Titel: Ueber die Fabrication der Telegraphen-Seile für unter Wasser fortzuführende Leitungen. Nach einer Mittheilung der HHrn. Felten und Guilleaume in Cöln.
Fundstelle: Band 134, Jahrgang 1854, Nr. XXXVII., S. 118
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XXXVII. Ueber die Fabrication der Telegraphen-Seile für unter Wasser fortzuführende Leitungen. Nach einer Mittheilung der HHrn. Felten und Guilleaume in Cöln. Aus der Zeitschrift des deutsch-österreichischen Telegraphen-Vereins, Juli 1854, S. 169. Mit Abbildungen auf Tab. II. Felten, über die Fabrication der Telegraphen-Seile für unter Wasser fortzuführende Leitungen. Wo die Telegraphen-Linien Flüsse, Seen und Meeresarme durchschneiden, bietet die sichere und dauerhafte Herstellung der Leitung bekanntlich mancherlei Schwierigkeiten. Nur bei kleineren Gewässern ist die oberirdische Fortführung derselben auf Stangen leicht; bei größeren Gewässern, bei Seen und breiten Flüssen, sowie bei allen schiffbaren Gewässern würde durch die große Spannweite des Drahtes und andererseits durch die Anforderung, daß die Schiffe ungehindert unter demselben sollen fortgehen können, eine sehr beträchtliche Höhe der Uferstangen bedingt, und die Construction dadurch sehr kostspielig und doch wenig dauerhaft werden; und unter gewissen Umständen endlich, bei breiten und tiefen Seen und Meeresarmen, würde eine Leitung auf Stangen natürlich ganz unausführbar seyn. Zwar hat man in einzelnen Fällen in Nordamerika große und schiffbare Ströme mittelst Stangenleitung überschritten, und in der Schweiz sind vielfach breite und tiefe Schluchten, ja ganze Thäler mit dem Leitungsdrahte frei überspannt worden; allein man mußte im letzteren Falle schwächeren Eisendraht anwenden, um ein günstiges Verhältniß zwischen seiner Festigkeit und seinem Gewichte zu erlangen, und vermehrte dadurch den Widerstand der Leitung. In den allermeisten Fällen aber, wo breite und tiefe, und namentlich wo schiffbare Gewässer zu überschreiten sind, hat man es bekanntlich schon seit einigen Jahren vorgezogen, den mit einem isolirenden Ueberzuge versehenen Leitungsdraht quer hindurch von einem Ufer zum anderen auf den Boden des Bettes zu versenken. Die Gutta-percha hat sich für diesen Zweck, nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen, als brauchbarer und dauerhafter Isolator bewährt; sie wird im Fluß- wie im Meereswasser liegend nicht spröde und brüchig, wie es der Fall ist, wenn sie von feuchter Erde umgeben ist. Einsache mit Gutta-percha überzogene Kupferdrähte, wie man sie bei den ersten derartigen Versuchen anwendete, thaten zwar als Leiter des elektrischen Stromes ihren Dienst vollkommen, aber sie zerrissen bald, oder wurden, da sie zu leicht waren und nicht fest am Boden lagen, selbst wenn sie an einzelnen Stellen mit angehängten Gewichten beschwert waren, vom Wasser hin und her bewegt, wobei ihre Gutta-percha-Hülle bald an scharfen Steinen des Fluß- oder Seebodens durchgeschauert wurde und das Wasser zum Drahte treten ließ. Eiserne Gelenkröhren, mit welchen man den Draht umgab, haben sich ebenfalls nicht bewährt; sie schützten denselben zwar gegen das Durchschauern, aber nicht gegen das Zerreißen. Endlich blieb man dabei stehen, Drahtseile anzuwenden, in welche als Seele ein oder mehrere mit Gutta-percha überzogene Kupferdrähte eingelegt worden, und sah davon den besten Erfolg. Bekanntlich sind in dieser Weise die Meeresleitungen von der englischen Küste nach Frankreich, Belgien und Holland, die zwischen Schottland und Irland, die durch den großen und kleinen Belt und viele andere ausgeführt, und auch zu zahlreichen Flußübergängen in Holland und Deutschland, England etc. sind ähnliche Seile angewendet worden. Bei den jetzigen vollkommenen Einrichtung der Seilereien und den bedeutenden Fortschritten in der Seilfabrication war es für den Fabrikanten