das Excentric befindet sich an seinem tobten Punkt, und die Hebel w, v und c befinden sich an den Punkten x, v' und c', also ebenfalls an ihren tobten Punkten. Der Kolben befindet sich an dem Ende seines Niedergangs, das Excentric an der andern Hälfte seiner Bewegung, und die Kurbel sowie die Hebel haben dieselbe Stellung angenommen, welche sie hatten, als sich der Kolben am Ende seines aufwärtsgehenden Schubes befand. Daraus geht hervor: 1) daß, nachdem die Dampföffnung frei gemacht ist, das Excentric anfangt sich seinem tobten Punkte zu nähern und folglich das Ventil, jedoch langsam, eine kurze Entfernung von der Dampföffnung fortbewegt. 2) Daß, wenn der Kolben fast seinen Niedergang vollendet hat, und sich das Excentric und die Hebel den Punkten ihrer größten Entwickelung nähern, also das Ventil wiederum bereit ist die Dampföffnung zu verschließen, es dann aus den obigen Ursachen mit beschleunigter Geschwindigkeit bewegt und der einströmende Dampf plötzlich abgesperrt wird. Das Ventil öffnet und schließt also die Dampföffnung schnell, indem es sich zu dieser Zeit über einen verhältnißmäßig großen Theil seines Sitzes bewegt, jedoch an jedem Ende seiner Bewegung zögert, besonders beim Verschluß der Oeffnung, daher es sich nur ganz unbedeutend abnutzt und zur Ueberwindung der Reibung bloß einer sehr geringen Kraft bedarf. Dieß ist die Bewegung beider Dampfventile, wenn der Dampf dem Kolben auf seinem ganzen Schube folgt (nicht mit Expansion wirkt); die Bewegungen der Auslaßventile sind immer genau dieselben. Das obere Auslaßventil z.B. ist nur im wirklichen Dienst, wenn der Kolben seine aufwärtsgehende Bewegung vollbringt, und während dieses Schubes dreht sich das Ventil von e nach e'', so wie auch zurück von e'' nach e, wogegen beim Niedergange des Kolbens das Ventil nicht im Dienst ist und sich nur von e nach e' und zurück von e' nach e bewegt. Die Resultate dieser Anordnung sind folgende: 1) Daß der einströmende Dampf nicht geschwächt (gedrosselt), sondern fast mit demselben Druck wie im Kessel benutzt wird, selbst wenn er ohne Expansion wirkt. – 2) Da der ausströmende Dampf fast während des ganzen Kolbenschubes frei entweichen kann, so ist der Gegendruck so gering als möglich. – 3) Die Reibung und Abnutzung der Ventile findet nur statt, während sie im wirklichen Dienst sind. – Das gewöhnliche Schieberventil erhält von dem Excentric dieselbe Schnelligkeit und Ausdehnung der Bewegung während der Periode wo die Dampföffnung geschlossen wird (d.h. von dem Augenblick des Schließens bis zu dem Augenblick des Oeffnens), welche es vom Augenblick des Oeffnens bis zum Augenblick des Schließens erlangt. Mittelst der Kurbel a ist dagegen die Schnelligkeit und Ausdehnung der Ventilbewegung zwischen den Punkten des Oeffnens und Verschließens 3–4mal so groß, als während der Zeit des Verschlusses. Daß der Dampf in die Corliß'sche Maschine zu plötzlich einströmt, kann nicht als wesentlicher Einwurf gelten, denn die Erfahrung hat gezeigt, daß dadurch kein praktischer Nachtheil entsteht; überdieß müssen die Cylinder doch immer stark genug gemacht werden, um einem bedeutenden Druck widerstehen zu können. Maschine mit Expansion. – Wir gehen nun zum zweiten Theil der Corliss'schen Verbesserung über, nämlich zu der Verbindung des Expansions Apparates mit dem Regulator. Die Kurbel v und der Hebel c' (Fig. 9) sind so angeordnet, daß die Verbindungsstange j sich dem beweglichen Aufhalter n nähert, während der Hebel sich der Stellung c' nähert. Wenn immer das Dampfventil sich öffnet, so drückt die Verbindungsstange das entgegengesetzte Ende dieses Aufhalters gegen die geneigte Ebene o, welche mit der Regulatorstange m verbunden ist. Sobald nun die Geschwindigkeit der Maschine größer wird, so steigt die geneigte Ebene o mit den Regulatorkugeln und bewegt den Aufhalter h gegen die Verbindungsstange j. Die Verbindungsstange macht mittelst ihrer Bewegung den Aufhalter r zu einem Stützpunkt und löst sich selbst von dem Ventilhebel, welcher augenblicklich zu der Stellung c'' zurückkehrt, durch die Wirkung des Gewichts welches an seinem entgegengesetzten Arm angehängt ist. Eine darunter angebrachte Feder verhindert zu plötzliche Bewegungen, welche das Gewicht veranlassen könnte. Wenn hingegen die Geschwindigkeit der Maschine abnimmt, so fällt die geneigte Ebene o und die Verbindungsstange hält sie so lange in ihrer Lage, bis der erforderliche Dampf in den Cylinder geströmt ist. In allen Fällen zeigt die geneigte Ebene o die Periode der Absperrung an, und bei jedem Kolbenschub lösen sich die Verbindungsstangen von den Ventilhebeln. Die Ventile bleiben alsdann verschlossen, bis die Verbindungsstangen wieder darauf einwirken, nachdem dieselben mit Hülfe der Federn t, t (Fig. 10) wieder eingehängt wurden. Vergleichen wir die Resultate dieser Methode die Geschwindigkeit zu reguliren, mit den Resultaten aller übrigen Methoden, so werden wir finden, daß sie nicht allein in jeder Hinsicht Vortheile vor denselben besitzt, sondern auch praktisch vollkommen ist. Wenn der Regulator ein Drosselventil durch eine dampfdichte Packung bewegt, so verliert er mehr oder weniger seine Empfindlichkeit; bei der Corliß'schen Maschine dagegen verwendet der Regulator keine bemerkenswerthe Kraft um die Absperrung zu bewirken. Ein Punkt, auf welchen wir noch nicht gehörig aufmerksam gemacht haben, ist die große Nähe der Ventile an dem Cylinder. Der hauptsächlichste Vortheil dieser Anordnung ist die Ersparung desjenigen Dampfes, welcher sonst bei jedem Kolbenschub zur Ausfüllung der Canäle verbraucht wird; überdieß wird nach dem augenblicklichen Verschlüsse dieser Ventile vermittelst ihrer Auslösung von den Verbindungsstangen, bei dieser Anordnung der Dampf von dem Cylinder plötzlich und gänzlich abgeschlossen. Ein Drosselventil verbraucht für sich selbst den Ueberschuß an Nutzeffect, und da es stets in einiger Entfernung von dem Cylinder in der Dampfröhre angebracht ist, so würde selbst dann, wenn der Regulator vollkommen empfindlich wäre, in Folge der Expansion des zwischen Cylinder und Drosselventil befindlichen Dampfes die Regulirung etwas verzögert. Bei der Corliß'schen Maschine dagegen erfolgt eine gänzliche Regulirung, 30 bis 130mal in der Minute, je nach der Anzahl der Umgänge. Wird die Belastung der Maschine bedeutend und plötzlich vermindert, wie es z.B. bei dem Walzwerksbetriebe oft der Fall ist, so bewegt der gänzlich unbelastete Regulator der Corliß'schen Maschine die Aufhalter nur so weit, daß sich die Verbindungsstangen nicht auf die Ventilhebel einlösen und die Maschine oft während eines ganzen Kolbenschubes gar keinen Dampf erhält. Die Geschwindigkeit der Corliß'schen Maschine wird niemals länger als während eines Kolbenschubes wesentlich verändert, und die verhältnismäßigen Vortheile der neuen Regulirung wurden durch die im Krystallpallast zu New-York während der Ausstellung angestellten Versuche hinlänglich erwiesen. Das Hauptverdienst des Hrn. Corliß besteht also darin, daß er das Drosselventil aufgab. Denn durch dasselbe geht fortwährend Kraft verloren, wie die oben besprochenen Indicatorcurven genügend beweisen. Bei der Corliß'schen Maschine erfolgt der Abschluß des Dampfes augenblicklich, ohne Verlust und Gegenwirkung; der Dampf strömt mit einem Druck in den Cylinder, welcher von dem in dem Kessel stattfindenden so wenig verschieden ist, daß der Unterschied in der Praxis gar nicht in Betracht kommt. Wegen der plötzlichen Absperrung des unter dem Kesseldruck einströmenden Dampfes gewinnt man auch den ganzen Vortheil der Expansion. Die Erfindung machte Hr. Georg H. Corliß zu Providence, und solche Maschinen werden nur in der großen Maschinenbauanstalt der HHrn. Corliß und Nightingale in jener Stadt ausgeführt. Die Vortheile der neuen stationären Balanciermaschinen sind in Kürze folgende: 1. Die Kurbel a und ihr Zugehör verhindern den Dampfverlust beim Oeffnen und Schließen der Ventile. 2. Die eigenthümliche Anwendung des Regulators bei den Dampfventilen sichert eine gleichartige Bewegung der Maschine, sowie die Benutzung der ganzen Spannkraft des Dampfes. 3. Zur Bewegung der Ventile ist, wegen ihrer eigenthümlichen Construction, nur eine geringe Kraft erforderlich. Mittelst eines vier Fuß langen Hebels, welcher in die Kurbel a greift, kann ein Mann leicht das vollständige Oeffnen der vier Ventile bei einer Maschine von 300 Pferdekräften während ihres Ganges bewerkstelligen. 4. Die besten, mit der Corliß'schen Maschine erlangten Resultate lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: a) Bei einer Condensationsmaschine in der oben erwähnten Atlantic de Laine Spinnerei betrug der Steinkohlenverbrauch nach einem Durchschnitt im Januar 1854 sowohl zur Krafterzeugung als für Fabrikoperationen 2 72/100 Tonnen per Tag; dabei war die Maschine mit 225 Pferdekräften täglich 11 Stunden und 40 Minuten im Betriebe; rechnet man eine Drittel-Tonne Kohlen per Tag für die Fabrikoperationen, so verbrauchte die Maschine in der Stunde für eine Pferdekraft 2 1/25 Pfund Kohlen. Der Dampf wurde in 2 Kesseln (mit Zügen) von 7 Fuß Durchmesser und 22 Fuß Länge erzeugt. b) Bei einer Hochdruckmaschine mit gewöhnlichen cylindrischen Kesseln, welche schon 12 bis 15 Jahre im Gebrauch waren, betrug der Kohlenverbrauch, um während 11 Stunden 35 Minuten die Kraft von 131 Dampfpferden zu unterhalten, zwei reichliche Tonnen, d.h. per Stunde für eine Pferdekraft nicht ganz 3 Pfund.

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