Titel: | Die amerikanische Nähmaschine. – Beschreibung der Construction, welche sich John Henry Johnson zu Lincoln's-inn-fields, einer Mittheilung zufolge, am 11. Novbr. 1852 für England patentiren ließ. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. XXIII., S. 92 |
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XXIII.
Die amerikanische Nähmaschine.Es ist dieses die Maschine des Amerikaners Singer,
welche in Deutschland gezeigt wurde und worüber das Urtheil des Hrn. Director
Karmarsch im polytechn. Journal Bd. CXXX S. 235 mitgetheilt wurde.A. d. Red. – Beschreibung der Construction, welche sich John Henry Johnson zu
Lincoln's-inn-fields, einer Mittheilung zufolge, am 11. Novbr. 1852 für England patentiren
ließ.
Aus dem London Journal of arts, Mai 1854, S.
322.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Beschreibung der amerikanischen Nähmaschine.
Fig. 15
stellt die verbesserte Nähmaschine in der Frontansicht, Fig. 16 im
Verticaldurchschnitte, Fig. 17 im Grundrisse
dar. Der ganze Apparat ist an das Tischchen A befestigt,
welches die nöthigen Lager für den unteren Bewegungs-Mechanismus und die
Vorrichtung zur Einführung des „secundären“ Fadens enthält. Ein
an das Tischchen niedergeschraubter Träger B enthält den
Mechanismus zur Einführung des „primären“ Fadens. Die Maschine
wird mit Hülfe des an ein kleines Schwungrad befestigten Kurbelgriffes C in Thätigkeit gesetzt. Das Schwungrad ist mit einem
Zahnrad D verbunden, welches auf einem an den Träger E geschraubten Bolzen läuft, und in zwei andere kleinere
Zahnräder F und G greift,
welche auf die hervorragenden Enden der beiden Wellen H
und I festgekeilt sind. Die obere Welle H tritt durch eine in dem oberen horizontalen Arm des
Trägers B befindliche Oeffnung und ragt in den von dem
gabelförmigen Ende des Trägers gebildeten Raum. An dieses Ende der Welle ist eine
Kurbel J befestigt, deren Zapfen K in den Einschnitt der inneren Fläche des Theiles L ragt. Dieser ist in Fig. 15 durch punktirte
Linien dargestellt, und sitzt an der Seite des verticalen Nadelführers M für den primären Faden N
fest. Der Nadelführer M ist von beträchtlicher Länge und
läuft senkrecht in einer Führung zwischen der Fläche der Hervorragungen des Trägers
und der an ihn geschraubten vorderen Platte O. Die Nadel
P ist an das untere Ende des Hälters befestigt, und
zwar mittelst eines Stückes Q, das mit einem Oehr
versehen ist. Dieses Stück dient zugleich dem Faden als die untere Führung. Der
primäre Faden befindet sich auf der Spule R.
Der Stift, auf welchem die Spule steckt, ist an den Träger B befestigt, und mit einer Schraube und Frictionsvorrichtung versehen, um
dem Faden die nöthige Spannung zu ertheilen. Der in Folge der successiven Stiche von
der Spille sich abwickelnde Faden kann, wenn er schlüpfrig gemacht werden soll,
durch einen kleinen mit dem hiezu dienlichen Material gefüllten Behälter S geleitet werden. Von da läuft der Faden durch ein Oehr
T an dem hinteren Ende eines horizontalen Leitarmes
T¹. Dieser Arm ist bei U an die vordere Platte O geschraubt. Der
Faden umschlingt nun den Leitarm T¹, der besseren
Anspannung wegen, ein- oder zweimal. Durch Umdrehung der adjustirbaren
federnden Zange V, welche den Arm umfaßt, sind diese
Umschlingungen des Fadens veränderlich. Durch das Oehr W
des Leitarms nimmt der Faden seinen Weg nach dem Oehr X,
welches mit dem Nadelhalter auf- und niedergeht. Durch diese Mittel ist der
Arbeiter im Stande, die Länge des bei jedem Stich von der Spule abgewickelten Fadens
leicht zu adjustiren, indem er die Mutter U dreht, um
den Leitarm dem Oehr X zu nähern oder von demselben zu
entfernen, wenn das letztere sich an der höchsten Stelle seines Hubes befindet. Der
Faden läuft sodann an der inneren Seite der federnden Führung Y abwärts und von da durch das leitende Oehr Q
nach dem Nadelöhr. Das innere Ende der unteren Welle I
trägt eine Scheibe oder Kurbel Z, deren Zapfen in den
Schlitz des in Fig.