keine schwere Aufgabe, gute und zweckdienliche Seile dieser Art herzustellen und für die verschiedenen Fälle die vortheilhaftesten Constructionen aufzufinden. In Folgendem werden wir uns bemühen sowohl die Anforderungen, denen ein Telegraphenseil entsprechen muß, als die Fabricationsmethode, welche wir anwenden, um diese Seile zu fertigen, auseinander zu setzen; – wir schicken ersteres voran, weil es nöthig ist, bei der Darstellung eines jeden Fabricates sich über die Anforderungen welche an dasselbe gestellt werden, vorab klar zu werden. Die erste Anforderung die man an ein Telegraphenseil stellen muß, ist: daß die darin enthaltenen Leitungsdrähte den galvanischen Strom gut leiten, und daß sie gut isolirt sind. Es muß daher der Kupferdraht einen angemessenen Durchmesser besitzen und der Ueberzug muß aus gut isolirender Masse, frei von Poren und unganzen Stellen, und überall von gleicher Dicke seyn, so daß der Draht genau in der Achse der Gutta-percha-Schnur liegt; zur größeren Sicherheit wird deßhalb der Gutta-percha-Ueberzug in zwei concentrischen Lagen umgelegt. Ueberdieß müssen sowohl Kupfer als Gutta-percha frei von allen fremdartigen Beimischungen seyn, welche beim Kupfer Brüche und bei der Gutta-percha Risse und unganze Stellen herbeiführen, oder die Leitungsfähigkeit des ersteren und das Isolirvermögen der letzteren beeinträchtigen könnten. Der mit Gutta-percha überzogene Draht, wie er gewöhnlich verwendet wird, besitzt einen Durchmesser von etwa 3,5 preuß. Linien, während der Durchmesser des Kupferdrahtes selbst 0,75 bis 1,0 preuß. Linien beträgt. Was das Seil oder vielmehr die Seilhülle selbst betrifft, so muß dieselbe zunächst dem Seile eine solche Schwere geben, daß es am Boden des Gewässers auch ohne besondere Belastung festliegt und nicht so leicht durch Wellenschlag und Strömung hin und her getrieben wird; sie muß ferner eine nicht unbedeutende Biegsamkeit besitzen, damit das Seil sich den Krümmungen des Flußbettes und der Uferböschungen anschmiegen, und damit es auch für den Transport in Ringe gelegt werden kann, ohne daß die Gutta-percha-Adern dabei Schaden leiden; sie soll endlich dem inneren Leitungsdrahte vollkommenen Schutz gegen alle äußeren Beschädigungen verleihen, also namentlich gegen das Abreiben und Durchschneiden des isolirenden Ueberzuges durch scharfe Steine und Eisschollen, gegen Beschädigung durch die Stöße der Schifferhaken, endlich gegen schädliche Ausreckung und Zerreißung bei außergewöhnlichen Anspannungen des Seiles durch Strömung und Wellenschlag, oder durch antreibende Eisschollen und bis zu einem gewissen Grade auch gegen Zerreißen durch anhangende Schiffs-Anker.Eine absolute Sicherheit gegen das Zerreißen durch schleppende Schiffsanker darf man von diesen Seilen wohl nicht verlangen. Zwar sind mehrfach Fälle bekannt geworden, wo bei kleineren Flüssen Schiffsanker mit Erfolg vom Leitungstaue aufgehalten worden, ohne daß dieses dabei Schaden gelitten hätte; bei reißenden Strömen indeß, welche von großen Schiffen befahren werden, wird man doch gut thun, diesen Dienst nicht den Leitungsseilen selbst zuzuweisen, sondern lieber oberhalb derselben besondere Schutzketten legen, welche an beiden Ufern und an mehreren in geeigneten Abständen von einander im Flußbette eingerammten Pfählen befestigt sind. W. Brix. Um dem Leitungsseile diese Eigenschaften zu ertheilen, müssen die gesammten Eisendrähte der Seilhülle eine Tragfähigkeit besitzen, welche bei der größtmöglichen Anspannung eine vollkommene Sicherheit gegen das Zerreißen bietet, und damit diese Tragfähigkeit nicht mit der Zeit durch Oxydation der Drähte geschwächt werbe, werden dieselben zweckmäßig mit einem Zinküberzuge versehen. Die einzelnen Drähte resp. Litzen der Seilumspinnung müssen fest aneinander schließen, damit eine Ausreckung des Seiles nicht möglich ist, und eine Anspannung der Leitungsdrähte selbst völlig verhütet wird; und um ein solches dichtes und festes Schließen der einzelnen Drähte resp. Litzen zu erzielen, ist es nöthig, daß ein richtiges Verhältniß zwischen der Dicke und Anzahl der Drähte zur Dicke der Litzen sowohl, als zwischen dem Durchmesser und der Anzahl der Litzen resp. Drähte zu dem Durchmesser des zu umspinnenden Kernes stattfindet. Bei gegebenem Durchmesser des Kernes, der Dicke des Drahtes resp. Litze und dem Winkel der Seilspirale läßt sich mittelst einer einfachen mathematischen Formel leicht die Anzahl der nöthigen Drähte resp. Litzen finden. Die Gutta-percha-Adern, deren fast immer mehrere vorhanden sind, müssen das Seil in gerader Linie durchlaufen, ohne im geringsten um einander gewunden zu seyn. Durch ein solches Zusammenwinden und Verseilen derselben würde leicht schon bei der Fabrication selbst, oder beim späteren Gebrauche ein Zerquetschen der Gutta-percha, oder ein Zerbrechen des Kupferdrahtes herbeigeführt werden; eine größere Elasticität, die man wohl durch diese Maaßregel erlangen wollte, wird aber dem inneren Strange und somit den Adern selbst dadurch auch nicht ertheilt, denn eine solche Litze mit schwachgewundener Spirale gibt der Länge nach doch nicht nach, wenn die einzelnen Drähte an einander schließen; wenn man sich übrigens in der zuvor angegebenen Weise gegen eine Ausreckung des Seiles selbst gesichert hat, so hat man eine schädliche Anspannung der Adern auch gar nicht zu befürchten, und eine geringe Dehnung, wie vielleicht doch noch möglich wäre, verträgt der weiche Kupfer- und Gutta-percha-Draht ohne Nachtheil. Man hat auch Hanfseile zu Telegraphenleitungen benutzt; indeß erwiesen sich solche wegen ihrer Elasticität völlig unbrauchbar; bei einigermaßen starker Anspannung derselben rissen die darin enthaltenen Leitungsdrähte, wiewohl das Seil selbst äußerlich unverletzt schien. Um den für Flußübergänge bestimmten Telegraphen-Drahtseilen die nöthige Biegsamkeit zu ertheilen, muß einentheils die Seilumspinnung aus Litzen von dünnem Eisendraht bestehen, und anderntheils muß eine starke Lage eines weichen Körpers zwischen der äußeren harten Drahthülle und den inneren weichen Gutta-percha-Adern vorhanden seyn. Letzteres ist deßhalb dringend nöthig, weil beim Biegen des Seiles die Drahthülle einen bedeutenden Druck auf den Kern desselben ausübt, so daß ohne eine weiche Zwischenlage von hinreichender Dicke leicht ein Bruch der Kupferdrähte oder eine Zerquetschung der Gutta-percha erfolgen würde. In der Nähe der Ufer werden die Seile durch aufgeschobene Röhren oder aufgeschraubte Panzer von Gußeisen gegen Verletzung durch Stöße mit Schifferhaken noch mehr gesichert. Die Anfertigung der Telegraphen-Seile beginnt stets mit einer genauen Prüfung der zu verwendenden Leitungsdrähte auf Leitungsfähigkeit und Isolation. Zu dem Ende werden dieselben mehrere Tage hindurch in Wasser gelegt und alsdann mittelst einer den Verhältnissen entsprechend starken Batterie und eines möglichst empfindlichen Galvanometers geprüft. Nur wenn sie sich dabei vollkommen fehlerfrei erweisen, sind sie zur weiteren Verarbeitung brauchbar. Die Hanfgarn-Umwickelung besteht aus einer Anzahl einzelner Fäden, welche sich nach der Zahl der zu bewickelnden Leitungsdrähte richtet. Die Fäden befinden sich auf kleinen Bobinen, die in den Peripherien zweier Parallelen Scheiben ihre Lager haben. Beide Scheiben sitzen auf einer gemeinsamen hohlen Achse. Durch diese hohle Achse werden die Gutta-percha-Adern hindurchgeführt und werden beim Austritt von den Hanffäden umsponnen. Parallel den Gutta-percha-Adern laufen einzelne Hanfschnüre, Trensen genannt, um die durch die Rundung der Drähte entstehenden Zwischenräume auszufüllen und dem Bündel die Form eines vollkommen runden cylindrischen Stranges zu verleihen. Der Strang wird von der