18 besonders dargestellten Schiebers a
hineinragt, welcher in der an das Gestell befestigten schwalbenschanzförmigen
Führung b hin- und hergleitet. Dieser Schieber
enthält einen verticalen Arm c, welcher sich oben in
einen horizontalen gabelförmigen Treiber d endigt. Der
letztere umfaßt zum Theil das Schiffchen oder den Schützen e, welcher jedoch zwischen den beiden Gabeln einen kleinen Spielraum hat.
Auf diese Weise ist für den freien Durchgang der Schleife stets ein hinreichender
Raum zwischen einem Ende des Treibers und dem Schützen vorhanden, wie weiter unten
näher erläutert werden soll. Der Schütze e, welcher den
secundären Faden mit sich führt, gleitet in einer Rinne oder einem Schützenlauf f und enthält eine Spule, auf welche der Faden gewickelt
ist. g ist der zu nähende oder zu steppende Stoff.
Derselbe wird längs der Linie in welcher der Saum genäht werden soll, dadurch
vorwärts bewegt, daß er gegen die rauhe Oberfläche der Walze h gedrückt wird. Die letztere rotirt um einen festen Zapfen, welcher in
dem geschlitzten Träger i adjustirbar ist. Der zu
nähende Stoff wird durch die krumme Platte j und die
Spiralfeder k gegen die Peripherie der Walze h niedergedrückt. Die Platte j ist an dem unteren Ende der verticalen Schiebstange l befestigt, welche in festen Führungen m, m¹ läuft. Zur Bewegung der Walze h dient der Hebelarm
o, welcher an die kurze oscillirende Achse p befestigt ist. Durch das untere Ende dieses Arms tritt
nämlich die Schraubenspindel q, welche mit einer
adjustirenden Mutter r versehen ist. An das andere
hakenförmige Ende dieser Spindel ist das eine Ende der Schnur s befestigt, welche die Treibwalze in einem geeigneten Schnurlauf
umschlingt. Das andere Ende dieser Schnur ist an die Bogenfeder t geknüpft, welche an den kleinen Träger u befestigt ist. Ein zweiter an die oscillirende Achse
p befestigter Arm v
erstreckt sich unter den Daumen w der Welle l. Bei jeder Umdrehung der Welle drückt der Daumen den
Hebelarm v nieder, und zieht dadurch die Schnur s und die drahtförmige Schraubenspindel q an. Durch diese Bewegung erhält die Treibwalze eine
kleine Drehung. Die Länge der Stiche hängt offenbar von der Größe dieser Drehung ab
und diese Drehung selbst läßt sich mit Hülfe der Schraubenmutter r reguliren. Das Holzstück x
innerhalb der Treibwalze vertritt die Stelle eines Sperrhakens. Dasselbe wird
nämlich durch die Federn z, z gegen die innere Seite des
Kranzes y gedrückt und hält dadurch die Walze während
der Bildung eines Stiches fest, verhindert aber zugleich die Rückbewegung der Walze,
ohne ihrer Vorwärtsbewegung im Wege zu seyn.
Soll nun mit dieser Maschine genäht werden, so gibt man dem Zeug nach der Form des
Saumes aus freier Hand die nöthige Führung unterhalb der Platte J. Das Niedersteigen des Nadelhalters M sticht die Nadel P mit dem
Faden N in den Zeug. Unmittelbar darauf macht die Nadel
eine kleine Rückbewegung aufwärts, damit der Faden in Folge des dadurch veranlaßten
Schlaffwerdens eine Schleife bilde. Durch diese Schleife wird sofort der Schütze e geworfen, und ein Faden ist somit in den andern
geschlungen. Nachdem der Schütze durch die Schleife gegangen ist, steht er still,
und sein gabelförmiger Treiber d macht dann eine kleine
Rückbewegung, damit der primäre Faden N frei über den
hinteren Theil des Schützen hinweggleiten könne. Das Festziehen des Stiches wird
durch drei besondere und gleichzeitige Bewegungen bewerkstelligt, nämlich durch ein
weiteres Steigen der Nadel P durch die Weiterbewegung
des Schützen nach der nämlichen Richtung, und die Vorwärtsbewegung des Zeuges y nach der entgegengesetzten Richtung. Nun erst bewegt
sich der Schütze wieder zurück, um für einen zweiten Stich bereit zu seyn.