Maschine durch die hohle Achse gezogen und die Geschwindigkeit, mit der dieß geschieht, steht mit der Anzahl der Umdrehungen der Umwickelungsscheiben in einem bestimmten Verhältnisse, welches je nach der Dicke des Stranges verschieden ist. Die Hanffäden und Schnüre sind aus rheinischem Schleißhanfe gesponnen und nachher getheert. Dieser Hanf besitzt vor allen anderen Sorten die Eigenschaft, im getheerten Zustande im Wasser an Festigkeit zu gewinnen. Neuerdings hat man statt des Theers zu diesem Zweck ein Gemenge von verschiedenen anderen Substanzen angewandt, welches auch im Wasser erhärten und eine fast wasserdichte Kruste um die Gutta-percha-Adern bilden soll. Von ersterer Maschine kommend, läuft der Strang in die hohle Achse der Drahtumspinnungsmaschine, durch welche die Umhüllung mit einzelnen Eisendrähten oder Litzen bewirkt wird. Diese Maschine ist ähnlich wie die vorige construirt, nur daß sie in allen Theilen größere Dimensionen besitzt. Durch große Seilscheiben wird das fertige Seil von der Maschine selbst herausgezogen. Beide Maschinen werden durch Dampfkraft bewegt. Die Mehrzahl der Telegraphen-Seile haben wir vermittelst Litzen nach Fig. 21 und 22 gefertigt.Durch ein Versehen ist in der Abbildung die Hanf-Zwischenlage zwischen den Gutta-percha-Adern und der äußeren Drahthülle etwas zu schmal ausgefallen; in Wirklichkeit pflegt dieselbe bei den jetzt gefertigten Seilen merklich dicker und auch der äußere Durchmesser des Drahtseiles etwas größer zu seyn. Diese Construction gewährt die größte Sicherheit, da es nie vorkommen kann, daß eine ganze Litze, welche aus mehreren Eisendrähten besteht, durch einen Kaltbruch des Eisens springt, und sollte ein einzelner Draht reißen, so ist derselbe mit den anderen so verflochten, daß er sich nicht vom Seile trennen kann. Dieser Fehler kommt jedoch bei den Seilen sehr häufig vor, wo einzelne dickere Eisendrähte die Stellen der Litzen vertreten. Zerbricht hier einer oder mehrere dieser Eisendrähte, so werden solche sich vom Seile auf eine ziemliche Strecke lostrennen, da jeder der Drähte durchaus für sich liegt und in gar keiner Verbindung mit den anderen steht. Das Seil wird dann seine richtige Construction verlieren, und wenn es an einer solchen Stelle von einem Anker erfaßt würde, so müßte es sich bedeutend längen, weil die Drähte sich ohne Schluß befinden, und dieß würde ein Zerreißen der Leitungsdrähte zur Folge haben. – Die Seile mit einer einfachen Drahthülle von dickem Eisendrahte haben überdieß nur wenig Biegsamkeit und lassen sich deßhalb auch schwieriger handhaben. Die erstere Construction ist zwar die kostspieligste, aber auch die zweckmäßigste und dauerhafteste, und wird trotz der Mehrkosten im Gebrauche für Flüsse die beste Rechnung liefern. Für Meer-Leitungen thun die Seile mit den dickeren Eisendrähten ihren Dienst, weil dort eine Anspannung des Seiles selten vorkommt, und dann auch nicht so schädlich wirken kann, als in den Flüssen, wo die Seile mittelst Ketten an Pfähle befestigt sind, welche im Flußbette eingerammt stehen, und so stets auf kurze Strecken die ganze Anspannung zu tragen haben. Auch sind der bedeutenden Mehrkosten wegen die Seile in Litzenconstruction fürs Meer, wo die Längen stets groß sind, nicht gut anwendbar. Denn Seile in dieser Art mit Litzen von verzinktem Eisendrahte und vier Leitungsdrähten mit doppelter Hanfumwickelung kosten für den laufenden Fuß preuß. circa 22 Sgr., während der laufende Fuß desselben Seiles, wenn es bloß mit dicken verzinkten Eisendrähten umsponnen ist, nur circa 13 Sgr. kostet. Bei Anwendung unverzinkter Drähte stellt sich der Preis für erstere Construction auf circa 18 Sgr. pro Fuß und für die andere auf 11 Sgr. pro Fuß; doch steigt und fällt dieser Preis mit den Preisen der verwendeten Rohmaterialien.

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